Der neue Sympathie-Botschafter der römischen Kirche für die deutschsprachigen Evangelikalen, Dr. Johannes Hartl, bekam die Gelegenheit, in IdeaSpektrum 25-2018 unter den Allianzchristen ausführlich für seine Positionen zu werben. Das ist nicht so erstaunlich, da gewisse katholische Persönlichkeiten immer häufiger ein verständnisvolles und positives Forum in diesem mit der Deutschen Evangelischen Allianz verbundenen Nachrichtenmagazin finden. Eher erstaunlich ist, daß der Interviewer, Karsten Huhn, einige Äußerungen aus meiner Stellungnahme zu Johannes Hartl (Johannes Hartl: ein katholischer Charismatiker verzaubert die Evangelikalen) anführte und Dr. Hartl die Gelegenheit gab, dazu Stellung zu nehmen. Dem Interview wurde der werbende und verharmlosende Titel gegeben: „Ich liebe die Evangelikalen“.

Das Idea-Interview mit Dr. Hartl ist sehr lehrreich und sollte von allen Evangelikalen gründlich studiert werden. Es zeigt, wie geschickt gewisse Vertreter der römischen Kirche sich ihnen anbiedern und dabei vergessen machen wollen, daß die katholische Kirche nach wie vor für ein falsches Evangelium, für einen anderen („eucharistischen“) Jesus steht und von einem anderen Geist geleitet wird (vgl. 2Kor 11,2-5). Luther wußte das noch – heute wird das alles vernebelt.

Das Interview zeigt aber auch, wie oberflächlich und nachlässig Dr. Hartl argumentiert, wenn ihm biblische Einwände vorgehalten werden (übrigens: die Kritik, auf die Idea sich bezieht und die auf dieser Webseite zu lesen ist, wurde gar nicht als Quelle angeführt; die Quellenangabe hätte eigentlich dazugehört). Hartl arbeitet viel mit Ironie und Sarkasmus, anstatt ernsthaft auf biblische Argumente einzugehen. Immer wieder bemüht er fragwürdige Erkenntnisse der Psychologie, anstatt geistlich Farbe zu bekennen.

Wenn es um die Auslegung biblischer Wahrheit geht, dann bleibt Hartl ausgesprochen oberflächlich und bringt banale und irreführende Argumente, verbunden mit einer recht unsachlichen Polemik gegen seine bibeltreuen Kritiker. Auf der anderen Seite merkt man, daß ihn die kritischen Anfragen und Warnungen bibeltreuer und konservativer Christen schon stören und zu bissigen Angriffen reizen.

Weil die im Interview angeschnittenen Fragen von einiger Bedeutung sind und die Aussagen Dr. Hartls für wach gebliebene Evangelikalen doch recht aufschlußreich sind, möchte ich zu dem Interview noch einmal kritisch Stellung beziehen und auf die Argumente Dr. Hartls aus bibeltreuer Sicht antworten.

 

 Die ökumenische Verführungsrolle von Johannes Hartl

 

Idea steigt dramatisch in das Interview ein: „Herr Hartl, Sie sind ein Protestantenschreck!“ Darauf antwortet Hartl mit einer rhetorischen Finte: anstatt sachlich auf die Aussage einzugehen, versucht er die Kritik durch eine bewußte Überspitzung zu umgehen: „Auf jeden Fall! Für manche bin ich ein doppelt gehörnter Satan.“ Nun, das hat m. W. keiner seiner Kritiker je behauptet; aber verschiedene Brüder haben zu recht festgestellt, daß er ein Verführer ist, der insbesondere versucht, die Evangelikalen für eine Annäherung an die römisch-katholische Kirche zu gewinnen.

