Die Verführung ist ein Gericht und eine Prüfung Gottes

 

Die Tatsache an sich, daß Irrlehre und Verführung in die Gemeinde eindringen darf und dort ihr schreckliches Werk tut, ist vielen Gläubigen zur Anfechtung geworden. Es gibt manche Christen, die diese Gefahr schlicht verleugnen oder verharmlosen, weil sie sich nicht vorstellen können, daß Gott so etwas in Seiner Gemeinde überhaupt zuläßt. Und doch begegnen wir der Verführung durch die ganze Geschichte der Gemeinde Jesu Christi hindurch, von den Tagen der Apostel bis zu unseren letzten Tagen.

Wie kann das geschehen? Hat Gott nicht die Macht, uns davor zu bewahren? Ist Christus nicht unser Schutz? Gewiß! Wenn also Gott die Verführung dennoch zugelassen und in den Weg der Gemeinde hineinverordnet hat, dann muß Er dafür Seine guten Gründe haben – das ist dem Glaubenden gewiß.

Die Gemeinde befindet sich ganz und völlig in der Hand ihres erhöhten Herrn und Erlösers, und niemand darf die wahren Gläubigen aus der Hand ihres Herrn reißen (Joh 10,27-30). Niemals könnte der Feind sein Zerstörungswerk willkürlich tun; niemals sind wir ungeschütztes Freiwild für die listigen Anschläge des Teufels.

So gibt es auch keinen Grund für Angst oder Glaubenszweifel, auch wenn beides uns als Anfechtung begegnen mag, wenn wir in die Abgründe der Verführung hineinschauen. Wir sind geborgen in Christus, und wenn Er die Verführung zugelassen hat, dann hat Er Seine Gründe dafür, und auch diese schlimme Versuchung muß uns zum Guten dienen. Allerdings sind wir aufgefordert, im Glaubensgehorsam am Herrn und Seinem Wort festzuhalten und die entsprechenden Warnungen und Gebote der Schrift zu beachten, damit wir vor Schaden bewahrt werden.

Die Frage, weshalb die Verführung in die Gemeinde eindringen durfte, ist nicht leicht zu beantworten. Es lassen sich jedoch zwei Gründe aus den Gesamtaussagen der Schrift ableiten: 1. Die wahren Gläubigen sollten nach der Absicht Gottes sich in der Auseinandersetzung mit dem Falschen bewähren und daran reifen, und 2. Die falschen, nur scheinbaren Gläubigen sollten durch die Verführung offenbar werden. In diesem Sinn ist die Verführung aus der Sicht Gottes ein Prüfungs- und Bewährungsmittel, aber auch ein Gericht über die unechten Christen.

 
 
 

Verführung als Mittel der Prüfung und Bewährung

 

Gottes Erziehungswege mit Seinen geliebten Kindern beinhalten grundsätzlich auch, daß sie dem Bösen in vielerlei Gestalt ausgesetzt sind; sie werden weder von Leid und Verfolgung verschont noch vor der Versuchung zur Sünde, und die Verführung bleibt ihnen auch nicht erspart. Auch darin ist ihnen der Herr und Erlöser auf Seinem Erdenweg vorangegangen (vgl. die Versuchung Jesu Christi durch den Satan).

Gottes Verheißung ist nicht, daß sie vor diesen bösen Dingen bewahrt werden, sondern daß sie in diesen Prüfungen bewahrt werden, daß sie vor dem Bösen, dem Satan bewahrt werden (vgl. Joh 17,15; 1Joh 5,18; Lk 22,31-32), so daß er sie nicht verderben kann mit seinen Anschlägen.

Durch all die Versuchungen und Angriffe des Satans wird bei den wahren Gotteskindern nur bewirkt, daß letzten Endes (das schließt zeitweilige Niederlagen und Züchtigungen nicht aus) ihre Echtheit und der Sieg Jesu Christi in ihrem Leben offenbar werden.

Diese Dinge sind göttliche Werkzeuge zur Prüfung und Bewährung der Seinen, „damit die Bewährung eures Glaubens (der viel kostbarer ist als das vergängliche Gold, das doch durchs Feuer erprobt wird) Lob, Ehre und Herrlichkeit zur Folge habe bei der Offenbarung Jesu Christi“ (1Pt 1,7).

