Das dritte Kapitel des 2. Timotheusbriefes offenbart uns in geistgewirkter prophetischer Vorschau die Verderbnisse innerhalb des christlichen Bekenntnisses zur Zeit des Endes – in den „letzten Tagen“. Es ist ein Ausreifen dessen, was schon an anderer Stelle von dem Apostel vorausgesagt war. Im 1. Timotheusbrief erhalten wir einen Ausblick auf einen Zeitabschnitt, der der Apostelzeit noch näher steht und schon im 2. Jahrhundert beginnt, auf die „späteren Zeiten“:

Der Geist aber sagt ausdrücklich, daß in späteren Zeiten etliche vom Glauben abfallen und sich irreführenden Geistern und Lehren der Dämonen zuwenden werden durch die Heuchelei von Lügenrednern, die in ihrem eigenen Gewissen gebrandmarkt sind. Sie verbieten zu heiraten und Speisen zu genießen, die doch Gott geschaffen hat, damit sie mit Danksagung gebraucht werden von denen, die gläubig sind und die Wahrheit erkennen. (1Tim 4,1-3)

 
Der Apostel Petrus hat bei seinen Warnungen im 2. Petrusbrief die nachapostolische Zeit insgesamt im Blick, wobei er besonders auf die Spötter „am Ende der Tage“ Bezug nimmt (2Pt 3,3):

Es gab aber auch falsche Propheten unter dem Volk, wie auch unter euch falsche Lehrer sein werden, die heimlich verderbliche Sekten einführen, indem sie sogar den Herrn, der sie erkauft hat, verleugnen; und sie werden ein schnelles Verderben über sich selbst bringen. Und viele werden ihren verderblichen Wegen nachfolgen, und um ihretwillen wird der Weg der Wahrheit verlästert werden. (2Pt 2,1-2)
 

In 2. Timotheus 3,1-9 und 4,3-4 finden wir Aussagen über den geistlichen Zustand der Christenheit in der letzten Zeit, die zum einen ein bloßes Lippenbekenntnis zur Gottesfurcht bei gleichzeitigem gottlosem Leben offenbaren, zum anderen eine bewußte Abkehr von der in der Heiligen Schrift geoffenbarten gesunden Lehre. Diese Abkehr von der göttlichen Wahrheit ist eine furchtbare Sünde, die dann die letzte Phase der Namenschristenheit einleitet, nämlich ihren kompletten Abfall kurz vor dem Kommen des Antichristen, der dann in einem schrecklichen Gericht endet.

Denn das Geheimnis der Gesetzlosigkeit ist schon am Wirken, nur muß der, welcher jetzt zurückhält, erst aus dem Weg sein; und dann wird der Gesetzlose geoffenbart werden, den der Herr verzehren wird durch den Hauch seines Mundes, und den er durch die Erscheinung seiner Wiederkunft beseitigen wird, ihn, dessen Kommen aufgrund der Wirkung des Satans erfolgt, unter Entfaltung aller betrügerischen Kräfte, Zeichen und Wunder und aller Verführung der Ungerechtigkeit bei denen, die verlorengehen, weil sie die Liebe zur Wahrheit nicht angenommen haben, durch die sie hätten gerettet werden können. Darum wird ihnen Gott eine wirksame Kraft der Verführung senden, so daß sie der Lüge glauben, damit alle gerichtet werden, die der Wahrheit nicht geglaubt haben, sondern Wohlgefallen hatten an der Ungerechtigkeit. (2Thess 2,7-12)

 
In diesem Zustand der Christenheit können sich verführerische Leute und Bewegungen immer offener ausbreiten: „Böse Menschen aber und Betrüger werden es immer schlimmer treiben, indem sie verführen und sich verführen lassen“ (2Tim 3,13). In dem Maß, wie das vom Heiligen Geist eingegebene Wort Gottes beiseitegesetzt und mißachtet wird, fressen bösartige Irrlehren und schlimme, lästerliche Verfälschungen des christlichen Glaubens um sich wie Krebsgeschwüre. Für den Einzelnen, der Christus noch treu bleiben will, bleibt nur das Leben in Absonderung von dieser Verderbnis, auf der Grundlage eines persönlichen Lebenswandels in Heiligung und Hingabe, wie ihn der Apostel uns vorbildlich vorlebte (3,10-12) und das konsequente Festhalten am inspirierten Wort Gottes, das uns als Licht in dieser dunklen Nacht scheint (3,14-17; 2Pt 1,19-21).
 
Die erste Hälfte des 3. Kapitels warnt uns vor den schlimmen Zuständen in der äußerlichen Christenheit, die natürlicherweise auch die wahren Gläubigen betreffen und beeinflussen; in der zweiten Hälfte ermutigt der Geist Gottes uns, wie wir durch einen geheiligten Wandel und das inspirierte Wort Gottes alle Verderbnisse überwinden und als Menschen Gottes unseren Dienstauftrag treu ausrichten können. Diese Lehren sind für uns Gläubige heute von großer Bedeutung, und es ist wichtig, daß wir sie aufmerksam studieren, immer wieder darüber nachsinnen und die entsprechenden Konsequenzen für unser geistliches Leben ziehen, wenn wir in diesen schweren letzten Tagen überwinden wollen.

