Gott ruft den Abram aus der Vermischung und dem Götzendienst

 

Der HERR hatte das Abweichen der Nachkommen Sems wohl gesehen, aber in Gnade wendet Er sich ihnen wieder zu und ruft Abram heraus aus Vermischung und Götzendienst, damit er dem wahren Gott dienen möge. Darin können wir einen göttlichen Grundsatz erkennen, der sich immer wieder in der Heilsgeschichte bestätigt findet. Gott ruft diejenigen, die Ihn erkannt haben und Ihm dienen wollen, in die Heiligung und Absonderung von der Finsternis dieser Welt (vgl. u.a. auch Jes 48,20; Jer 50,8).

Zieht nicht in einem fremden Joch mit Ungläubigen! Denn was haben Gerechtigkeit und Gesetzlosigkeit miteinander zu schaffen? Und was hat das Licht für Gemeinschaft mit der Finsternis? Wie stimmt Christus mit Belial überein? Oder was hat der Gläubige gemeinsam mit dem Ungläubigen? Wie stimmt der Tempel Gottes mit Götzenbildern überein? Denn ihr seid ein Tempel des lebendigen Gottes, wie Gott gesagt hat: »Ich will in ihnen wohnen und unter ihnen wandeln und will ihr Gott sein, und sie sollen mein Volk sein«. Darum geht hinaus von ihnen und sondert euch ab, spricht der Herr, und rührt nichts Unreines an! Und ich will euch aufnehmen, und ich will euch ein Vater sein, und ihr sollt mir Söhne und Töchter sein, spricht der Herr, der Allmächtige. (2Kor 6,14-18)

Der Ruf Gottes an Abram erfolgte schon in Ur selbst, wie uns Stephanus in seiner Rede vor dem Hohen Rat bezeugt:

Der Gott der Herrlichkeit erschien unserem Vater Abraham, als er in Mesopotamien war, bevor er in Haran wohnte, und sprach zu ihm: »Geh hinaus aus deinem Land und aus deiner Verwandtschaft und zieh in das Land, das ich dir zeigen werde!« Da ging er aus dem Land der Chaldäer und wohnte in Haran. Und nach dem Tod seines Vaters führte er ihn von dort herüber in dieses Land, das ihr jetzt bewohnt. Und er gab ihm kein Erbteil darin, auch nicht einen Fußbreit, und verhieß, es ihm zum Eigentum zu geben und seinem Samen nach ihm, obwohl er kein Kind hatte. (Apg 7,2-5)

Abram hatte also als Einzelner in Ur den Ruf Gottes vernommen, sich von seiner gottlosen Verwandtschaft zu trennen und in das verheißene Land zu ziehen. Gott hatte Abrams Vater Terach nicht berufen, und das gewiß aus gutem Grund, wie dessen späteres Verhalten zeigt. Der Herr kennt die Herzen und das Verborgene, und Er weiß wohl, was Er tut und unterläßt.

Doch offenkundig hatte Abram nicht die Kraft gehabt, diesen Weg alleine zu gehen. Jedenfalls übernimmt sein Vater Terach (= „der Zauderer“) zunächst die Führung in der Glaubensreise; er zieht mit aus Ur weg in der Absicht, nach Kanaan zu gehen. Aber offensichtlich fehlt ihm die geistliche Kraft dazu, diesen Weg auch bis zum Ziel zu verfolgen. Er läßt sich mitten auf dem Weg in Haran (= „Weg“) nieder und setzt die Reise nicht fort.

Wir sehen hier, wie schädlich es ist, sich auf Glaubenswegen von anderen Menschen abhängig zu machen, die nicht klar im Glauben stehen und nicht mit dem Herrn gehen. Terach war offenkundig ein Mann falscher Kompromisse, zwiespältig, ein Zauderer.

An ihm sehen wir auch, welchen Schaden es anrichten kann, wenn Menschen ohne den Ruf Gottes und die damit einhergehende geistliche Vorbereitung und Gnadenausrüstung ausziehen, um Gott zu dienen. Sie können selbst das Werk Gottes nicht vollbringen und hindern noch diejenigen daran, die wirklich berufen sind. Das ist heute leider auch eine traurige Erfahrung auf dem Missionsfeld und in anderen Bereichen des Werkes des Herrn.