Dieser unbestreitbar zutreffenden Kennzeichnung geht er aus dem Weg, indem er seinen Gegnern überzogene Ansichten unterstellt und sich selbst als Opfer inszeniert. Er charakterisiert sich so: „Ich bin ein Jesus liebender Christ, aber eben auch Charismatiker und Katholik – ich bediene also gleich zwei Feindbilder. Das ruft konfessionelle Kontrollverlustängste auf den Plan.“ Auf weitere Nachfrage gibt er die ironische Erklärung ab: „Es wäre ja furchtbar, wenn wir herausfänden, daß es allen Christen – also auch Charismatikern und Katholiken – um Jesus Christus geht. Dann könnten wir uns gar nicht mehr gegenseitig bekriegen. Sehr viel von unseren Abgrenzungskriegen ist der Unsicherheit unserer eigenen Identität geschuldet. Wenn sie angegriffen wird, reagieren wir panisch. Wie wäre es denn, wenn wir herausfänden, daß es allen Christen um Jesus Christus geht?“

 

Die nötige Wachsamkeit in den Verführungen der letzten Zeit

Mit diesen psychologischen Deutungen umgeht Hartl geschickt eine geistliche Klärung der wirklichen Fragen, um die es geht. Das Kernproblem ist, daß uns die Bibel ernst warnt vor religiöser Irreführung im Namen Jesu Christi, gerade in der Endzeit, in der wir leben: „Habt acht, daß euch niemand verführt! Denn viele werden unter meinem Namen kommen und sagen: Ich bin der Christus! Und sie werden viele verführen“ (Mt 24,4-5).

Gottes Wort warnt uns vor falschen Propheten, die falsche Wunderzeichen tun: „Denn es werden falsche Christusse und falsche Propheten auftreten und werden große Zeichen und Wunder tun, um, wenn möglich, auch die Auserwählten zu verführen“ (Mt 24,24). Es warnt uns, daß die Verführer eine anderen, falschen Jesus, ein anderes Evangelium und einen anderen Geist bringen:

Ich fürchte aber, es könnte womöglich, so wie die Schlange Eva verführte mit ihrer List, auch eure Gesinnung verdorben [und abgewandt] werden von der Einfalt gegenüber Christus. Denn wenn der, welcher [zu euch] kommt, einen anderen Jesus verkündigt, den wir nicht verkündigt haben, oder wenn ihr einen anderen Geist empfangt, den ihr nicht empfangen habt, oder ein anderes Evangelium, das ihr nicht angenommen habt, so habt ihr das gut ertragen. (2Kor 11,3-4)

Deshalb werden wir aufgefordert, nüchtern und wachsam zu sein und nicht jedem hinterherzulaufen, der sagt: „Ich bin evangelikaler Christ und liebe Jesus“. Wir werden aufgefordert: „Geliebte, glaubt nicht jedem Geist, sondern prüft die Geister, ob sie aus Gott sind! Denn es sind viele falsche Propheten in die Welt ausgegangen“ (1Joh 4,1). Das haben ernste Christen schon früher getan, und ein Ergebnis davon ist die „Berliner Erklärung“, in der führende Evangelikale vor über 100 Jahren ernstlich bezeugten, daß in der Pfingstbewegung ein falscher, irreführender Geist von unten wirkt. Ebenso waren viele frühere Evangelikale sich einig, daß die römische Kirche eine gefährliche Verführungsmacht darstellt – man denke nur an Spurgeon.

Hier geht es also nicht um Psycho-Probleme wie „Feindbilder“ oder „Unsicherheit in unserer Identität“ – es geht darum, daß wir, wenn wir geistlich überleben wollen, alle Strömungen in der heutigen Christenheit prüfen und uns von allen verführerischen Lehren fernhalten müssen – und dazu gehören sowohl die katholische Kirche als auch die Pfingst- und Charismatische Bewegung!

Wir müssen fragen: Welchen Jesus verkündigst du uns? Bringst du die gesunde Lehre der Bibel oder falsche Lehren, womöglich Lehren von Dämonen (1Tim 4,1)? Bist du ein Verkündiger des biblischen Wortes oder ein falscher Prophet, der irrgeistige Neuoffenbarungen an den Mann bringen will (2Pt 2,1-3)? Ist der Geist, der dich treibt, der echte Geist Gottes oder ein „verführerischer Geist“ (1Tim 4,1)?

Und da müssen wir offen und deutlich bekennen, was die Reformatoren glasklar bezeugten, und was die modernen Evangelikalen nicht mehr deutlich sehen: Der Irrglaube der katholischen Kirche folgt einem falschen Geist (1Tim 4,1-3!), verkündet einen falschen („eucharistischen“) Jesus und ein falsches Evangelium der Rettung aus Sakramenten und Werken. Die römische Kirche ändert ihr Wesen nicht und auch nicht ihre fundamentalen Irrlehren. Sie ist immer noch in prophetischer Sicht die Hure Babylon, welche die Völker verführt (Offb 17,1-11).