 

Verführung und Verderbnis in der Christenheit der letzten Zeit (3,1-9)

 
 
Der Apostel gibt nun Timotheus und uns allen eine von Gottes Geist gewirkte prophetische Schau der Verderbnis in der Christenheit der letzten Zeit. Die Endzeit ist für die Christenheit keine Zeit des Triumphes und der Erweckungen im großen Maßstab. Es sind in Gottes Augen „schlimme Zeiten“, in denen wir leben! Die letzten Tage, die Tage kurz vor der Wiederkunft des Herrn Jesus Christus, sind nach der Lehre der Bibel Zeiten der Verführung und des geistlichen Niedergangs. Es sind Tage, in denen Gesetzlosigkeit, Gottlosigkeit und ein falscher Schein der Frömmigkeit regieren, während der echte Glaube selten geworden ist (vgl. Lk 18,8).
 
Deshalb sind es auch Tage der Prüfung, Sichtung und Bewährung für die gottesfürchtigen Gläubigen (vgl. Dan 11,32-35; 12,10), die übriggeblieben sind und sich der Ablehnung und Feindschaft der nur äußerlichen Namenschristen gegenübersehen. Jeder falsche Optimismus, der für die heutigen Zeiten mit einer weiten Ausbreitung des Glaubens und großen Erweckungen rechnet, steht im klaren Widerspruch zur Lehre der Bibel.
 
Die große Not der letzten Tage ist auch dadurch gekennzeichnet, daß die große Masse derer, die sich zu Christus bekennen, keine wirkliche Bekehrung und Wiedergeburt erfahren hat; sie leben wie die Heiden (vgl. die Eigenschaften der Heiden in Röm 1,29-31; Eph 4,17-19), legen aber ein Lippenbekenntnis zum Glauben ab. Diese Entstehung einer unechten, nicht von neuem geborenen Namenschristenheit hatte unser Herr Jesus Christus bereits in den Gleichnissen vom vierfachen Ackerfeld, vom Unkraut und dem Weizen, vom Senfkorn und vom Sauerteig angedeutet (Mt 13,1-42). Von solchen bloßen Bekennern sprechen auch Seine Aussagen an manchen anderen Stellen, z. B. in Mt 7,21-23. Auch das prophetische Bild von Laodicäa (Offb 3,14-22) und die Schau der endzeitlichen Hure Babylon (Offenbarung 17 und 18) sprechen von dieser schlimmen Entwicklung. Dazu bemerkt Henry A. Ironside (wohlgemerkt, etwa im Jahre 1947!):

 
„Dies sind die großen, hervorstechenden Wesenszüge der ‚letzten Tage‘, welche die Heilszeit der Gemeinde abschließen, und denen unmittelbar das Kommen des Herrn folgt. Kann irgend jemand, der an die Heilige Schrift glaubt, bezweifeln, daß wir uns nun mitten in diesen Tagen befinden? Aber man könnte dabei einwenden: ‚Wann waren die Menschen im allgemeinen je anders, als es hier dargestellt wird? Haben wir hier nicht bloß eine Wiederholung dessen, was Paulus bereits sagte, als er die Heidenwelt seiner Zeit beschrieb (Röm 1,29-32)?‘ (…) Auf diese sehr natürlichen Rückfragen antworte ich, daß solche Eigenschaften in der Tat schon immer die Heiden kennzeichneten; aber in 2. Timotheus 3 beschreibt der Heilige Geist die Zustände in der bekennenden Kirche der letzten Tage! Hier werden nicht die offen bösartigen und gottlosen Menschen beschrieben. Es geht um solche, die eine äußere Form der Gottesfurcht haben, wobei sie ihre Kraft verleugnen. Das macht diesen Abschnitt so eindrücklich und ernst und gibt ihm in der heutigen Zeit ein solch außergewöhnliches Gewicht.“

 
Die Eigenschaften der Menschen in V. 2-5 beziehen sich auf solche äußerlichen Namenschristen, denn es wird gesagt, daß sie zwar einen „äußeren Schein von Gottesfurcht (Gottseligkeit)“ haben, deren Kraft aber, die Neugeburt und den innewohnenden Heiligen Geist, verleugnen (V. 5). Es ist für uns heutige Kinder Gottes lehrreich und heilsam, wenn wir uns etwas ausführlicher mit diesen Zügen der falschen Endzeitchristenheit auseinandersetzen, denn wir sind in unserem Leben täglich mit ihnen konfrontiert, und es kommt viel darauf an, ob wir sie durchschauen und uns entschlossen davon ablösen und reinigen.
 
Diese Zustände herrschen nämlich heute nicht nur unter den äußerlichen Christen der katholischen Kirche oder des protestantischen Lagers, sondern vielfach auch schon in den Reihen der modernen Evangelikalen, die sich eigentlich als bibelgläubige Christen verstehen. Gerade im Lager der „Frommen“ ist es in den letzten Jahrzehnten dazu gekommen, daß erschreckend viele Menschen keine Früchte der Heiligung, der Gottesfurcht und des Lebens von oben mehr erkennen lassen, sondern nur noch die wuchernden Triebe des Eigenlebens. Ganz im Sinne der Belehrungen in 2,19-22 gibt Gottes Wort uns die klare Anweisung: „Von solchen wende dich ab!“ Auch ein warnender Hinweis auf die verdeckten Taktiken der Verführer fehlt nicht.
 

a) Die letzten Tage in der Christenheit aus Gottes Sicht betrachtet

 
2Tim 3,1          Das aber sollst du wissen1, daß in den letzten Tagen2 schlimme Zeiten3 eintreten werden.
 