Abram stellte sich, anstatt sich auch von seinem Vater zu trennen, wie Gott es gefordert hatte, unter dessen Führung. Die Folge war, daß er entgegen Gottes Anweisung in Haran blieb, anstatt weiterzugehen nach Kanaan. So mußte Gott seinen Ruf an Abram erneuern bzw. ihn daran neu erinnern, wie wir in 1Mo 12,1-3 lesen:

Geh hinaus aus deinem Land und aus deiner Verwandtschaft und aus dem Haus deines Vaters in das Land, das ich dir zeigen werde! Und ich will dich zu einem großen Volk machen und dich segnen und deinen Namen groß machen, und du sollst ein Segen sein. Ich will segnen, die dich segnen, und verfluchen, die dich verfluchen; und in dir sollen gesegnet werden alle Geschlechter auf der Erde!

Offenkundig mußte Gott erst den zögernden Vater von der Erde wegnehmen, bevor Abram wieder bereit war, auf Gott zu hören und den Willen des HERRN über den Willen seines Vaters zu stellen. Das erinnert uns an den Ausspruch unseres Herrn Jesus: „Wer Vater oder Mutter mehr liebt als mich, der ist meiner nicht wert“ (Mt 10,37).

So segensreich der Einfluß und Rat wirklich gottesfürchtiger, geistlich gesinnter Eltern ist, so gefährlich kann manchmal der menschlich-fleischliche Rat ungeistlicher Eltern oder Verwandter sein, und mancher junge Mensch, der der Kindheit entwachsen ist (in der die Unterordnung unter die Eltern klare Gebot Gottes ist), muß sich von den negativen Einflüssen seines Elternhauses erst lösen, bevor er Gott klar dienen kann.

 
 
 
 

Die Herausforderung des Glaubensweges

 

Der Ruf Gottes an Abram war ein Ruf zur Umkehr, zur radikalen Abkehr von dem Götzendienst und den Sünden der Väter. Damit begann der Glaubensweg des Abram, und damit muß auch unser Glaubensweg beginnen. Jeder echte Glaubensweg hat immer einen klaren Anfang.

Von Gott her gesehen besteht dieser Anfang in dem göttlichen Ruf, dem Gnadenwirken Gottes am Herzen des Menschen; vom Menschen aus gesehen ist dieser Anfang die Buße, die Herzensumkehr von den eigenen sündigen Wegen und die Bekehrung zu dem lebendigen Gott.

Auch Abram war ein verlorener Sünder, der durch Gottes Gnade zum Gerechten wurde aufgrund seines Glaubens. Niemand wird errettet, wenn er nicht auszieht aus dem alten Heimatland des Sündenlebens und des Götzendienstes!

Wir müssen uns noch einmal deutlich machen, was Gottes Ruf an Abram eigentlich bedeutete. In der damaligen Zeit war der Einzelne ganz stark in seine Sippe eingebunden, die für ihn Sicherheit, Geborgenheit, Altersversorgung und Schutz vor Gewalt bedeutete. Von seinem Heimatland und seiner Familie wegzugehen war ein gewaltiger Einschnitt; es bedeutete den Verlust jeder natürlichen Stütze. Abram wurde dadurch zum rechtlosen Fremdling, der auf seiner Reise der Willkür von Räuberbanden, von der ansässigen Bevölkerung und den Mächtigen ausgesetzt war.

Abram war von nun an völlig auf Gott geworfen, der sich ihm geoffenbart hatte. Er wußte ja nicht einmal. wohin er ziehen sollte; er mußte aufbrechen im Vertrauen auf den HERRN, der ihm das Ziel seiner Reise zeigen würde. Er hatte nichts mehr als den Herrn und Sein Wort; daran hielt er sich fest und zog im Vertrauen los.