 

Die ökumenische Vereinnahmungstaktik Roms

Dr. Hartl bekennt sich klar und unzweideutig zu den fundamentalen Irrlehren der römischen Kirche; sein zuständiger Bischof hat extra vor kurzem seine „Rechtgläubigkeit“ im römisch-katholischen Sinne und die des „Gebetshauses“ in Augsburg bezeugt. Zugleich gebraucht er alle möglichen Kniffe im Dienste der Kirche, um sich einen „evangelikalen“ Anstrich zu geben und die geistlich orientierungslosen Evangelikalen davon zu überzeugen, Rom habe sich seit den Tagen der Reformation und Gegenreformation geändert. Die römische Kirche hat sich in ihrem Kern aber nicht geändert, sie hat nur seit dem II. Vatikanischen Konzil ihre Taktik geändert.

Sie versucht seitdem, die Protestanten und in letzter Zeit ganz besonders die Evangelikalen als „getrennte Brüder“ zu umgarnen und zu umwerben und ihnen einzureden, daß es doch eigentlich gar keine nennenswerten Gegensätze mehr zwischen Evangelischen und Katholischen gebe, daß die Spaltung der Reformation ein sündhafter Irrtum gewesen sei, daß man dringend wieder „eins“ werden, gemeinsam „evangelisieren“ müsse usw. Der neue Papst Franziskus ist ein Meister in dieser Umarmungstaktik, was bei seiner jesuitischen Herkunft wenig verwunderlich ist.

Und Johannes Hartl segelt offenkundig geschickt im Kielwasser seines obersten „Hirten“ und umgarnt die deutschen Evangelikalen mit erstaunlichem Erfolg. Man kann ihm durchaus abnehmen, was er beteuert, daß er nämlich Christen nicht zu einem direkten „Konfessionswechsel“ überreden wolle. Das ist auch gar nicht die Taktik seiner Kirche, es wäre zu plump und abschreckend.

Nein, es geht Rom und auch Hartl um einen Abbau von biblischen Vorbehalten und um eine schrittweise Vereinnahmung in einer großen „ökumenischen Einheit“, und dabei macht man heute gewaltige Fortschritte, nicht zuletzt, weil die heutigen evangelikalen Führer keine biblischen Glaubensgrundsätze mehr haben und selbst danach verlangen, Rom immer näher zu kommen.

Zu der Vereinnahmungsstrategie gehört auch dazu, daß katholische und modern-evangelikale Sprecher die wenigen bibeltreuen Warner als unglaubwürdig und nicht ernst zu nehmen abstempeln, um das Fußvolk in Sicherheit zu wiegen. So sind Hartls Äußerungen über die Ökumenekritiker zu verstehen, die er in dem Interview als krankhaft auf Abgrenzung bedachte, psychisch instabile Extremisten hinstellt. Er unterstellt ihnen „Feindbilder“, was den Eindruck erwecken soll, eigentlich seien ja Charismatiker und Katholiken völlig harmlos, nur überspannte Leute könnten sie als problematisch einordnen. Oder Machtmenschen, welche nervös werden, wenn evangelikale Schäfchen sich mit Katholiken oder Charismatikern anfreunden, und die dann „konfessionelle Kontrollverlustängste“ bekommen.

Hartls subtile Botschaft lautet: Leute, werdet locker, verliert eure krankhaften Ängste, laßt uns doch zusammenkommen, uns allen geht es schließlich „um Jesus“! Die Abgrenzungen von Evangelischen und Katholiken sind doch unnötig und von gestern, sündhafte Spaltungen; in Wirklichkeit gehören wir alle zusammen! Ich bin doch auch ein Evangelikaler! Ich liebe euch!

Er hat damit so viel Erfolg, weil so viele heutige Evangelikale ihr geistliches Erbe weitgehend vergessen haben und weder in der Bibel fest gegründet sind noch etwas von der blutigen Geschichte und den finsteren Machtansprüchen der römischen Kirche wissen. Sie haben oftmals selbst nur ein verwässertes, verdrehtes Evangelium gehört und können daher den tödlichen Unterschied zwischen dem biblischen Evangelium und dem falschen Evangelium Roms nicht erkennen. Sie haben keine geistliche Unterscheidungsfähigkeit mehr und sind auch nicht mehr dazu in der Lage, für den ein für allemal überlieferten Glauben zu kämpfen (Jud 1,3).

