Vorbemerkung

 

  

Dies ist ein Bericht über die vergangenen 39 Jahre im Leben von Martin und Bärbel Seiler. Im Mittelpunkt dabei beschreiben wir unsere Erfahrungen und die Entwicklung unseres Dienstes innerhalb der charismatischen Bewegung. Dazu ist es sicher wichtig zu verstehen, wie wir in diese Bewegung gekommen sind, aber vor allem auch, was uns dazu geführt hat, 2023 diese Bewegung in allen Bereichen zu verlassen.

So mancher Leser wird sich in den Beispielen aus diesen Jahren wiederfinden, da viele denselben Weg in der Charismatik gegangen sind oder noch gehen. Deshalb ist der Bericht in einer möglichst chronologischen Folge geschrieben, auch, um eine zeitliche Einordnung nachvollziehen zu können.

Der Bericht ist keine „Abrechnung“ mit der charismatischen Bewegung, da wir ja selbst über drei Jahrzehnte Teil davon waren. Aber er soll die Augen öffnen für alle, die nach der Wahrheit suchen. Dieses Suchen nach der Wahrheit war für uns der Schlüssel, dass der Herr Jesus Christus uns die Augen öffnen konnte für die unbiblischen Praktiken, die verführerischen Tendenzen und die Irrlehren, welche wir in der charismatischen Bewegung erlebt und auch selbst praktiziert haben. Deshalb stehen wir in diesem Zeugnis nicht über den Dingen, vor allem auch nicht über den Menschen, die wir lieben und schätzen.

 

 

 

I. Unsere Zeit in der Biblischen Glaubens-Gemeinde (BGG) und im Gospel Forum

 

 

1. Unsere Vorgeschichte

 

Meine Frau Bärbel und ich sind beide 1960 geboren. Wir durften in christlichen Elternhäusern groß werden, was wir heute noch als ein Vorrecht betrachten.

Neben der evangelischen Kirche waren unsere Eltern im Pietismus verwurzelt, Bärbel bei der Liebenzeller Gemeinschaft und im EC, Martin in der Hahn’schen Gemeinschaft. Dieser geistliche Hintergrund hat uns in unserer Kindheit und der Jugendzeit stark geprägt.

Kennengelernt haben wir uns mit 18 Jahren im Jugendchor „Die Wasserträger“, ein Chor, der jedes zweite Wochenende bei Konzerten in Kirchengemeinden und Jugendgottesdiensten, sowie auf Konferenzen im Einsatz war.

In diesen Jahren kam auch durch die Aufnahmen von LPs (Langspielplatten) die moderne amerikanische Popmusik in die evangelikalen Jugendkreise von CVJM und bewirkte einen Umschwung von den alten Kirchen- und Gemeinschaftsliedern zu einer gefälligeren, unterhaltsamen, zeitgemäßen Musik. Darin sind wir erwachsen geworden, in einer Zeit mit Hella Heizmann, Manfred Siebald, Konrad Eissler und Ulrich Parzany.

Nach unserer Heirat 1983 war für uns die Chortätigkeit nicht mehr möglich, da wir in den Folgejahren mit den Kindern und dem Beruf voll beschäftigt waren. Über kanadische Geschäftsleute kamen wir in Verbindung mit Kreisen, welche die Taufe aufgrund des Glaubens lehrten.

Nachdem wir dieses Thema eingehend in der Bibel studiert hatten, ließen wir uns taufen und traten aus der evangelischen Kirche aus. Das war ein Bruch mit der elterlichen Tradition, den wir aber bewusst vollzogen hatten. Mit einigen Gleichgesinnten trafen wir uns in unserer Wohnung in Bietigheim zu einem wöchentlichen Hauskreis mit vier bis fünf Ehepaaren.

 

 

2. Erste Schritte in die Pfingstbewegung

 

In den Sommermonaten des Jahres 1985 gab uns jemand eine Predigtkassette von einem Evangelisten namens Reinhard Bonnke. Seine Predigt über das Blut Jesu hat mich sehr beeindruckt, und wir stellten fest, dass es jenseits der kirchlichen Gepflogenheiten „mehr“ für den Glauben gibt.

Eines Abends kam eine Teilnehmerin unseres Hauskreises begeistert mit einem Flyer in unsere Gruppe. „Reinhard Bonnke kommt nach Stuttgart. Der Evangelist mit dem größten Zelt der Welt macht eine 3-tägige Evangelisation auf dem Killesberg“. Für uns war klar, dass wir diesen Mann kennenlernen wollten. Wir hatten keine Ahnung über die Hintergründe, wir wollten einfach dabei sein.

Diese Evangelisation im Juni 1985 war unser Einstieg in die pfingstlich-charismatische Bewegung. Alles war für uns neu. Die Chorusse, die Predigt, die Bekehrungsaufrufe, das Gebet für die Kranken unter Handauflegung, das Singen in „neuen Zungen“.

Schon am ersten Tag dieser Evangelisation lernte ich einen jungen Pastor kennen, der sehr freundlich und offen auf die Leute zuging: Peter Wenz, den neuen Pastor der „Biblischen Glaubensgemeinde Stuttgart“. Diese Pfingstgemeinde war durch Paula Gassner in Stuttgart Bad Cannstatt gegründet worden. Als sie 1981 starb, hatte Rolf Cilwik die Gemeinde betreut, die er dann ab 1984 an Peter Wenz übergab.

 

 

3. Die „Biblische Glaubens-Gemeinde“ BGG

 

In den folgenden Wochen gingen wir dann zum sonntäglichen Gottesdienst in die Talstraße 70 in Stuttgart. Mittwoch abends war Bibelstunde. Während dieser Monate lernten wir die kleine Gemeinde gründlich kennen. Viele Dinge im Gottesdienst waren für uns so neu und ungewohnt, wurden aber von den Ältesten mit biblischen Aussagen belegt.

Da wir durch unseren kirchlichen Hintergrund keine wirklich biblisch gesunde Lehre hatten, nahmen wir die Lehren über die Geistestaufe, das Zungenreden, die Krankenheilung, den Befreiungsdienst usw. als biblische Tatsachen an. Die Lehren der Kirche und der Gemeinschaften erschienen uns im Vergleich dazu rückständig und traditionell, schließlich waren wir ja jetzt in einer Gemeinde, welche „das volle Evangelium“ predigte. Wir waren in den „Raum des Übernatürlichen“ eingetreten. Diese fragwürdige, tragische Entwicklung sehen wir heute im Rückblick bei vielen tausenden von jungen Leuten.

Das Leben in der Gemeinde nahm uns dann voll in Beschlag. Schon 1986 zogen wir als Familie nach Stuttgart, um nahe bei der Gemeinde und der damaligen Arbeitsstelle zu wohnen. Mein leiblicher Bruder Gottfried machte es mit seiner jungen Familie genauso. Unsere Arbeitskraft wurde gebraucht und geschätzt. Es gab in der damaligen Situation nur eine Handvoll junger Familien; die BGG (Biblische Glaubensgemeinde) bestand hauptsächlich aus älteren Leuten.

Nach einer gemeindlichen Krise im Mai 1986 nahm das Wachstum der Gemeinde Fahrt auf. Es wurden die ersten Hauszellgruppen gegründet. Nachdem Peter Wenz von der Fire-Konferenz von Reinhard Bonnke in Simbabwe/Afrika zurückkam, wehte ein neuer Wind in der Gemeinde. Durch die dynamische Art von Peter Wenz in den Predigten wurden immer mehr Menschen auf die BGG aufmerksam. Schon bald wurde das Gemeindehaus in der Talstraße zu klein, da der Gottesdienstbesuch auf das Doppelte angewachsen war.

Für uns war auch die Auswahl der damaligen Bücher am Büchertisch eine völlig neue geistliche Erfahrung. Die Menschen in der Gemeinde lasen Bücher von Kenneth Hagin; er ist sicher die bekannteste Figur der „Wort des Glaubens-Bewegung“. Seine Bücher „Die Autorität des Gläubigen“ und „Heilung gehört uns“ enthielten leicht eingängige und auf den ersten Blick begeisternde Lehren, da sie auf allen Gebieten Heilung und Wohlstand versprachen. In den Hauszellen wurden die Bücher „Biblischer Glaube“ und „Der Heilige Geist und seine Gaben“ durchgearbeitet.

Noch heute sind diese unbiblischen Lehren in der nächsten Generation der amerikanischen Fernsehevangelisten klar zu erkennen. Bekannte Prediger wie Joel Osteen, Kenneth Copeland oder Joyce Meyer machen ihre Millionen mit dem Wohlstandsevangelium und verführen Scharen von leichtgläubigen Christen.

 

Die Feuerkonferenz 1987

1987 war dann die „Feuer-Konferenz“ von Reinhard Bonnke und CfaN (Christus für alle Nationen) mit tausenden Teilnehmern in Frankfurt. Schon einige Wochen vorher hatten wir die „Glaubens-Konferenz“ der „Wort-des Glaubens“ Gemeinde in München besucht. Hauptredner auf dieser Konferenz war Ray McCauley, ein ehemaliger Bodybuilder aus Südafrika, der die Bibelschule von Kenneth Hagin, das „Rhema Bible Training Center“ besucht hatte. Heute hat Ray seine „Rhema Bible Church“ an seinen Sohn Joshua übergeben, eine gängige Praxis von Pastoren in Mega-Gemeinden.

Unsere Gemeinde war bei der „Feuerkonferenz“ in der Mitarbeiterschaft voll eingespannt. Meine Aufgabe war es, den gesamten Ordnerdienst zu organisieren und zu leiten. Aus ganz Deutschland und dem europäischen Ausland kamen die Menschen angereist. Die Hauptredner auf dieser Konferenz waren neben Reinhard Bonnke Benny Hinn und Suzette Hattingh. Reinhard Bonnke predigte in seinem bekannten Evangelisationsstil, immer wieder unterbrochen durch „Halleluja“-Rufe und Zungengebet. Die Leute strömten nach vorne und warfen ihre Zigarettenschachteln oder gestohlene Gegenstände auf die Bühne.

Beim Gebet für die Kranken wurden Krücken geschwenkt, Liegestühle nach oben gehoben und Menschen mit Gehbehinderungen zum Laufen aufgefordert, begleitet vom Applaus der ganzen Halle. Reinhard Bonnke verkündete dort auch seine bekannte Prophetie, dass vor den Gemeinden kilometerlange Staus von Krankenwagen sein würden, welche die Kranken zum Ort der Heilung bringen, „und alle fahren sie leer nach Hause“! Welche Anmaßung und falschprophetische Irreführung!

Aber vor allem Benny Hinn hat auf dieser Konferenz den Vogel abgeschossen. Während seinem „Gebet“, bei dem er immer wieder „Fire, Fire“ brüllte und sein Jakett über die Menge schwang, fielen ganze Reihen von Menschen auf den Rücken, Leute stürzten übereinander, ein totales Chaos. Da ich als Verantwortlicher für den Ordnerdienst direkt vor der Hauptbühne platziert war, durfte ich alles hautnah erleben.

Die anwesenden Feuerwehr- und Rettungskräfte konnte ich nur mit vielem Zureden davon überzeugen, dass hier „der Heilige Geist“ am Wirken war, selbst Kameraleute und Bühnenpersonal wurden vom Umfallen nicht verschont. Kopfschüttelnd standen die Feuerwehrleute am Rande, sie waren ja schon durch den Namen der „Feuer Konferenz“ irritiert.

Mittendrin waren wir als junge Christen, überrascht von dem, „was der Heilige Geist tut“, und überzeugt von dem, was wir taten. Diese Veranstaltungen haben uns letztendlich noch tiefer in die Praxis der Charismatik hineingeführt. Der junge Pastor Peter Wenz hielt bei der Freiversammlung dieser Konferenz auf dem Frankfurter Römerplatz eine flammende Evangeliumspredigt über Zachäus und was geschieht, wenn Jesus in eine Stadt kommt. Wir waren begeistert, wir waren Mitarbeiter in dieser großen Ernte, wobei Reinhard Bonnke der „Mähdrescher Gottes“ war.

Meine Aufgabe in dieser Zeit war es, für die Gemeinde die nun erforderlichen Hallen zu organisieren, den Auf- und Abbau für die Veranstaltungen zu leiten und die Ordner einzuteilen. Zunächst fanden die Gottesdienste 400 Meter von dem Gemeindehaus entfernt in der Turnhalle der Raichberg-Realschule statt, dann auch im Wechsel mit der Sängerhalle Untertürkheim oder dem Gustav-Siegle-Haus in der Stadtmitte. Der technische und organisatorische Aufwand war immens. Aber alle waren begeistert, wir befanden uns ja mitten in einer kleinen „Erweckung“.

Aus USA kamen „Evangelisten“ und „Heilungsevangelisten“ wie Hal Herman oder Billy Smith. Vor allem Billy Smith tat sich mit seinen „Heilungen“ hervor. Er ließ „Beine herauswachsen“. Dieser manipulative Trick wurde von allen bejubelt. Nur einige besonnene, nüchterne Besucher erkannten die ganze Scharlatanerie dieser Leute. Aber in einer solchen Atmosphäre ist Wahrheit und Nüchternheit immer fehl am Platz. In jedem Gottesdienst „bekehrten“ sich ja Menschen, kamen nach vorne, fielen „unter der Kraft des Geistes“ zu Boden, „Dämonen fuhren schreiend aus“, unter dem tosenden Beifall der ganzen Versammlung.

Dass diese Vorkommnisse auf unsere evangelikalen Freunde und Verwandten abschreckend wirkten, das kann ich heute sehr gut nachvollziehen. Doch der Sog dieser Ereignisse wurde von uns allen als „Wirken des Heiligen Geistes“ gedeutet. Es gab in dieser Zeit immer wieder Menschen, die gemahnt haben, wirklich ernstzunehmende Christen. Aber diese Bedenken wurden als Angriff der Finsternis gewertet; in der Gemeinde wurde der „Kritikgeist“ über diesen Menschen in Gebeten und Proklamationen gebunden. Die meisten hatten Angst, dass sie durch ernstes Nachdenken den Heiligen Geist betrüben könnten, ja, dass es die Sünde wider den Heiligen Geist sein könnte, der ja „so mächtig am Wirken war“.

 

Der „Royal Rangers“- Stamm 35 startet

1988 kam für mich und die Familie ein bedeutender Einschnitt. Durch eine Mitarbeiterin in der Gemeinde hatten wir die christliche Pfadfinderarbeit „Royal Rangers“ kennengelernt. Diese Kinder- und Jugendarbeit ist dem BFP (Bund Freikirchlicher Pfingstgemeinden) angegliedert.

Mich hatten schon seit der Kindheit die Abenteuer, die Natur und das praktische Arbeiten fasziniert. Genau diese Dinge konnten wir mit der Gründung des Royal Rangers Stammpostens Nr. 35 im April 1988 umsetzen. Damals gingen wir mit 5 Mitarbeitern und 15 Kindern an den Start. In den wöchentlichen Stammtreffen machen wir Andachten, Spiele, Lieder und Anspiele, aber auch Geländetage und viel praktische Ausbildung in der Pfadfinderpraxis. Was daraus entstehen sollte, konnten wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht erahnen.

Gleichzeitig begann die Gemeinde die Reha-Arbeit für Drogenabhängige in Warmbronn. Das alte Haus in der Christian-Wagner-Straße wurde mit viel Einsatz umgebaut, es entstand das Werk „Weg zur Freiheit“, bei dem ich über 10 Jahre Vorsitzender des Trägervereins war.

 

 

4. „Da ist eine Erweckung in unserem Land“!

 

In der Gemeinde ging es von Woche zu Woche mit einem hohen Tempo vorwärts. Überall war Wachstum zu sehen, ob in den Gottesdiensten, den Hauskreisen, oder bei den Rangers. Wir sahen, dass die bisherigen Hallen für die Gottesdienste zu klein wurden und konnten 1990 in die große Halle des alten SI (Stuttgart International) umziehen. Große Veranstaltungen wie „Jesus live“ wurden jetzt organisiert.

1990 gab es für mich beruflich eine radikale Veränderung. Nach Jahren im technischen Vertrieb waren in der Gemeinde die Royal Rangers zahlenmäßig so stark gewachsen, dass die Gemeinde mich fragte, ob ich beruflich einsteigen würde. Nachdem Gottfried (mein leiblicher Bruder) schon ein Jahr vorher beruflich in die Verwaltung eingestiegen war, entschloss auch ich mich zu diesem Schritt. In dieser ersten Hälfte der neunziger Jahre haben wir alle Stufen durchlaufen: Diakon, Ältester, Pastor und Mitglied im Vorstand der Gemeinde.

 

Die BGG wächst und wächst

Meine Arbeit in der Gemeinde konzentrierte sich nun immer mehr auf den Bereich der Pfadfinderarbeit. In diesen Jahren wuchs der Stamm parallel zur Gemeinde exponentiell, und wir waren dann sehr schnell schon 500-600 Pfadfinder. Im Rahmen unserer Expansion, in der die Gemeinde die Regionalisierung vorantrieb, gründeten auch wir als Royal Rangers die Außenstämme im Umfeld von Stuttgart.