Seine Zukunft lag völlig in Gottes Hand. Das umso mehr, als Gott ihm verheißen hatte, daß er zu einem großen Volk werden sollte – und das, obwohl ja Sarah unfruchtbar war! Abraham konnte nicht im Schauen wandeln, sich nicht an Sichtbares halten. Er mußte im Glauben wandeln, im festen Vertrauen auf den unsichtbaren Gott und Seine Verheißungen. Dazu bezeugt uns Hebr 11,8-10:

Durch Glauben gehorchte Abraham, als er berufen wurde, nach dem Ort auszuziehen, den er als Erbteil empfangen sollte; und er zog aus, ohne zu wissen, wohin er kommen werde. Durch Glauben hielt er sich in dem Land der Verheißung auf wie in einem fremden, und wohnte in Zelten mit Isaak und Jakob, den Miterben derselben Verheißung; denn er wartete auf die Stadt, welche die Grundfesten hat, deren Baumeister und Schöpfer Gott ist.

 
 
 
 

Was biblischer Glaube bedeutet

 

Von Abraham können wir einiges darüber lernen, was GLAUBE, biblischer Glaube beinhaltet:

* Glaube bedeutet, sich Gott unbedingt und völlig anzuvertrauen.

* Glaube bedeutet, Gottes Wort und Verheißung als wahrhaftig und verbindlich anzuerkennen und darauf zu vertrauen, d.h. auch, mit seiner Erfüllung zu rechnen, auch wenn diese Erfüllung noch gar nicht erkennbar ist. „Es ist aber der Glaube eine feste Zuversicht auf das, was man hofft, eine Überzeugung von Tatsachen, die man nicht sieht“ (Hebr 11,1). „Denn wir wandeln im Glauben und nicht im Schauen“ (2Kor 5,7). „Er zweifelte nicht an der Verheißung Gottes durch Unglauben, sondern wurde stark durch den Glauben, indem er Gott die Ehre gab und völlig überzeugt war, daß Er das, was Er verheißen hat, auch zu tun vermag“ (Röm 4,20-21)

* Glaube bedeutet, im Gehorsam gegenüber der Offenbarung des Wortes Gottes zu handeln und sein ganzes Leben auf Gottes Willen und Sein Wort auszurichten. „(…) durch welchen wir Gnade und Aposteldienst empfangen haben zum Glaubensgehorsam für seinen Namen unter allen Heiden“ (Röm 1,5). „Durch Glauben gehorchte Abraham (…)“ (Hebr 11,8).

Im Glaubensgehorsam machte sich Abram auf den langen, mühsamen, gefahrvollen Weg nach Kanaan. Lot, sein Neffe, schloß sich ihm an: „Und Lot ging mit ihm“. Der HERR führt die beiden samt ihren Familien und ihrem Gesinde in Treue nach Kanaan, in das Land Seiner Verheißung. Erst als sie dort angekommen sind, offenbart ihnen der HERR, daß Er dieses Land Abrams Samen (seinen Nachkommen) geben will.

Und Abram durchzog das Land bis zur Ortschaft Sichem, bis zur Terebinthe Mores. Damals aber waren die Kanaaniter im Land. Da erschien der HERR dem Abram und sprach: Deinem Samen will ich dieses Land geben! Und er baute dort dem HERRN, der ihm erschienen war, einen Altar. Von da zog er weiter auf das Bergland östlich von Bethel und schlug sein Zelt so auf, daß er Bethel im Westen und Ai im Osten hatte. Und er baute dort dem HERRN einen Altar und rief den Namen des HERRN an. (1Mo 12,6-8)

Hier finden wir etwas sehr bedeutsames. Gott offenbart sich dem Abram und gibt ihm Seine Verheißung, und Abram antwortet, indem er dem HERRN einen Altar baut, dem HERRN opfert und Ihn anbetet. Mitten in dem von Götzendienst und Greueln verseuchten Land Kanaan wird durch den gläubigen Abram eine Stätte der Anbetung aufgerichtet.