 

Wie Hartl extremcharismatische Praktiken und Lehren verharmlost

 

Der zweite Punkt, auf dem im Interview ziemlich ausführlich eingegangen wurde, betrifft die gefährlichen extremcharismatischen Irrlehren, die Hartl befürwortet und umsetzt. Hier kamen einige Punkte aus meiner Stellungnahme zu Johannes Hartl zur Sprache, die der Interviewer Karsten Huhn eigentlich recht sachlich wiedergab.

Dr. Hartl schmetterte diese biblisch begründeten Einwände bemerkenswert oberflächlich und unglaubwürdig ab. Er argumentierte kaum mit der Bibel, sondern setzte sein Arsenal an Ironie und Sarkasmus ein, um dem ernsten Kern der angeschnittenen Fragen auszuweichen. Weil diese Punkte immer wieder in der Auseinandersetzung mit Charismatikern eine Rolle spielen, will ich hier etwas ausführlicher auf sie eingehen.

 

Johannes Hartl und das unbiblische Plappern

Karsten Huhn sprach zunächst über charismatische Gebetspraktiken und bezog sich auf meine Stellungnahme (ich führe sie ungekürzt an): „Einer dieser Irrtümer ist die heidnische Vorstellung, daß Gott durch viele, ständig wiederholte Worte beeindruckt würde. Wir kennen das Wort unseres Herrn: „Und wenn ihr betet, sollt ihr nicht plappern wie die Heiden; denn sie meinen, sie werden erhört um ihrer vielen Worte willen. Darum sollt ihr ihnen nicht gleichen! Denn euer Vater weiß, was ihr benötigt, ehe ihr ihn bittet“ (Mt 6,7-8).“

Hartl antwortet zunächst mit dem Hinweis, daß er seiner Frau schon viele Male gesagt habe, daß er sie liebe, und daß das nicht heidnisch sei. Das ist aber absolut kein Argument in dieser Frage. Interessant wäre, ob er das seiner Frau jeweils 10mal innerhalb von 10 Minuten gesagt hat – wahrscheinlich eher nicht. Das nächste Beispiel ist schon interessanter: „Wenn Fußballfans ihre Mannschaft anfeuern, rufen sie auch immer wieder denselben Schlachtruf aus oder wiederholen ihre Gesänge. Nicht weil die Mannschaft sie beim ersten Mal nicht gehört hat, sondern weil Anfeuerungsrufe unserem Inneren entsprechen“. Hier macht Hartl seine wahrhaft heidnischen Anschauungen offenbar. Die Wiederholungen sollen die Leute in Stimmung bringen, bis sie in Ekstase fallen wie Fußballfans – da ist leider etwas Wahres dran!

Als Huhn noch einmal auf das von mir angeführte Bibelwort Mt 6,7-8 zu sprechen kommt, weicht Hartl dem für alle offenkundigen Sinn dieses Wortes aus und bringt eine völlig verdrehte Deutung: „Jesus kritisiert hier nicht das Wiederholen von Gebeten, sondern das äußere Zurschaustellen in der Hoffnung, bei Gott dadurch etwas zu erreichen“. Das ist einfach unwahr; der Herr zielt auf die „vielen Worte“, die die Heiden machen, und das Wort „plappern“ wird z.B. in der King James Bibel so wiedergegeben: „benutzt keine nichtigen Wiederholungen wie die Heiden“.

Daß einige wenige Psalmen bestimmte Wendungen wiederholen, ist natürlich jedem aufmerksamen Bibelleser bekannt. Das ist etwa im Psalm 118 der Fall, wo der Ausruf „Ja, seine Gnade währt ewiglich“ mehrfach wiederholt wird; auch in Psalm 107 und 136 finden wir Ähnliches. Das hängt hier offenkundig damit zusammen, daß in diesen Liedern die Kunstform des Wechselgesangs eingesetzt wurde. Wiederholt wird dort allerdings ein Bekenntnis über Gott, aber kein Bittgebet zu Gott. Im Psalm 119, den Hartl anführt, kann man solche Wiederholungen gar nicht finden.

