In meinem Buch Zerstörerisches Wachstum und in späteren Veröffentlichungen habe ich auf die problematischen Entwicklungen hingewiesen, die den „progressiven“, „kulturrelevanten“ Flügel der Brüdergemeinden kennzeichnen und immer weiter in Richtung der Charismatik und Ökumene treiben. Diese traurige Abwärtsentwicklung dieses neo-evangelikalen „Wiedenest“-Flügels der Brüderbewegung geht beständig weiter und treibt immer neue Blüten. Zu diesem Flügel gehören leider nicht nur das Werk „Forum Wiedenest“ und die im Baptistenbund beheimaten „Bundes-Brüdergemeinden“ der AGB, sondern auch einige Gemeinden aus dem Kreis der „freien Brüder“ sowie besonders Teile der hauptamtlichen Mitarbeiter, insbesondere Lothar Jung, der als Vorsitzender der Stiftung der Brüdergemeinden eine nicht unerhebliche Machtstellung innehat, und die von ihm geprägten Mitarbeiter der „Christlichen Jugendpflege“.

 

 

Forum Wiedenest: Vorreiter in Sachen Charismatik und Ökumene

 

Das Werk „Forum Wiedenest“ spielt seit langem eine Vorreiterrolle bei der Einführung verführerischer Trends und Lehren in die Kreise der „Brüderbewegung. Wir hatten in einem Artikel darüber berichtet, daß sie auf ihrem Männertag 2016 den extremcharismatischen Katholiken Dr. Johannes Hartl einluden. 2017 war der ebenfalls aktive charismatische Baptistenpastor Stefan Vatter, Leiter der charismatischen Gemeindeerneuerung im Bund Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden (Baptistenbund) der Referent auf dem Männertag.

2018 wurde dann der Gründer und Pastor der evangelischen Freikirche ICF (International Christian Fellowship/Internationale Christliche Gemeinschaft), Leo Bigger (Zürich) eingeladen. Er ist ebenfalls betont charismatisch, zugleich aber auch ein sehr effektiver Befürworter missional-kulturrelevanter Gemeindegründungen. Das ICF hat auch in Deutschland mit verführerischen Trendgemeinden großen Erfolg, die sich vor allem durch professionellen Rock- und Pop-„Lobpreis“ auszeichnen und ein humanistisch verwässertes Pseudo-Christentum predigen.

 

 

ICF und Hillsong als Vorbilder?

 

Ganz offenkundig meinen die Verantwortlichen in „Wiedenest“, das ICF habe eine Vorbildfunktion für ihre Vision von Brüdergemeinden. Interessant ist, daß der langjährige Jugendleiter von Wiedenest, Markus Kalb, 2016 mit dem Segen der Leitung zum ICF wechselte, um sich dort als „Gemeindegründer“ zu betätigen.

Ein Artikel eines jüngeren Gemeindeleiters einer AGB-Gemeinde in Ostdeutschland gibt einen kleinen Einblick, wie manche „kulturrelevant“ ausgerichteten neuen Brüdergemeinden ticken. Dave Porsche, einer der Leiter der „Relationship Gera“, äußerte in einem Artikel in der brüdergemeindlichen Zeitschrift „Perspektive“ seinen Unmut über die verkrusteten Strukturen und mangelnde Lebendigkeit in vielen Brüdergemeinden. Daran mag vieles Wahre sein, aber Porsche nimmt solche scheinbaren oder tatsächlichen Mißstände als Aufhänger, um für sehr fragwürdige „Neuerungen“ zu werben.

U.a. greift er die sehr berechtigte Warnung besonnener Brüder vor der charismatischen „Lobpreis-Musik“ an und mahnt Offenheit für Neues an. Wohin diese Reise geht, zeigt sich daran, daß er zweimal die ICF-Bewegung als Vorbild für positive Neuerungen hinstellt, einmal im gleichen Atemzug mit der eng verwandten charismatischen „Hillsong“-Bewegung, von deren dynamischer Ausbildung junger Leiter („Leiterschaftspipeline“) man lernen solle. Außerdem nennt er als Vorbild die missional-kulturrelevante Gemeindegründungsinitiative der FEGs.

Wenn man die Webseite von „Relationship Gera“ anschaut, sieht man, daß dort tatsächlich viele Konzepte von „Hillsong“ und „ICF“ zu kopieren versucht. Man findet dort einen deutlichen Schwerpunkt auf Rock- und Pop-„Lobpreis“, oberflächliche Predigten und nichtssagende Sprüche:

„Relationship Gera – Zuhause bei Gott dem Vater“

„Vision – 01 Gott: Wir träumen von einer Gemeinde, die GOTT Ehre macht und ihn anbetet. 02 Menschen: Wir träumen von einer Gemeinde, in der MENSCHEN Gott begegnen, verändert werden und ihre Berufung finden. 03 Gera: Wir träumen von einer Gemeinde, die ein GÖTTLICHES ZUHAUSE für viele Menschen aus Gera ist.“

Das „Glaubensbekenntnis“ dieser „Community“ ist ausgesprochen nichtssagend und offen nach allen Seiten: „Wir glauben an die christlichen Lehren, die im apostolischen Glaubensbekenntnis fixiert sind, und verstehen uns als ein Teil des weltweiten Leibes Christi, der durch die verschiedenen Denominationen sichtbar wird. Dabei sind wir keine perfekten Menschen, wollen aber ein Ort sein, an dem Vergebung und Nächstenliebe in der Stadt Gera gelebt wird. Wir lehnen eine Überbetonung von bestimmten Lehren ab, wissen aber, dass unsere Erkenntnis immer bruchstückhaft ist.“

 

 

„Glaube ist denkbar“ mit katholischen Referenten

 

Am 15. – 17. Februar 2019 fand eine Wiedenester Tagung unter dem Titel „Glaube ist denkbar“ statt, die sich offensichtlich an ein eher intellektuelles Publikum wenden sollte. Neben dem Hochschuldozenten Dr. Thomas Kotulla, dessen geistliche Orientierung nicht klar erkennbar ist, wurden zu dieser Tagung zwei bekennende Katholiken eingeladen, die zwar auch einen Doktortitel und einigen Bekanntheitsgrad haben, aber sehr fragwürdige Auffassungen vertreten.