Da für die Gemeinde der Veranstaltungsort im SI wegfiel (das SI wurde komplett zur Musical Hall umgebaut), begann wieder eine „Zeit des Wanderns“ für die Gemeinde. Sonntag für Sonntag hatten wir die Gottesdienste in den Hallen der Messe Stuttgart auf dem Stuttgarter Killesberg. Bei der Leichtathletik-Weltmeisterschaft 1993 in Stuttgart hatten wir dort auf dem Killesberg die Spitzensportler Carl Lewis und Leroy Burell zu einem „Zeugnisabend“ zu Gast.

Auf dem Killesberg waren die räumlichen Bedingungen besser als früher im SI. Vor allem die Räume für die Kinder waren wesentlich geeigneter. Neben den Gottesdiensten gab es immer wieder „evangelistische“ Veranstaltungen mit besonderen Gastrednern. Carlos Annacondia und Claudio Freidzon, zwei südamerikanische Extremcharismatiker, waren die Gastsprecher mit anschließendem Gebet für „Befreiung“, „Heilung“ und „Geistestaufe“. Ganze Reihen von Besuchern fielen unter dieser „Kraft“ zu Boden und zeigten Symptome wie Zittern oder Schütteln. Das Auditorium war begeistert, klatschte und hüpfte, in der verführten Annahme, dass hier der Heilige Geist am Wirken war.

Auch Theaterspiele wie „Heaven’s Gates & Hell’s Flames“ wurden dort eingesetzt, um Nichtchristen zur Gemeinde einzuladen und zu „evangelisieren“. Falsche Propheten wie Ed Traut aus Südafrika prophezeiten bei den Veranstaltungen den Zuhörern Schwangerschaften, finanzielle Versorgung, die genaue Beschreibung des zukünftigen Hauses usw. Bei der sorgfältigen Prüfung stellte sich heraus, dass auch nach 28 Jahren nichts davon eingetroffen ist. Doch diese Falschpropheten machen auch heute noch hemmungslos in deutschen Gemeinden weiter.

In dem Jahr 1994 wurden mein Bruder Gottfried und ich als Pastoren in der Gemeinde ordiniert. Mein Arbeitsschwerpunkt verlagerte sich immer mehr auf den Aufbau der Royal Rangers und auch auf die Suche nach geeigneten Objekten für das neue Gemeindezentrum, wofür ich als Mitglied des Vorstandes beauftragt war. Da 1995 der Großbau der Musical Hall in Stuttgart-Möhringen abgeschlossen wurde, hatte die BGG die Möglichkeit, dort regelmäßig am Sonntagvormittag die Halle anzumieten und Gottesdienste durchzuführen.

Es war schon skurril, einen „Gottesdienst“ in einer Halle zu veranstalten, wo hinter dem Vorhang die gesamte Kulisse von „Miss Saigon“ zu finden war, wo nachmittags und abends Zuschauer aus ganz Deutschland ein Musical zu sehen bekamen, das mit dem Thema Gottesfurcht überhaupt nichts zu tun hatte. Aber das passte genau in den Stil der Gemeinde.

Es war jedes Mittel recht, das half, zu wachsen und große Zahlen zu präsentieren. Da die Halle schon veranstaltungsgerecht ausgestattet war, musste der Aufbau nur noch in Teilen geleistet werden. Die „Lobpreisband“, welche die Besucher aufwärmte, hatte jetzt immer bessere Möglichkeiten, sich wirklich als Rock- und Popband auszuleben. Als die zweite Musical Hall gebaut wurde, wechselten wir später in die Halle des Musicals von „Die Schöne und das Biest“.

 

Der „Toronto-Segen“ kommt

In diesen Jahren tauchte auch überall in den charismatischen Gemeinden ein neues Phänomen auf, der „Toronto-Segen“. Was 1994 in der ehemaligen Vineyard-Gemeinde „Toronto Airport Christian Fellowship“ als „neue Ausgießung des Heiligen Geistes“ begann, breitete sich rasend schnell weltweit aus. Auch aus Deutschland und aus unserer Gemeinde flogen die Menschen scharenweise nach Toronto, um an diesem „Segen“ teilzuhaben.

Der Maßstab von Verführung hatte mit „Toronto“ sicherlich eine neue dämonische Stufe erreicht. In den Gottesdiensten fingen Menschen an, laut zu lachen, auch Pastoren am Rednerpult machten mit. Ansonsten seriöse Erwachsene krochen gackernd wie Hühner durch die Gänge, wälzten sich vor Lachen auf dem Boden oder standen den ganzen Gottesdienst zuckend und hüpfend auf ihrem Platz.

Immer wieder fingen Menschen im Gottesdienst an, wie Tiere zu schreien, was als ein Zeichen von „Befreiung“ gewertet wurde. Nur wenige im Saal erkannten dieses Wirken von falschen Geistern als solches, im Gegenteil, die charismatischen Gemeinden hießen diese neue Erweckung willkommen und förderten in der Regel diese dämonischen Kraftwirkungen.

Diese Manifestationen waren teilweise so stark und störend, dass traditionelle Pfingstgemeinden deutliche Kritik an diesen Dingen übten. So kritisch, wie wir heute diese Entwicklung im Rückblick bewerten, so kritisch müssen wir auch unser damaliges eigenes Handeln sehen. Wir waren in unserem pastoralen Dienst ein tragender Teil dieser Veranstaltungen, auch bei uns fielen durch unsere Handauflegung Menschen rückwärts zu Boden.

 

„Wir brauchen ein Gemeindezentrum“!

In der zweiten Hälfte der 90er Jahre lief in der BGG die Suche nach einem geeigneten Objekt für ein Gemeindezentrum auf Hochtouren. In der Gemeinde gab es regelmäßig „Eindrücke“, „Bilder“ und „Prophetien“, welche den Standort oder die Gegebenheiten eines möglichen Gemeindezentrums verkündeten. Es gab ganz praktisch immer wieder Möglichkeiten, doch diese scheiterten an der Größe, der Finanzierbarkeit oder der Lage des Objektes. 1997 hatten wir ein Exposé auf dem Tisch, das vielversprechend aussah. Über einen Industriemakler wurde der Gemeinde ein bebautes Areal im Industriegebiet Stuttgart-Feuerbach angeboten.

Dieses Objekt wurde von der Firma Akzo Nobel zum Verkauf angeboten. Es handelte sich um eine Industrie-Lagerhalle mit Verwaltungsgebäude. Die Schwierigkeiten bei diesem Objekt lagen hauptsächlich bei der Genehmigung der Stadtverwaltung Stuttgart. In einem reinen Industriegebiet kann baurechtlich keine Kirche ein Gebäude errichten. Dazu musste das Gebiet durch eine Nutzungsänderung umgewidmet werden. Nach vielen Besuchen bei den verschiedenen Parteien im Gemeinderat der Stadt Stuttgart kam dann mit knapper Mehrheit die Genehmigung für die Umnutzung des Grundstücks zustande. Das Objekt wurde 1998 von der Gemeinde gekauft, und die Planung mit den Architekten begann.

Für die Gemeinde war dieses Objekt finanziell ein wirklicher Kraftakt. Obwohl in den zurückliegenden Jahren schon immer Geld beiseitegelegt wurde, war jetzt die ganze Gemeinde gefordert. Es wurde „das Opfer, das man nur einmal im Leben gibt“ eingesammelt. Ich erinnere mich an ein Gespräch im Vorstand, wo Peter Wenz die Frage stellte, ob wir das finanziell „schaffen“? Ich sagte: „Wenn wir auf Dauer über 2000 Gottesdienstbesucher haben, dann wird es möglich sein“! Und es war möglich. Während wir das neue Jahrtausend mit der Großveranstaltung „Jesus 2000“ noch auf der Messe Killesberg begannen, liefen nach dem Richtfest des neuen Zentrums im Juni 2000 die folgenden Ausbauarbeiten auf Hochtouren. Zu Beginn des Jahres 2001 konnte die BGG dann endlich die Einweihung des heutigen Gospel Forums feiern.

Mit dem Bau des Gospel Forums hatte die Gemeinde jetzt endlich wieder einen dauerhaften Standort, und das an einer zentralen Stelle im Norden von Stuttgart. Der große Saal fasste 2500 Plätze, Seminarräume und Lagerfläche war nun reichlich vorhanden. Vor allem für die Kinder war das ehemalige Verwaltungsgebäude ideal, um Gruppenräume für die verschiedensten Altersstufen zu schaffen. Mit enormer Eigenleistung wurde das „Kinderhaus“, umgebaut und renoviert. Das Wachstum der Besucherzahlen ging weiter, und schon ganz zeitnah konnte ein zusätzlicher Parkplatz dazugekauft werden.

Die Besuche der nationalen und internationalen Gastsprecher nahmen zu. Prediger wie Andreas Hermann, Wolfhard Margies, Mike Bickle aus Kansas, Paul Cain, Peter Pretorius, Reinhard Bonnke und Bayless Conley waren zu Gast. 2004 fanden die ersten „Stuttgarter Heilungstage“ statt.  

Ein Gottesdienst ist mir noch besonders eindrücklich in der Erinnerung geblieben. François Botes, ein südafrikanischer Prediger im „prophetisch-musikalischen Anbetungsdienst“ wiederholte im Gottesdienst eine halbe Stunde lang am Klavier singend die Bibelstelle aus dem Hohenlied 4: „Deine Liebe ist besser als Wein“. Wie ein Mantra wurde dieser Vers ständig singend wiederholt, was wir als „Trunkenheit im Geist“ deklarierten. Dass diese „Trunkenheit im Geist“ auf unseren Schwiegersohn, der das erste Mal im Gottesdienst war, einen sehr verwirrenden Eindruck gemacht hat, kann ich heute sehr gut nachvollziehen.

 

Das Abenteuer hat einen Namen: Royal Rangers Stamm 35

Unser Stamm 35 der Royal Rangers hatte in all den Aufbaujahren der BGG eine nahezu parallele Entwicklung erlebt. Schon 1992 nahmen wir als Stamm in Berlin beim „Jesus-Marsch“ teil und trugen unsere Flaggen durch das Brandenburger Tor und in das Olympiastadion. Aus den Anfängen 1988 war eine ausgedehnte Struktur gewachsen. Die Gemeinde hatte in ihrer Entwicklung einen sehr großen Einzugsbereich, der bis 100 Kilometer und sogar darüber hinaus reichte. Zahlreiche Menschen nahmen jedes Wochenende weite Strecken auf sich, um an den Gottesdiensten, der Bibelschule, den Seminaren oder bei den Rangers teilzunehmen.

Deshalb gründeten wir im Umfeld von Stuttgart neue Stämme, um den Kindern näher zu sein. Das wirkte sich vor allem auf die Einladung von neuen Kindern, Freunden, Schulkameraden aus. Ein begeisterter Stammposten vor Ort mit einem spannenden Programm und jungen, begabten Leitern war die Grundlage für ein enorm stabiles Wachstum. Im Laufe dieser Jahre wurden auch die Eltern der neuen Kinder zu den Gottesdiensten in der Region oder im Gospel Forum eingeladen. Viele dieser Eltern fanden die modernen, fetzigen Gottesdienste sehr ansprechend und schlossen sich der BGG an. Wir gründeten die ersten Royal Rangers-Stämme in Brasov / Rumänien und in Kapstadt / Südafrika und betreuten die dortige Leiterschaft in ihren Aufbaujahren.

Da das Momentum der Begeisterung in den Stämmen sehr hoch war, kamen immer neue Kinder und Leiter zu den Stammtreffen. Die Kameradschaft und der Zusammenhalt in der Leiterschaft stellten ein Geheimnis dar, das jeden von uns faszinierte und eine starke Bindung zum Stamm und der Gemeinde bewirkte.

Ich kann für mich rückblickend über diese Jahrzehnte bei den Royal Rangers sagen, dass mich in der Position als Stammpostenleiter nichts so sehr charakterlich geprägt hat, wie die Zusammenarbeit mit den hunderten von jungen Leitern und den vielen Kindern. Diese Erfahrung haben die meisten von uns im Stamm persönlich gemacht. Im Laufe dieser Stammesgeschichte hatten wir unter den Leitern und Mitarbeitern über 100 Hochzeiten.

Je nach Altersstufen war das Programm auf die Kinder abgestimmt. Schon ab 6 Jahren (Starter) ging es los, ab 9 Jahren (Kundschafter) übernachteten die Rangers in Kohten und Jurten auf den Sommercamps, ab 12 Jahren (Pfadfinder) kamen die Camps im Winter dazu. Das Programm lautete: „Kinder zu Jesus führen, bei Jesus halten und dienstbereit machen“. Für die über 15jährigen, die Pfadrangers, machten wir ein sehr abenteuerliches, zum Teil extremes Programm.

Neben den wöchentlichen Stammtreffen waren es die Hajks, die Fahrradtouren, die Camps im Gebirge im Winter. Es gab Jahre, wo wir im Frühjahr mit den Fahrrädern 1000 Kilometer von Stuttgart an das Mittelmeer oder den Atlantik gefahren sind. Kanu-Expeditionen ins rumänische Donaudelta oder nach Schweden setzten Schwerpunkte bei den Jugendlichen. Viele dieser Rangers ließen sich auf diesen Expeditionen aufgrund ihres Glaubens taufen.

2005 konnten wir von Stuttgart aus das zweite Bundescamp der Royal Rangers wesentlich mitgestalten. Während 1997 beim ersten Bundescamp in Thüringen noch 3800 Rangers aus 150 Stämmen kamen, entwickelte sich das Camp 2005 zu einem wirklichen Großereignis, wofür wir auf dem Gelände ein eigenes Stadion bauten. 10.000 Rangers nahmen bei diesem Camp teil, das unter dem Motto „Entscheidung“ stand. Viele der Rangers hatten auf dem Bundescamp, aber vor allem bei den lokalen Sommercamps zum ersten Mal eine Entscheidung für Jesus getroffen. Trotz der organisatorischen Einbindung in die charismatischen Gemeinden kamen immer wieder Kinder und Jugendliche zu einem echten Durchbruch der Wiedergeburt und zu einer wirklichen Nachfolge.

 

Konferenzen und „Holy Spirit Night“ im Gospel Forum

Im Gospel Forum fanden immer mehr ausländische Gruppen ihre Räume für den Gottesdienst. Da am Sonntag das ganze Gospel Forum durch die Gottesdienstbesucher und die Kinder ausgelastet war, fanden die kleineren Gottesdienste der verschiedenen Nationalitäten am Nachmittag, abends, oder auch an Wochentagen statt.

Die Leiter- und Pastorenkonferenzen waren zu einem festen Bestandteil am Jahresanfang geworden. In der Regel war immer ein bekannter nationaler oder internationaler Gastsprecher dabei. 2006 war Helmut Bauer, der Gründer von „Wort und Geist“ in Röhrnbach, der Hauptredner. Seine so ungehobelte und volkstümliche Art im Umgang mit „dem Heiligen Geist“ war sicher das Extremste, was ich bisher in der Charismatik erlebt hatte. Schon in der ersten Veranstaltung musste ich rausgehen, ich konnte das nicht aushalten. Aber Bauers Ausstrahlung hat viele angezogen und verführt. Gemeindemitglieder sind nach Röhrnbach umgezogen, haben den Beruf gewechselt, nur um dieser falschen Lehre zu folgen.

Als Bauer zwei Jahre später von seinen Nachfolgern als „Völkerapostel“ ausgerufen wurde, als in Röhrnbach die Bibel auf den Boden geworfen wurde, weil man nur noch „dem Geist folgte“, da wurde es auch den charismatischen Leitern wie Wolfhard Margies und Peter Wenz zu viel. So viel Spaltung und Trennung in Gemeinden, so viel Entfremdung und Scheidung in Familien hatte „Wort und Geist“ in kurzer Zeit hervorgerufen. Peter Wenz nahm auf der Konferenz 2009 Stellung zu den Vorgängen, nicht nur deshalb, weil eine Tochtergemeinde der BGG in Kirchentellinsfurt zu „Wort und Geist“ übergelaufen war. Wenz warnte vor der „okkulten Brainwash-Strategie“ von Röhrnbach, ohne zu merken, dass in der eigenen Gemeinde dieselben „Strategien“ am Wirken waren.

 

 

5. Der Hauptpastor und die Leiterschaft der BGG

 

Peter Wenz hatte sich in diesen Jahren Stück für Stück von einer teamfähigen Ältestenschaft entfernt. Nach außen war das nicht sichtbar, aber intern spielte er umso mehr die Rolle eines absoluten Führers. Ein Bruch in der Leiterschaft entstand sicherlich durch den Austritt von Martin Heidenreich, der lange Jahre mit uns im Vorstand war. Sein Weggang im Jahr 2012 war aus unserer Sicht das Ergebnis des enormen Drucks und der Manipulation, welche auf ihn und seine Frau von Peter und Sabine Wenz ausgeübt wurden.