Gott sucht Anbeter, die Ihn in Wahrheit anbeten. Den lebendigen und wahren Gott durch geistliche Opfer zu ehren und anzubeten ist das höchste Vorrecht der Gemeinde, die ein heiliges Priestertum ist (vgl. 1Pt 2,5: Hebr 13,15). Auch die Gemeinde ist gerufen, wie Abraham als Fremdling in dieser Welt zu leben, abgesondert von ihren Sünden und Befleckungen, und den wahren Gott zu verherrlichen durch ihren Wandel und ihre lautere Anbetung.

 
 

 

Abraham und Lot – unterschiedliche Wege des Glaubens

 

Abraham und Lot sind zwei Gläubige des AT, die anfangs denselben Glaubensweg gehen – von Ur, der Brutstätte des Götzendienstes und der Gottlosigkeit, nach Kanaan, dem Land der göttlichen Verheißung. Es hat den Anschein, daß sie beide die gleiche Glaubenshaltung haben, wenn auch erkennbar ist, daß Abraham der Führende ist, der auf dem Glaubensweg vorausgeht, während Lot passiver ist und Abraham nur folgt.

Aber im Lauf der biblischen Erzählung wird deutlich, daß Abraham und Lot einige deutliche Unterschiede aufweisen, in ihrem Charakter wie in ihrem Wandel. Die Prüfungen auf Gottes Wegen bringen diese Unterschiede ans Licht:

 

Abram und Lot – die Bedeutung ihrer Namen

Abram:
Das hebräische Ab-ram bedeutet „Erhabener Vater“. Abrams ursprünglicher Name offenbart das Wesen des Gottes, der ihn berufen hat, als des Allerhöchsten, des Erhabenen. Darüber hinaus zeigt er Gott in einer Weise, die im AT nur in Andeutungen offenbar gemacht wird: als den VATER.

Sein von Gott gegebener neuer Name Ab-raham (= „Vater einer Menge“) offenbart zum einen schon etwas von den Heilsplänen Gottes, des Vaters, der durch den Samen Abrahams, durch den Messias, zum Vater einer unzählbaren Menge von Kindern Gottes werden würde. Zugleich bezieht sich der Name auf die Verheißung an Abraham selbst, daß er durch den Glauben zum Vater einer Menge von Völkern werden würde. Abraham ist ein helles Zeugnis für den lebendigen Gott vor den umliegenden Heiden.

Abram offenbart uns den lauteren, einfältigen, ganzherzigen Glauben, der in Hingabe und Gehorsam Gott gegenüber den ihm gewiesenen Weg geht, wenn auch nicht ohne Schwächen, Versagen um Umwege, und der so Gott verherrlicht und Frucht für Ihn bringt. Abram ist der Fremdling, der sich nicht von der Welt und ihren Lüsten verstricken und ablenken läßt, sondern in Absonderung von dieser Welt wandelt und sich an das unsichtbare, himmlische Erbteil hält, wie geschrieben steht:

Diese alle sind im Glauben gestorben, ohne das Verheißene empfangen zu haben, sondern sie haben es nur von ferne gesehen und waren davon überzeugt, und haben es willkommen geheißen und bekannt, daß sie Gäste ohne Bürgerrecht und Fremdlinge sind auf Erden; denn die solches sagen, geben damit zu erkennen, daß sie ein Vaterland suchen. Und hätten sie dabei jenes im Sinn gehabt, von dem sie ausgegangen waren, so hätten sie ja Gelegenheit gehabt, zurückzukehren; nun aber trachten sie nach einem besseren, nämlich einem himmlischen. Darum schämt sich Gott ihrer nicht, ihr Gott genannt zu werden; denn er hat ihnen eine Stadt bereitet. (Hebr 11,13-16)

Lot:
Lot bedeutet „Verhüllung, Schleier“. An Lot zeigt uns Gott das fleischliche Wesen eines weltförmigen Gläubigen, das Gottes Licht und Wesen ganz verhüllen und zudecken kann, so daß der Gläubige selbst Gott und seine Herrlichkeit nicht recht erkennt, und daß auch die ungläubigen Menschen um ihn herum an ihm nicht Gottes Heiligkeit und Gnade erkennen können.