2Tim 3,2          Denn die Menschen werden sich selbst lieben4, geldgierig sein5, prahlerisch6, überheblich7, Lästerer8, den Eltern ungehorsam, undankbar, unheilig9,
 
2Tim 3,3          lieblos10, unversöhnlich11, verleumderisch12, unbeherrscht13, gewalttätig14, dem Guten feind15,
 
2Tim 3,4          Verräter16, leichtsinnig17, aufgeblasen18; sie lieben das Vergnügen mehr als Gott19;
 
2Tim 3,5          dabei haben sie den äußeren Schein20 von Gottesfurcht21, deren Kraft22 aber verleugnen sie23. Von solchen wende dich ab24!
 
1   ginosko = erkennen, wissen
2  gr. en eschatais hèmerais
kairoi chalepoi = schwere, schwierige, bedrückende, schlimme, verderbliche, gefährliche Zeiten; kairos = besondere Zeit, Zeitpunkt
phil-autoi = eigenliebig, selbstsüchtig, selbstverliebt, sich selbst liebend
phil-argyros = Silber/Geld liebend, geldgierig
alazon = Großtuer, Großsprecher, Prahler, Marktschreier
hyper-èphanos = stolz, hochmütig, übermütig, überheblich
blasphèmos = Verleumder, solche die Schlechtes über andere reden, Gotteslästerer
an-hosios = unheilig, gottlos, frevelhaft
10   a-storgos = ohne natürliche Liebe, rücksichtslos, hart, feindselig, lieblos
11  a-spondos = ohne Waffenstillstand, ohne Friedensvertrag; unversöhnlich
12  dia-bolos = verklagend, anschuldigend, verdächtigend, verleumderisch
13  a-kratès = ohne selbstbeherrschung, zügellos, unmäßig, unbeherrscht
14  an-èmeros = ungezähmt, unkultiviert, roh, wild
15  a-phil-agathos = ohne Liebe zum Guten
16  pro-dotès = der, der eine Sache verkauft, im Stich läßt, der feige flieht, der abfällt, der Verräter
17  pro-petès = eig. „vornüberfallend“; vorschnell, voreilig, unbesonnen, verwegen, leichtsinnig
18  typhomai Ptz Perf Pass = w. „mit Rauch erfüllt“; töricht, verblendet, dünkelhaft, eitel, aufgeblasen
19  phil-èdonos = solche, die das Vergnügen lieben anstatt / mehr als Gott zu lieben (philo-theos)
20  morphosis, a. bloße äußere Form, Gestalt
21  eu-sebeia = w. rechte Furcht, auch rechte Gottesverehrung, Frömmigkeit, Gottesfurcht
22  dynamis = Kraft, Stärke, a. Wesen
23  arneomai = verneinen, ablehnen, nicht kennen wollen, verschmähen
24  apo-trepo = solche meide, fliehe, weise ab, wende dich ab
 
 
V. 1: Der 2. Timotheusbrief ist ja, wie wir schon sahen, als Abschiedsbrief des Apostels Paulus in besonderer Weise ein prophetischer Brief, der sich in vielem mit den Zuständen der letzten Tage, der Endzeit beschäftigt, in der wir leben. Der Apostel hat alle treuen Diener gewarnt vor der Verführung und Verderbnis in dieser Zeit, hat sie zu persönlicher Absonderung und zu Weisheit im Umgang mit Irregeführten ermahnt. Nun leitet ihn der Geist Gottes, noch näher auf die besonderen Umstände jener letzten Tage einzugehen, in denen die wahre Gemeinde durch eine wahrhaft schlimme, gefährliche Verführung und Verderbnis bedroht wird. Die große Not ist die Vorherrschaft eines bloß äußerlichen Namenschristentums ohne Wiedergeburt und Heiligung.
 
Diese Dinge sollen auch wir wissen, d. h. uns dessen klar bewußt sein, daß die Zeit, in der wir leben, gefährlich und böse ist (vgl. Eph 5,16). Es ist gefährlich, wenn Gläubige in der heutigen Zeit vor sich hinleben, ohne sich der besonderen Gefahren der Endzeit bewußt zu sein. Wir sollen „die Zeit verstehen“ und aufwachen (Röm 13,11-14). Weil wir die Zeiten verstehen, fordert uns der Herr auf: „So laßt uns auch nicht schlafen wie die anderen, sondern laßt uns wachen und nüchtern sein!“ (1Thess 5,1-11). Wir leben am Ende, auf dem Höhepunkt der schlimmen „letzten Tage“, und das sollte uns klar bewußt sein, daraus sollten wir die in der Bibel gelehrten Konsequenzen ziehen. Wir werden einmal keine Entschuldigung vorbringen können, wenn wir das unterlassen haben.
 
 
V. 2-4: Nun begründet der Geist Gottes, weshalb die letzten Tage solch schwere, notvolle Zeiten für die wahren Gläubigen sein werden. Sie werden konfrontiert sein mit zahlreichen Menschen, die rebellisch, eigensüchtig und gesetzlos leben, dabei aber beanspruchen, wiedergeborene, wahre Christen zu sein. Die Aufzählung ihrer Eigenschaften weist manche Parallele zum Sündenregister der Heiden in Röm 1,28-31 auf. Welch ein prophetischer Spiegel sind diese Worte für die Christenheit unserer Tage! Wie wichtig ist es aber auch, daß wir gläubige Christen über sie nachsinnen, um zu erkennen, wieweit dieser Geist nicht auch uns schon beeinflußt hat!
 
Wir wollen die Charaktereigenschaften dieser Endzeitchristen einmal genauer aufzählen – und uns dabei nicht vorschnell damit beruhigen, daß sie bloße Namenschristen kennzeichnen, sondern auch bedenken, daß diese endzeitlichen Züge auch auf uns Kinder Gottes in diesen schlimmen Zeiten abfärben können, und daß wir alle uns prüfen müssen, inwieweit nicht wir selbst von dieser Geisteshaltung angesteckt und befleckt sind.
 