Diese Vorgänge gingen nicht spurlos an der Leiterschaft vorüber. Die Pastoren verfassten im Jahr 2012 gemeinsam einen Brief an Peter Wenz, in dem diese Punkte angesprochen wurden. Leider hatte dieser Brief bei Peter und Sabine Wenz eine Reaktion hervorgerufen, die ich nur als diktatorisch bezeichnen kann. Peter Wenz sagte von diesem Brief, der voller Respekt und Wertschätzung geschrieben war, er sei „schlimmer als die Berliner Erklärung“.

Die Pastoren wurden auf der nächsten Ältestenfreizeit manipulativ gezwungen, sich bei Peter und Sabine Wenz zu entschuldigen. Ab dieser Zeit war bei vielen der Ältesten und Pastoren eine Distanz und Vorsicht gegenüber Peter Wenz zu spüren. In den folgenden Jahren verließ mindestens ein Pastor jährlich das Gospel Forum.

Mitten in diesen Spannungen ragten immer wieder Großveranstaltungen heraus, die mit ihrem Glamour und den Zahlen gewaltig Eindruck machten. Was 1994 im Christlichen Zentrum Weinstadt in der „Heavens Factory“ seinen Anfang nahm, entwickelte sich in den Folgejahren zur „Holy Spirit Night (HSN)“. Am Anfang trafen sich monatlich bis zu 100 Jugendliche, um Lobpreis zu machen und „Gottes Gegenwart“ zu erleben.

Von Jahr zu Jahr gewann die Bewegung an Fahrt. Gastredner wie François Botes oder Sandy Good aus Brownsville Pensacola (USA) brachten ihre falsche Lehre unter die Jugendlichen. Die HSN wurde in dieser Zeit durch einen Trägerkreis von vier Gemeinden getragen. Bis zum Jahr 2000 waren es schon 1500 Jugendliche, die diesen Event in Weinstadt, Altensteig, Biberach oder in Stuttgart besuchten. Viele fanden keinen Platz und mussten wieder abreisen. 2004 übernahm Markus Wenz die Leitung des Trägerkreises.

Mit jedem Jahr wurden mehr Jugendliche angezogen. Da passte es gut, dass das Gospel Forum den größten Raum hatte und auch seinen Namen 2012 von „BGG“ in „Gospel Forum“ umänderte und damit „modernisierte“. Da alle Räume, auch das Gospel Forum, nun zu klein waren, fand die Holy Spirit Night ab 2012 in der Porsche Arena oder der Schleyerhalle statt. Nun war alles vorhanden, was Charismatiker von einem Event erwarten – eine riesige Bühne und überlauter, überlanger „Lobpreis“. Wenn die Jugendlichen dann in der dichten Menge genug manipulativ vorbereitet sind, kommt die „Message“.

Das ist kein echtes Evangelium, sondern eine Mischung aus Gags, billigster Gnade, oberflächlichen Aussagen, alles unter der Atmosphäre der „Gegenwart des Heiligen Geistes“. Dass dies nur ein falscher, blendender Geist sein kann, fällt den Jugendlichen nicht auf. Es ist das Erlebnis, was zählt. Der „Aufruf“ zur Entscheidung ist obligatorisch, Hunderte gehen nach vorne, wer will denn nicht „Jesus, the best friend“ haben? Die Jugendlichen werden kurz in einen anschließenden Raum geführt, wo sie eine Karte ausfüllen, auch unter Handauflegung Gebet bekommen, bevor es zurückgeht in die brodelnde Halle.

Dort wird inzwischen unter einem harmonischen Klangteppich für alle gebetet, die die „Geistestaufe“ empfangen möchten. Alle heben die Hände und schwingen mit. Tränen fließen. Das ist pure Manipulation. Was als „Gegenwart Gottes“ bezeichnet wird, ist nichts anderes als eine Stimmung, die verführt. Naive christliche Jugendliche, die zum größten Teil nicht wiedergeboren sind, empfangen etwas, was niemals der Heilige Geist der Bibel sein kann. Am Schluß wird nochmal so richtig aufgedreht, dass jeder mit „abdancen“ kann. Hier wird unter anderem die Grundlage gelegt für ein oberflächliches, falsches Christsein. 

International bekannte Gastredner wie Todd White (Lifestyle Christianity), Ben Fitzgerald (Awakening Europe), Carl Lentz (Hillsong New York), Heidi Baker (Iris Global), Bill Johnson (Bethel Church) oder Joseph Prince (Hyper Grace) geben sich die Klinke in die Hand und werden gefeiert. Aber auch junge „Stars“ aus den sozialen Medien kommen zum Predigen. Sie werden vorgestellt:

„Millane Friesen ist ein 18-jähriges Mädchen welches auf den Sozialen Medien präsent ist um den Leuten ein Stück mehr Gottes Liebe zu zeigen. Sie liebt das Predigen, Fashion und gute Pasta“.

„Jana ist Speakerin, Autorin und ein präsentes Gesicht auf den sozialen Medien. Sie liebt Jesus, Gemeinschaft und richtig guten Kaffee. Nebenbei studiert Jana Medizin“.

Jeder von ihnen hat seine eigene Art, die Jugend zu faszinieren, es sind ausnahmslos geübte, brillante Redner, welche die Arglosen verführen:

Römer 16,18:  Denn solche dienen nicht unserem Herrn Jesus Christus, sondern ihrem eigenen Bauch, und durch wohlklingende Reden und schöne Worte verführen sie die Herzen der Arglosen.

Inzwischen ist die HSN zu einem „Holy Spirit Movement“ geworden, welches europaweit in mehr als 12 Ländern und vielen Gemeinden diese Events durchführt. Die Werbung funktioniert, Karten kosten zwischen 20 und 40 Euro. Jede HSN hat ihren eigenen Titel. „Fearless“ (2016), „Reformatio“ (2017), „Love Revolution“ (2019), „Dripping Fire“ (2021), „Tomorrowland“ (2023). Wie weit sich diese Bewegung von einem biblischen Verständnis entfernt hat, ist schon deutlich in der Werbung zu lesen:

„Unsere Motivation ist die Leidenschaft für den HEILIGEN GEIST. Das heißt, Er ist das Zentrum des Abends und das Ziel ist es, Ihm zu begegnen“.

„Kommt zur HOLY SPIRIT NIGHT im GOSPEL FORUM vom 29. bis 30. September, um gemeinsam einen Vorgeschmack auf die unendliche Herrlichkeit Gottes zu erleben, einen Ort des puren Friedens, Freude und Liebe, wo sein ewiges Licht leuchtet und wir schon heute Zugang haben!“

 

 

 

 

II. Die Spaltung im Gospel Forum 2018

 

 

 

Nach der Krise mit Peter Wenz in der Leiterschaft 2012 hatte sich die Situation notgedrungen wieder etwas beruhigt, aber das alte, unbeschwerte Arbeiten war doch überschattet von Vorsicht und Zurückhaltung.

Erkennungszeichen in der Zusammenarbeit mit Peter dafür wurden für uns von Jahr zu Jahr sichtbarer: Unsicherheit, Ablehnung, Stolz, Arroganz, Manipulation und Kontrolle, in etlichen Fällen auch geistlicher Missbrauch.

2013 hatte Peter Wenz uns von einem eindrücklichen Reden Gottes erzählt, in welchem Gott zu ihm sprach, dass er mit 60 Jahren die Leitung der Gemeinde abgeben solle. Thomas Berner wurde in diesen Jahren als „pastoraler Geschäftsführer“ eingesetzt, um Peter zu entlasten und Entscheidungsprozesse zu beschleunigen.

Thomas sollte auch die Nachfolge von Peter in der Leitung der Gemeinde übernehmen, wenn Peter mit 60 Jahren in den „internationalen apostolischen Dienst“ gehen würde. Das machte vielen in der Leiterschaft Hoffnung, zumal Thomas Berner seine Aufgabe gut machte.

Nach einer USA Reise von Peter Wenz änderte sich die Lage aber drastisch. Er nahm die Aufgabe der Geschäftsführung von Thomas wieder zurück.

In den kommenden Monaten wurden große Entscheidungen von Peter alleine getroffen; Lobpreisleiter wurden abgesetzt, die Leitung der Gesamtjugend wurde im Alleingang festgelegt. Im Nachhinein stellten wir fest, dass den Leuten dann vermittelt wurde: „Das hat der Vorstand so entschieden“!

Mit diesen erheblichen Differenzen ging es in den Frühsommer hinein, die Vorstandstreffen wurden immer konfrontativer. Wer etwas kritisierte, wurde geschnitten oder angebrüllt.

Ich hatte das im Juni 2018 selbst erlebt. „Du bist ein Heuchler, ein Lügner und ein Feigling!“ schrie Peter mich bei einer Vorstandsrunde an. Ich war baff, weil ich mich mit allen drei Vorwürfen nicht identifizieren konnte, und wertete es bei Peter als eine ungeistliche Abwehr eigener Schwachpunkte.

 

 

1. Es kommt zum Bruch

 

Es ging dann im Juli nach Peters sechzigstem Geburtstag in die Sommerpause mit den gewohnten Abläufen der Sommercamps der Royal Rangers und den Aktionen. Aber wir wussten, dass die Sache zum Punkt gebracht werden musste. So beteten wir sehr viel für eine gute Lösung der Situation.

Am 11. September waren die Sommerferien vorbei, und die erste Vorstandsrunde stand an. Wir wussten, dass jetzt die Missstände bei Peter offen angesprochen werden mussten. Nach Matthäus 18 war das schon die zweite Stufe, da Thomas Berner mit Peter schon vor der Sommerpause die Punkte angesprochen hatte. Leider war Peter nicht bereit, die Fehler im Umgang mit Menschen einzusehen und seine unbiblischen Alleingänge zu beenden. Im Gegenteil, er trat eine Schmutz- und Diffamierungskampagne los, wie ich sie nie für möglich gehalten hätte.

Mitten in diesen Tagen im Oktober starb mein Bruder Gottfried an einer Krebserkrankung. Er hatte nahezu 30 Jahren der Gemeinde treu gedient und über Jahrzehnte die Verwaltung aufgebaut und geleitet. Da Gottfried auch Mitglied des Vorstandes war, hatte er auch die Missstände mit Peter besprochen und angemahnt. Der Umgang mit seinem Tod und die Beisetzung war ein schäbiges Armutszeugnis für die Gemeinde. Die meisten Gemeindemitglieder merkten, dass Peter Wenz letzten Endes sogar billigend die Spaltung der Gemeinde in Kauf nehmen würde, um seine Ziele zu erreichen.

Die weiteren Stationen in dieser Spaltung waren eine außerordentliche Mitgliederversammlung und zwei Gemeindeversammlungen, die eher einer Saalschlacht glichen. Da wir als Mitglieder des Vorstandes deutlich machen wollten, dass es uns nicht um Macht ging, entschlossen wir uns, ganz sichtbar diese mögliche „Macht“ abzugeben und zurückzutreten.

Peter Wenz tat das natürlich nicht. Er holte sich „Beistand“ bei befreundeten Leitern des „D-Netzes“ und ließ seine Verbindungen spielen. Andreas Hermann, der Heilungsprediger aus Wiesbaden sagte: „Ich habe für mich im Gebet den Herrn gefragt, wie er die Situation und Peter Wenz sieht. Ich meine, klar gehört zu haben, dass Gott Peter als apostolischen Leiter für die Gemeinde und die Nation eingesetzt hat und dass das nicht revidiert ist“.

Ein inzwischen durch die Mehrheit des Vereins angestrebtes „Minderheitsbegehren“ stand im Raum. Am 13. Dezember kam es dann zum Bruch. Peter Wenz und seine Partei hatten heimlich 117 neue Vereinsmitglieder aufgenommen, die an diesem Abend den neuen Vorstand wählen sollten. Mehr als die Hälfte der alten Mitglieder verließen vor der Wahl demonstrativ den Saal, als dieser Betrug an der Gemeinde offensichtlich wurde.

Der neue Vorstand wurde dann natürlich einstimmig gewählt. In der Folge wurden die drei zurückgetreten Vorstände per anwaltlicher Unterlassungsaufforderung mundtot gemacht. Zitat Peter Wenz: „Hiermit spreche ich euch die geistliche Leiterschaft im Gospel Forum ab, ihr seid keine geistlichen Leiter des Gospel Forums mehr!“ In den darauffolgenden Pastorenrunden wurden Thomas, Matthias und ich zum Teil gar nicht mehr eingeladen, zum Teil auch direkt ausgeladen und wieder nach Hause geschickt. Jedenfalls durften wir nicht mehr Teil der Pastorenrunden sein.

 

 

2. Die neue Bewegung „Wir sind Gemeinde“ (später „God in Life“)

 

Die folgenden Wochen über den Jahreswechsel 2018/19 waren sehr intensiv und voller Not. Wie sollte es weitergehen? Für mich persönlich war das größte Problem der riesige Royal Rangers Stamm 35 und die Frage: „Wie können wir die Kinder im Stamm halten“?

Ein lieber Freund, Philipp Degen, hatte uns schon als Architekt und Berater beim Bau des Gospel Forums sehr geholfen. Er hatte mich in diesen Wochen gefragt, ob ich mir vorstellen könnte, als Pastor die kleine Brothaus-Gemeinde in Stuttgart zu übernehmen. Da der Bruch mit dem Gospel Forum komplett war und nur noch über Anwälte kommuniziert wurde, lag dieser Gedanke einer neuen Gemeinde sehr nahe.

Nach dem 13. Dezember ging eine unübersehbare Flut von Abmeldungen im Gospel Forum ein. Vor allem die langjährigen Mitarbeiter hatten den Betrug an der Gemeinde hautnah mitbekommen und wendeten sich ab. Aber wohin gehen? Viele von ihnen waren mit dem Gospel Forum schon Jahre und Jahrzehnte verbunden.

Ganz spontan organisierte jemand am 1. Januar 2019 einen Neujahrsgottesdienst in der Brothaus-Gemeinde in Zuffenhausen. Der kleine Kirchenraum platzte aus allen Nähten, als über 400 Besucher kamen.

Die folgenden Gottesdienste in der Stadthalle Feuerbach zählten schon weit über 1000 Besucher. Alle warteten auf einen Neuanfang. Der trotzige Slogan „Wir sind Gemeinde“ wurde dann auch zum vorläufigen Namen der neuen Gemeindebewegung.

Thomas Berner, Matthias Frank und ich wollten unter diesen Umständen so schnell wie möglich auch das Arbeitsverhältnis zum Gospel Forum beenden. Thomas und ich waren zu Ende Februar frei und wurden beim neuen Gemeindeverband angestellt, Matthias folgte einige Monate später nach. Mehr als die Hälfte der Pastoren verließen in dieser Zeit das Gospel Forum.

Was keiner von uns für möglich gehalten hätte, geschah bei den Royal Rangers. Der gesamte Hauptstamm mit über 1600 Rangers folgte mit seinen Leitern der neuen Gemeindebewegung, und so wurde am 1. März 2019 der „neue“ alte Stamm 553 gegründet.

Die neue Gemeindebewegung formierte sich sehr schnell in die sieben lokalen Gemeinden Brothaus Zuffenhausen, CaFeWa (Cannstatt, Fellbach, Waiblingen, heute Gemeinde Remstal), Esslingen (Vinea), Nürtingen (New Home), Fildern (Filder Good News), Leonberg (Kirche am Engelberg), God in life Neckar-Enz (Vaihingen und Ludwigsburg).

Die örtliche Nähe der lokalen Gemeinden war für viele der vom Gospel Forum ausgetretenen Mitglieder ein Vorteil, obwohl am Anfang, (bis auf das Brothaus Zuffenhausen) die eigenen Räumlichkeiten fehlten. So begannen die lokalen Gemeinden wieder, geeignete Räumlichkeiten anzumieten und für den Gottesdienst auf- und abzubauen.

Von Anfang an, war das Bedürfnis der Mitglieder, dass „wir zusammenbleiben“. Das drückte sich darin aus, dass trotz der lokalen Gemeinden ein Verbund geschaffen werden sollte, der diese Gemeinschaft erhalten könnte. Dadurch entstand in der Folgezeit der „God in life Verbund“. Die rechtliche Basis dafür bildete das Brothaus mit einem bestehenden eingetragenen Verein.

Schon die ersten gemeinsamen großen Veranstaltungen in der Schwabenlandhalle ließen erkennen, dass dieses „Zusammenbleiben“ in der Zukunft zugunsten der lokalen Gemeinden brüchig sein würde. Vor allem neue Besucher der Gemeinden konnten mit den alten gemeinsamen Strukturen nicht viel anfangen.

Mit Beginn des Jahres 2020 kam durch die Corona-Welle eine völlig neue, ungewohnte Situation auf die Gemeinden zu. Gottesdienste wurden mit Abstand und Maske durchgeführt, Lobpreis war nicht möglich, viele Mitglieder blieben zuhause.

Auch im Umgang mit diesem gesellschaftlichen Thema entstand in allen Gemeinden ein erkennbarer Riss. Die Einstellung der Besucher war so unterschiedlich und damit auch die Haltung und die praktischen Konsequenzen. Den einen war alles zu locker, den Anderen alles zu streng.