In diesem Sinn dürfen wir auch das Wort aus 1Kor 11,19 verstehen: „Denn es müssen auch Parteiungen [haireseis = durch Irrlehren verursachte Strömungen und Parteien] unter euch sein, damit die Bewährten offenbar werden unter euch.“ Auch die Verführung und das Aufkommen von irrgeistig inspirierten Abspaltungen haben in Gottes Plan für die Gemeinde ihren Platz und Zweck; sie dienen dazu, daß die Treuen, Bewährten, die Überwinder offenbar werden.

Zugleich sind diese Anfechtungen auch Teil der Erziehung Gottes (vgl. Hebr 12,4-11). Wir sollen durch sie Glauben und Ausharren lernen, Demut und Wachsamkeit, Gehorsam und Treue (vgl. Jak 1,2-4). Wir sollen lernen, die Waffenrüstung Gottes anzulegen und recht zu gebrauchen.

Wir sollen ausgebildet werden zu Überwindern, und das geht nur, wenn wir immer wieder dem Gegner ausgesetzt sind und gezwungen sind, uns zu wehren, zu widerstehen und zu kämpfen. Dadurch sollen wir geformt und zubereitet werden für unsere Aufgaben in der Herrlichkeit; der Herr gebraucht diese Dinge, um uns zu läutern und von Schlacken zu reinigen.

Wir finden diese Wahrheiten vorbildhaft schon im Alten Testament, wenn der HERR Sein Volk vor dem Auftreten falscher Propheten warnt:

 

Das ganze Wort, das ich euch gebiete, das sollt ihr bewahren, um es zu tun; du sollst nichts zu ihm hinzufügen und nichts von ihm wegnehmen!

Wenn in deiner Mitte ein Prophet oder Träumer aufstehen wird und dir ein Zeichen oder Wunder angibt, und das Zeichen oder Wunder trifft ein, von dem er zu dir geredet hat, und er spricht [nun]: »Laßt uns anderen Göttern nachfolgen – die du nicht gekannt hast –, und laßt uns ihnen dienen!«, so sollst du den Worten eines solchen Propheten oder eines solchen Träumers nicht gehorchen;

denn der HERR, euer Gott, prüft euch, um zu erfahren, ob ihr den HERRN, euren Gott, wirklich von ganzem Herzen und von ganzer Seele liebt. Dem HERRN, eurem Gott, sollt ihr nachfolgen und ihn fürchten und seine Gebote halten und seiner Stimme gehorchen und ihm dienen und ihm anhängen.

Ein solcher Prophet aber oder ein solcher Träumer soll getötet werden, weil er Abfall gelehrt hat von dem HERRN, eurem Gott, der euch aus dem Land Ägypten geführt hat und dich aus dem Haus der Knechtschaft erlöst hat; er hat dich abbringen wollen von dem Weg, auf dem zu gehen der HERR, dein Gott, dir geboten hat. So sollst du das Böse aus deiner Mitte ausrotten! (5Mo 13,2-6)

 

Die Auseinandersetzung mit der Verführung ist nicht schön; sie ist schmerzhaft, sie führt durch Erschütterungen und Belastungen, und doch gibt sie uns, wenn wir uns ihr stellen, eine tiefere Gründung in der Heiligen Schrift, ein genaueres Verständnis und eine größere Hochschätzung dieses kostbaren, ewigen, lauteren, göttlichen Wortes der Wahrheit.

Wer sich mit der Verführung geistlich auseinandersetzt und sie mit dem Wort der Wahrheit überwindet, der empfängt als Frucht geistliche Reifung, biblische Festigung und eine vertiefte geistliche Unterscheidungsfähigkeit gegenüber Irrlehren und verführerischen Strömungen, die in dieser letzten Zeit von großer Wichtigkeit ist. Dies gilt allerdings hauptsächlich für Gläubige, die schon etwas gefestigter sind.

 
 
 

Die Verführung ist ein Gericht Gottes an Seinem Haus

 

Die Verführung ist aber auch ein Gericht Gottes über die Christenheit, die als Ganzes bald nach der Apostelzeit versagt hat und sich vom lebendigen Glauben immer weiter abwandte.