 
* Eigenliebig/selbstsüchtig: Wie viel könnte man allein über das erste Kennzeichen der Christen in den letzten Tagen sagen, wie wir es in V. 2 finden: „die Menschen werden sich selbst lieben“ (w. werden eigenliebig sein; gr. phil-autoi). Selbstliebe, Selbstverwirklichung und Selbstsucht sind nicht nur zentrale Merkmale der Herzenshaltung und des Lebensstils vieler heutiger Christen; sie werden immer offener als religiöse Tugenden angepriesen. Man müsse, so liest man es in „christlichen“ Lebensratgebern, sich selbst lieben, um andere richtig lieben zu können – eine typisch psychologisch-humanistische Behauptung, die der Lehre des Herrn direkt widerspricht. Unser Herr Jesus Christus lehrt:

Wenn jemand mir nachkommen will, so verleugne er sich selbst und nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach! Denn wer sein Leben (od. seine Seele, d. h. sein seelisches Eigenleben; gr. psyche) retten will, der wird es verlieren; wer aber sein Leben verliert um meinetwillen, der wird es finden. Denn was hilft es dem Menschen, wenn er die ganze Welt gewinnt, aber sein Leben verliert? Oder was kann der Mensch als Lösegeld für sein Leben geben? (Mt 16,24-26)
 
Wer sein Leben liebt (od. seine Seele, d. h. sein seelisches Eigenleben; gr. psyche), der wird es verlieren; wer aber sein Leben in dieser Welt haßt, wird es zum ewigen Leben bewahren. (Joh 12,25)

 
Es geht also gerade darum, das seelische Selbstleben zu verlieren und sich selbst zu verleugnen, statt sich zu hätscheln und zu bestätigen („Schau jeden Morgen in den Spiegel und sage dir, wie toll du bist“). Christus kann uns nur erfüllen und leiten, wenn wir unser fleischliches Selbstleben in den Tod geben und als mit Christus gekreuzigt, gestorben und begraben ansehen (vgl. Gal 2,20; Römer 6).
 
Doch das Wesen der falschen äußerlichen Christenheit ist gerade die ungebrochene Herrschaft des Fleisches in einem religiösen Gewand. Ichherrschaft, Selbstleben, Selbstverwirklichung, religiös verbrämte Auflehnung gegen Gott und Seine Gebote – das kennzeichnet die Namenschristenheit der letzten Tage. Insofern sind die folgenden Eigenschaften in gewisser Weise alle Ausfluß der ersten. Aber auch für Kinder Gottes ist aufgrund ihres Fleisches die Eigenliebe noch eine große geistliche Gefahr. Sind wir nicht auch oft eigensüchtig und meinen, alle Dinge müssen unserer Selbstverwirklichung dienen? Ist nicht das Drehen um uns selbst eine große Gefahr auch für uns?
 
 
* Geldgierig/geldliebend: Die falschen Christen werden geldgierig sein; wer sich selbst liebt, der liebt auch das Geld, das ihm scheinbar unbegrenzte Möglichkeiten zur Bedürfnisbefriedigung und Machtausweitung verleiht (vgl. dasselbe Wort in Lk 16,14 in bezug auf die Pharisäer). Wie stark kommt diese Geldliebe heute zum Tragen – besonders natürlich in den Strömungen der „positiven Denker“ à la Robert Schuller und der charismatischen Marktschreier des „Wohlstandsevangeliums“.
 
Geldliebe zeigt sich manchmal im verschwenderischen Ausgeben von Geld für den eigenen Konsum und die Befriedigung von allerlei Begierden – aber sie tritt auch dort auf, wo Menschen Schätze sammeln, übertriebene Ersparnisse aufhäufen, sich immer nach gewinnbringenden Geldanlagen ausstrecken und geizig sind, was das Geben für die Sache des Herrn und die Fürsorge für Mitgeschwister angeht. Das kann auch für echte Gläubige ein Problem werden. Wie wohltuend klar und nüchtern ist dagegen die Lehre der Schrift:

Wenn wir aber Nahrung und Kleidung haben, soll uns das genügen! Denn die, welche reich werden wollen, fallen in Versuchung und Fallstricke und viele törichte und schädliche Begierden, welche die Menschen in Untergang und Verderben stürzen. Denn die Geldgier (phil-argyria) ist eine Wurzel alles Bösen; etliche, die sich ihr hingegeben haben, sind vom Glauben abgeirrt und haben sich selbst viel Schmerzen verursacht. Du aber, o Mensch Gottes, fliehe diese Dinge … (1Tim 6,8-11)

 
Für die Gläubigen in Westeuropa sind der im Vergleich zu vielen anderen Regionen sehr hohe allgemeine Wohlstand und die Möglichkeiten zu fast unbegrenztem Konsum eine große geistliche Gefahr. Wir sind oft weit davon entfernt, uns an Nahrung und Kleidung genügen zu lassen (1Tim 6,8), und die Versuchung, Geld zu horten oder zuviel für unsere eigenen Bedürfnisse auszugeben, ist groß. Dagegen kommt unser Einsatz für das Werk der Mission oder für bedürftige Kinder Gottes oft zu kurz. Wir alle sollten die Ermahnung des Apostels Paulus auf uns anwenden:

Den Reichen in der jetzigen Weltzeit gebiete, nicht hochmütig zu sein, auch nicht ihre Hoffnung auf die Unbeständigkeit des Reichtums zu setzen, sondern auf den lebendigen Gott, der uns alles reichlich zum Genuß darreicht. Sie sollen Gutes tun, reich werden an guten Werken, freigebig sein, bereit, mit anderen zu teilen, damit sie das ewige Leben ergreifen und so für sich selbst eine gute Grundlage für die Zukunft sammeln. (1Tim 6,17-19)

 
Wie steht es da mit uns? Sind wir Sklaven des Mammon? Oder sind wir großzügig im Geben für die Sache des Herrn? Nehmen wir Anteil an den Nöten bedürftiger Gläubiger? Verwalten wir das uns anvertraute Geld in der Abhängigkeit von unserem Herrn? Sind wir freigiebig und geben wir gern und fröhlich nach dem Vorbild aus 2. Korinther 8 und 9?
 
 
* Prahlerisch/Großtuer: Diese falschen Christen zeichnen sich auch durch Prahlerei und Überheblichkeit aus. Sie halten viel von sich selbst, sind selbstgerecht und von ihren guten Eigenschaften überzeugt. Deshalb reden sie auch laut und gerne über ihre eigenen Fähigkeiten und Gaben, über ihre Kraft und ihren Intellekt; sie sind leere Prahler, sie rühmen sich in ihrer Nichtigkeit (vgl. u. a. Ps 10,2-13; 94,4; Spr 8,13; Jes 2,11-12; Jes 16,6; Zeph 3,11; Mt 23,5-12; Jak 4,16). Wieviele Fernsehprediger und „christliche“ Stars erfüllen heute leider diese Prophetie! Schon im Buch der Psalmen steht: „Denn der Gottlose rühmt sich der Gelüste seines Herzens, und der Habsüchtige sagt sich los vom HERRN und lästert ihn“ (Ps 10,3). Gottes Wort aber sagt uns Gläubigen: „… damit sich vor ihm kein Fleisch rühme“ und: „Wer sich rühmen will, der rühme sich des Herrn!“ (1Kor 1,29.31). Und wir? Sind wir manchmal geneigt, zu prahlen und uns unserer selbst zu rühmen?
 
 
* Überheblich/hochmütig: Das Prahlen vor anderen hat seine innere Wurzel in der Selbstverehrung und Überhebung des sündigen Menschen. „Sie halten viele und freche Reden; stolz überheben sich alle Übeltäter“ (Ps 94,4). „Wir haben vom Hochmut Moabs gehört, daß er sehr groß ist, von seinem Stolz und seinem Hochmut und seiner Überheblichkeit und von der Großtuerei seines Herzens“ (Jer 48,29). Der Sünder ist von Natur aus stolz und von sich selbst, von seinen Vorzügen eingenommen.
 
Die Botschaft der Bibel bricht diesen natürlichen Stolz, wenn sie angenommen wird. Sie zeigt dem Menschen, wie verkehrt sein „positives Selbstbild“ ist, wie sündig und verdorben er in den heiligen Augen Gottes ist, und daß in ihm selbst nichts Gutes ist (vgl. Röm 7,18). Doch diese Namenschristen kennen die Bibel zumindest oberflächlich und haben von ihrem Urteil über die Menschen gehört, und sie haben es zurückgewiesen. Ihr Stolz ist daher noch schlimmer und sündiger als die Überhebung eines Heiden, der nie von der Bibel hörte. Sie sind in ihrem Herzen hochmütig und übermütig. Sie haben keinen Zerbruch erlebt, haben nie vor dem Angesicht Gottes ihre Schuld erkannt und den Bankrott erklärt. Und wir? Sind wir auch in Gefahr, uns zu überheben?
 
 
* Lästerer: Zugleich sind sie auch Lästerer; sie reden gerne schlecht über andere, besonders über die gottesfürchtigen echten Gläubigen, deren „Enge“ und „Gesetzlichkeit“ sie maßlos stört und ärgert (vgl. 1Pt 3,16; 4,4). Sie lästern aber auch Gott mit ihren losen Reden (vgl. Ps 10,3.13; 74,18; Jes 1,4; Hes 20,27; 1Kor 6,10; Offb 13,6). Wir müssen bedenken, daß darunter nicht nur offene Angriffe gegen Gott fallen, sondern auch der achtlose und unehrfürchtige Gebrauch des Namens Gottes im Zusammenhang mit unreinen Dingen oder mit Sünde (vgl. das Beispiel der Ex-Bischöfin Käßmann: „Die Antibabypille ist ein Geschenk Gottes“; der Sprachgebrauch der „Volxbibel“).
 
Da die Verleumdung anderer später noch einmal erwähnt wird (V. 3), ist es wahrscheinlich, daß die Gotteslästerung hier im Vordergrund steht. Im Grunde sind alle jene bibelkritischen Pfarrer und Bischöfe, die Gott in den Mund nehmen, aber das Sühnopfer Seines Sohnes verleugnen, Lästerer, ebenso andere Irrlehrer und Sprecher aus dem vielfältigen Lager der Namenschristenheit, die den heiligen Gott der Bibel herabsetzen, geringachten und Seinen Namen sowie den Retternamen Seines Sohnes mißbrauchen (vgl. auch 1Kor 6,10; 1Tim 1,20; 6,4). „Ja, die ganze Heerschar der neuen Theologen, die (…) die Gottheit des Sohnes leugnen, Seine Jungfrauengeburt, Seine heilige Menschheit – sie sind Lästerer, jeder von ihnen, und werden schonungslos gerichtet werden in der Ernte des Zornes, die so nahe bevorsteht!“
 
