Weise mir, HERR, deinen Weg,
damit ich wandle in deiner Wahrheit;
richte mein Herz auf das Eine,
daß ich deinen Namen fürchte!
(Ps 86,11)
 
Da nun dies alles aufgelöst wird,
wie sehr solltet ihr euch auszeichnen
durch heiligen Wandel und Gottesfurcht,
indem ihr das Kommen des Tages Gottes erwartet …
(2Pt 3,11-12)

 
Wir haben gesehen, daß der wahre Gott, der Himmel und Erde geschaffen hat und darüber regiert, der lebendige Gott, der Gott, der sich in der Bibel geoffenbart hat, Seinem ganzen Wesen und Handeln nach furchtgebietend ist, daß wir Ihm Respekt und Ehrfurcht schulden. Wir haben auch gesehen, daß die gewaltige Errettung, die Er uns aus Gnade geschenkt hat, das große Sühnopfer Seines Sohnes, uns zur Ehrfurcht anspornen sollte. Nun wollen wir uns anhand der Aussagen der Bibel genauer darüber im klaren werden, was der Begriff „Gottesfurcht“ alles bedeutet und beinhaltet.
 
Wir finden die Begriffe „Furcht des HERRN“, „Furcht Gottes“ bzw. „Gott / den HERRN fürchten“ sehr oft schon im Alten Testament. Das entsprechende Wort yare bzw. das Hauptwort yir’ah bedeutet „sich fürchten, jemanden fürchten, Angst haben, Gott verehren“ bzw. „Furcht, Angst, Schrecken, Ehrfurcht, Gottesfurcht“. Dem entspricht unmittelbar das neutestamentliche Wort phobeomai bzw. phobos, das sowohl für die Furcht vor verschiedensten Dingen als auch speziell für die Furcht Gottes gebraucht wird (vgl. unser Fremdwort „Phobie“).
 
Darüber hinaus kennt das Neue Testament noch ein anderes griechisches Wort, das ganz ähnlich gebraucht wird: eu-sebeia. Es kommt von dem griechischen Tätigkeitswort sebomai, das „sich scheuen vor, etwas fürchten, etwas verehren“ bedeutet, und meint „rechte Furcht bzw. Verehrung Gottes“. Dieses Wort wurde in älteren Bibelübersetzungen vielfach mit „Gottseligkeit“ übersetzt, einem etwas mißverständlichen Begriff, der die eigentliche Bedeutung „Furcht / scheue Verehrung (Gottes)“ nicht erahnen läßt. In der Schlachterbibel 2000 wird es mit „Gottesfurcht“ wiedergegeben; andere Übersetzungen verwenden die Begriffe „Frömmigkeit“ (Menge-Bibel 1928) oder „rechte Verehrung“ (Jantzen-NT 2009).

 

 
Was die Bibel uns über Gottesfurcht sagt

 
„Gott fürchten“ meint in vielen Situationen tatsächlich die scheue Furcht des Menschen angesichts der übernatürlichen, himmlischen Heiligkeit und Herrlichkeit des wahren Gottes und angesichts Seiner furchtgebietenden Taten. Was die gottfernen Ungläubigen betrifft, schwingt dabei ganz klar auch die gewaltige Angst, der blanke Schrecken einer Konfrontation mit der für sie unerträglichen Heiligkeit Gottes mit.
 
Alle Welt fürchte den HERRN, und vor ihm scheue sich alles, was auf dem Erdboden wohnt! (Ps 33,8)
 
Denn der HERR, der Höchste, ist zu fürchten, ein großer König über die ganze Erde. (Ps 47,3)
 
Das wird auch in bezug auf das Volk Israel deutlich, als sie die Begegnung mit dem heiligen Gott am Sinai erlebten:
 
Diese Worte redete der HERR zu eurer ganzen Gemeinde auf dem Berg, mitten aus dem Feuer, dem Gewölk und der Dunkelheit, mit gewaltiger Stimme, und er fügte nichts hinzu. Und er schrieb sie auf zwei steinerne Tafeln und gab sie mir. Und es geschah, als ihr die Stimme mitten aus der Finsternis hörtet und der Berg im Feuer brannte, da tratet ihr zu mir, alle Oberhäupter eurer Stämme und eure Ältesten, und ihr spracht: Siehe, der HERR, unser Gott, hat uns seine Herrlichkeit und seine Größe sehen lassen, und wir haben seine Stimme mitten aus dem Feuer gehört; heute haben wir gesehen, daß Gott mit den Menschen redet und sie am Leben bleiben.
 