Die Christenheit befindet sich heute in einer Zeit des Verfalls, der Verderbnis und Lauheit, und auch die wahre, gläubige Gemeinde innerhalb dieses „großen Hauses“ ist davon beeinflußt und beschmutzt. Der heilige und gerechte Gott kann einen solchen Zustand, der Seinen heiligen Namen entweiht und schändet, nicht hinnehmen ohne Gericht.

So gibt uns der 1. Petrusbrief, nachdem er auf die Feuerglut der Leiden hinweist, die die Gläubigen (damals durch Verfolgung) erdulden mußten, einen wichtigen prophetischen Hinweis, der für die gesamte Endzeit gültig ist: „Denn die Zeit ist da, daß das Gericht beginnt beim Haus Gottes; wenn aber zuerst bei uns, wie wird das Ende derer sein, die sich weigern, dem Evangelium Gottes zu glauben?“ (1Pt 4,17).

So wie der Verfall der Gemeinde bis hin zum Abfall der Namenschristenheit ein Wesenselement der Endzeit ist, so ist es auch das Gericht Gottes an Seinem Haus. Auch wenn Gott die Mißstände und Entartungen in Seinem Haus grundsätzlich zugelassen hat und duldet, bis Er am Ende der Zeit die Bösen richten wird, so kann Er das Böse und die Verderbnis doch nicht gänzlich ungerichtet lassen.

Das Gericht Gottes an Seiner Gemeinde hat ganz unterschiedliche Auswirkungen auf die unterschiedlichen Gruppen in dieser Gemeinde. Es dient den treuen Gläubigen zur Prüfung und Bewährung, den untreuen Gläubigen zur Züchtigung und den falschen Christen zum Verderben.

 
 
 

Gott läßt die Irreführung fleischlicher und untreuer Gläubiger zu

 

Wir müssen hier noch einmal an 5Mo 13,1-6 erinnern, wo Gott Seinem Volk ausdrücklich ankündigt, daß Er das Wirken von falschen, verführerischen Propheten unter ihnen zulassen wird, die sie zum Götzendienst verleiten werden (vgl. 2Kor 11,4: ein anderer Jesus wird offenbart). Weshalb läßt Er das zu? „Denn der HERR, euer Gott, prüft euch, um zu erfahren, ob ihr den HERRN, euren Gott, wirklich von ganzen Herzen und von ganzer Seele liebt“ (V. 4; vgl. Offb 2,4: „Aber ich habe gegen dich, daß du deine erste Liebe verlassen hast“). Die, die sich verleiten ließen und zum Götzendienst überliefen, mußten gerichtet und getötet werden (vgl. 5Mo 13,7-19); für uns bedeutet das neutestamentlich die Notwendigkeit von Gemeindezucht und Ausschluß: „Und du sollst das Böse aus deiner Mitte wegschaffen“ (V. 6b; vgl. 1Kor 5,13).

Ein weiteres ernstes alttestamentliches Vorbild falscher Prophetie sehen wir in 1. Könige 22. Josaphat, der König von Juda, eigentlich ein gottesfürchtiger, gläubiger Mann, hat sich mit dem gottlosen, abgefallenen König Ahab zusammengetan. Er hat die gottgewollte Absonderung vom Bösen aufgegeben und mit Ahab einen Bund geschlossen: „Ich will sein wie du, und mein Volk sei wie dein Volk, und ich will mit dir in den Kampf ziehen!“ (V. 3).

Josaphat meinte wohl, die angeblich „gute Sache“ (den Heiden Ramot in Gilead zu entreißen) rechtfertige eine solche „Einheit“, in der Glaube und Gottlosigkeit, Licht und Finsternis zusammengeworfen wurden. Man wird hier unwillkürlich an die „Aktionseinheiten“ und Einheitsbestrebungen erinnert, in denen wahre Gläubige mit Vertretern von Irrlehren, liberalen und charismatischen Verführern zusammengejocht werden sollen, um der „Sache Jesu“ bzw. um der „Evangelisation“ willen.

Dem gläubigen Josaphat ist nicht ganz wohl bei der Sache; obwohl er im Ungehorsam gehandelt hat, möchte er gerne Gottes Segen für sein Handeln haben. Er will einen Propheten des HERRN befragen. Darauf ruft Ahab seine irrgeistigen Propheten zusammen, die sich haben verführen lassen, diesem gottlosen König gefällige Botschaften „im Namen des HERRN“ zu weissagen. Sie sagen erwartungsgemäß Triumph und Sieg voraus. Aber Josaphat ist immer noch unruhig, und so sendet man zu Micha, einem wahren Propheten des HERRN.