Somit gingen die meisten Gemeinden in dieser Zeit zu Gottesdiensten über, die online übertragen wurden. Viele besuchten gar keinen Gottesdienst mehr, sondern „ernährten“ sich geistlich im Internet.

 

 

3. Eine geistliche Zeitenwende für meine Frau und mich

 

Meine Frau und ich waren in dieser Zeit auch immer fragender geworden, was die vergangenen 30 Jahre denn so alles geschehen war. Diese Frage beschäftigte uns von Monat zu Monat mehr. Wenn nach so vielen Jahren im Dienst eine solch schäbige Spaltung im Gospel Forum als Frucht zutage trat, konnte das der so oft zitierte „Heilige Geist“ sein?

Wir gingen in Gedanken auch zurück zu dem Punkt, wo wir wirklich in die Gemeinde gingen, um Jesus Christus von Herzen nachzufolgen und für Ihn zu arbeiten. War das alles umsonst? War das die Frucht, die der Herr gewirkt hatte?

 

Studium der gesunden Lehre

Persönlich hatten diese Fragestellungen die Konsequenz, tief in das Studium des Wortes Gottes hineinzugehen und nach der Wahrheit und den Antworten aus der Quelle zu suchen.

Uns wurde mehr und mehr bewusst, dass uns gerade das Studium des Wortes Gottes in diesen vergangenen Jahren nahezu abhandengekommen war. Die „erfolgreiche“ Arbeit in der Gemeinde hatte alle Zeit aufgebraucht, so dass kaum Platz war für ein tiefgehendes Studium.

Wir erkannten sehr schnell, welchen unschätzbaren Wert die gesunde Lehre in einer Gemeinde haben muss, um die Menschen geistlich wirklich stabil und stark zu machen. In unserer Zeit im Gospel Forum hatte für die allermeisten das Studium des Wortes eine untergeordnete Bedeutung. Obwohl viele wirklich dem Herrn nachfolgen wollten, blieb durch die falsche Lehre und die oberflächlichen Predigten bei den meisten der Glaube in den geistlichen Kinderschuhen stecken und stagnierte. 

In der Zeit der Corona-Maßnahmen in den Jahren 2020/21 begannen viele Christen, im Internet nach guten Predigten und gesunder Lehre Ausschau zu halten. Natürlich war klar, dass dort auch eine Menge an Irrlehre, Verführung und oberflächlicher Predigt zu finden war. Aber einige Namen, die wir vorher nicht kannten, tauchten bei unserer Suche immer wieder auf.

In diesen Tagen stieß meine Frau „durch Zufall“ auf ein Buch mit dem Titel: Der Angriff auf die Wahrheit. Hier wurden viele Fragen, die uns schon länger bewegten, aufgegriffen und beantwortet. Georg Walter, der Autor, war über zwei Jahre Besucher in der BGG/Gospel Forum und auch in einem Hauskreis der damaligen Gemeinde. Ihn wollten wir unbedingt persönlich kennenlernen, um uns auszutauschen.

 

Entscheidende Begegnungen

Zeitgleich hörte ich im Internet das Zeugnis eines ehemaligen Pfingstlers: Karl-Hermann Kauffmann. Seine schwäbische Art und sein fundiertes Wissen über die Pfingstbewegung waren sehr authentisch. Ich erfuhr, dass er mehrere Jahre in der Volksmission Albstadt auch in der Leitung war, bevor er sich mit einem Hauskreis von der Pfingstbewegung komplett getrennt hatte. Bei ihm konnte ich sicherlich viel über die Hintergründe der Pfingstbewegung erfahren. Nach einem Anruf, bei dem ich fragte, ob wir uns treffen könnten, verneinte er.

Karl-Hermann schickte mir stattdessen eine persönliche Ausarbeitung (den „Schlüssel“), indem er alle Fragen der pfingstlich-charismatischen Bewegung aufgriff und mit Bibelstellen erklärte. Meine Aufgabe war nun, mit dem „Schlüssel“ all die bekannten Themen der Bewegung (Geistestaufe, Zungenrede, Heilung, Befreiung, Prophetie, geistliche Kriegsführung, Umfallen und Ruhen im Geist usw.) biblisch zu erarbeiten. Für mich war das ungeheuer spannend, weil zum ersten Mal jemand die Dinge biblisch hinterfragte, die uns seit 30 Jahren geläufig waren, die wir aber nie persönlich biblisch erarbeitet und geprüft hatten.

Im Kontakt mit diesen Brüdern kamen immer mehr Namen zum Vorschein, die ich zwar schon einmal gehört, aber in Zeiten des Gospel Forums nur auf der „schwarzen Liste“ gefunden hatte. So besuchte ich Alexander Seibel und Wolfgang Bühne und tauschte mich mit ihnen über die geschichtlichen und aktuellen Geschehnisse der pfingstlich-charismatischen Bewegung aus. Ich erfuhr dabei auch viel über die Kämpfe und Angriffe, welche sie persönlich über die Jahre durch diese Bewegung erlebt hatten.

Ein sehr wertvoller Kontakt entstand bei einem Tagesseminar in der Schweiz. Roger Liebi, den wir schon von Vorträgen aus dem Internet kannten, behandelte ein Kapitel aus dem Hebräerbrief. Und das den ganzen Samstag! Ich war geschockt über die Tiefe der Lehre und die biblischen Zusammenhänge. Eine solch fundierte und authentische Lehre hatten wir in der Vergangenheit noch nie erlebt. Der persönliche Austausch mit ihm und die Bibelstunden haben uns sehr geprägt und ermutigt, weiter im Wort Gottes und der gesunden Lehre zu graben und falsche Lehren damit zu entlarven.

Eine dritte und sehr wertvolle Begegnung war das erste Treffen mit Rudolf Ebertshäuser aus Leonberg. Nach einem Telefonat konnte ich ihn besuchen und alle Fragen stellen, die ich auf dem Herzen hatte. Da er selbst am Ende der 80er Jahre in der charismatischen Bewegung war (JMS Altensteig, Ableger Leonberg), kannte er die Szene sehr gut, zumal er dort auch im Aufbau und der Leitung mitgearbeitet hatte. Durch ihn und den Esra- Schriftendienst hatte ich Zugang zu biblischen Ausarbeitungen über viele wichtige geistliche Fragen, auch, was die Charismatik betraf.

 

Der Gemeindedienst im Brothaus

Zeitgleich forderte der Gemeindedienst im Brothaus und die parallele Verantwortung für den Hauptstamm der Royal Rangers in Bad Cannstatt meine ganze Kraft. In der Brothaus-Gemeinde hatten wir mittwochs den Gebets- und Lehrabend online eingeführt, bei dem ich wöchentlich fortlaufend immer nach dem Gebet 45 Minuten biblische Lehre brachte.

Das war eine gute Zeit, vor allem die älteren Leute konnten auch aufgrund der Entfernung daran teilnehmen. Doch auch dort tauchten immer mehr die Fragestellungen der Gemeindemitglieder zu den pfingstlichen Positionen auf. Das war eine angespannte Zeit, da ich nicht leichtfertig mit den Themen umging, sondern ganz persönlich und bibeltreu auf jeden Einzelnen eingehen wollte. Das ist uns meistens auch gelungen, obwohl die strittigen Punkte immer wieder zum Thema wurden.

In der Verbundleitung des God in Life Verbundes hatten wir einen sehr freundschaftlichen und wertschätzenden Umgang miteinander. Zu Beginn dieser gemeinsamen Arbeitsphase wurde mein Forschen in der Schrift als gut und nützlich empfunden.

Es war mir in dieser Zeit ein Anliegen, den Fokus auf unseren Herrn Jesus Christus zu legen, da in der Charismatik hauptsächlich der „Heilige Geist“ und die Erfahrungen mit ihm thematisiert werden. Gerade deshalb war in diesen ersten drei Jahren des neuen Verbundes „God in life“ bei den sieben Gemeinden eine große Bandbreite zu sehen. Es gab und gibt Pastoren und ihre Gemeinden, die einen sehr charismatischen Kurs fahren, mit Zungenreden, Prophetie, Sozo-Seelsorge, „Schatzsuche“ und Lobpreis von Bethel und Hillsong. Dann gibt es auch wieder moderatere Gemeinden, in welchen vor allem gemäßigte, evangelikaler gesinnte Leiter die Richtung bestimmen.

In allen Diskussionen dieser Monate stand am Ende die gemeinsame Aussage: „Der God in life Verbund und das Brothaus sind eine pfingstlich-charismatische Bewegung, die freundschaftlich mit dem BFP verbunden ist“. Die Brothausgemeinde, in der ich Pastor war, hatte schon seit Jahrzehnten den Mitgliedsstatus beim BFP (Bund Freikirchlicher Pfingstgemeinden).  

In der Brothausgemeinde waren wir in dieser neuen Phase fünf Älteste. Neben Philipp Degen, der die Gemeinde gegründet und Jahrzehnte lang als Pastor geleitet hatte, waren es noch Werner Wolf, Renato Ribeiro und Evi Petry. Schon seit Beginn dieser gemeinsamen Arbeit hatten wir unterschiedliche Haltungen, was den Dienst der Frau als Älteste betraf.

Das hatte nichts mit der Person von Evi zu tun, sie ist im Beruf eine sehr kompetente Frau. Aber ich konnte aus der Schrift nicht erkennen, dass eine Frau dieses geistliche Amt ausüben sollte. Renato vertrat auch diese schriftgemäße Einstellung. Dies führte regelmäßig zu Spannungen in unseren Treffen, da sich auch meine lehrmäßige Haltung von den Grundlehren der Pfingstbewegung immer weiter entfernte.

 

Es muss zu einer Entscheidung kommen

Als der neue Verbund am Entstehen war, hatten die drei Pastoren Thomas Berner, Matthias Frank und ich die Freigabe, nach den nervenaufreibenden Monaten zur Regeneration und Besinnung eine Auszeit zu nehmen. Thomas und Matthias hatten dies schon in den ersten Monaten in Anspruch genommen.

Ich wollte diese Zeit später nehmen, da in den ersten Monaten der Neuaufbau des Royal Ranger-Stammes alle Kräfte erforderte. Deshalb beschlossen meine Frau und ich, zu Beginn des Jahres 2023 für vier Monate in diese Auszeit zu gehen. In Absprache mit den Ältesten und der Verbundleitung sollte das auch eine Zeit sein, in der ich alle geistlichen und theologischen Positionen in Ruhe überprüfen konnte.

Diese Zeit war eine sehr arbeitsreiche Zeit, vor allem das tiefe Forschen in der Schrift, das Studieren von Kommentaren, dem griechischen Mehrheitstext und die Besuche bei Brüdern nahmen mich ganz in Beschlag. Am Ende dieser Monate musste ich der Verbundleitung und den Ältesten bekennen, dass sich meine kritischen Positionen in Bezug auf die Charismatik nicht geändert, sondern vertieft und gefestigt hatten.

Da mir durch die vergangenen Jahre bewusst geworden war, dass eine geistliche Arbeit ausschließlich auf der Grundlage der biblischen Wahrheit in Einheit getan werden kann, wurde dadurch ganz eindeutig, dass ich mich von der Gemeinde, dem Verbund und den Royal Rangers trennen musste.

Das war ein geistlicher Schritt, der umso wichtiger wurde, um die gewonnenen Erkenntnisse aus dem Wort im Gehorsam umzusetzen und die eigene Authentizität zu wahren. Die vergangenen Monate hatte Gott uns in seiner Gnade Stück für Stück die Themen erkennen lassen, welche um der Wahrheit des Evangeliums willen entscheidend waren.

Das hatte in erster Linie nichts mit Menschen zu tun. Was uns schwer fiel, war und ist die Trennung von lieben Freunden und Menschen, die einem schon über Jahre an das Herz gewachsen waren. Aber auch hier musste ich unterscheiden zwischen der menschlichen und der geistlichen Einheit. Zu vielen besteht heute noch ein guter Kontakt, andere haben sich konsequent abgewandt.  

Vor allem die Brothausgemeinde und die Verbundleitung waren bestrebt, dass wir diese Trennung in Anstand und Respekt durchführten. Das ist auf beiden Seiten gelungen. Nachdem ich mit den Rangers noch eine große Pfingstaktion in Schweden leitete, fand am 16. Juli 2023 meine Verabschiedung bei einem gemeinsamen Gottesdienst des Verbundes statt.

 

 

 

 

III. Was wir heute erkannt haben

 

 

 

In diesen Wochen des Sommers 2024 ist die Trennung von der Charismatik nun bald ein Jahr Vergangenheit. Es ist inzwischen viel bei uns geschehen, und es hat sich recht schnell gezeigt, dass es den Bekannten und Freunden gegenüber wichtig wäre, unsere Beweggründe und Entscheidungen näher zu erklären. Wir waren erstaunt, welche Kontakte sofort abgebrochen sind, vor allem bei Leuten, wo wir das nicht vermutet hätten.

Dann tauchten Weggefährten von früher auf, die so viele Fragen hatten. Bei so vielen Besuchen in diesen Monaten konnten wir dann auch direkt Rede und Antwort stehen. Im Folgenden möchte ich schrittweise ausführen, wie uns der Weg zu unseren heutigen geistlichen Überzeugungen und Entscheidungen Stück für Stück klar geworden ist. Dafür ist es entscheidend, die einzelnen markanten Lehrinhalte der Charismatik auf den biblischen Prüfstand zu stellen.

 

 

2. Die „Geistestaufe“

 

In der pfingstlich-charismatischen Praxis wird die „Taufe im Heiligen Geist“ oder die „Geistestaufe“ als ein zweites Ereignis nach der Bekehrung eines Menschen gelehrt und praktiziert. Durch diese „Geistestaufe“ soll der Gläubige „Kraft“ empfangen. Diese „Kraft“ ist eines der zentralen Themen und Praktiken der Charismatik. Die Schrift kennt die Geistestaufe in dieser Form nicht, spricht aber über das „Getauftwerden im Heiligen Geist“.

Hier dürfen wir nicht, wie so oft geschehen, das Alte Testament mit der Zeit ab Apostelgeschichte 2 vermischen. Im Alten Testament war der Heilige Geist nur auf bestimmten besonders ausgerüsteten Personengruppen wie Priestern, Königen und Propheten. Ebenso wurde das Kommen des Heiligen Geistes in den Evangelien beschrieben und vorhergesagt, war aber noch nicht geschehen. Das Kommen des Heiligen Geistes, des Geistes der Sohnschaft konnte nur möglich sein, nachdem der Herr Jesus Christus die ganze, vollkommene Erlösung vollbracht hatte (Galater 4,4-7 und 1. Korinther 12,13).

Wir sehen in Apostelgeschichte 1,8 dass der Heilige Geist noch nicht gekommen war. In Apostelgeschichte 2 sehen wir dann das Kommen des Heiligen Geistes und die Geburtsstunde der Gemeinde. In der Folgezeit sehen wir dann vier unterschiedliche Begebenheiten, welche das Kommen des Heiligen Geistes genau beschreiben:

Wir sehen besonders in Apostelgeschichte 10 im Haus von Kornelius, dass die Errettung und das Getauft werden im Heiligen Geist ein und derselbe Vorgang sind. Hier werden Menschen, die errettet werden, durch den Heiligen Geist in den Leib Jesu eingefügt. Dasselbe erlebten die Jünger auch an Pfingsten. Sie waren in der Zeit mit Jesus Christus zwar gläubig, aber noch nicht wiedergeboren. Das konnte nur durch die vollkommene Erlösung am Kreuz geschehen, der Heilige Geist war dann für sie der Geist der Sohnschaft.

Dasselbe erleben heute auch die Menschen, welche durch echte Buße und Umkehr zum Glauben an Jesus Christus kommen. Sie empfangen im Augenblick ihrer Errettung den Heiligen Geist „mit allen Segnungen der Himmelswelt“ (Epheser 1,3). Dass der Heilige Geist, mit dem jeder Wiedergeborene versiegelt ist, uns immer wieder Kraft für den Dienst gibt, das ist unbestritten. Eine der markantesten Stellen zur Wiedergeburt und den Geistesempfang finden wir in

Römer 8,9:  Ihr aber seid nicht im Fleisch, sondern im Geist, wenn wirklich Gottes Geist in euch wohnt; wer aber den Geist des Christus nicht hat, der ist nicht sein.

Das bedeutet, dass derjenige, der wirklich bekehrt und gerettet ist, damit auch mit dem Heiligen Geist getauft ist. Wir brauchen damit aber auf keinen Fall eine „zweite Geisteserfahrung“ oder „Geistestaufe“.  

 

 

2. Die Sprachenrede oder Zungenrede

 

Einer der strittigsten Punkte der Charismatik ist das „Reden in neuen Zungen“ oder die Sprachenrede. Gleich nach den Geschehnissen am Anfang der Pfingstbewegung in Topeka und der Azusa Street, war das Zungenreden für die Pfingstler der schlagende Beweis dafür, dass sie „mit dem Geist“ getauft waren.