Und nun, warum sollen wir sterben? Denn dieses große Feuer wird uns verzehren! Wenn wir die Stimme des HERRN, unseres Gottes, noch weiter hören, so müssen wir sterben! Denn wer von allem Fleisch könnte die Stimme des lebendigen Gottes mitten aus dem Feuer reden hören, wie wir, und am Leben bleiben? Tritt du hinzu und höre alles, was der HERR, unser Gott, reden wird; und du sollst uns alles sagen, was der HERR, unser Gott, zu dir reden wird; und wir wollen darauf hören und es tun!
 
Als aber der HERR den Wortlaut eurer Rede hörte, die ihr mit mir redetet, da sprach der HERR zu mir: Ich habe den Wortlaut der Rede dieses Volkes gehört, die sie mit dir geredet haben. Es ist alles gut, was sie geredet haben. O wenn sie doch immer ein solches Herz hätten, mich zu fürchten und alle meine Gebote allezeit zu halten, damit es ihnen gut ginge und ihren Kindern ewiglich! (5Mo 5,22-29)

 
 
Gottesfurcht und Gnade sind keine Gegensätze

 
Im Gegensatz zu den Gläubigen des Alten Testaments sind wir neutestamentlichen Gläubigen durch das vollkommene Erlösungswerk des Herrn Jesus Christus in eine weit innigere und tiefere Beziehung zu Gott, unserem Vater, gekommen. Daher ist die Furcht im Sinne von Angst vor Gott für die Kinder Gottes überwunden, wie der Apostel Johannes bezeugt:
 
Darin ist die Liebe bei uns vollkommen geworden, daß wir Freimütigkeit haben am Tag des Gerichts, denn gleichwie Er ist, so sind auch wir in dieser Welt. Furcht ist nicht in der Liebe, sondern die vollkommene Liebe treibt die Furcht aus, denn die Furcht hat mit Strafe zu tun; wer sich nun fürchtet, ist nicht vollkommen geworden in der Liebe. (1Joh 4,17-18)
 
Jedes echte Kind Gottes darf wissen: Durch das vollkommene Sühnopfer Jesu Christi ist das verzehrende Feuer des Zornes Gottes für immer gestillt. Der sündlose Sohn Gottes hat das Gericht über ausnahmslos alle meine Sünden getragen und sie für immer getilgt; ich darf voller kindlicher Zuversicht und Freude vor meinen himmlischen Vater kommen und darf mich Seiner Liebe und Güte erfreuen. „So gibt es nun keine Verdammnis mehr für die, welche in Christus Jesus sind“ (Röm 8,1).
 
Ist Gott für uns, wer kann gegen uns sein? Er, der sogar seinen eigenen Sohn nicht verschont hat, sondern ihn für uns alle dahingegeben hat, wie sollte er uns mit ihm nicht auch alles schenken? Wer will gegen die Auserwählten Gottes Anklage erheben? Gott [ist es doch], der rechtfertigt!“ (Röm 8,31-33)
 
Dennoch bleibt die Gottesfurcht, wie die vielen neutestamentlichen Aussagen bezeugen, eine wesentliche Grundlage unserer Beziehung zu unserem himmlischen Vater, zu dem Herrn Jesus Christus wie auch zu dem Heiligen Geist. Sie kann in bezug auf Gläubige, die in einer inneren Beziehung zu Gott stehen, sicherlich am besten mit „Ehrfurcht“ umschrieben werden. Gott zürnt nicht mehr; Er ist für uns; wir dürfen uns Seiner Gnade und Fürsorge erfreuen; aber Er bleibt immer noch der heilige, ehrfurchtgebietende Gott, der Allerhöchste, der die Sünde haßt und das Böse nicht duldet.
 