Was Micha nun offenbart, ist eine ernste Lektion für den gläubigen Josaphat gewesen und sollte es auch für uns sein. Er zeigt, daß das Weissagen der Lügenpropheten Ahabs ein bewußtes Gericht Gottes war! Der Ungehorsam und Götzendienst Ahabs hatte sein Maß erfüllt; Verderben war über ihn beschlossen vom Allerhöchsten. „Und der HERR sprach: »Wer will Ahab, den König von Israel, betören, daß er hinaufzieht und bei Ramot in Gilead fällt?«“ (V. 20). Da tritt ein betrügerischer Geist vor und sagt: „Ich will hingehen und ein Lügengeist sein im Mund aller seiner Propheten!“ (V. 22).

Daraufhin gibt der HERR selbst die Weisung: „Du sollst ihn betören, und du wirst es auch ausführen! Geh hin und mache es so!“ Und Micha sagt es dem verderbten Ahab noch einmal ins Gesicht, daß das Wirken der falschen Propheten Gottes Gericht gegen ihn ist: „Und nun siehe, der HERR hat einen Lügengeist in den Mund dieser deiner Propheten gelegt; und der HERR hat Unheil über dich geredet!“ (V. 23).

„Darum wird ihnen Gott eine wirksame Kraft der Verführung senden, so daß sie der Lüge glauben, damit alle gerichtet werden, die der Wahrheit nicht geglaubt haben, sondern Wohlgefallen hatten an der Ungerechtigkeit.“ (2Th 2,11-12). Dabei müssen wir beachten, daß auch der gläubige Josaphat mit verführt wurde; aufgrund seiner Sünde und falschen Gesinnung nahm er die Warnung Michas nicht ernst, ließ sich von den falschen Propheten benebeln und zog mit in den Krieg. Das hätte ihn beinahe das Leben gekostet, und der Herr mahnt ihn durch einen wahren Propheten: „Solltest du so dem Gottlosen helfen und die lieben, welche den HERRN hassen? Deswegen ist Zorn auf dir von seiten des HERRN“ (2Chr 19,2).

 
 
 

Antichristliche Verführung auch in der endzeitlichen Gemeinde

 

In diesem Sinn hat die endzeitliche Prophetie von 2. Thessalonicher 2 über die antichristliche Verführung auch eine Bedeutung für die Gemeinde, obwohl sie unmittelbar wie auch Offenbarung 13 von der Zeit des Antichristen selbst spricht. Wir haben oben gesehen, daß schon vor der Offenbarung des Antichristen ein vorlaufender Sog der Verführung dieses Ereignis vorbereitet.

In diese vorantichristliche Verführung, die durchaus auch mit Verfolgungen verbunden sein dürfte, aber von der großen Drangsalszeit deutlich unterschieden werden muß, ist die Gemeinde der letzten Tage hineingestellt und muß sich in ihr bewähren. So müssen wir auch bedenken, was die Aussage für uns bedeutet:

Denn das Geheimnis der Gesetzlosigkeit ist schon am Wirken, nur muß der, welcher jetzt zurückhält, erst aus dem Weg sein; und dann wird der Gesetzlose geoffenbart werden, den der Herr verzehren wird durch den Hauch seines Mundes, und den er durch die Erscheinung seiner Wiederkunft beseitigen wird, ihn, dessen Kommen aufgrund der Wirkung des Satans erfolgt, unter Entfaltung aller betrügerischen Kräfte, Zeichen und Wunder und aller Verführung der Ungerechtigkeit bei denen, die verlorengehen, weil sie die Liebe zur Wahrheit nicht angenommen haben, durch die sie hätten gerettet werden können. Darum wird ihnen Gott eine wirksame Kraft der Verführung senden, so daß sie der Lüge glauben, damit alle gerichtet werden, die der Wahrheit nicht geglaubt haben, sondern Wohlgefallen hatten an der Ungerechtigkeit. (2Th 2,7-12)

Gott sendet eine wirksame Kraft der Verführung, des Irrtums, damit die gerichtet werden, die der Wahrheit Seines Wortes nicht geglaubt haben. Diese Wahrheit gilt übertragen auch für die Gemeinde und die Verführung in ihren Reihen. Jegliche satanische Irreführung unter der Christenheit ist, obwohl sie sich in viele Bibelzitate kleidet und eine christliche Hülle trägt, letzten Endes antichristlich. Deshalb kann schon der Apostel Johannes über die Irrlehrer und falschen Propheten seiner Zeit sagen: „Kinder, es ist die letzte Stunde! Und wie ihr gehört habt, daß der Antichrist kommt, so sind jetzt viele Antichristen aufgetreten; daran erkennen wir, daß es die letzte Stunde ist“ (1Joh 2,18).