Lot versagt als Zeugnis für Gott; er ist weder Licht noch Salz noch ein Segen für andere. So wird Lot das Sinnbild eines zwiespältigen, von Selbstsucht und Weltliebe befleckten Glaubens, der in halbherzigen Kompromissen mit der Welt und den Ungläubigen steckenbleibt und nicht zu einfältigem Gehorsam und Vertrauen auf Gott durchdringt.

Dennoch zeigt uns die Schrift, daß Lot ein durch den Glauben gerechter, geretteter Mann war (2Pt 2,6-8):

(…) und auch die Städte Sodom und Gomorra einäscherte und so zum Untergang verurteilte, womit er sie künftigen Gottlosen zum warnenden Beispiel setzte, während er den gerechten Lot herausrettete, der durch den zügellosen Lebenswandel der Frevler geplagt worden war (denn dadurch, daß er es mit ansehen und mit anhören mußte, quälte der Gerechte, der unter ihnen wohnte, Tag für Tag seine gerechte Seele mit ihren gesetzlosen Werken) (…)

Lot war vor Gott gerecht; er selbst beteiligte sich auch nicht an den Sünden der Heiden; und dennoch führt seine halbherzige Absonderung von ihnen zu großem Leid und Verlust für ihn. Er verlor nicht nur sein Zeugnis für den HERRN, sondern auch seine Frau und seine Kinder auf seinem verkehrten Weg.

 
 
 

Der Glaubensweg Abrahams und Lots in der Prüfung

 

Glaubenswege sind göttliche Wege, die der Glaubende nur gehen kann, wenn er treu und wachsam am Herrn festhält und sich allein auf IHN stützt. Dabei muß er beständig von sich selbst, den eigenen Ängsten und Begierden wegblicken wie auch von den widrigen Umständen, die ihm scheinbar den Weg versperren. Er ist herausgefordert, allezeit „hinwegzublicken auf Jesus, den Anfänger und Vollender unseres Glaubens“, und dabei alle beschwerende Last und Sünde abzulegen (Hebr 12,1-2).

Glaubenswege sind auch immer wieder nach Gottes weiser Anordnung durch Bedrängnisse, Versuchungen und Prüfungen gekennzeichnet. In solchen Schwierigkeiten wird offenbar, wo wir innerlich stehen und wie unser Glaube beschaffen ist. Gott prüft unseren Glauben, um ihn zu läutern und zu reinigen, damit Er dadurch verherrlicht wird. Dazu lesen wir in 1Pt 1,3-7:

Dann werdet ihr euch jubelnd freuen, die ihr jetzt eine kurze Zeit, wenn es sein muß, traurig seid in mancherlei Anfechtungen, damit die Bewährung eures Glaubens (der viel kostbarer ist als das vergängliche Gold, das doch durchs Feuer erprobt wird) Lob, Ehre und Herrlichkeit zur Folge habe bei der Offenbarung Jesu Christi.

Und in Jakobusbrief lesen wir die bemerkenswerten Worte:

Meine Brüder, achtet es für lauter Freude, wenn ihr in mancherlei Anfechtungen [od. Prüfungen] geratet, da ihr ja wißt, daß die Bewährung eures Glaubens standhaftes Ausharren bewirkt. Das standhafte Ausharren aber soll ein vollkommenes Werk haben, damit ihr vollkommen und vollständig seid und es euch an nichts mangelt. (…) Glückselig ist der Mann, der die Anfechtung [od. Prüfung] erduldet; denn nachdem er sich bewährt hat, wird er die Krone des Lebens empfangen, welche der Herr denen verheißen hat, die ihn lieben. (Jak 1,2-4.12)

Solche Prüfungen finden wir auch immer wieder im Leben Abrahams, der doch ein Vorbild für unseren Glauben ist. Und wir finden auch auf Abrahams Glaubenwegen, daß er zu Zeiten versagte und auf Abwege geriet. Wie tröstlich ist das für uns, die wir auch oft so geneigt sind, vom Herrn abzuweichen und zu versagen!