Deshalb wird der Gottesfürchtige sich vor der Sünde hüten und darüber rasch Buße tun, wenn er in eine Sünde gefallen ist. Er wird nicht mit der Sünde spielen oder in ihr verharren und dafür womöglich noch faule Ausreden suchen. Er wandelt im Licht, wie es der 1. Johannesbrief lehrt (1Joh 1,5 – 2,2); er tut nicht beständig Sünde und lebt nicht in der Sünde, weil er aus Gott geboren ist; er kann nicht in der Sünde leben (1Joh 3,9); er bewahrt sich selbst (1Joh 5,18).
 
So ist es gerade der Gottesfürchtige, der die Gnade Gottes besonders tief und klar erkennen und wertschätzen kann. Er weiß um seine eigene Verderbnis und Verkehrtheit; er erkennt die furchterregende Heiligkeit Gottes, und er sieht voll Staunen und Dankbarkeit, was sein Herr und Erlöser Jesus Christus für ihn getan hat. Er vertraut nicht auf seine eigene untaugliche Gerechtigkeit, aber er weiß, daß er in die makellose Gerechtigkeit des Sohnes Gottes gekleidet ist und in Ihm heilig und tadellos vor Gott steht (vgl. Eph 5,25-27; Kol 1,21-23). Er darf sich der Heilsgewißheit erfreuen, weil er die ungetrübte Gemeinschaft mit seinem Gott und Retter sucht und nicht auf zwielichtige, krumme Pfade abweicht.
 
Schon im Alten Testament finden wir Gottesfurcht und Gnade eng miteinander verbunden in den Versen des Psalms 103:
 
Barmherzig und gnädig ist der HERR, geduldig und von großer Güte. (…) Er hat nicht mit uns gehandelt nach unseren Sünden und uns nicht vergolten nach unseren Missetaten. Denn so hoch der Himmel über der Erde ist, so groß ist seine Gnade über denen, die ihn fürchten; so fern der Osten ist vom Westen, hat er unsere Übertretungen von uns entfernt. Wie sich ein Vater über Kinder erbarmt, so erbarmt sich der HERR über die, welche ihn fürchten; denn er weiß, was für ein Gebilde wir sind; er denkt daran, daß wir Staub sind. (…) Aber die Gnade des HERRN währt von Ewigkeit zu Ewigkeit über denen, die ihn fürchten, und seine Gerechtigkeit bis zu den Kindeskindern (Ps 103,8-17)

 
 
 
Gottesfurcht ist eine innere Herzenshaltung der Gläubigen

 
Gottesfurcht ist zuallererst eine Herzenshaltung, die im Innersten des Menschen wurzelt und dann auch sein ganzes Denken und Handeln prägt. Das Wort Gottes zeigt uns deutlich, daß eine bloß äußerliche, angelernte, als Fassade aufrechterhaltene Gottesfurcht dem heiligen Gott nicht wohlgefällig ist: „Weiter spricht der Herr: Weil sich dieses Volk mit seinem Mund mir naht und mich mit seinen Lippen ehrt, während es doch sein Herz fern von mir hält und ihre Furcht vor mir nur angelerntes Menschengebot ist …“ (Jes 29,13).
 
Eine bloße Fassade der Gottesfurcht kann den ewigen Gott, der in die tiefsten Bereiche unseres Herzens sieht, nicht zufriedenstellen. „Denn [der HERR] sieht nicht auf das, worauf der Mensch sieht; denn der Mensch sieht auf das, was vor Augen ist, der HERR aber sieht das Herz an!(1Sam 16,7). Unsere Gottesfurcht muß also eine tiefe innere Haltung sein, die vom Heiligen Geist bewirkt ist und unser ganzes Herz, unser ganzes Denken formt und bestimmt:
 
O wenn sie doch immer ein solches Herz hätten, mich zu fürchten und alle meine Gebote allezeit zu halten, damit es ihnen gut ginge und ihren Kindern ewiglich! (5Mo 5,29)
 