Die vorantichristliche Verführung in der Gemeinde bewirkt, daß die, die nicht wirklich wiedergeboren sind, letzten Endes zur Falschreligion des Antichristen hingezogen werden; sie mündet in die große Verführungs- und Versuchungsstunde des Endes, in die falschreligiöse Hure Babylon und die Anbetung Satans. Darin besteht Gottes Gericht auch in Seinem Haus, daß die Namenschristen, die niemals das Evangelium wirklich angenommen haben und ihm nicht gehorsam geworden sind in Buße und Glauben, nunmehr der Lüge glauben, „damit alle gerichtet werden, die der Wahrheit nicht geglaubt haben, sondern Wohlgefallen hatten an der Ungerechtigkeit“ (2Th 2,11-12).

 
 

 

Die Verführung ist ein Werk Satans, der sich als Lichtengel verstellt

 

Die Bibel sagt uns ganz klar, daß hinter jeder Verführung der Teufel steht, daß Verführung das Werk des Lügners von Anfang an ist, des Versuchers und Widersachers der wahren Gemeinde.

Die Schrift offenbart uns, daß falsche Lehren durch Dämonen eingegeben werden, so wie auch falsche Prophetien, soweit sie Offenbarungscharakter haben, durch betrügerische, irreführende Geister verursacht werden: „Der Geist aber sagt ausdrücklich, daß in späteren Zeiten etliche vom Glauben abfallen und sich irreführenden Geistern und Lehren der Dämonen zuwenden werden durch die Heuchelei von Lügenrednern, die in ihrem eigenen Gewissen gebrandmarkt sind.“ (1Tim 4,1-2).

 

a) Irrlehren sind das Werk des Widersachers

Wir müssen hier unterscheiden zwischen Lehrirrtümern und Irrlehren. Es kann unter wiedergeborenen Christen durchaus mißverständliche, einseitige oder falsche Auffassungen über bestimmte, untergeordnete Fragen der biblischen Lehre geben (abgesehen von den Fragen, über die man ohnehin unterschiedliche biblisch begründete Auffassungen haben kann, siehe z.B. Endzeitprophetie). Die Ursache dafür kann in mangelndem Erforschen der Schrift oder in ungeistlicher Haltung, aber auch in traditionellen Prägungen liegen, und es wäre bedenklich, in solchen Fällen überall ein direktes Wirken des Feindes zu unterstellen.

Dort aber, wo das Wort Gottes in wichtigen Fragen der biblischen Lehre bewußt gebrochen und verfälscht wird und die daraus abgeleiteten Lehren mit Spaltungen und Parteiungen verbunden sind, muß man von Irrlehren sprechen, und diese sind nach der Schrift grundsätzlich dämonisch inspiriert und müssen entschieden und offensiv bekämpft werden.

Die menschlichen Autoren und Verbreiter von Irrlehren, die Irrlehrer (2Pt 2,1: pseudo-didaskaloi, auch falsche Lehrer, lügnerische Lehrer), sind nach der Schrift nicht wiedergeborene Scheinchristen: „aber das Gericht über sie ist längst vorbereitet, und ihr Verderben schlummert nicht“ (2Pt 2,3; vgl. u.a. Jud 4-19; Gal 1,9; 2,4; 5,10b).

Es kann geschehen, daß auch wahre Gläubige auf solche betrügerischen Lehren hereinfallen und sich in falschgeistige Strömungen verstricken. Ein Beispiel aus der Schrift ist hier Petrus, der durch die Propaganda judaistischer Irrlehrer so verunsichert wurde, daß er sich nach ihnen richtete und von Paulus deshalb zurechtgewiesen werden mußte (Galater 2).