Aber Abraham kommt immer wieder auf den Weg Gottes, auf den lauteren Glaubensweg zurück. Darauf kommt es im Endeffekt an! Das sehen wir auch im Leben Davids, der auf der Flucht vor Saul ebenfalls manche Irrwege des Unglaubens beschritt, aber immer wieder zum Herrn zurückkam.

 
 
 

Die Prüfung des Mangels: Hungernsnot in Kanaan

 

Wir lesen in 1Mo 12,10-20:

Danach brach Abram auf und zog immer weiter nach Süden. Da aber eine Hungersnot im Land herrschte, zog Abram nach Ägypten hinab, um sich dort aufzuhalten; denn die Hungersnot lastete schwer auf dem Land. Und es geschah, als er sich Ägypten näherte, da sprach er zu seiner Frau Sarai: Sieh doch, ich weiß, daß du eine Frau von schöner Gestalt bist. Wenn dich nun die Ägypter sehen, so werden sie sagen: Das ist seine Frau! Und sie werden mich töten und dich leben lassen. So sage doch, du seist meine Schwester, damit es mir um deinetwillen gut geht, und meine Seele am Leben bleibt um deinetwillen!


Und es geschah, als Abram nach Ägypten kam, da sahen die Ägypter, daß die Frau sehr schön war. Und als die Fürsten des Pharao sie sahen, priesen sie sie vor dem Pharao. Da wurde die Frau in das Haus des Pharao gebracht. Und es ging Abram gut um ihretwillen; und er bekam Schafe, Rinder und Esel, Knechte und Mägde, Eselinnen und Kamele. Aber der HERR schlug den Pharao und sein Haus mit großen Plagen um Sarais, der Frau Abrams, willen. Da rief der Pharao den Abram und sprach: Was hast du mir da angetan! Warum hast du mir nicht mitgeteilt, daß sie deine Frau ist? Warum hast du gesagt: »Sie ist meine Schwester«, so daß ich sie mir zur Frau nehmen wollte? Und nun siehe, da ist deine Frau; nimm sie und geh! Und der Pharao bestimmte seinetwegen Männer, die ihm und seiner Frau und allem, was er hatte, das Geleit gaben.

Die Hungersnot im Land der Verheißung mußte Abram als schutzlosen Fremdling doppelt hart treffen. Was sollte er tun? Gott hatte ihm gesagt, er solle in Kanaan bleiben, aber die Umstände schienen es nötig zu machen, von dieser Anweisung abzuweichen.

Doch der Glaube sieht Gott in allen Dingen am Werk und weiß, daß Gott auch diese Hungersnot herbeigerufen hat. Das bedeutet auch, daß Er einen Plan hat, wie der Glaubende durch sie hindurchkommt. Der Glaube blickt auf den Herrn, rechnet mit Seiner Allmacht und Gnade und wartet betend auf Wegweisung und Hilfe von Gott, anstatt die Prüfung durch menschliche Auswege bewältigen zu wollen.

 
 
 

Menschliche Umwege

 

Wir lesen nichts davon, daß Abram in dieser Situation den HERRN gesucht und Ihn um Wegweisung gebeten hätte. Er handelt nach menschlichem Gutdünken, wählt den naheliegenden, „vernünftigen“ Weg, anstatt sich auch in dieser Krise ganz auf Gott zu stützen. So geschieht es leider auch uns immer wieder; wir suchen, getrieben durch die Umstände, nach einem menschlichen Ausweg, anstatt innezuhalten und vor Gott stille zu werden.

Der Glaubensweg folgt nicht den Regeln des gefallenen menschlichen Verstandes. Der Menschenverstand sucht sich immer auf das Sichtbare, unter seiner Kontrolle Befindliche zu stützen, und das heißt, er stützt sich auf Fleisch, auf äußere Umstände, auf Diesseitiges. Der Glaube aber stützt sich auf den unsichtbaren Gott und Seine Verheißungen; er geht einen Weg, den sich die Menschenweisheit nicht erdenken kann und den das Fleisch auch nicht betreten kann.