… und sie sollen mein Volk sein, und ich will ihr Gott sein; und ich will ihnen ein Herz und einen Wandel geben, daß sie mich allezeit fürchten, ihnen selbst zum Besten und ihren Kindern nach ihnen. Und ich will einen ewigen Bund mit ihnen schließen, daß ich nicht von ihnen ablassen will, ihnen wohlzutun. Und ich werde die Furcht vor mir in ihr Herz geben, damit sie nicht mehr von mir abweichen, und damit ich mich über sie freuen kann, ihnen wohlzutun; und ich werde sie einpflanzen in dieses Land in Wahrheit, mit meinem ganzen Herzen und mit meiner ganzen Seele. (Jer 32,38-41)
 
Mein Bund mit ihm war Leben und Friede, und ich verlieh ihm beides, damit er [mich] fürchtete, und er fürchtete mich auch und hatte Ehrfurcht vor meinem Namen. (Mal 2,5)
 
In einem gewissen Sinn ist die Ehrfurcht vor Gott die Grundlage unseres ganzen Glaubenslebens, weil das Wort Gottes uns sagt, daß sie der „Anfang der Erkenntnis“ ist:
 
Die Furcht des HERRN ist der Anfang der Erkenntnis; nur Toren verachten Weisheit und Zucht! (Spr 1,7)
 
Das bedeutet doch: Wenn ich keine Ehrfurcht vor dem heiligen Gott habe, dann habe ich Ihn noch gar nicht wirklich erkannt, und mein ganzes Gebäude von „Gotteserkenntnis“ ruht auf einem falschen, brüchigen Fundament! Wie ernst ist das für die vielen heutigen Christen, die eine verwässerte Verkündigung eines menschengemachten „Evangeliums“ gehört haben, bei dem die Gottesfurcht ausgespart ist!

 

 
 
Das heutige falsche „Evangelium“ ohne Gottesfurcht ist eine Irreführung

 
Wie viele moderne Prediger sprechen nicht mehr von der verzehrenden Heiligkeit Gottes, von Seinem Haß gegen die Sünde, von dem Zorngericht der Hölle, das auf unbekehrte Sünder wartet! Wie viele haben selbst keine Gottesfurcht mehr und können sie deshalb auch nicht weitergeben an die, welche ihnen zuhören!
 
Heute glauben erschreckend viele Scheinchristen an einen blassen, menschenfreundlichen „lieben Gott“, der angeblich nur aus einer süßlichen „Liebe“ und aus toleranter „Barmherzigkeit“ besteht, der gar kein Gericht mehr an den Menschen übt, sondern sie alle „bedingungslos annimmt“, auch ohne Herzensumkehr und Glauben an den Herrn Jesus Christus!
 
Sie meinen, dieser tolerante „Gott“, den sie manchmal ganz vertraulich „mein Daddy“ nennen, sei nur zu ihrer Wunscherfüllung da und segne alle ihre sündigen, eigenwilligen Wege ab. Sie stellen sich ihn ohne Heiligkeit und Gerechtigkeit vor und erwarten von ihm nach heidnischer Manier, daß er ihnen beständig Erfolg, Wohlergehen, Reichtum und Gesundheit schenkt. So wird es vor allem in vielen charismatischen Kreisen heute vermittelt.
 
Viele meinen sogar, dieser falsche „christliche“ Gott sei ja der „Vater aller Menschen“, ganz gleich, ob sie irgendwelchen heidnischen Götzenreligionen anhängen oder äußerliche Namenschristen ohne Neugeburt sind. Sie meinen, man könne auch ohne Bekehrung zu Jesus Christus und Glauben an Ihn zu diesem toleranten „Gott“ kommen, obgleich doch der Herr Jesus ganz klar bezeugt hat:
 
Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater als nur durch mich! (Joh 14,6)
 
Wer an den Sohn glaubt, der hat ewiges Leben; wer aber dem Sohn nicht glaubt, der wird das Leben nicht sehen, sondern der Zorn Gottes bleibt auf ihm. (Joh 3,36)
 
Heute wird allzu oft ein weichgespültes, unbiblisches „Evangelium“ von einem menschlich erdachten falschen „Jesus“ verkündigt, der angeblich ohne Umkehr, Kreuz und Selbstverleugnung einen direkten Zugang zu einem humanistischen, bedingungslos liebenden „Gott“ und in ein humanistisch-soziales „Reich Gottes“ vermittelt, das hier und heute auf Erden errichtet wird.
 