So finden sich wahre Gläubige in verschiedenen Gruppierungen und Strömungen, die Irrlehren verbreiten oder falschprophetischen Ursprung haben; sie vertreten solche Lehren z.T. auch persönlich, sind aber keine Irrlehrer und keine Söhne des Verderbens. Die schwerwiegende Konsequenz ihrer sündhaften Verstrickung dürfte allerdings sein, daß alles, was von ihren Werken falschgeistig beeinflußt war, einmal verbrennen wird.

 

b) Die Taktik der Irreführung

In 2. Korinther 11 enthüllt der Apostel Paulus die Taktik des Feindes in der Verführung der Gemeinde. In V. 13-15 brandmarkt er die Träger der Verführung, die in Korinth einen anderen Jesus, ein anderes Evangelium verkündigt hatten und einen anderen Geist austeilten: „Denn solche sind falsche Apostel, betrügerische Arbeiter, die sich als Apostel des Christus verkleiden. Und das ist nicht verwunderlich, denn der Satan selbst verkleidet sich als ein Engel des Lichts. Es ist also nichts Besonderes, wenn auch seine Diener sich verkleiden als Diener der Gerechtigkeit; aber ihr Ende wird ihren Werken entsprechend sein.“

In der Verführung verstellt sich der Satan also als Engel (was auch „Bote“ heißen kann) des Lichts, d.h. er gleicht seine Äußerungen und Lehren äußerlich dem wahren Licht der Bibel an, kommt in einem „geistlichen“, ja „übergeistlichen“ Gewand an. Er operiert, wie wir an der Versuchung des Herrn sehen können, mit Bibelzitaten, die er aus dem Zusammenhang reißt und in ihrem Sinn geschickt verdreht, um seine widergöttliche Versuchung darin zu tarnen. Er bringt falschprophetische Offenbarungen an, um die Gläubigen irrezuführen (2Th 2,2; Mt 24,11; 1Joh 4,1-3; Offb 2,20-24).

Er bietet den Gläubigen nicht sich selbst in seiner ungetarnten Gestalt an, sondern einen anderen Jesus, eine irrgeistige Fälschung des wahren Herrn und Heilandes. Wir dürfen uns also nicht über die Raffiniertheit der satanischen Verführung täuschen; der Feind ist viel zu gerissen, um nicht zu wissen, was unter Christen wirkt und was nicht. Seine Fälschung des christlichen Glaubens wird dem echten täuschend ähnlich sehen. Nicht New Age oder „Christliche Wissenschaft“ sind seine Instrumente, um auch wahre Gläubige zu täuschen, sondern eine verführerische Strömung, die den Anschein kraftvollen, besonders hochentwickelten Glaubens hat und starke Attraktivität, ja Faszination ausstrahlt.

 

c) Das Wirken irreführender Geister

Wie die Bibel uns andeutet, operiert der Feind nicht allein, sondern gebraucht das ganze Heer von Dämonen, die seine Absichten ausführen. Auch in der Verführung sind diese dienstbaren Geister des Feindes beteiligt, wie das Wort in 1Tim 4,1 bestätigt, wo von verführerischen Geistern und Lehren von Dämonen (jeweils in der Mehrzahl) die Rede ist.

Allerdings sagt uns die Bibel nichts Weiteres über die Wirkweise der feindlichen Mächte, und das sicher aus gutem Grund. Es mag also sein, daß verschiedene Geister verschiedenen Irrströmungen zugeordnet sind (wie z.B. Pfingst- und Charismatische Bewegung, Liberale Theologie, Katholische Kirche, Zeugen Jehovas usw.) oder daß sie eher regional operieren – darauf kommt es nicht an.

Dahinter steht in jedem Fall ein und derselbe Geist. Im 1. Johannesbrief werden diese uns verborgenen Zusammenhänge so erfaßt: „(…) und jeder Geist, der nicht bekennt, daß Jesus Christus im Fleisch gekommen ist, der ist nicht aus Gott. Und das ist der [Geist] des Antichristen, von dem ihr gehört habt, daß er kommt; und jetzt schon ist er in der Welt“ (1Joh 4,3).

Hier wird von verschiedenen falschprophetischen Geistern gesprochen, die durch Lügenpropheten die Gemeinde verführten, und sie werden zugleich als ein Geist gesehen, der dahintersteht und wirkt – der Geist des Antichristen, in V. 6 auch der Geist des Irrtums (od. der Irreführung, des Betruges, der Verführung) genannt.