 
* Den Eltern ungehorsam: Ein wichtiges Kennzeichen des verkehrten Charakters der Endzeitchristen wird als nächstes aufgedeckt: Diese Leute sind ihren Eltern ungehorsam. Das ist eine Wurzel vieler anderer Übel. Gott hat es in Seiner Weisheit so angeordnet, daß die Kinder ihren Eltern gehorsam sein sollen, daß sie sie ehren und sich ihnen unterordnen sollen (vgl. 2Mo 20,12; Mt 15,4; Eph 6,1-3). „Der ewige Gott, der selbst in allem die höchste und letzte Autorität ist, hat in Seiner Schöpfung eine Ordnung niedergelegt, deren Grundsätze Autorität und Gehorsam sind. Kein Mensch kann diese Grundsätze ungestraft verletzen, am allerwenigsten der Christ …“
 
An der Autorität der Eltern, besonders des Vaters, sollen die Kinder Gehorsam und Gottesfurcht lernen, soll ihr Charakter geprägt werden, das Böse zu meiden und das Gute zu suchen. Auch wenn der natürliche Mensch als Sünder nie das absolut Gute tut und zur Sünde neigt, ist doch eine Erziehung, die ihn Zucht, Disziplin, Verweigerung gegenüber bösen Begierden und Streben nach Gutem lehrt, eine wichtige Voraussetzung auch dafür, daß er einmal Gott sucht und sich bekehrt.
 
Im Regelfall haben ungehorsame, rebellische, zügellose Menschen – auch Namenschristen! – massive Widerstände gegen eine echte Bekehrung in sich. Durch den Ungehorsam gegen die Eltern sind sie dreist und frech geworden, anmaßend und jeder echten Autorität feind. Sie haben es früh gelernt, Gebote zu ignorieren bzw. zu brechen, um ihre Begierden zu stillen. Ihr Gewissen ist abgestumpft; sie sehen Eigenwillen und Ungehorsam gar nicht mehr als schlimme Sünden an. In ihnen ist das Geheimnis der Gesetzlosigkeit wirksam (2Thess 2,7). Die ungehorsamen Namenschristen reden von Glauben und Gott, aber sie weigern sich, Gott zu gehorchen und sich dem Vater der Geister zu unterwerfen. Das bedeutet aber, daß ihre Bekehrung und ihr Glauben nicht echt sind, denn zu jeder echten Bekehrung gehört ein Bruch mit Ungehorsam und Rebellion, eine bewußte Unterwerfung unter Gottes Autorität – auch dort, wo sie durch menschliche Werkzeuge ausgeübt wird.
 
Heute sind viele Christen herangewachsen, die selbst schon ihren Eltern nicht mehr wirklich gehorsam waren, angesteckt von dem Zeitgeist der Rebellion, der in den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts das ganze „christliche Abendland“ vergiftete. Sie haben auch nicht die Kraft, ihre Kinder wirklich zum Gehorsam anzuleiten; sie ernten von ihnen den Ungehorsam, den sie selbst schon als Kinder säten. Auch Älteste in Gemeinden, ältere Geschwister, weltliche Obrigkeiten werden von solchen ungehorsamen Christen immer weniger respektiert. Die Furcht Gottes wird immer mehr in Lässigkeit und Eigenwilligkeit unterhöhlt. Hier wächst eine Ernte heran, die schlimme Auswirkungen haben muß, wenn dem nicht noch durch klare Buße Einhalt geboten wird. Und Du? Und ich? Sind wir unseren Eltern gehorsam (gewesen)? Ehren wir sie so, wie wir es sollten? Haben wir über unsere vergangenen Verfehlungen Buße getan? Erziehen wir unsere Kinder zum Gehorsam?
 
 
* Undankbar: Ein wesentliches Kennzeichen des ichhaften, auf seine eigenen Errungenschaften stolzen Menschen ist, daß er keine Dankbarkeit kennt, denn das ist in seinen Augen Schwäche, die Anerkenntnis der eigenen Hilfsbedürftigkeit und Unvollkommenheit. Von daher ist es auch folgerichtig, daß die bloß äußerlichen Christen undankbar sind – sie erkennen nicht, daß sie der Gnade und Güte Gottes alles schulden; sie haben ihre Undankbarkeit zumeist bereits im Verhältnis zu ihren Eltern eingeübt und meinen nun, alle müßten ihnen wie selbstverständlich zu Willen sein und Gutes tun, ohne daß sie dafür mit Dank reagieren brauchten.
 
Der Endzeitmensch ist seinen Mitmenschen immer weniger dankbar und nörgelt umso mehr an allem herum, was er erlebt; vor allem aber weigert er sich, dem lebendigen Gott, seinem Schöpfer und Wohltäter den schuldigen Dank zu geben, obwohl er noch ein äußerliches Bekenntnis zu Gott aufrechterhält. Solche wird einmal das göttliche Gerichtsurteil treffen: „Denn obgleich sie Gott erkannten, haben sie ihn doch nicht als Gott geehrt und ihm nicht gedankt, sondern sind in ihren Gedanken in nichtigen Wahn verfallen, und ihr unverständiges Herz wurde verfinstert“ (Röm 1,21). Und wir, sind wir dankbare Leute? Danken wir unserem himmlischen Vater allezeit und geben Ihm die Ehre?
 