Solche stromlinienförmigen, bequemen und schmeichelnden Botschaften kommen gut an bei den Menschen; sie haben nur einen entscheidenden Nachteil: Sie sind knallharte Lüge und schrecklicher Betrug! Sie bringen die Menschen, die ihnen vertrauen, nicht in den Himmel, sondern leiten sie auf dem breiten Weg direkt ins Verderben!
 
Geht ein durch die enge Pforte! Denn die Pforte ist weit und der Weg ist breit, der ins Verderben führt; und viele sind es, die da hineingehen. Denn die Pforte ist eng und der Weg ist schmal, der zum Leben führt; und wenige sind es, die ihn finden. Hütet euch aber vor den falschen Propheten, die in Schafskleidern zu euch kommen, inwendig aber reißende Wölfe sind! (Mt 7,13-15)
 
Nicht jeder, der zu mir sagt: Herr, Herr! wird in das Reich der Himmel eingehen, sondern wer den Willen meines Vaters im Himmel tut. Viele werden an jenem Tag zu mir sagen: Herr, Herr, haben wir nicht in deinem Namen geweissagt und in deinem Namen Dämonen ausgetrieben und in deinem Namen viele Wundertaten vollbracht? Und dann werde ich ihnen bezeugen: Ich habe euch nie gekannt; weicht von mir, ihr Gesetzlosen! (Mt 7,21-23)

 

 
 
Echte Bekehrung geht mit der Furcht Gottes einher

 
Eine echte Bekehrung wird letztlich immer zur Furcht des Herrn führen, weil der Geist Gottes, der allein echte Bekehrungen zustandebringt, dem Menschen die Gottesfurcht einflößt. Sicherlich wird das Maß an Erkenntnis und Furcht des Herrn, das ein Mensch bei seiner Bekehrung hat, recht unterschiedlich sein; aber jedes echte Werk des Geistes, jede echte Neugeburt bewirkt auch Gottesfurcht. Auch im weiteren Glaubensleben ist die Gottesfurcht gewiß unterschiedlich stark ausgebprägt, aber sie darf bei einem Kind Gottes nicht fehlen.
 
Wenn ich mich wahrhaft zu dem heiligen, allmächtigen Gott bekehrt habe, dann wird eine innere Haltung der Ehrfurcht mein Herz erfüllen. Ich will dann niemals herablassend oder lässig über Gott oder göttliche Dinge denken oder reden, geschweige denn lässig und herablassend mit Ihm reden. Alle lässigen, plump-vertraulichen Gedanken und Redewendungen sollten fern von mir bleiben, ganz besonders wenn es um meinen Gott geht. Was Er haßt – Sünde, Frechheit, Frevel, Ausschweifung, Bosheit, verdorbene Lehre – das will auch ich hassen und lassen.
 
Ich will Gott demütig und ehrfürchtig nahen, nicht in Stolz und Ärger, nicht mit Vorwürfen oder eigenmächtigen Forderungen und Erwartungen, sondern in einer Grundhaltung der Unterwerfung unter Seine Majestät und einer Ergebung in Seinen Willen.
 
Auch meinen Mitmenschen begegne ich, wenn ich Gottesfurcht im Herzen habe, in Sanftmut und Demut, in Hilfsbereitschaft und Barmherzigkeit. Ich meide Stolz und Zorn, Eigenmächtigkeit und Willkür, Betrug oder Übervorteilung anderer. Ich begegne anderen mit Liebe, Achtung und Freundlichkeit, weil sie Geschöpfe Gottes sind. Ich denke und rede über sie so, wie es Gott möchte.
 