Wir sehen daraus, daß auch hinter jeder Falschprophetie, die nicht nur ein „Reden aus dem eigenen Herzen“ ist, die also Offenbarungscharakter hat, ein betrügerischer Geist steht (vgl. 1Tim 4,1). Diejenigen Werkzeuge solcher Geister, die vom Satan planmäßig und führend gebraucht werden, um falsche Prophetien ins Volk Gottes zu schleusen, werden falsche Propheten (pseudo-prophètai1Joh 4,1) genannt; sie sind nach der Lehre des Wortes Gottes wie die falschen Lehrer keine Gotteskinder, sondern Werkzeuge des Satans, die dessen Gericht teilen werden (vgl. 2. Petrus 2, Judas, Mt 7,15-23).

Daneben kann es jedoch durchaus sein, daß auch wahre Gotteskinder sich einem Lügengeist öffnen und falsche Weissagungen weitergeben – eine schwerwiegende Sünde, die aber der Herr vergibt, wenn sie darüber aufrichtig Buße tun. Es ist übrigens auch eine schwerwiegende Sünde, im Namen des Herrn Dinge weiterzugeben, die dem eigenen Herzen entsprungen sind (vgl. u.a. Jer 23,25-32).

Solche Christen sind deshalb noch keine „falschen Propheten“. Anders jedoch müssen wir diejenigen selbsternannten charismatischen „Propheten“ beurteilen, die dieses Amt und seine Autorität entgegen der Schrift beanspruchen und irrgeistige Botschaften öffentlich verbreiten. Die Schrift selbst beurteilt solche Leute als „Verführer“ (2Joh 7); sie sagt: „Böse Menschen aber und Betrüger werden es immer schlimmer treiben, indem sie verführen und sich verführen lassen“ (2Tim 3,13).

Leider ist unter heutigen Christen hier eine gefährliche Verharmlosung und Blindheit zu beobachten. Um der „Toleranz“ willen (ein Begriff, der nicht der Bibel, sondern dem weltlichen Humanismus und der „Aufklärung“ entspringt) scheut man sich, „anderen ihr Christsein abzusprechen“. Man möchte ja „niemanden verteufeln“ und zieht es daher vor, sich über die wahren Ursprünge und biblischen Zusammenhänge falschprophetischer Offenbarungen und verderblicher Irrlehren keine großen Gedanken zu machen. Bestenfalls sucht man menschlich-psychologische Erklärungen dafür und unterläßt die klare geistliche Scheidung von Licht und Finsternis.

Solche fleischlich gesinnten Christen übersehen die Tatsache des geistlichen Kampfes, in dem die Gemeinde sich gerade auch auf diesem Gebiet befindet (Eph. 6,12); sie können nicht nur die Verführung nicht klar bekämpfen, sondern sie werden ihr selbst sehr wahrscheinlich zum Opfer fallen.

 
 
 
Dieser Beitrag ist ein gekürzter Auszug aus der ausführlicheren Schrift von Rudolf Ebertshäuser Der Weg der Gemeinde in der Endzeit
 
 

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Weiterführende Literatur:

 

Rudolf Ebertshäuser: Zerstörerisches Wachstum. Wie falsche Missionslehren und verweltlichte Gemeindebewegungen die Evangelikalen unterwandern. Steffisburg (Edition Nehemia) 3. Aufl. 2015; gebunden, 544 S.

Rudolf Ebertshäuser: Aufbruch in ein neues Christsein? Emerging Church – Der Irrweg der postmodernen Evangelikalen. Steffisburg (Edition Nehemia) 2008, Taschenbuch, 256 S.

Rudolf Ebertshäuser: Soll die Gemeinde die Welt verändern? Das „Soziale Evangelium“ erobert die Evangelikalen. Steffisburg (Edition Nehemia) 2014, Taschenbuch, 276 S.

Rudolf Ebertshäuser: Kulturrelevante / Missionale Gemeinden. überblick + durchblick 3. Steffisburg (Edition Nehemia) 2014

Rudolf Ebertshäuser: Emerging Church / Emergente Bewegung. überblick + durchblick 1. Steffisburg (Edition Nehemia) 2013

 

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