 
* Unheilig: Diese „gesetzesfreien“, in Wahrheit gesetzlosen äußerlichen Christen sind in ihrem Wesen unheilig – sie haben ja auch nie eine wirkliche Herzensumkehr und Neugeburt aus dem Heiligen Geist erlebt, und ein sündiger Mensch kann nur geheiligt werden durch den Heiligen Geist Gottes (vgl. Röm 15,16; 1Kor 6,11; 2Thess 2,13; 1Pt 1,2). Gerade weil sie dennoch Gott und Göttliches im Munde führen, sind sie gottlos und frevelhaft (vgl. Ps 50,16-22).
 
Das hat schon der Bibellehrer Henry A. Ironside vor 70 Jahren unter seinen Zeitgenossen beobachtet: „Die gottesfürchtige Absonderung von der Welt, wie sie die Bibel lehrt, wird als ‚Frömmelei‘ und ‚Puritanertum‘ verachtet. An ihre Stelle ist eine lustige, ausgelassene Weltlichkeit getreten, die sich mit dem Bekenntnis eines Christen schlecht verträgt. Frömmigkeit, diese kennzeichnende christliche Tugend, ist heute so selten geworden! Man muß nicht notwendigerweise äußerlich ganz verdorben sein, um unheilig zu sein. Wenn man die Trennungslinie zwischen dem Gläubigen und dem Ungläubigen aufgibt, dann ist das Unheiligkeit.“
 
Mit ihrer Frechheit und Unreinheit beleidigen sie Gottes Majestät und meinen doch in ihrem Wahn, sie seien „Kinder Gottes“ und dürften dem heiligen Gott vertraulich nahen. Sie sind Spötter; sie verderben den Tempel Gottes und verursachen Trennungen und Spaltungen, weil sie den Geist nicht haben (Jud 1,18-19). Und wir? Haben wir uns so für unseren Gott geheiligt, wie dies Sein Wille und Herzenswunsch für uns ist? Beschäftigen wir uns nicht manchmal fälschlicherweise mit unheiligen Dingen, haben Gemeinschaft mit unheiligen Menschen und werden dadurch befleckt (2Kor 7,1)?
 
 
* Lieblos/ohne natürliche Liebe: In V. 3 wird die Aufzählung der Sünden der Endzeitchristen fortgesetzt. Weil sie eigensüchtig und gottlos sind, fehlt es ihnen auch an Liebe und Rücksichtnahme gegenüber anderen. Mit diesem griechischen Wort ist nach Auffassung vieler Ausleger besonders die natürliche Liebe, Rücksichtnahme, Achtung und Freundlichkeit im Umgang mit Eltern, Familienangehörigen und Freunden gemeint. Man wird an das Wort im Buch der Sprüche erinnert:

Es gibt ein Geschlecht, das seinen Vater verflucht und seine Mutter nicht segnet; ein Geschlecht, das rein ist in seinen eigenen Augen und doch von seinem Kot nicht gewaschen ist; ein Geschlecht mit was für hohen Augen und erhabenen Augenwimpern! Ein Geschlecht, dessen Zähne Schwerter und dessen Gebisse Messer sind, um die Elenden aus dem Land wegzufressen und die Armen aus der Mitte der Menschen. (Spr 30,11-14)
 

Diese Leute denken in ihrem großen Ego-Trip fast nur an sich selbst und haben kein Empfinden für ihren Nächsten mit seinen Nöten und bedürfnissen. Auch im christlichen Bereich brechen in der Endzeit zunehmend die von Gott gewollten natürlichen Bindungen und Beziehungen in Ehe und Familie auseinander. Die eiskalte Selbstsucht der oft psychologisch begründeten Selbstliebe zerstört die Verantwortung und Liebe für den Nächsten. Haben wir uns nicht auch schon von diesem zerstörerischen Trend anstecken lassen? Wie sehen unsere Beziehungen zu unseren Eltern, Geschwistern und Kindern, zu unserer Familie, zu unseren Nachbarn und Freunden aus?
 
 
* Unversöhnlich: Der ichhafte Mensch beurteilt alles nach seinem empfindlichen Ego. Er ist bereit zu rücksichtsloser Vergeltung, sobald seine eigensüchtigen Ansprüche verletzt, sein aufgeblasenes Selbstbild angekratzt wird. Wenn jemand seine Interessen verletzt, erklärt er ihm den Krieg und verhält sich feindselig und unversöhnlich gegen ihn. Er ist nicht bereit, zu vergeben und Frieden zu schließen; sein verletztes Ego und seine rücksichtslose Selbstbehauptung läßt das nicht zu (vgl. Lamech, 1Mo 4,23-24).
 
Unser Herr aber lehrt uns: „Denn wenn ihr den Menschen ihre Verfehlungen vergebt, so wird euer himmlischer Vater euch auch vergeben. Wenn ihr aber den Menschen ihre Verfehlungen nicht vergebt, so wird euch euer Vater eure Verfehlungen auch nicht vergeben.“ (Mt 6,14-15), und: „Wenn du nun deine Gabe zum Altar bringst und dich dort erinnerst, daß dein Bruder etwas gegen dich hat, so laß deine Gabe dort vor dem Altar und geh zuvor hin und versöhne dich mit deinem Bruder, und dann komm und opfere deine Gabe!“ (Mt 5,23-24). Und wir? Haben wir all denen vergeben, die uns Böses getan haben? Sind wir nachtragend, vergelten wir Böses mit Bösem?
 
 
* Verleumderisch: Der zügellose, ichhafte Charakter verleitet die falschen Endzeitchristen auch dazu, über andere Menschen böse Gerüchte zu verbreiten, sie zu verdächtigen und zu Unrecht zu beschuldigen. Damit ahmen sie die Wesensart des Teufels nach (gr. diabolos = verleumderisch, verklagend; als Eigenname: Der Verleumder, Verkläger, Widersacher), der ja auch ihr Vater ist (vgl. Joh 8,44).
 