 

Magische Glaubenstechniken

Als nächstes wird ein weiterer Vorwurf von mir im Interview angesprochen (den ich wieder im vollen Wortlaut zitiere):

Ein weiterer Irrtum besteht darin, daß die charismatischen „Beter“ die „Vollmacht“ für sich beanspruchen, durch „Proklamationen“ und „Bekenntnisse“ sogenannte „geistliche Realitäten“ zu verändern und das von ihnen Gewünschte „in Existenz zu sprechen“. Diese von der Irrlehre des „positiven Bekenntnisses“ und der „schöpferischen Macht unserer Worte“ gesteuerte Praxis ist im Kern ein magisches Mißverständnis und kein biblisches Gebet.

Es ist aufschlußreich, was Dr. Hartl zu diesem Vorwurf antwortet. Er bestreitet gar nicht, so etwas zu praktizieren, aber er begründet es nicht sauber von der Bibel her (was er auch nicht kann), sondern unterstellt seinen Kritikern etwas, das sie nie behauptet haben, um sie unglaubwürdig zu machen:

Dann unterlag offensichtlich auch Jesus einem magischen Mißverständnis, als er in der Bergpredigt sagte: „Bittet, so wird euch gegeben, suchet, wo werdet ihr finden; klopfet an, so wird euch aufgetan“ (Matthäus 7,7). Falsch lag dann auch der Apostel Paulus, der in 2. Korinther 10 schreibt, daß es Mächte gebe, die sich gegen die Erkenntnis Christi auftürmen. Der Glaube, daß es geistliche Realitäten gibt, ist biblisch verankert und den meisten Christen weltweit vertraut, nur den rationalen Westeuropäern nicht. Mir ist aufgefallen, daß auch viele Evangelikale extrem vom Intellekt gesteuert sind.

Diese Antwort liegt völlig daneben. Kein bibeltreuer Christ wird leugnen, daß es geistliche Realitäten, auch Finsternismächte in der unsichtbaren Welt gibt. Die entscheidende Frage ist nicht, ob es sie gibt, sondern wie wir uns ihnen gegenüber verhalten! Bibeltreue Gläubige setzen auf das Gebet zu Gott und beten, daß der Herr Sieg für das Evangelium gibt, Menschen zur Umkehr führt, die Obrigkeit leitet – aber sie erliegen nicht dem charismatischen Irrglauben, daß ihr eigenes „Wort des Glaubens“, ihr eigenes „positives Bekenntnis“ die Macht hätte, in der unsichtbaren Welt Dinge zu bewirken! Deshalb ist Mt 7,7 hier überhaupt kein Argument, genausowenig 2. Korinther 10.

Die extremen Charismatiker werden dazu verführt, zu „beten“ (besser: magisch zu proklamieren): „Wir setzen den Geist frei! Wir setzen das Reich Gottes / Erweckung frei! Ich setze Reichtum und Erfolg für mich frei! Ich bekenne, daß ich geheilt bin!“. Das ist praktizierte Magie, wie ich in meiner Ausarbeitung “Wort des Glaubens” und “Positives Bekenntnis”: Falsche “Glaubens”lehren bei Charismatikern gezeigt habe. Der Satan verleitet diese Leute und sagt ihnen: „Du bist wie Gott! Dein eigenes Bekenntnis hat schöpferische und verändernde Macht! Du spricht im Glauben aus, und es geschieht!“ Das ist genau das Gegenteil von gläubigem Gebet, das immer ein Bitten zu Gott ist, aus der Abhängigkeit von Gott heraus.

 

Geistliche Kriegsführung gegen die Finsternismächte?

Der nächste Punkt, den der Interviewer anspricht, sind magische Proklamationen an Finsternismächte: „Eng verwandt damit ist die Irrlehre, Christen müßten sich mit Proklamationen und Gebieten an Finsternismächte wenden, diese binden und ihnen befehlen, wegzugehen oder Menschen freizugeben. Das ist im Kern Spiritismus, wie ich an anderer Stelle gezeigt habe“. Darauf antwortet Hartl: „Das ist im Kern Befreiungsdienst! Jesus Christus lehrt es selbst im Vaterunser, wo es heißt: ‚Befreie uns von dem Bösen!‘ Er gebot Mächten und band sie. Ich sehe in der Bibel nirgendwo einen Hinweis, daß dies nicht Bestandteil von Gebeten sein dürfte.“

Auch an diesem Punkt wirft Hartl Dinge durcheinander. Es ist ein große Unterschied, ob ich zu Gott bete: „Befreie mich vom Bösen!“, oder ob ich als Christ die Finsternismächte selbst anspreche und versuche, ihnen zu gebieten! Es ist unstrittig, daß der Herr selbst dies getan hat und die Apostel es auf Seine Aufforderung hin auch taten. Das war Bestandteil der Wunderzeichen, die den Herrn Jesus als Messias beglaubigen sollten.