Vertraue auf den HERRN von ganzem Herzen und verlaß dich nicht auf deinen Verstand; erkenne Ihn auf allen deinen Wegen, so wird Er deine Pfade ebnen. (Spr 3,5-6)

Und eine Straße wird dort sein und ein Weg; man wird ihn den heiligen Weg nennen; kein Unreiner wird auf ihm gehen, sondern er ist für sie; die auf dem Weg wandeln, selbst Einfältige, werden nicht irregehen. (Jes 35,8)

Ich will die Blinden auf einem Weg führen, den sie nicht kennen, und auf Pfaden leiten, die ihnen unbekannt sind; ich werde die Finsternis vor ihnen zum Licht machen und das Hügelige zur Ebene. Diese Worte werde ich erfüllen und nicht davon lassen. (Jes 42,16)

Als Gläubige sind wir immer wieder in der Versuchung, uns in schwierigen Situationen auf unseren Verstand zu verlassen und uns auf Fleisch zu stützen, anstatt Gott zu vertrauen und im Glaubensgehorsam Gottes Wege zu gehen. Doch damit laufen wir unserem Herrn aus der Schule und verlieren ein Stück weit die lebendige Gemeinschaft mit Ihm, Seine Kraft und Seinen Beistand (vgl. Jer 17,5-8). So erfuhr es auch Abram, als er durch seinen schwachen Glauben eigene Wege einschlug.

Abram zieht nach Ägypten. Ägypten ist in der Bibel das Bild dieser gottfeindlichen Welt mit ihren materiellen Verlockungen. In Ägypten gab es noch Brot, weil der Nil als Bewässerungsquelle das Ausbleiben des Regens ausgleichen konnte. War es da nicht naheliegend und vernünftig, nach Ägypten zu ziehen? Abram verließ sich auf seinen Verstand statt auf den HERRN, der ihn doch in Kanaan trotz Hungernot hätte erhalten können.

Wie ist es bei uns, wenn wir Mangel leiden? Wenn der Herr unsere Gebete nicht so erhört, wie wir uns das wünschen? Wenn wir in Probleme kommen, die durch einen Schritt scheinbar vernünftiger Selbsthilfe, durch einen Kompromiß mit der Welt, durch eine „kleine“ Ungerechtigkeit scheinbar rasch gelöst werden können? Sind wir nicht auch in Versuchung, uns selbst zu helfen wie Abraham?

Abrams „Umweg“ nach Ägypten brachte ihm großen Schaden ein. Er wurde in Ägypten reich, und unter den Gütern, die er dort ansammelt, wo er nicht im Willen des HERRN war, befand sich auch eine ägyptische Sklavin, die Magd Hagar, die später der Anlaß für weitere Verstrickungen und fleischliche Abwege war. In gewisser Weise ernten die Nachkommen Abrahams heute noch bittere Früchte aus dem Versagen ihres Vorvaters in der nicht endenden Feindschaft der Ismaeliter gegen sie.

 
 
 

Abrams Kleinglaube bringt Sarai in Gefahr

 

Als Abram den von Gott gewiesenen Weg verlassen hat, kommt er in eine weitere Versuchung und Verstrickung hinein. Hier, auf dem feindlichen Gelände, das er gegen Gottes Weisung aufgesucht hat, macht sich ein weiterer Schwachpunkt im Glauben Abrahams bemerkbar. Er hat Angst, wegen seiner auch im fortgeschrittenen Alter immer noch schönen Frau Sarai umgebracht zu werden.

Abram schätzt sicherlich die Gier und Gottlosigkeit der Heidenvölker ganz realistisch ein; aber er rechnet auch hier nicht mit dem allmächtigen Gott, der ihn doch vor solchen Übergriffen bewahren kann, sondern er greift zu einer sehr menschlichen Vorsichtsmaßnahme: Er gibt seine Frau als seine Schwester aus! Das war eine halbe Wahrheit, und dabei doch eine ganze Lüge, und solche Lügen haben schlimme Folgen, wie der weitere Verlauf erweist.