Bei dieser Thematik hatte ich gleich zu Anfang des kritischen Hinterfragens eine meiner gründlichsten Prüfungen in der Schrift, da ich und meine Frau ja selbst in der Charismatik in Zungen gesprochen, gesungen und gebetet haben. Viele unserer früheren Weggefährten berichteten von einer enormen Geisteserfahrung mit anschließendem Zungenreden. Bei uns wollte das die ersten Monate in der BGG überhaupt nicht klappen. Wir warteten immer auf ein Erlebnis wie in Apostelgeschichte 2.

Nur durch das energische Eingreifen von Peter Wenz (Originalton: „Jetzt reichts“!) bekamen wir nach ca. vier Monaten die Hände aufgelegt und sprachen danach in Zungen. Wir kamen uns dabei schon komisch vor, aber der Zuspruch und das Drängen der Gemeinde („ihr müsst diese Sprache jetzt üben“!) überzeugten uns in der darauffolgenden Zeit.

Was mir heute im Nachhinein mit Schrecken auffällt, ist die Tatsache, dass ich in all den Jahren der Charismatik immer seltener in meiner Muttersprache zum Herrn gebetet habe, sondern hauptsächlich in dieser Zungenrede. Das ist tragisch. Die meisten Zungenredner sind davon überzeugt, dass das Gebet in „neuen Zungen“ eine besondere Durchschlagskraft hat. Wie oft habe ich erlebt, dass im „Befreiungsdienst“ in Zungen geboten, gedroht und „Autorität“ übernommen wurde.

In der Charismatik kennen wir vor allem drei unterschiedliche Praxisfelder für das Sprachenreden. Das erste ist das persönliche Beten in neuen Sprachen, was auch oft mit dem Ziel der persönlichen Auferbauung praktiziert wird.

Das zweite betrifft das gemeinsame Beten in der Gemeinde. Wie oft haben wir im Gospel Forum kollektiv einander an den Händen gehalten und geboten, gebrüllt, gebunden, Finsterniskräfte „zerstört“, oder Bereiche und Situationen freigebetet. Abgewechselt durch Zungengesang und unbiblisches „Proklamieren“.

Die dritte Praxis von Sprachenrede in charismatischen Gemeinden ist das öffentliche Zungenreden in der Versammlung. Dort werden oft „prophetische Botschaften“ in Zungenrede weitergegeben. Meistens legt der Sprecher seine Botschaft dann auch noch selbst aus, was überhaupt nicht biblischer Praxis der Apostelzeit entspricht.

Aber eine solche Botschaft macht schon Eindruck auf die Zuhörer. Wer wollte es wagen, dem Heiligen Geist hier zu widerstehen und das Ganze infrage zu stellen. So kommen die merkwürdigsten Botschaften in die Gemeinde, gespickt mit „Eindrücken“ und „Bildern“, oft von Leuten, die sich gerne profilieren wollen. Eine Prüfung derselben findet in der Regel nicht statt.

Ich musste mich in diesen drei Jahren meiner Überprüfung immer wieder der Frage stellen, ob das Zungenreden denn nun eine biblische Grundlage für unsere Zeit hat, oder ob es eine raffinierte geistliche Täuschung ist, um ernsthafte Christen auf einen falschen Kurs zu führen. Da das Zungenreden eines der ganz wichtigen, wenn nicht das wichtigste Charakteristikum der Pfingstbewegung ist, müssen wir prüfen, welche Bedeutung ihm im Neuen Testament zugemessen wird. Wir haben drei Schwerpunkte, wo das Neue Testament über das Zungenreden spricht.

Ansonsten wird in den Briefen nirgends die Zungenrede erwähnt, auch nicht, wenn es um die Erbauung und die Praxis in den Gemeinden geht. Wir finden das Sprachenreden nicht in der Aufzählung von den Gnadengaben in Römer 12,6-8. Es hatte in der Praxis der Gemeinden zu apostolischer Zeit nicht die Bedeutung, die ihm heute von so vielen Menschen zugemessen wird.

In den Evangelien kommt dieses Wort nur einmal vor, in dem Missionsbefehl in Markus 16,16-18. Dann sehen wir in Apostelgeschichte 2 an Pfingsten, dass der Heilige Geist auf die Juden in Jerusalem hörbar kam, mit der Sprachenrede in 15 verschiedenen Sprachen oder Dialekten. Die Zuhörer waren auch Juden aus der Diaspora, welche zum Wochenfest gekommen waren. Sie verwunderten sich, weil sie die Jünger in ihrer eigenen Sprache Gott preisen hörten.

In Apostelgeschichte 10 und 11 lesen wir, wie die ersten Heiden sich im Haus von Kornelius bekehren, wiedergeboren werden und sofort in neuen Sprachen sprechen. Das war für die Juden unfassbar, dass auch die Heiden Teilhaber der Erlösung sein sollten. Petrus musste sich sogar bei seinen Brüdern rechtfertigen und erklären, was bei Kornelius geschehen war.

Apostelgeschichte 11, 15:  Als ich aber zu reden anfing, fiel der Heilige Geist auf sie, gleichwie auf uns am Anfang. 16 Da gedachte ich an das Wort des Herrn, wie er sagte: Johannes hat mit Wasser getauft, ihr aber sollt mit Heiligem Geist getauft werden. 17 Wenn nun Gott ihnen die gleiche Gabe verliehen hat wie auch uns, nachdem sie an den Herrn Jesus Christus gläubig geworden sind, wer war ich denn, daß ich Gott hätte wehren können? 18 Als sie aber das hörten, beruhigten sie sich und priesen Gott und sprachen: So hat denn Gott auch den Heiden die Buße zum Leben gegeben!

In dieser Begebenheit im Hause von Kornelius sehen wir eindeutig, dass Wiedergeburt und die Taufe im Heiligen Geist ein und derselbe Vorgang waren. Das echte Sprachenreden der Gläubigen im Haus von Kornelius war ein Zeichen für die Juden, dass Gott auch die Heiden in den Leib des Christus eingefügt hatte.

Das Erste, was mir bei der biblischen Prüfung der Sprachenrede aufgefallen ist, betrifft die Tatsache, dass in der Apostelzeit die Sprachenrede eine tatsächliche Sprache war. Was wir heute in charismatischen Gottesdiensten und Hauskreisen hören, hat mit dieser echten geistlichen Sprachengabe nichts zu tun. Es sind hauptsächlich phonetische Klangfolgen und Laute, wie sie aber auch in anderen Religionen wie dem Hinduismus praktiziert werden. Ich kenne keinen einzigen praktischen Fall, wo Pfingstler in einer echten Fremdsprache gebetet oder geweissagt haben.   

Die God in Life Bewegung schreibt in ihrer Vorstellung: „Wir glauben an den Heiligen Geist, der Glauben weckt und in jedem Christen wohnt“. Kurz darauf die Aussage: „Durch den Empfang des Heiligen Geistes, wofür das Gebet in neuen Sprachen ein Merkmal ist, macht er uns zu Zeugen für Jesus“.

Jetzt stellt sich natürlich die Frage, ob so viele wiedergeborene Christen weltweit den Heiligen Geist nicht empfangen haben, also nicht wiedergeboren sind, oder dieses „Merkmal“ nur besonderen Leuten vorbehalten ist. Auf jeden Fall ist diese Aussage nicht schlüssig. Selbst bei den Korinthern, wo wir die meisten Schriftstellen über das Sprachenreden finden, stellt Paulus fest, dass nicht alle in Sprachen redeten (1. Korinther 12,30).

Das echte biblische Sprachenreden war ein göttliches Zeichen in einer Zeit des Übergangs in der Heilsgeschichte. Welchen Sinn und welchen Zweck beabsichtigte Gott mit dem Sprachenreden?

Die Sprachenrede war ein Zeichen für die Juden, dass das Heil auch zu den Heiden gehen würde und gegangen ist. Es war auch ein Zeichen für die ungläubigen Juden. Das sehen wir in Markus 16,17 wo es um den Missionsbefehl für die Juden und die Heiden geht. 

  1. Korinther 14,21-22: Im Gesetz steht geschrieben: »Ich will mit fremden Sprachen und mit fremden Lippen zu diesem Volk reden, aber auch so werden sie nicht auf mich hören, spricht der Herr«. 22 Darum dienen die Sprachen als ein Zeichen, und zwar nicht für die Gläubigen, sondern für die Ungläubigen; die Weissagung aber ist nicht für die Ungläubigen, sondern für die Gläubigen.

In dieser gewichtigen Lehre des Apostels Paulus werden drei entscheidende biblische Fakten über das biblische Sprachenreden offenbart.

  1. Es ist ein Zeichen
  2. Es richtet sich an Ungläubige, nicht an Gläubige
  3. Es richtet sich an Juden und nicht an Heidenchristen

Nachdem Israel den Messias verworfen hatte und die meisten Juden das Christentum bekämpften, war das Zeichen auch ein Zeichen des Gerichts für Israel, das verstockt war und ist. Schon der Prophet Jesaja hat über diese Verstockung geschrieben und das Gericht, das darauf folgen würde:

Jesaja 28,7:  Aber auch diese taumeln vom Wein und schwanken vom Rauschtrank: Priester und Prophet sind vom Rauschtrank berauscht, vom Wein benebelt, sie taumeln vom Rauschtrank; sie sehen nicht mehr klar, urteilen unsicher…

10 Weil sie sagen: »Vorschrift auf Vorschrift, Vorschrift auf Vorschrift; Satzung auf Satzung, Satzung auf Satzung, hier ein wenig, da ein wenig«, 11 so wird auch Er zu diesem Volk durch stammelnde Lippen und durch eine fremde Sprache reden, 12 Er, der zu ihnen gesagt hatte: »Das ist die Ruhe! Erquickt den Müden! Und das ist die Erquickung«, aber sie wollten nicht hören. 13 Und so soll auch ihnen das Wort des Herrn werden: »Vorschrift auf Vorschrift, Vorschrift auf Vorschrift; Satzung auf Satzung, Satzung auf Satzung, hier ein wenig, da ein wenig« – damit sie hingehen und rückwärts hinstürzen, zerbrochen und verstrickt und gefangen werden.

Als das Sprachenreden seinen Zweck in der apostolischen Zeit erfüllt hatte, hörte diese Gabe auf, so wie es das Wort Gottes gesagt hatte.

  1. Korinther 13,8: Die Liebe hört niemals auf. Aber seien es Weissagungen, sie werden weggetan werden; seien es Sprachen, sie werden aufhören; sei es Erkenntnis, sie wird weggetan werden.

Wir sehen in der Kirchengeschichte, dass nach dem ersten Jahrhundert das Sprachenreden in den Gemeinden nicht mehr zu finden war, nur in gewissen Sekten. Erst am Anfang des letzten Jahrhunderts taucht es wieder auf beim Beginn der Pfingstbewegung. Hier brauchen wir eine nüchterne Beurteilung. Ist das heutige Sprachenreden dem biblischen Sprachenreden der ersten Gemeinden zu vergleichen? Wenn wir genau recherchieren, stellen wir fest, dass das heutige Sprachenreden entscheidende Unterschiede zum Original aufweist und getrost als deren Fälschung bezeichnet werden kann.

 

 

3. Körperliche Heilung

 

Eines der weiteren wesentlichen Kennzeichen der Pfingstbewegung ist die übernatürliche Krankenheilung. Schon von Beginn dieser Bewegung war das Thema Heilung ein wichtiger evangelistischer Aufhänger bei Verkündigern des „vollen Evangeliums“. Da die Biblische Glaubensgemeinde im Namenszusatz auch diese Floskel des „vollen Evangeliums“ führte, wollte ich mich mit den gesamten biblischen Aussagen zu diesem Themenspektrum vertraut machen – zumal mein Bruder Gottfried mitten in der Zeit der Gemeindespaltung des Gospel Forums nach jahrelangem Kampf an Krebs gestorben war. Und das, obwohl so viele „gesalbte“ Heiler unter Handauflegung für ihn gebetet hatten.  

Im Gospel Forum gab es das „Jakobus 5-Gebet“. Einmal im Monat kamen bis zu hundert kranke und belastete Menschen, um für sich unter Handauflegung und Salbung mit Öl beten zu lassen. Die Pastoren und Ältesten mit einigen „Praktikanten“ aus der Bibelschule beteten zu zweit für diese Menschen. Die allermeisten gingen so krank, wie sie gekommen waren, wieder nach Hause. Im nächsten Monat kamen viele davon wieder. Und das über Jahre!

Da die Lehre des Gospel Forums viele Grundsätze von der Glaubenslehre von Kenneth Hagin vertrat, waren uns die Heilungsevangelisten der alten Garde wohl vertraut. Namen wie Kathryn Kuhlman und Oral Roberts sowie T. L. Osborn waren durch ihre Schriften bekannt. Weitaus bekannter, weil sie zum Teil auch im Gospel Forum „dienten“ war dann die jüngere Generation von Paul Cain, Benny Hinn, Lester Sumrall oder aus Deutschland Andreas Herrmann.

Viele dieser „Glaubensheiler“ vertreten die Ansicht, dass Krankheit grundsätzlich vom Teufel ist. Die biblische Tatsache, dass Krankheit grundsätzlich von Gott zugelassen ist als ein Aufruf zur Buße oder ein Gericht über Sünde, dass sie ein Mittel zur Erziehung sein kann, wird von ihnen abgestritten. Dabei müssen wir doch beachten, was Gott dazu grundsätzlich sagt.

  1. Mose 32,39: Seht nun, daß Ich, Ich allein es bin und kein Gott neben mir ist! Ich bin’s, der tötet und lebendig macht, ich zerschlage und ich heile, und niemand kann aus meiner Hand erretten!

Die wichtigsten Irrtümer und Irrlehren der Charismatik in Bezug auf Heilung sind folgende:

  • Heilung ist immer der grundsätzliche Wille Gottes für jeden Christen.
  • Heilung ist das Recht eines jeden Gläubigen aufgrund des Opfers von Jesus Christus.
  • Jesus Christus will, wie in seinem Erdenleben auch heute noch alle Kranken heilen.
  • Der echte Glaube eines Christen kann jede Heilung bewirken.

Wir wollen auf die einzelnen Aussagen eingehen und sie biblisch prüfen.

Im Gemeindeverbund God in Life ist man mit diesen Aussagen sparsamer, haben doch so viele selbst erlebt, dass es nicht funktioniert. In den vergangenen Jahrzehnten wurden Schwerkranke (darunter auch mein Bruder) immer wieder nach erfolglosen Gebeten stigmatisiert: „Wahrscheinlich ist noch Sünde in deinem Leben, welche die Heilung verhindert“: Oder: „Du hast einfach zu wenig Glauben, sonst wärst du schon lange gesund“.

Das treibt gläubige kranke Menschen in die Verzweiflung. Sie fallen danach oft auf noch krassere Heilungsversuche von esoterischen oder charismatischen Scharlatanen herein.

 

Was sagt uns die Bibel über die Heilung von Krankheit?

Es ist biblisch (und auch bei vielen Charismatikern) unstrittig, dass die Ursache der Krankheit im Sündenfall Adams zu suchen ist. Durch diese bewusste Trennung von Gott kamen Fluch, Krankheit, Schmerzen und letztendlich der Tod über den Menschen und zerstörten Geist, Seele und Leib.

Da der Teufel nicht einfach freie Hand hat, zu tun, was er will, dürfen wir auch nicht jede Krankheit ihm zuschreiben. Gott selbst hat immer die Oberhoheit über alles, was geschaffen ist, auch über den Teufel. Gott hat in seinem Ratschluss für die gefallene, sündige Menschheit auch den Fluch der Krankheit und des Todes verordnet.

Deshalb ist nicht die Krankheit oder der Fluch das Problem, sondern deren Ursache: die Sünde, welchen jeden Menschen von Gott abgeschnitten hat. Gott benutzt hier bei vielen Menschen die Krankheit, damit sie nach ihm schreien und die Wahrheit der Erlösung kennenlernen.

So können wir auf der Grundlage biblischer Befunde sagen:

  • Gott ist souverän, sein Handeln ist gerecht, sein Ratschluss ist gültig und wahr.
  • Gott benutzt Krankheit als Gericht und Strafe für sündige Menschen. (4. Mose 17;11; 5. Mose 28,21)
  • Gott prüft seine Nachfolger. Das kann geschehen durch Leiden als Prüfung. Es kann sein, dass Gott seine Kinder durch Krankheitsleiden zurechtbringen muss, weil sie in Sünde gefallen sind. Wir sehen aber auch, dass Wiedergeborene an Krankheit leiden, ohne dass ein Grund dafür erkennbar wäre. Ein markantes Beispiel dafür ist Hiob. Er ist heute noch ein Vorbild für uns Gläubige, weil er die Krankheit nicht dem Teufel zuschreibt, sondern aus Gottes Hand nimmt, auch wenn er sie nicht versteht. (Hiob 2,7)
  • Wir lesen von den Wundern, welche Gott durch Elisa tat, er selbst starb aber an einer Krankheit. (2. Könige 13,14-21)
  • Auch im Neuen Testament sehen wir echte Männer Gottes, die krank wurden, obwohl sie treu dem Herrn dienten: Paulus, Trophimus, Epaphroditus. Es ist deshalb geistlicher Hochmut und verlogene Vermessenheit, wenn gepredigt wird, dass Christen nicht krank würden. Die Wirklichkeit in den Gemeinden sieht anders aus!