* Dr. Manfred Lütz (geb. 1954) ist Psychiater, Psychotherapeut und römisch-katholischer Theologe, ein gefragter Buchautor und überdies ein hochrangiger Berater des Vatikan. Dazu Wikipedia: „Von Papst Johannes Paul II. wurde Lütz 2003 zum Konsultor der Kongregation für den Klerus ernannt. Im gleichen Jahr organisierte er einen Kongress zum Thema ‚Missbrauch von Kindern und Jugendlichen durch katholische Priester und Ordensleute‘ im Vatikan. (…) Lütz selbst war unter drei Päpsten bis 2016 Mitglied des Päpstlichen Rates für die Laien. Er wirkte beratend an der Erstellung des Jugendkatechismus Youcat mit. Er war seit Beginn der 2000er Jahre korrespondierendes, ab 2004 ordentliches Mitglied der Päpstlichen Akademie für das Leben, in deren Direktorium er im März 2005 für die Amtsperiode bis 2010 berufen wurde.“ In seinem neuesten Buch „Der Skandal der Skandale. Die geheime Geschichte des Christentums“ hat er einige sehr umstrittene Aussagen gemacht, welche die Irrtümer und Verbrechen der römischen Kirche verharmlosen.

* Dr. Günther Bechly ist ein Naturwissenschaftler, der Zweifel an dem Weltbild der Evolution äußerte und inzwischen zum römischen Katholizismus konvertiert ist. Der Experte für Paläontologie stellte die unbewiesenen Behauptungen der Evolutions-Ideologie erstmals in Frage, als der sich mit Literatur von Wissenschaftlern befaßte, die die Theorie vom Intelligent Design vertraten. Seine diesbezüglichen Bedenken und Einwände sind sicherlich stichhaltig, aber als Vorbild für biblischen Glauben taugt der Katholik dennoch nicht. In einem Artikel der Zeitschrift PRO heißt es über seine Überzeugungen in bezug auf Schöpfung: „Hinsichtlich der Schöpfungsgeschichte in den ersten elf Kapiteln des Buches Genesis hält Bechly die wörtliche Deutung der Kurzzeitkreationisten für verfehlt und vertritt die Ansicht, es handele sich um eine mythopoetische Vorgeschichte für das Volk Israel, deren göttliche Wahrheit in einer subtileren spirituellen Deutungsschicht zu finden sei.“ Das heißt, Bechly folgt einer bibelkritischen Umdeutung des inspirierten Schöpfungsberichts – aber das scheint für die Verantwortlichen von Wiedenest kein Hindernis gewesen zu sein, ihn einzuladen.

Die Berufung von zwei katholischen Referenten folgt dem unguten Vorbild weiter Kreise der Evangelischen Allianz. Immer öfters werden dem evangelikalen Publikum bekennende, kirchentreue Katholiken, die verschiedenen Irrlehren und einem falschen Evangelium anhängen, als vorbildliche Glaubenszeugen vorgestellt. So werden allmählich die evangelischen Maßstäbe aufgelöst und die Öffnung der Evangelikalen für die unbiblische Ökumene gefördert.

Daher bezeuge ich dir ernstlich vor dem Angesicht Gottes und des Herrn Jesus Christus, der Lebendige und Tote richten wird, um seiner Erscheinung und seines Reiches willen: Verkündige das Wort, tritt dafür ein, es sei gelegen oder ungelegen; überführe, tadle, ermahne mit aller Langmut und Belehrung! Denn es wird eine Zeit kommen, da werden sie die gesunde Lehre nicht ertragen, sondern sich selbst nach ihren eigenen Lüsten Lehrer beschaffen, weil sie empfindliche Ohren haben; und sie werden ihre Ohren von der Wahrheit abwenden und sich den Legenden zuwenden. Du aber bleibe nüchtern in allen Dingen, erdulde die Widrigkeiten, tue das Werk eines Evangelisten, richte deinen Dienst völlig aus! (2Tim 4,1-5)

 

Quellen:

https://das-wort-der-wahrheit.de/2015/11/forum-wiedenest-laedt-katholischen-extremcharismatiker-johannes-hartl-zum-maennertag-ein/

Dave Porsche: „Brüdergemeinden – wo geht es hin?“, in: Perspektive 03/2018, S. 44-45.

http://relationship-gera.de/#vision (abgerufen 25. 2. 2019)

https://de.wikipedia.org/wiki/Manfred_L%C3%BCtz (abgerufen 25. 2. 2019)

Jörn Schumacher: „Ich wurde Christ, weil ich Wissenschaftler bin“, in: PRO  – Christliches Medienmagazin, 6-2017, S. 16-17.

 

Zu diesem Thema können Sie auf unserer Webseite lesen:

„Missional“ und „gesellschaftsrelevant“: Neue Gemeindebewegungen im Überblick

Kompakt-Information Neue Gemeindebewegungen

Kompakt-Information Emerging Church

Die Ökumenebestrebungen in der Endzeitchristenheit

 

 

 

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