Auf der anderen Seite macht Gottesfurcht mich unabhängig vom Druck und den Erwartungen von Menschen; sie befreit von Menschenfurcht und gibt mir Kraft, gegen den Strom zu schwimmen. „Auf Gott vertraue ich und fürchte mich nicht; was kann ein Mensch mir antun?“ (Ps 56,12). „Die ihr den HERRN fürchtet, vertraut auf den HERRN! Er ist ihre Hilfe und ihr Schild“ (Ps 115,11). Ja, sie macht mich auch fähig, Anfeindungen und Verfolgungen willig zu ertragen, anstatt zurückzuweichen und mich anzupassen. Hört auf mich, ihr, die ihr die Gerechtigkeit kennt, du Volk, das mein Gesetz im Herzen trägt! Fürchtet euch nicht vor dem Schmähen der Menschen und entsetzt euch nicht vor ihrem Lästern“ (Jes 51,7; vgl. Mt 10,28).
 
So ist die Furcht des Herrn eine Grundlage für weitere innere Qualitäten und geistliche Tugenden, die unser Denken und unsere Gesinnung prägen sollten: Weisheit, Besonnenheit, Zucht und manches andere, wovon wir vor allem im Buch der Sprüche lesen.
 
Die Furcht des HERRN ist der Anfang der Weisheit; sie macht alle einsichtig, die sie befolgen. Sein Ruhm bleibt ewiglich bestehen. (Ps 111,10)

 

 
 
Das Geheimnis der Gottesfurcht

 

Und anerkannt groß ist das Geheimnis der Gottesfurcht: Gott ist geoffenbart worden im Fleisch, gerechtfertigt im Geist, gesehen von den Engeln, verkündigt unter den Heiden, geglaubt in der Welt, aufgenommen in die Herrlichkeit. (1Tim 3,16)
 
„Gottesfurcht“ oder „Frömmigkeit“ war zur Zeit des Apostels Paulus ein durchaus geläufiger Begriff. Viele Menschen waren damals „religiös“ und „fromm“; sie opferten vielen Göttern und suchten sie so günstig zu stimmen, sie vollbrachten gute Taten und beteten zu den Götzen, sie taten Gelübde und unternahmen Wallfahrten. Doch all das brachte ihnen keinen wahren Frieden, kein reines Gewissen. So ergeht es heute noch zahllosen Namenschristen bei uns.
 
Dagegen zeigt der Apostel Paulus hier klar auf, was das Geheimnis aller wahren Gottesverehrung und Gottesfurcht ist: Jesus Christus, der Sohn Gottes, der Mensch geworden ist – „Gott geoffenbart im Fleisch“. Der Herr Jesus kam vom Himmel auf die Erde herab; Er, der Gott von Ewigkeit ist, wurde wahrer Mensch und opferte sich als der Schuldlose und Gerechte für uns. Am Kreuz trug Er deine und meine Schuld und Sünde; die Strafe lag auf Ihm, damit wir Frieden hätten – durch Sein Blut allein können sündige, schuldbeladene Menschen gerecht und rein werden und mit Gott Gemeinschaft haben.
 
Er blieb nicht im Tod, konnte nicht im Tod bleiben. Er wurde auferweckt von dem Vater durch die Kraft des Heiligen Geistes und dadurch „gerechtfertigt im Geist“. Die Engel Gottes waren Zeugen Seiner Auferstehung und gaben diese Botschaft an die Menschen weiter. Die von Ihm beauftragten Sendboten verkündigten die Botschaft von Christus bis hin zu den fernen Heidenvölkern, und viele kamen dadurch zum Glauben. Währenddessen hatte der verherrlichte Sohn des Menschen Seinen Platz in der himmlischen Herrlichkeit eingenommen, wo Er jetzt zur Rechten Gottes sitzt und wartet, bis alles Ihm zu Füßen gelegt wird und Er Sein Reich antreten wird.
 
Nicht irgendeine menschengemachte „Frömmigkeit“, nicht irgendein „Glaube“ an einen nebulösen „Gott“ errettet aus dem Gericht Gottes und verleiht ewiges Leben. Das Geheimnis wahrer Gottesfurcht ist eine Person – der Herr Jesus Christus, der alleinige Retter und Mittler zwischen Gott und den Menschen.
 