Einer der gravierendsten Irrtümer der Charismatik zu diesem Thema besteht darin, dass oft verschiedene Heilszeitalter vermischt werden. Gott hat mit Israel in der Wüste völlig anders gehandelt, als er heute mit uns handelt. Wir können Verheißungen und Zusagen vom Herrn an sein Volk nicht einfach auf die Gemeinde übertragen. Deshalb dürfen wir nicht einfach Gottes Versprechen an sein Volk am Sinai für uns nehmen.

  1. Mose 23,25: »Und ihr sollt dem HERRN, eurem Gott, dienen, so wird er dein Brot und dein Wasser segnen; und ich will die Krankheit aus deiner Mitte hinwegnehmen«.

Auch die häufige Aussage, dass der Herr Jesus und die Apostel ja alle Kranken geheilt haben, ist für uns nicht automatisch übertragbar. Jesus Christus ging es vorrangig nicht um die Heilung von körperlichen Leiden, sondern die Menschen sollten ihn durch diese Heilungen als Messias erkennen und annehmen. Es ging um Errettung und Erlösung, um ewiges Leben.

Als wir vor 38 Jahren in die pfingstlich-charismatischen Kreise kamen, war in Bezug auf Krankenheilung immer wieder die berühmte Stelle aus Jesaja 53,4 zitiert worden: „Fürwahr, er hat unsere Krankheit getragen und unsere Schmerzen auf sich geladen; wir aber hielten ihn für bestraft, von Gott geschlagen und niedergebeugt“.

Die Argumentation der Heilungsprediger war scheinbar schlüssig. Wenn Jesus meine Krankheit getragen, dann muss ich sie ja nicht auch noch tragen. Es würde hier deutlich den Rahmen sprengen, den biblischen Gesamtzusammenhang von Jesaja 53 darzulegen. Aber ich habe in der Zeit der Prüfung immer wieder entdeckt, dass gerade in der Charismatik einzelne Bibelverse isoliert betrachtet und angeführt werden. Das kann nur zu falschen Ergebnissen führen. Mit dieser unheiligen Praxis der Oberflächlichkeit kann ich natürlich alles lehren, ich benötige nur die richtige Stelle in der „passenden“ Übersetzung dazu.

Wenn wir Jesaja 53 kennen, dann brauchen wir dringend die anderen Stellen über den leidenden Gottesknecht, den Herrn Jesus. Wir erkennen dann, dass das Wort für Krankheit und Leiden mehrere Bedeutungen hat. Was Jesus da getragen hat, war in allererster Linie die geistliche Qual, das innere Leiden wegen unserer Sünden. Wenn wir im ersten Petrusbrief diese Stelle wieder finden, dann entdecken wir, dass es hier um die Verlorenheit der Sünde geht, unsere eigentliche „Krankheit“.

  1. Petrus 2,21-25: »Er hat unsere Sünden selbst an seinem Leib getragen auf dem Holz, damit wir, den Sünden gestorben, der Gerechtigkeit leben mögen; durch seine Wunden seid ihr heil geworden. Denn ihr wart wie Schafe, die in die Irre gehen; jetzt aber habt ihr euch bekehrt zu dem Hirten und Hüter eurer Seelen«.

Als ich alle diese Stellen genau erforscht habe, zeigte sich Stück für Stück ein Bild, wie Gott heute heilt. Gott heilt souverän wen, wann, wo und wie er will. Wir dürfen als seine Kinder zu ihm kommen und für uns und auch für andere um Heilung bitten. Es ist die Gnade und Barmherzigkeit Gottes, dass er auch Menschen heilt, die in der Sünde tot sind. Sogenannte Heilungsversprechen, Hände auflegen, besondere Praktiken in Bezug auf Heilung entstammen nicht dem Wort, sondern einem trügerischen Geist. Hier gilt es persönlich die Bibel zu lesen und zu prüfen.

 

 

4. Befreiungsdienst

 

In der charismatischen Gemeindepraxis habe ich sehr oft mit diesem Begriff zu tun gehabt. Der Befreiungsdienst hat bei den allermeisten Gemeinden mehr oder weniger einen festen Platz. Die häufigste Begründung für das gemeindliche Handeln bezieht sich auf die Worte Jesu in Matthäus 10,8: „Heilt Kranke, reinigt Aussätzige, treibt Dämonen aus!“

Wir haben ja schon festgestellt, dass nicht alles, was in der Bibel steht, für jeden und zu jeder Zeit zutrifft und anzuwenden ist. Jesus sendet ja an dieser Stelle seine Apostel zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel. Doch die Pfingstbewegung hat solche Sätze immer wieder isoliert betrachtet und als Legitimation ihres Handelns zugrunde gelegt. Deshalb ist es auch hier wichtig, diese Praktiken, sei es das Gebet um Befreiung unter Handauflegung bis hin zu wüster Dämonenaustreibung, sowie die geistliche Kriegsführung auf einen biblischen Prüfstand zu stellen.

In der Praxis habe ich erlebt, dass vor allem in den ersten Jahren der Biblischen Glaubens-Gemeinde unter Peter Wenz eine extreme Befreiungslehre gelehrt und praktiziert wurde. Frank Hammond, ein Prediger aus den USA, zeigte uns ganz deutlich, wie Befreiungsdienst in der Gemeinde gehandhabt wird. In seinem Buch Pigs in the Parlor (Schweine im Wohnzimmer) fanden wir Listen von Sünden und Gründen für Belastungen. Und natürlich fand jeder von uns etwas, was einen persönlich betraf.

Beim obligatorischen Aufruf am Ende der Gottesdienste kamen auch immer Menschen nach vorne, die mit einer seelsorgerlichen Not oder Suchtproblemen zu kämpfen hatten. Beim Händeauflegen und dem gebietenden Gebet fingen viele an zu zittern, zu schütteln oder auch laut zu schreien. Das war für uns alle ein sichtbares Zeichen, „dass der Herr befreiend am Wirken war“! Welch ein haarsträubender Irrtum!

Wir finden in der Bibel kein einziges Beispiel eines wiedergeborenen Menschen, an dem Befreiungsdienst praktiziert wurde. Die heutige irreführende Praxis des Befreiungsdienstes ist ein geistlicher Irrweg, der das Befreiungswerk unseres Herrn Jesus am Kreuz schmälert und dem Feind Gottes, dem Satan unnötigerweise Aufmerksamkeit und Respekt zollt.

Genau hier hat der Teufel heute Millionen von Christen in eine falsche Praxis geführt. Es steht außer Frage, dass unerlöste Menschen dämonisch befleckt oder sogar belastet sein können. Gerade auf dem Missionsfeld in Afrika erleben wir krasse Fälle von Belastung, bis hin zur Besessenheit. Doch haben wir heute in der Gemeindezeit den biblischen Auftrag, diesen Dämonen in Autorität zu gebieten, so wie der Herr es seinen Aposteln befiehlt?

In der Zeit der Apostel im ersten Jahrhundert sehen wir, wie durch die Hände der Apostel und einiger engen Mitarbeiter wie Stephanus oder Philippus die bösen Geister ausgetrieben wurden. Diese Befreiungen wirkte der Herr, um seine göttliche Macht zu demonstrieren und die nachfolgende Botschaft des Evangeliums durch diese Zeichen zu untermauern.

In den Briefen des neuen Testamentes finden wir nach der Apostelgeschichte und der Zeit der Apostel keine Begebenheit mehr, wo das Austreiben von Dämonen gelehrt oder gar beschrieben wird. Die Apostellehre zeigt uns dagegen unmissverständlich, dass wiedergeborene Gläubige aus dem Herrschaftsbereich des Teufels herausgerettet sind. Sie unterstehen damit der Königsherrschaft Jesu Christi und sind vor dem Zugriff des Feindes geschützt.

Kolosser 1,13-14:  Er hat uns errettet aus der Herrschaft der Finsternis und hat uns versetzt in das Reich des Sohnes seiner Liebe, 14 in dem wir die Erlösung haben durch sein Blut, die Vergebung der Sünden.

Der Heilige Geist, der mit der Wiedergeburt in uns wohnt, wird sicher seine Wohnung nicht mit irgendwelchen unreinen Dämonen teilen. Das wirkliche Erlösungswerk des Herrn Jesus gibt sich nicht mit 85 % zufrieden, wobei der Rest noch befreit werden muss. Das ist pfingstliche „Erfahrungstheologie“, welche dem Wort Gottes widerspricht. Ich kenne viele Menschen, die jahre- oder gar jahrzehntelang in Befreiungsseelsorge waren und sind, immer auf der Suche nach demjenigen, der endlich die Autorität hat, die Misere zu beenden. Sie lassen sich oft in langen Prozessen auf christlich-psychologische Praktiken ein, ohne wirklich frei zu sein, dafür aber finanziell erleichtert.

Indem dem Reich Satans große Bedeutung zugeschrieben wird, werden auch die Gründe von Belastungen und Bindungen zumeist in der Vergangenheit gesucht. Vorfahren, Flüche, Unfälle, Operationen, Krankheiten, Depressionen, Rebellion, alles wird herangezogen, um eine geistliche Anamnese zu erstellen. Die eigentliche „Befreiung“ geschieht dann natürlich mit Handauflegung „im Namen Jesu“. Geister werden gebunden, sie werden in „Vollmacht“ fortgeschickt, es werden Flüche gebrochen, Proklamationen vorgelesen.

Sehr oft werden diese Sitzungen durch geistliche Eindrücke untermauert, Worte der Erkenntnis, Eindrücke, Bilder, bis hin zu hellseherischen Fähigkeiten werden eingesetzt. Zeigt sich beim Hilfesuchenden dann eine Reaktion, wie Husten oder Zittern, wird das als Zeichen gewertet, dass der „Dämon“ reagiert, und es wird ein Gang zugelegt. Wüste Szenen mit Brüllen, Spucken, Lästern, auf dem Boden Wälzen kennen wir aus der Gemeindepraxis zuhauf. Diese Praxis zeigt aber auch deutlich, dass viele dieser Menschen nach jahrelanger Suche bei noch größeren Scharlatanen landen, oder in einer christlich-psychiatrischen Einrichtung in Dauerschleife.

Diese erkennbaren schlechten Früchte sind es, von denen der Herr Jesus spricht. Doch wie kann ein Mensch wirklich frei werden, wenn wir das Wort des Herrn wirklich ernst nehmen?

Johannes 8, 36:  Wenn euch nun der Sohn frei machen wird, so seid ihr wirklich frei.

Wir brauchen hier dringend die biblische Erkenntnis, dass wahre geistliche Freiheit nur erlebt werden kann, wenn Menschen durch das Wirken des Heiligen Geistes zur Buße geleitet werden, dann von neuem geboren und mit dem Heiligen Geist versiegelt werden. Ohne hier über Menschen zu richten, habe ich persönlich über die Jahre in der Charismatik die Beobachtung gemacht, dass ohne eine klare biblische Verkündigung in den Gottesdiensten Menschen „zu Jesus eingeladen“ werden, ohne Buße, ohne Umkehr, ohne ein Bewusstsein von der eigenen Verlorenheit.

Diese leichtfertige Botschaft, dass „Jesus, best friend“ dein Leben besser machen möchte, bringt leider oftmals leichtfertige Bekehrte hervor, die nie zu einer echten Wiedergeburt durchgedrungen sind, weil sie ein falsches Evangelium gehört haben. Sie stützen sich in ihrem schwachen Glauben auf Erlebnisse, werden verführt, sind nicht gegründet und werden es auch nie sein. Sie sind in Wahrheit doppelt betrogen, weil sie meinen, dass sie gerettet seien, aber oft noch komplett im alten, sündigen Leben stecken.

Für mich ist dieser erlebte tausendfache Vorgang die eigentliche Tragik in der Charismatik. Menschen werden durch einen falschen Geist zu einer Pseudo-Umkehr gerufen, sie sind nicht biblisch belehrt über ein gesundes Glaubensleben. Sie leben dann in der Regel fleischlich und sündig weiter und der Feind kann sie ungehindert ihrer eigentlichen geistlichen Segnungen berauben. Das gilt sicher nicht für alle, ich kenne durchaus ernste und wiedergeborene Freunde in der Charismatik. Doch der falsche Geist wird in der Vermischung von Wahrheit und Irrtum immer darauf hinarbeiten, dass Menschen geschwächt und betrogen werden oder sogar vom Glauben abfallen.

Wenn ihr in meinem Wort bleibt, so seid ihr wahrhaftig meine Jünger, und ihr werdet die Wahrheit erkennen, und die Wahrheit wird euch frei machen! (…) Wenn euch nun der Sohn frei machen wird, so seid ihr wirklich frei. (Johannes 8,31-32.36)

 

 

5. „Geistliche Kriegsführung“

 

Jeder Gläubige wird zustimmen, dass es gute und böse Mächte gibt, Engel Gottes und die Engel Satans. Dass diese Engel auch Einfluss auf die nationalen Geschehnisse von Völkern und Nationen haben, sehen wir schon im Buch des Propheten Daniel und in der Offenbarung. Die Frage, die sich bei mir nach der charismatischen Zeit und der damit verbundenen Praxis der „geistlichen Kriegsführung“ gestellt hat, war, wie sollen wir denn biblisch mit diesen Dingen umgehen?

Wir erkennen klar in der Schrift, dass der Satan die unerretteten Menschen in seinem Machtbereich hat (Kolosser 1,13; 1. Johannes 5,19). Die wiedergeborenen Menschen sind aus diesem Machtbereich des Satans durch die Annahme des vollkommenen Opfers unseres Herrn Jesus herausgelöst und in eine himmlische Stellung versetzt worden. Wir sind dadurch als neue Kreaturen in Christus geschützt und geborgen in ihm, weil die Mächte und die Gewaltigen der Finsternis keinerlei Herrschaft in diesem Bereich ausüben können.

In dieser Stellung als Söhne Gottes lässt Gott es immer wieder zu, dass wir hier auf der Erde durch Anfechtungen und Verführungen geprüft werden. Deshalb spricht Paulus im sechsten Kapitel des Epheserbriefes davon, wie wir mit der geistlichen Waffenrüstung diesen Kampf erfolgreich bestehen können. Gott hat in diesen Schwierigkeiten schon den Sieg für uns vorbereitet, wenn wir gelernt haben, nach Seinen Regeln zu kämpfen.

  1. Korinther 15,57: Gott aber sei Dank, der uns den Sieg gibt durch unseren Herrn Jesus Christus

Wenn wir in den charismatischen Gemeinden nach den Begründungen für die geistliche Kriegsführung suchen, stellen wir fest, dass das offensive Angreifen des Feindes in Proklamation und autoritärem Gebet dazu führen soll, den Feind zu schwächen und den Weg für effektive Evangelisation und Gemeindewachstum freizumachen.

Damit eng verwandt ist die Irrlehre des „Dominionismus“. Unter dem frommen Slogan „Macht alle zu Jüngern“ und „Dein Reich komme“, sollen ganze Nationen und gesellschaftliche Bereiche „transformiert“ und das Reich Gottes hier und heute verwirklicht werden. Dies soll geschehen, indem die Macht Satans zerbrochen wird und das Reich Gottes schon hier auf der Erde aufgerichtet werden soll.  Einer der wichtigsten Vertreter dieser Irrlehre war C. P. Wagner. Er wird auch als einer der Gründungsväter der NAR (New Apostolic Reformation) angesehen.

Ganz praktisch habe ich persönlich die Proklamationen und gemeinsamen ekstatischen Gebete der geistlichen Kriegsführung vor allem in den 90er Jahren in der BGG erlebt und praktiziert. Zum Teil wurde auf dem Satan herumgetrampelt, oder es wurden die dämonischen Fürsten wütend beschimpft.

Wir waren damals tatsächlich davon überzeugt, für den Herrn etwas Großartiges im Gebet erreicht zu haben. Auch heute noch gibt es geistliche Leiter, die in Publikationen an Ostern dazu auffordern, „den Tod getrost auszulachen“, so wie es schon die alte Kirche tat, obwohl sogar der Erzengel Michael in Judas 1,9 nicht wagte, über den Satan ein lästerndes Urteil zu fällen.

Eines der ganz praktischen Beispiele für geistliche Kriegsführung, das deutschlandweit praktiziert wurde, war der „Jesus Marsch“ im Juni 1994 in Berlin. Mehr als 50.000 Menschen waren nach Berlin gekommen um an diesem Marsch teilzunehmen. Auch wir als Royal Rangers waren mit unseren jungen Leuten vertreten. Schon im Vorfeld wurde über diesen Tag von C. P. Wagner prophezeit: „Ein Tag, der die Welt verändern wird“. Überall auf der Welt liefen zur gleichen Zeit Gebetsinitiativen mit Millionen von Teilnehmern.