Diese Sünde richten die Scheinchristen besonders auch gegen die wahren Gläubigen, die ihnen verhaßt sind, weil sie sie überführen und ihr falsches Wesen aufdecken. Sie verleumden den Gerechten und unterstellen ihm zu Unrecht zahlreiche schlechte Dinge (vgl. 3Mo 19,16; Ps 35,20; Jer 6,28; Jak 4,11). Aber auch wir als echte Gläubige können in die Falle gehen, Verleumdungen Gehör zu schenken (was auch schon eine Sünde ist) oder sie gar weiterzugeben. Sind unsere Ohren vor den Einflüsterungen des Verleumders geschlossen? Sind unsere Lippen geheiligt, daß wir nicht andere falsche, unberechtigte und schädliche Aussagen manchen?
 
 
* Unbeherrscht/zuchtlos: Die falschen Endzeitchristen kennen keine Selbstbeherrschung und Zucht, die doch ein Merkmal aller echten Gläubigen und eine Frucht des Geistes ist (a-kratès ist ein direkter Gegensatz zu en-krateia = Selbstbeherrschung; vgl. Gal 5,22; 2Pt 1,6; en-kratès Tit 1,8; en-krateuomai 1Kor 7,9; 9,25). Die Ich-Liebe verleitet diese Leute, wie auch die modernen Heiden, alle ihre „inneren Impulse“ und „Bauchgefühle“ herauszulassen und ihren Begierden ohne Selbstkontrolle zu folgen. Das gilt als „echt“, „spontan“ und gesund.
 
Sie wandeln wie die Heiden in der Nichtigkeit ihres Sinnes, „… die, nachdem sie alles Empfinden verloren haben, sich der Zügellosigkeit ergeben haben, um jede Art von Unreinheit zu verüben mit unersättlicher Gier“ (Eph 4,19). Sie folgen ihren Leidenschaften und Emotionen, leben Zorn und Haß, Aggression und Feindseligkeit ungehemmt aus, weil sie der Falschreligion des Humanismus und der Psychologie anhängen, nach der alle Bedürfnisse und inneren Regungen des Menschen gut sind. Wie sieht es mit uns aus? Leben wir unter der Zucht des Heiligen Geistes? Üben wir Selbstbeherrschung und haben wir unsere fleischlichen Impulse wie Zorn, Ärger, Schimpfen unter Kontrolle?
 
 
* Gewalttätig/roh: Dieser Begriff hängt mit dem vorigen eng zusammen und bedeutet auch unkultiviert, ungezähmt, ungesittet, unfreundlich, wild. Das wurde früher oft von den „Barbaren“, den besonders wilden Heidenvölkern gesagt, zu denen auch unsere Vorfahren, die Germanen, gehörten. Sie verherrlichten Grausamkeit und Gewalt, Rücksichtslosigkeit und Brutalität. Einfühlung, Barmherzigkeit, Güte, oder gar Feindesliebe wurde von diesen Gewaltmenschen verachtet, ebenso gute Umgangsformen oder Rücksichtnahme auf Schwächere.
 
Die falschen Endzeitchristen kehren zu diesen schlimmen heidnischen Exzessen zurück; sie sind „Gottlose, welche die Gnade unseres Gottes in Zügellosigkeit verkehren“ (Jud 1,4); sie sind ungesittet, roh und ungezähmt; sie sind wieder bei dem „zügellosen Lebenswandel der Frevler“ aus Sodom angekommen (2Pt 2,7). Bei einigen emergenten und postmodernen „Christen“ ist das zu einer Tugend erklärt worden und wird als „Leidenschaft“ und „Authentischsein“ verklärt (siehe John Eldredge, „Der ungezähmte Mann“); diese Irrlehrer schrecken nicht davor zurück, dem Herrn Jesus mit denselben ungöttlichen Eigenschaften als „wilden Messias“ darzustellen.
 
Für die wahren Gläubigen aber gilt: „Denn es ist für uns genug, daß wir die vergangene Zeit des Lebens nach dem Willen der Heiden zugebracht haben, indem wir uns gehen ließen in Ausschweifungen, Begierden, Trunksucht, Belustigungen, Trinkgelagen und frevelhaftem Götzendienst. Das befremdet sie, daß ihr nicht mitlauft in denselben heillosen Schlamm, und darum lästern sie …“ (1Pt 4,3-4). Und wir? Ist unser Lebenswandel geheiligt und zuchtvoll, sodaß wir uns von den wilden Neuheiden um uns her klar unterscheiden?
 
 

Ein gekürzter Auszug aus dem Buch „Bewahre das Wort. Eine Auslegung des 2. Timotheusbriefes“ von Rudolf Ebertshäuser

 

 

Bibelauslegungen von Rudolf Ebertshäuser
 
 
Bewahre das Wort! Eine Auslegung des 2. Timotheusbriefes. Edition Nehemia Steffisburg, 1. Aufl.  2013, Gebunden, 196 S.
 

Von Gott bewahrt vor der Verführung. Eine Auslegung des 2. Petrusbriefes und des Judasbriefes. Edition Nehemia Steffisburg  1. Aufl. 2015,  Gebunden, 352 S.

Baut mit am Haus Gottes! Was der Prophet Haggai uns heute zu sagen hat Edition Nehemia Steffisburg  1. Aufl. 2014, Taschenbuch, 120 S.

 
 
 
 
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