Denn es ist ein Gott und ein Mittler zwischen Gott und den Menschen, der Mensch Christus Jesus, der sich selbst als Lösegeld für alle gegeben hat. (1Tim 2,5; vgl. auch Joh 14,6)
 
Wer sich von Herzen zu Jesus Christus bekehrt und Ihn als Herrn und Erlöser im Glauben annimmt, der allein hat wahre Gottesverehrung, wahre Gemeinschaft mit dem lebendigen Gott! Das war die Botschaft, die der Apostel Paulus im 1. Jahrhundert in der Heidenwelt verkündigte, und das ist auch die Botschaft, die wir heutigen Gläubigen bezeugen und ausbreiten dürfen.
 
Echte Frömmigkeit bedeutet „Christus in uns“ (vgl. Kol 1,27), bedeutet Wiedergeburt aus dem Geist, bedeutet Anteil zu haben an dem Auferstehungsleben des Christus – nicht äußere Fassade, sondern innere Erneuerung; nicht menschengewirkte Reform des Lebens, sondern eine neue Schöpfung!

 

 
 
Echte Kinder Gottes zeichnen sich durch Gottesfurcht aus

 

 Wenn falsche Lehrer den Leuten einreden wollen, im Neuen Testament bräuchten wir keine Gottesfurcht mehr, weil wir ja als Kinder Gottes ein solch vertrauliches Verhältnis zu Gott als unserem Vater bekommen haben, so liegt darin eine gefährliche Einseitigkeit und Verführung. Gewiß sind wir dem heiligen Gott nahegebracht durch das Blut des Christus, angenehm gemacht in dem geliebten Sohn, und wir dürfen als geliebte Kinder rufen: „Abba, lieber Vater!“ Aber dieser unser Gott und himmlische Vater ist immer noch der hoch erhabene, majestätische Gott des Himmels und der Erde, dem wir Ehrfurcht schulden (vgl. auch 1Pt 1,14-19):
 
Darum, weil wir ein unerschütterliches Reich empfangen, laßt uns die Gnade festhalten, durch die wir Gott auf wohlgefällige Weise dienen können mit Scheu und Ehrfurcht! Denn unser Gott ist ein verzehrendes Feuer. (Hebr 12,28-29)
 
So hatten nun die Gemeinden Frieden in ganz Judäa und Galiläa und Samaria und wurden auferbaut und wandelten in der Furcht des Herrn und wuchsen durch den Beistand des Heiligen Geistes. (Apg 9,31)
 
Weil wir nun diese Verheißungen haben, Geliebte, so wollen wir uns reinigen von aller Befleckung des Fleisches und des Geistes zur Vollendung der Heiligkeit in Gottesfurcht! (2Kor 7,1)
 
Ihr Knechte, gehorcht euren leiblichen Herren in allen Dingen; nicht mit Augendienerei, um den Menschen zu gefallen, sondern in Einfalt des Herzens, als solche, die Gott fürchten. (Kol 3,22)
 
So wollen wir lernen, unserem Gott und Vater voller kindlichem Vertrauen und Glaubenszuversicht zu nahen und zugleich doch Ihm allzeit die schuldige Ehrfurcht zu erweisen, die Seiner Majestät und Heiligkeit Rechnung trägt.

 

 
 
 

Bearbeiteter Auszug aus dem Buch desselben Verfassers: Gottesfurcht – Eine lebensnotwendige Tugend in der Endzeit. Steffisburg: Edition Nehemia 2. Aufl. 2015
 

 

 

Bibelauslegungen von Rudolf Ebertshäuser
 
 
Bewahre das Wort! Eine Auslegung des 2. Timotheusbriefes. Edition Nehemia Steffisburg, 1. Aufl.  2013, Gebunden, 196 S.
 

Von Gott bewahrt vor der Verführung. Eine Auslegung des 2. Petrusbriefes und des Judasbriefes. Edition Nehemia Steffisburg  1. Aufl. 2015,  Gebunden, 352 S.

Baut mit am Haus Gottes! Was der Prophet Haggai uns heute zu sagen hat Edition Nehemia Steffisburg  1. Aufl. 2014, Taschenbuch, 120 S.

 
 
 
 
Diese Bücher können Sie bei Ihrem christlichen Buchhändler bestellen. Sie erhalten sie u.a. für die Schweiz bei der Edition Nehemia, für Deutschland und Österreich bei der Versandbuchhandlung Samenkorn.

 

 

 

Print Friendly, PDF & Email