Einer der bekannten Leiter der Charismatik in Deutschland sagte: „Der Marsch ist eine Demonstration des Reiches Gottes. Wir bekennen und rufen: Sein Königreich ist hier. Menschen auf der Straße werden das Reich Gottes durch uns sehen“. Unter dem Gedröhne von Lautsprecherfahrzeugen liefen die Teilnehmer in einer Kolonne von 8 Kilometern Länge in brütender Hitze durch Berlin zum Olympiastadion. Die lauten Sprechchöre: „Jesus, Jesus, Jesus, wir verkünden den Namen Jesus allen Nationen. Wir proklamieren allen Generationen: Dein Reich bricht an, König der Völker, Dein Wille geschehe hier in unserem Land. König der Völker!“ Die brütende Hitze an diesem Tag hatte wohl viele Teilnehmer abgehalten, auch noch im Olympiastadion bei der Schlusskundgebung teilzunehmen. Das Stadion war nur halb gefüllt.

Es war im Vorfeld dieses Marsches immer dieses eine Wort zu hören: „Freisetzen, wir müssen freisetzen“! Das konnte natürlich nur durch geistliche Kriegsführung geschehen, zu der die Gemeinden in der Vorbereitung aufgerufen wurden. Es ist eine irregeleitete Lehre, dass der Sieg Jesu am Kreuz der Gemeinde gegeben ist, um hier in Autorität diesen Sieg auf der Erde durchzusetzen. Jetzt, nach genau 30 Jahren wissen wir, dass dieser Tag in Berlin doch nicht die Welt verändert hat. Und Berlin ist auch nicht gesegneter geworden, sondern ein Sumpf von Schulden, politischem Chaos und Gottesferne.

Immer wieder wird in dem Zusammenhang mit der geistlichen Kriegsführung vom „Binden und Lösen“ gesprochen, mit dem Anspruch, dass Charismatiker in der Lage sind, den Teufel und seine Dämonen zu binden oder Menschen aus dämonischen Bindungen herauszulösen. Dabei wird als Grundlage Matthäus 18,18 zitiert, wobei diese Bibelstelle wie bei vielen charismatischen Irrlehren völlig isoliert betrachtet wird. Wenn wir diese Stelle richtig verstehen wollen, müssen wir den Gesamtzusammenhang, d.h. auch die Stellen davor und danach mit einbeziehen. Dies würde aber im Sinne einer sorgfältigen Auslegung hier zu weit führen.

Die geistliche Kriegsführung, wie auch der Befreiungsdienst treten in ihrer Praxis in einen geistlichen Kontakt mit den Mächten der Finsternis, der uns vom Wort Gottes keinesfalls erlaubt ist. Die direkte Ansprache von Geistern der Finsternis ist bei vielen gut gemeint, aber dennoch nichts anderes als getarnte Zauberei. Hier verleitet die charismatische Bewegung ihre Anhänger zu unbiblischem Verhalten, was wie keine andere Praxis direkt in Zauberei und Spiritismus hineinführt. Die meisten charismatischen Leiter sind in diesen Dingen gefangen, mit der täuschenden Selbstwahrnehmung, in der vordersten Linie des Kampfes gegen Satan zu stehen.

 

 

 

6. Was ist „gesunder Glaube“?

 

Schon am Anfang unserer Gemeindemitgliedschaft in der BGG stießen wir wöchentlich auf ein Thema, das wir so bisher noch nicht gekannt hatten: „Vollmächtiger Glaube“! Gab es in den früheren Jahren der BGG Mittwochabends regelmäßig die Bibelstunde, veränderte sich diese Bibelstunde in einen „Powerabend“. In unseren früheren pietistischen Kreisen der Hahn’schen Gemeinschaft und der Liebenzeller Mission war dieses Thema, wenn überhaupt, selten gelehrt worden.

Noch bevor wir in die BGG gingen, lasen wir von Robert Schuller und Dale Carnegie Literatur über vollmächtigen Glauben und positives Bekenntnis. Das bereitete sicherlich den Boden für die Literatur von Kenneth Hagin und der „Wort des Glaubens Bewegung“. Seine Bücher, sowie die Hefte von Oral Roberts, Lester Sumrall, John Osteen, Smith Wigglesworth, T. L. Osborn und Derek Prince machten großen Eindruck auf uns, vermittelten sie doch einen vermeintlichen Glauben, der wirklich Berge versetzen konnte. Unsere Täuschung lag einfach darin begründet, dass wir keine gesunde Lehre über die biblischen Gesamtaussagen zu diesem Thema hatten. In der Regel wurde immer mit einzelnen Bibelversen argumentiert, ohne die tatsächlichen Zusammenhänge zu kennen.

Hebräer 11,6:  Ohne Glauben aber ist es unmöglich, ihm wohlzugefallen; denn wer zu Gott kommt, muß glauben, daß er ist und daß er die belohnen wird, welche ihn suchen“

Die kraftvollste Lüge, der wir glaubten, war die Annahme, dass unser früheres kindliches Gebet und das anvertrauende Bitten zu unserem Vater im Himmel nur ein mangelhaftes Gebet sei. Gott wolle, dass wir gebieten, aussprechen, visualisieren, bekennen. Diese Lüge führt dazu, dass Menschen das Heft des Glaubens selbst in die Hand nehmen und mit ihren Glaubenstechniken Gott zwingen wollen, auf ihren Glauben zu handeln.

Diese Verführung zieht sich so durch, dass Menschen tatsächlich glauben, dass sich Gott für ihre Ziele durch Glauben einspannen lässt. Diese Selbstüberhöhung und Machttechnik will der Teufel den Gläubigen zur Falle machen. Hier wird Magie raffiniert durch „Glauben“ getarnt. Nicht alle in den Gemeinden waren auf dieser Linie, aber Vorbilder wie Reinhard Bonnke tönten: „Wenn sich der Heilige Geist nicht bewegt, dann bewegen wir eben den Heiligen Geist“! Das hat mit Glauben nichts zu tun, sondern ist pure Anmaßung.

Diese falsche Glaubenshaltung drückt sich in der Charismatik vor allem durch das „Glaubensgebet“ aus. Stundenlanges Durchbeten bis Ziele erreicht werden, das Fordern von Gott, das Erzwingenwollen von Segnungen und der Dauerschrei nach Erweckung sind Schwerpunkte, die vor allem auch in den charismatischen Gebetshäusern weltweit praktiziert werden.

Das große Vorbild ist das IHOP (International House of Prayer) in Kansas City. Dort wird das 24/7 Gebet praktiziert, Mike Bickle der Leiter, ist ein gern gesehener Freund im Gospel Forum. Inzwischen ist sicher das katholische „Gebetshaus Augsburg“ mit Johannes Hartl der Trendsetter der deutschen Gebetshäuser. Das durchgängige Gebet, vermischt mit charismatischem Lobpreis und katholischer Irrlehre, zieht auch durch die „Mehr“-Konferenzen tausende von evangelikalen jungen Leuten an.

Nach den Erkenntnissen über die falsche Glaubenslehre waren wir natürlich ausgehungert, was biblischen Glauben betrifft. Wir lernten neu, dass biblischer Glaube eine persönliche Beziehung zu unserem Vater im Himmel und seinem Sohn Jesus Christus als Grundlage hat.

Hebräer 11,1:  Es ist aber der Glaube eine feste Zuversicht auf das, was man hofft, eine Überzeugung von Tatsachen, die man nicht sieht.

Da wir aber als sterbliche Menschen Gott nicht sehen können, sind wir grundsätzlich auf das Wort Gottes angewiesen, wo sich Gott uns offenbart. Dieses Wort Gottes ist die Basis, das Fundament unseres Glaubens, Gott offenbart sich darin. Echter Glaube ist nicht der Glaube an etwas, sondern der Glaube an Jesus Christus, den Sohn Gottes. Der Heilige Geist erschließt uns dieses Wort in unseren Herzen, er wird auch der „Geist des Glaubens“ genannt.

Der biblische Glaube, den wir hier ganz neu kennenlernen durften ist ein kindlicher Glaube. Er ist gegründet im Vertrauen auf das, was ER gesagt hat, auf SEINE Souveränität und SEINE Zusagen. Wir haben keinen Gott, den wir am Gebetsautomat füttern müssen, damit etwas herauskommt, nein, wir wissen, dass er hört, wenn wir mit gereinigtem Herzen unsere Bitten und Anliegen ihm sagen. Der Apostel Johannes drückt das durch den Heiligen Geist so treffend aus:

  1. Johannes 5,14: Und das ist die Freimütigkeit, die wir ihm gegenüber haben, daß er uns hört, wenn wir seinem Willen gemäß um etwas bitten.

Dieser biblische Glaube im Gebet ist nicht unser Verdienst oder Können, es ist eine Herzenshaltung, gegründet auf Gottesfurcht und Hingabe.  Wir haben neu gelernt, Gott zu danken, IHM die Ehre und Anbetung zu geben, so wie ER es möchte, im Geist und in der Wahrheit. Es ist keinesfalls mehr ein „Bestürmen des Thrones Gottes“ oder ein „An-sich-Reißen des Reiches der Himmel“. Nein, es ist nicht mehr affektiert, sondern echt. Gott sei Dank!

 

 

7. Was bedeutet eigentlich „Innere Heilung“?

 

In unserer Zeit im Gospel Forum war in den 90er Jahren ein Thema allgegenwärtig: Seelsorge. Viele Menschen wurden durch dieses Thema angezogen, da sie durch diese Seelsorge, begleitet durch Eindrücke, Worte der Erkenntnis und vollmächtiges Gebet durch Handauflegung Hilfe für sich erwarteten. Im Nachhinein wurde uns bewusst, dass einzelne „vollmächtige Seelsorger“ diese Menschen an sich banden und den Platz einnahmen, der nur dem Herrn Jesus Christus zusteht.

In der Zeit unserer biblischen Prüfung erkannten wir, dass die meisten dieser charismatischen Seelsorgekonzepte an dem vorbeigehen, was die Bibel darüber lehrt. Hier hatten vor allem die aus der weltlichen Psychologie bekannten Konzepte Einzug gehalten.

Die biblischen Grundlagen, dass ein wiedergeborener Gläubiger mit Christus gekreuzigt ist und daraufhin in seiner Stellung in Christus sein fleischliches Leben täglich ans Kreuz bringt, das wird hier in der charismatischen Seelsorge meistens ausgeblendet. Wenn diese biblischen Grundvoraussetzungen in der Seelsorge nicht beachtet werden, driftet sie in eine humanistisch-psychologische Richtung ab.

Es geht in der charismatischen Seelsorge meistens um „Verletzungen“ und „Traumas der Vergangenheit“, für die „Heilung“ erforderlich ist. Hier wird echte biblische Buße gegen „Heilung“ oder „positive Bekenntnisse“ eingetauscht. Zumeist kommen vom Seelsorger Eindrücke, Weissagungen oder Bilder, bis hin zu Visualisierungen, die vor allem im New Age angewandt werden. Eine Schlüsselrolle dieser Sitzungen spielen das „Freisetzen“ oder das Lossprechen, wie auch das Binden und Lösen.

Gerade die Lehre von der „Inneren Heilung“ geht davon aus, dass jeder Christ diese innere Heilung nötig hat, da aus der Vergangenheit Erinnerungen, Traumas, seelische Verletzungen und Sünden das geistliche Leben und die Beziehung zu Gott behindern. Wir haben erkannt, dass die moderne Psychologie einen wesentlichen Einfluss auf das Thema „Innere Heilung“ hat.

Die Charismatikerin Betty Tapscott , die diesen Irrtum befürwortet, beschreibt ihn in ihrem Buch „Frei gemacht“ sehr treffend: „Innere Heilung ist Psychotherapie plus Gott“. Über die Jahrzehnte hat diese Vermischung von Psychologie und christlichem Glauben vor allem in Amerika viele Pastoren als Befürworter gewonnen. Auch in Deutschland kennt man Namen wie Norman Vincent Peale, James Dobson, Robert Schuller, Bill Hybels und Rick Warren.

Es bleibt festzustellen, dass bei diesem Thema nicht nur die Psychologie, sondern auch etliche Praktiken des New Age Pate standen. In den letzten 70 Jahren hat die Psychologie und ihr Menschenbild immer mehr Einzug in die christlichen Gemeinden gehalten. Die Person des Menschen, seine Bedürfnisse, seine Wünsche und auch seine Verletzungen rückten immer mehr in den Mittelpunkt der Betrachtung und prägten Lehre und Predigt. Biblische Aussagen wurden Stück für Stück durch psychologische Argumentationen ersetzt.

Prediger sprechen deshalb vom Selbstwertgefühl, das durch die Selbstannahme zu Selbstvertrauen führt. Durch die Selbstentdeckung wird das negative Selbstbild zur Selbstachtung geführt. In diesen Konzepten hat die Sünde keinen Platz mehr, die Selbstgerechtigkeit führt den Menschen in die Lüge hinein, sodass nicht mehr er schuldig ist, sondern ein Opfer der Vergangenheit und der Umstände. Hier tritt der Humanismus in einem christlichen Mantel auf.

Dave Hunt formuliert es so treffend: „Die Psychologie bietet faule Ausreden für Faulheit, Rebellion und Sünde. Niemand ist schuldig, jeder ist ein Opfer. Das Herz ist nicht böse, wie die Bibel wiederholt feststellt; fehlende Selbstachtung ist das Problem, wie James Dobson und andere „Experten“ erklären – eine Wahnidee, die sie von der Welt importiert haben. Sünde ist zur „psychischen Erkrankung“ geworden, die nicht Buße erfordert, sondern „Therapie.“

Paulus bringt es im Brief an die Römer und im Kolosserbrief auf den Punkt:

Römer 7,18:  Denn ich weiß, daß in mir, das heißt in meinem Fleisch, nichts Gutes wohnt; das Wollen ist zwar bei mir vorhanden, aber das Vollbringen des Guten gelingt mir nicht.

Kolosser 2,8:  Habt acht, daß euch niemand beraubt durch die Philosophie und leeren Betrug, gemäß der Überlieferung der Menschen, gemäß den Grundsätzen der Welt und nicht Christus gemäß.

Das Tragische der charismatischen inneren Heilung und den verwandten Techniken ist, dass der Mensch seine Verletzungen, seine Ablehnungen, und seine abartigen Gedanken auf das falsche Verhalten der Eltern, der Vorfahren und den Reaktionen von anderen schieben kann. Es geht nicht mehr um das persönliche, verdorbene, sündige Ich, das gekreuzigt werden muß; es geht um ein Ich, dem geholfen, das geheilt und gestärkt werden muss.

Dadurch wird der Hilfesuchende zu einem Dauerfall, da er durch diese Irrlehre von der biblischen Wahrheit von Buße und Wiedergeburt abgezogen wird, hin zu einer permanenten geistlichen Nabelschau. Ich kenne persönlich viele solcher armen Menschen, die seit Jahrzehnten in sich bei diesem Thema gefangen sind und offen oder latent leiden. Dabei wäre für sie ein Satz unseres Herrn Jesus Christus so heilsam:

Johannes 8,31:  Da sprach Jesus zu den Juden, die an ihn glaubten: Wenn ihr in meinem Wort bleibt, so seid ihr wahrhaftig meine Jünger, 32 und ihr werdet die Wahrheit erkennen, und die Wahrheit wird euch frei machen!

Im Alltag des Gemeindelebens im Gospel Forum und später bei God in Life sind über die Jahre neue Begriffe und Praktiken in Verbindung mit dem Themenspektrum Seelsorge aufgetaucht:

Visualisierung / Sozo / Hörendes Gebet / Soaking

In unserer Zeit der Prüfung haben wir uns mit diesen Themen näher beschäftigt, um eine Aussage dazu treffen zu können, die auf das Wort Gottes und nicht auf „Erfahrungen“ gegründet ist.

 

Visualisierung

Darunter versteht man die gedanklichen Vorstellungen, die Umsetzung der Bilder, wenn man die Augen schließt. Schon früh hatten wir die Argumente dieser Technik im bekannten Buch Die vierte Dimension von Dr. Paul Yonggi Cho kennengelernt. Dieser inzwischen verstorbene bekannte Irrlehrer aus Südkorea zeigte in der „Vierten Dimension“ vielen Christen Wege auf, die ganz klar aus dem Bereich des Schamanismus und der Zauberei kommen. Diese gelenkten Bildvorstellungen werden von Schamanen benutzt, um Kontakt zum Übernatürlichen, zur Welt der Geister zu bekommen. Yonggi Cho hatte trickreich die Geisterwelt durch den „Heiligen Geist“ ersetzt – einen falschen Geist, wie wir heute wissen.