Die Edlen des Pharao sorgen dafür, daß Sarai in den Harem des Pharao gebracht wird. Vordergründig bringt diese Untreue und Lüge Abraham sogar noch Vorteile; er wird reich durch das Wohlwollen der Ägypter (vgl. später seine schöne Haltung gegenüber dem König von Sodom in 1Mo 14,23!). Aber aufgrund seines Unglaubens ist er in der schrecklichen Gefahr, die Verheißung Gottes zu verlieren und sein ganzes Leben geistlich zu ruinieren.

Wenn Sarah die Frau des Pharao geworden wäre, dann wäre durch die List des Satans die Linie des Messias unterbrochen worden! Und wie hat Abram durch seine Eigensucht seine Frau in Gefahr und Entwürdigung gebracht, die doch eine wahre Fürstin und Edle des Glaubens war! Sie ging diese gefährlichen Wege im Gehorsam gegen ihren Mann mit und vertraute Gott, der Wunder tat, um ihre Ehre und eheliche Keuschheit zu beschützen (vgl. 1Pt 3,5-6).

Am Ende muß Abram eine demütigende Lektion von Gott hinnehmen: Ein ungläubiger Götzendiener unterweist ihn, den Mann Gottes, darin, was gerecht und schicklich ist, und tadelt ihn zu Recht wegen seiner Sünde. Er muß unter einem nicht sehr ehrenhaften Geleit das Land verlassen, das er im Eigenwillen und Unglauben aufgesucht hatte. Abram mußte lernen, daß Unglaubens- und Ungehorsamswege für den Gläubigen immer einen Fallstrick bedeuten und ihn zu weiteren Sünden verleiten. Nur durch Gottes gnädiges Eingreifen kommt er ohne größeren Schaden aus dieser Bedrängnis heraus.

Es ist traurig, daß er später, im Philisterland, noch einmal genau denselben unehrlichen Schachzug anwendet und dieselbe demütigende Lektion lernen muß. Aber so ist es, wenn wir bei Gott in der Glaubensschule sind: Lektionen, die wir nicht gelernt haben, müssen wir wiederholen, bis sie verstanden und beherzigt worden sind.

So wurde nun Abram auf dem Weg zurück geleitet zu dem Platz, wohin Gott ihn eigentlich haben wollte – nahe bei Bethel, dem Haus Gottes, dort, wo Abram seinen Altar errichtet und Gott angebetet hatte (1Mo 13,1-4):

Und Abram zog mit seiner Frau und mit allem, was er hatte, auch mit Lot, von Ägypten hinauf in den Negev. Und Abram war sehr reich geworden an Vieh, Silber und Gold. Und er zog weiter von einem Lagerplatz zum anderen, vom Negev her bis nach Bethel, bis zu dem Ort, wo sein Zelt zuerst gestanden hatte, zwischen Bethel und Ai, an die Stätte des Altars, den er dort zuerst errichtet hatte; und Abram rief dort den Namen des HERRN an.

Jetzt erst wieder, wo Abraham wieder im Gehorsam steht, kann er auch den Namen des HERRN anrufen. Auf verkehrten Wegen wird auch unsere lebendige Beziehung zum Herrn getrübt und verhindert.

Anbetung ist nur möglich, wenn wir im Glaubensgehorsam leben. Anbetung ist auch nur möglich, wo es einen Altar gibt, auf dem wir letztlich unser Selbstleben in den Tod geben und Gott opfern dürfen, damit Er in unserem Leben groß wird und zum Ziel kommt. Abraham hat die Prüfung trotz manchen Versagens durch Gottes Gnade bestehen dürfen und wurde aus der Abweichung vom Glaubensweg wiederhergestellt. Er geht im Glauben weiter.

 
 
 
Dieser Beitrag ist ein gekürzter Auszug aus der ausführlicheren Schrift von Rudolf Ebertshäuser Abraham und Lot – zwei Glaubende auf gegensätzlichen Wegen. Geistliche Lektionen aus dem Alten Testament für unser Verhältnis zu dieser Welt.
 
 

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Bibelauslegungen von Rudolf Ebertshäuser
 
 
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