Der Kern der Visualisierung ist der Glaube, dass wir tatsächlich durch das, was wir als Vision sehen, eine Wirklichkeit erschaffen können. Cho beschreibt in seinem Buch Fälle, wo durch das richtige „Sehen“ Menschen Wohlstand, Glück, Partnerschaft und Heilung empfingen. Es darf uns nicht wundern, dass hier der Satan mit falschen Zeichen und Wundern der letzten Zeit Einzug gehalten hat. Cho war mit seiner „größten Megagemeinde der Welt“ in Seoul/Südkorea das Aushängeschild und Vorbild vieler Charismatiker weltweit. Die Gemeinde JMS Altensteig unter Hermann Riefle war Gastgeber, als Cho nach Deutschland kam. Seine falschen Prophetien hatten Riefle und die Gemeinde maßgeblich in ihrem Werdegang beeinflusst.

Auch heute sehen wir die Visualisierung als satanische Praxis, wie sie in viele Bereiche Einzug gefunden hat. Eine der befreundeten Arbeitsbereiche bei God in life ist LaM (Love after marriage), das von einem lieben Freund und seiner Frau geleitet wird. Diese Arbeit kommt aus Bethel, der hypercharismatischen Gemeinde von Bill Johnson. Die Arbeit an verheirateten Ehepaaren wird im Internet wie folgt vorgestellt:

„Wir wollen Ehepaaren durch unsere Workshop-Angebote die Möglichkeit geben, eine Beziehungskultur kennenzulernen, die „dem Modell des Himmels“ entspricht und in denen die Paare Gott persönlich begegnen. An diesem Punkt, wenn Gott selbst an den Herzen wirkt, findet tiefgreifende Veränderung statt. Das ist die Grundlage für einen Lebensstil und für Beziehungen, die von Offenheit, Vergebung und Versöhnung geprägt sind“.

„Barry und Lori Byrne haben diese Methode zur inneren Heilung auf Basis von mehr als 30 Jahren Erfahrung in der Ehe- und Familientherapie entwickelt. Auf einem Spirit Connection Training werden die Tools, die auf den Workshops ‚Love after Marriage‘ und dem ‚Single Life Workshop‘ erarbeitet wurden, weiter vertieft und zu diesem Modell der inneren Heilung zusammengeführt“.

Wir sehen, deutlich, wie die Begriffe „Modell des Himmels“, „Spirit Connection“ und „Innere Heilung“ zusammengeführt werden. Diese Linie der Verführung betrifft sehr viele Gemeinden und Christen, nicht nur die charismatischen, auch die evangelikale Welt nimmt daran teil. Petrus beschreibt diese geistliche Situation sehr treffend:

  1. Petrus 2,20: Denn wenn sie durch die Erkenntnis des Herrn und Retters Jesus Christus den Befleckungen der Welt entflohen sind, aber wieder darin verstrickt und überwunden werden, so ist der letzte Zustand für sie schlimmer als der erste.

 

Sozo

In den vergangenen 20 Jahren im Gospel Forum und in der Gemeindebewegung God in life kam in den Gemeinden immer mehr der Einfluss der „Bethel Church“ in Redding / Kalifornien zum Tragen. Bill Johnson, den Hauptpastor der Bethel Church, konnte man im Gospel Forum persönlich hören und erleben.

Viele junge Erwachsene, aber auch Ehepaare pilgerten nach Redding, um für ein Jahr oder bis zu 3 Jahren die Bibelschule, die „Bethel School of Supernatural Ministry“, zu besuchen. Und diese Leute kamen tatsächlich „verändert“ zurück. Für die Praxis des geistlichen Lebens tauchten neue Begriffe wie „Soaking“, „Schatzsuche“ und „Sozo“ auf.

Sozo wurde von zwei Mitarbeiterinnen der Bethel Church, Dawna De Silva und Theresa Liebscher, entwickelt. Das griechische Wort sozo bedeutet retten und heilen. Die Seelsorgepraxis von Sozo geht von dem behaupteten Mangel aus, dass Christen „keine tiefe Beziehung zu den drei Personen Vater, Sohn und Heiliger Geist haben“. Sie wollen Blockaden beseitigen, damit der Patient Gedanken, Gefühle, Eindrücke, Bilder und Wahrnehmungen in „Gottes Gegenwart“ erleben kann.

Dabei kann der Patient die Art und Weise selbst wählen, wie er „Gott begegnen möchte“. Dort, wo die Bibel eindeutig die Buße und Umkehr lehrt, wird anstelle der Wahrheit durch die Umprogrammierung des Denkens der Patient gelehrt, auf Geisteroffenbarungen zu hören und zu „spüren“.

Dem möchte ich drei wichtige Aussagen aus dem Wort Gottes gegenüber stellen:

  1. Korinther 11, 13: Denn solche sind falsche Apostel, betrügerische Arbeiter, die sich als Apostel des Christus verkleiden. 14 Und das ist nicht verwunderlich, denn der Satan selbst verkleidet sich als ein Engel des Lichts. 15 Es ist also nichts Besonderes, wenn auch seine Diener sich verkleiden als Diener der Gerechtigkeit; aber ihr Ende wird ihren Werken entsprechend sein.

Bill Johnson und seine inzwischen weltweit agierende Bewegung kann man sicherlich als falschen Apostel und Engel des Lichts einordnen. Die Kraft der Verführung, welche von der Bethel-Bewegung ausgeht, nicht zuletzt auch durch den mystischen Lobpreis, ist gewaltig, und Millionen werden dadurch in die geistliche Finsternis gezogen. 

  1. Timotheus 4,1: Der Geist aber sagt ausdrücklich, daß in späteren Zeiten etliche vom Glauben abfallen und sich irreführenden Geistern und Lehren der Dämonen zuwenden werden.

Hier zeigt Paulus den geistlichen Hintergrund vieler gegenwärtigen Strömungen in den Gemeinden, nicht nur den charismatischen.

  1. Timotheus 6,16: …der allein Unsterblichkeit hat, der in einem unzugänglichen Licht wohnt, den kein Mensch gesehen hat noch sehen kann;

Gott kann von niemand gesehen werden. Menschen, die davon berichten, wie sie mal wieder im Thronsaal Gottes waren und „auf Daddy’s Schoß gehüpft“ sind, haben keine Ahnung von der Wirklichkeit und Heiligkeit von Gott. Dieser generelle Mangel an Gottesfurcht hält sie in ihrem Zustand blind und führt in den Untergang.  

Sozo ist ein raffiniertes Mittel, um Hilfesuchende in ihrer Not an falsche Geister zu binden. Sie lernen, auf diese Stimmen zu hören, anstatt durch biblische Zurechtbringung wirkliche Befreiung zu erfahren. Sozo ist keine Hilfe, sondern ein Weg des falschen Lichtes, ein satanischer Weg in den Spiritismus. 

 

 

 

 

IV. Wie geht es weiter?

 

 

 

Über die vergangenen Jahre haben wir diese göttliche Prüfung anhand seines Wortes an uns geschehen lassen. Der Schrei nach Wahrheit, welcher in unseren Herzen immer lauter wurde, diesen Schrei hat Gott erhört. Auf den vorigen Seiten habe ich Schwerpunktthemen dieser Überprüfung aufgeführt. Es gäbe noch viel mehr zu berichten, das würde aber sicherlich den vorgenommenen Rahmen bei weitem sprengen.

 

Die Wendung auf unserem falschen Weg

Die Verführungen und Irrlehren in der Charismatik zu erkennen, das ist eine Sache. Dazu bedarf es nicht nur der Bereitschaft, sondern vor allen Dingen der Gnade des Herrn. Was wir aber klar erkannt haben, ist die Tatsache, dass wir jahrzehntelang unter dem Einfluss und der Wirkung eines falschen Geistes gelebt und gearbeitet haben. Dieser falsche Geist vermischt sich in den Gemeinden immer mit der biblischen Lehre; er ist wie ein Schleier, der verhindert, biblische Wahrheit klar zu erkennen und auszuleben.

Doch diese erkannte Wahrheit ist sicherlich nur der Anfang. Für uns war es unbedingt notwendig, dass wir uns lossagten von allem, was dieser falsche Geist in unserem Glaubensleben installiert hatte. Das waren die Irrlehren und Praktiken vom Zungenreden, Umfallen, Handauflegungen, Prophetien und vieles mehr.

Eine Gesundung in dieser Zeit war nur möglich, indem wir uns konsequent und praktisch von allem getrennt haben, was der Wahrheit des Wortes entgegensteht. Ohne eine echte Buße, Lossagung und Umkehr wird diese geistliche Gesundheit nicht möglich sein. Leider sind viele unserer Freunde in diesem Prozess stecken geblieben oder haben dabei Kompromisse gemacht. Ihnen gilt unser anhaltendes Gebet.

Der nächste Schritt war dann ein ganz praktischer Schritt. Der Apostel Paulus lehrt so deutlich in seinen Briefen zum Thema „Absonderung“.

  1. Korinther 6,14: Zieht nicht in einem fremden Joch mit Ungläubigen! Denn was haben Gerechtigkeit und Gesetzlosigkeit miteinander zu schaffen? Und was hat das Licht für Gemeinschaft mit der Finsternis? 15 Wie stimmt Christus mit Belial überein? Oder was hat der Gläubige gemeinsam mit dem Ungläubigen? 16 Wie stimmt der Tempel Gottes mit Götzenbildern überein? Denn ihr seid ein Tempel des lebendigen Gottes, wie Gott gesagt hat: »Ich will in ihnen wohnen und unter ihnen wandeln und will ihr Gott sein, und sie sollen mein Volk sein«. 17 Darum geht hinaus von ihnen und sondert euch ab, spricht der Herr, und rührt nichts Unreines an! Und ich will euch aufnehmen, 18 und ich will euch ein Vater sein, und ihr sollt mir Söhne und Töchter sein, spricht der Herr, der Allmächtige.

Römer 16,17:  Ich ermahne euch aber, ihr Brüder: Gebt acht auf die, welche Trennungen und Ärgernisse bewirken im Widerspruch zu der Lehre, die ihr gelernt habt, und meidet sie! 18 Denn solche dienen nicht unserem Herrn Jesus Christus, sondern ihrem eigenen Bauch, und durch wohlklingende Reden und schöne Worte verführen sie die Herzen der Arglosen. 19 Denn euer Gehorsam ist überall bekanntgeworden. Darum freue ich mich euretwegen, möchte aber, daß ihr weise seid zum Guten und unvermischt bleibt mit dem Bösen.

  1. Timotheus 3,1: Das aber sollst du wissen, daß in den letzten Tagen schlimme Zeiten eintreten werden. 2 Denn die Menschen werden sich selbst lieben, geldgierig sein, prahlerisch, überheblich, Lästerer, den Eltern ungehorsam, undankbar, unheilig, 3 lieblos, unversöhnlich, verleumderisch, unbeherrscht, gewalttätig, dem Guten feind, 4 Verräter, leichtsinnig, aufgeblasen; sie lieben das Vergnügen mehr als Gott; 5 dabei haben sie den äußeren Schein von Gottesfurcht, deren Kraft aber verleugnen sie. Von solchen wende dich ab!

Dieses Thema ist heute in den Gemeinden generell nicht vertreten, da nicht nur die charismatischen, sondern auch die evangelikalen Gemeinden mit so vielen Dingen vermischt sind, wo die Bibel eine klare Absonderung fordert.

Als wir erkannt hatten, dass hier ein falscher Geist am Wirken ist, blieb nur die Konsequenz, den Einflussbereich dieses falschen Geistes zu verlassen. Das bedeutete die Trennung und Absonderung von unserer charismatischen Gemeindebewegung und deren Arbeitsbereichen.

 

Der gesunde, schmale Weg der Nachfolge

Doch wie können wir dann gesund und mit einem biblischen, echten Glauben weitergehen? Es war uns klar, dass der echte Weg mit dem Herrn Jesus kein Spaziergang ist und es auch nicht sein wird. Jesus Christus spricht ja deutlich von dem „schmalen Weg“. Dieser Weg ist nicht die Autobahn, auf der Millionen von Menschen der „Erweckung“ entgegenfahren werden. Wir hatten diese Lüge der großen Erweckung jedes Jahr aufs Neue von Pastoren und irgendwelchen Propheten gehört. Nein, dieser Weg ist schmal.

Matthäus 7,14:  Denn die Pforte ist eng und der Weg ist schmal, der zum Leben führt; und wenige sind es, die ihn finden.

Dieses Wort unseres Herrn Jesus Christus hat mich sehr zum Nachdenken gebracht. Vor allem für die vielen Freunde, welche wir in der charismatischen Bewegung wissen. Vielen von ihnen sind und bleiben wir von Herzen verbunden.  Wir sind uns so sehr bewusst, dass wir ja einen maßgeblichen Teil unseres Lebens, unserer Kraft und Zielrichtung in die charismatische Bewegung und in diese Menschen investiert haben. Deshalb besteht auch von unserer Seite aus ein großes Mitempfinden mit denen, die in ihren Glaubenskämpfen um die Wahrheit ringen. Unsere Fürbitte begleitet sie dabei ständig.

Ich bin davon überzeugt, dass es in den charismatischen Kreisen echte, wiedergeborene Christen gibt. Aber die biblischen Aussagen deuten darauf hin, dass durch die Oberflächlichkeit der Praxis, sowie die Irreführung der ungesunden Lehre viele Menschen in diesen Kreisen nicht wirklich wiedergeboren sind. Das ist tragisch, vor allem, weil die Bibel genau über diese Gefahr in der Charismatik schreibt:

Matthäus 7,21:  Nicht jeder, der zu mir sagt: Herr, Herr! wird in das Reich der Himmel eingehen, sondern wer den Willen meines Vaters im Himmel tut. 22 Viele werden an jenem Tag zu mir sagen: Herr, Herr, haben wir nicht in deinem Namen geweissagt und in deinem Namen Dämonen ausgetrieben und in deinem Namen viele Wundertaten vollbracht? 23 Und dann werde ich ihnen bezeugen: Ich habe euch nie gekannt; weicht von mir, ihr Gesetzlosen!

Es gibt heute weltweit keine christliche Strömung wie die der charismatischen Bewegung, auf die solche Aussagen zutreffen. Die Schlüsselworte in diesem dramatischen Vers sind ja: Weissagung, Dämonen austreiben und Wundertaten! Das muss doch jedem, der in der charismatischen Bewegung ist, zu denken geben!

In unserem Prozess der geistlichen Gesundung war es entscheidend, dass wir uns gezielt mit dem Wort Gottes anhand einer bibeltreuen Übersetzung beschäftigt haben. Hier konnten uns die Schlachter Übersetzung und die Kommentare von William McDonald erheblich helfen. Gerade die Briefe der Apostel führen in ihrer Anwendung zu einer Nüchternheit und Gesundung, in eine wirkliche geistliche Freiheit. Um sie wurde allerdings in den charismatischen Gemeinden der Vergangenheit immer ein Bogen gemacht, weil sie den Glauben und die Konsequenzen ganz praktisch beschreiben.

Dieser Prozess der biblischen Klärung war für uns in manchen Bereichen wirklich schmerzhaft, vor allem, als wir den persönlichen zeitlichen Verlust der ganzen Jahre erkannten. Aber letztlich führte uns die fortschreitende Gründung im Wort Gottes zur Ruhe, zum Frieden und zum Sieg.

Wir schätzen uns deshalb glücklich, dass uns der Herr in diesen vergangenen Monaten in eine bibeltreue Gemeinde geführt hat, welche die Grundlagen von Apostelgeschichte 2,42 praktiziert: „Und sie blieben beständig in der Lehre der Apostel und in der Gemeinschaft und im Brotbrechen und in den Gebeten“.

Wenn wir uns die Berliner Erklärung von 1909 genau anschauen, dann stellen wir fest, dass dieses Ringen um die Wahrheit schon unsere Brüder vor 115 Jahren tief beschäftigt hat. Sie haben es sich nicht leicht gemacht mit ihrer Entscheidung. Sie haben gebetet, gefastet und vor allem biblisch geprüft. In einem der letzten Abschnitte schreiben sie in Bezug auf die noch junge Pfingstbewegung:

„Wir bitten hierdurch alle unsere Geschwister um des Herrn und seiner Sache willen, welche Satan verderben will: Haltet Euch von dieser Bewegung fern! Wer aber von Euch unter die Macht dieses Geistes geraten ist, der sage sich los und bitte Gott um Vergebung und Befreiung. Verzaget nicht in den Kämpfen, durch welche dann vielleicht mancher hindurchgehen wird. Satan wird seine Herrschaft nicht leichten Kaufes aufgeben. Aber seid gewiß: der Herr trägt hindurch! Er hat schon manchen frei gemacht und will Euch die wahre Geistesausrüstung geben“.

 

Das wünsche ich jedem geschätzten Leser, dass der echte Heilige Geist die Herzen bewegen und den wahren Jesus Christus im Leben eines jeden verherrlichen kann.

 

 

Stuttgart, im Juni 2024

 

 

Martin Seiler

 

 

 

Veröffentlicht im ESRA-Schriftendienst, Ostertagstr. 13, D-71229 Leonberg

ESRA Aktuelle Informationen Nr. I 13

  1. Auflage Juni 2024

© Martin Seiler 2024

 

Hier können Sie das Zeugnis von Martin Seiler als PDF herunterladen: Martin Seiler: Mein Weg aus der Charismatik (PDF)