Bibeltreue Christen argumentieren damit, daß wir nicht berufen sind, heute die apostolischen Wunderzeichen der Anfangszeit fortzuführen. Diese Zeichen waren laut Hebr 2,3-4 auf den Herrn selbst und Seine Apostel („die ihn gehört haben“) beschränkt. Als unser Herr in Matthäus 10 Seinen Jüngern den Auftrag gibt: „Heilt Kranke, reinigt Aussätzige, weckt Tote auf, treibt Dämonen aus!“ (V. 8), da sagt Er auch dazu: „Begebt euch nicht auf die Straße der Heiden und betretet keine Stadt der Samariter; geht vielmehr zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel“ (V. 5-6). Das zeigt die heilsgeschichtliche Beschränkung dieses Auftrages, den wir so nicht mehr haben.

Abgesehen von dieser apostolischen Sondervollmacht ist aber das Ansprechen, Binden oder Austreiben von Geistern eine spiritistische Okkultsünde, wie uns 5Mo 18,9-12 lehrt. Das habe ich ausführlich in meiner Schrift Die falsche “geistliche Kriegsführung” bei den Charismatikern sowie in der Ausarbeitung Heute Dämonen austreiben? Der trügerische “Befreiungsdienst” der Charismatiker gezeigt. Daß Hartl dann auch noch die Absage an den Teufel in der katholischen Tauftradition anführt, zeigt, wie tief katholisch dieser angebliche „Evangelikale“ denkt.

 

Charismatischer „Lobpreis“ als Ekstasetechnik

Als letztes führte Karsten Huhn noch meine Anmerkung über den charismatischen „Lobpreis“ an: „Wesentlich für die charismatischen ‚Gebetsbewegungen‘ sind die Irrlehren über ‚Lobpreis und Anbetung‘, eine charismatische Praxis, die durch euphorisierend wirkende Rock- und Popmusik die ‚Beter‘ in Ekstase versetzt und ein heidnisches Ritual darstellt, das Gott ein Greuel ist und Verführungsgeister ‚freisetzt‘“. Die Antwort Hartls darauf lautet:

Dann müßte er [Ebertshäuser] ebenso die Tempelgottesdienste 1.000 Jahre vor Christus kritisieren, bei denen Hunderte von Sackpfeifen und Hörner erklangen. Wir würden uns wundern, wenn wir heute den Lobpreis von König David hören würden – der war mit Sicherheit ekstatischer als der Gesang in einer Brüdergemeinde. Wir haben uns in Europa an einen bestimmten klassischen Musikstil gewöhnt. Aber schon in Afrika wird völlig anders Gottesdienst gefeiert. Da wird in Gottesdiensten gejubelt und getanzt. Ich denke: Ästhetische Urteile sollten nicht unnötig theologisch aufgeladen werden.

Es scheint, daß Hartl die Bibel nur noch durch seine charismatische Brille lesen kann. Wir alle wissen, daß in den Gottesdiensten des Tempels auch Musikinstrumente eingesetzt wurden. Doch die Loblieder der Hebräer, auch des Königs David, waren ganz sicher nicht „ekstatisch“ in dem Sinn, wie es der endzeitliche Pop- und Rock-„Lobpreis“ der Charismatiker ist. Es gab dort keine Rock-Schlagzeuger und E-Gitarren, keine Lichtorgeln und Nebelwerfer, keine elektronisch verstärkten Wummer-Bässe, keinen Hiphop-Tanz als „Anbetungs“ersatz wie etwa bei der MEHR-Konferenz. Nein, die Ekstasemusik des charismatischen „Lobpreises“ wird in der Bibel an ganz anderer Stelle angesprochen:

Darum fielen zur bestimmten Zeit, als alle Völker den Klang der Hörner, Flöten, Zithern, Lauten, Harfen und aller Arten von Musik hörten, alle Völker, Stämme und Sprachen nieder und beteten das goldene Bild an, das der König Nebukadnezar aufgestellt hatte. (Dan 3,7)

Die charismatische Musik hat ihre Wurzeln in den heidnischen Ekstase-Ritualen der Dämonenanbeter in Afrika, wie ich kürzlich noch einmal ausführlich in meinem Buch Charismatischer „Lobpreis“: Fremdes Feuer im Heiligtum Gottes belegt habe. Übrigens: Bei einem Besuch in Afrika erfuhr ich, daß in wirklich konservativen evangelikalen Gemeinden dort sowohl das Klatschen als auch das Tanzen und Trommeln in den Gottesdiensten untersagt ist – die afrikanischen Gläubigen wissen nur zu gut, daß solche Praktiken manche Christen wieder in ihre alten heidnischen Wege zurückführen würden.

 

Hartls Hochmut gegenüber seinen bibeltreuen Kritikern

Hartl betont zwar treuherzog: „Ich liebe die Evangelikalen!“, aber das bezieht sich augenscheinlich nur auf den heute vorherrschenden „modernen“ Typus des Evangelikalen – auf Leute, die die Bibel nicht mehr wirklich und ernsthaft als inspiriertes, unfehlbares Offenbarungswort angesehen, sondern schon mit einer tüchtigen Portion Bibelkritik sowie mit Charismatismus und ökumenischer Weitherzigkeit imprägniert sind. Zu solchen weichgespülten postmodernen „Evangelikalen“ paßt ein Dr. Johannes Hartl auch sehr gut, wie sein Erfolg in diesen Kreisen beweist.

Aber gegenüber den wirklich bibeltreuen Christen, man könnte auch sagen: gegenüber den konservativen Evangelikalen der alten Prägung, äußert sich Hartl mit einer tüchtigen Portion Verachtung und Hochmut. So meint er obenhin: „Bei manchen Leuten, die ihre Bibeltreue so vor sich hertragen, finde ich es erstaunlich, wie wenig sie die Heilige Schrift selber kennen“.

Nun, das kann er weder gegen Michael Kotsch ins Feld führen, noch gegen andere Kritiker wie Georg Walter oder Werner Deppe. Mir darf er das ruhig vorwerfen, denn ich empfinde meinen Mangel und die Notwendigkeit, noch vieles zu lernen; andererseits durfte ich mich sieben Jahre lang während der Revision der Schlachterbibel 2000 intensiv mit Gottes Wort beschäftigen und studiere es auch seither regelmäßig; irgendwie wirkt der Vorwurf Hartls ziemlich hohl und anmaßend. Der entscheidende Punkt ist, denke ich, doch eher, daß bibeltreue, konservative Christen ihre Bibel anders verstehen und auslegen als Hartl.

Der fleischliche Stolz von Herrn Dr. Hartl kommt auch deutlich zum Vorschein, als der Interviewer ihn fragt: „Gibt es etwas, was Sie von Ihren Kritikern lernen können?“, und er dann antwortet: „Vielleicht das Selbstbewußtsein, auch dann den Mund aufzumachen, wenn man gar nicht weiß, wovon man spricht“. Hartl nimmt das zwar kokett gleich wieder zurück, aber dieser Vorwurf bleibt natürlich im Raum stehen, zumal der abschätzige Ton in Hartls Antworten auch sonst diesen Eindruck zu erwecken sucht.

Ich denke aber, daß alle Kritiker Hartls sehr wohl wissen, was sie sagen und warum sie es sagen. Wenn man keine inhaltlichen, biblisch fundierten Argumente hat, muß man zu solchen primitiven Ausflüchten Zuflucht nehmen. Einige der Kritiker, wie Georg Walter und ich, waren selbst früher jahrelang in der Pfingst- und Charismatischen Bewegung, andere kennen sie zumindest aus jahrelanger Auseinandersetzung. Ich persönlich habe viele Jahre sowohl bei dem verführerischen „Lobpreis“-Ritual mitgemacht als auch bei der Art von magischen „Gebeten“ und „Glaubenstechniken“, von den ich heute bezeugen muß, daß sie ein Greuel für Gott sind. Und es gibt Hunderte von ehemaligen Charismatikern, die meine und unsere Einschätzung von diesen Praktiken und von der verführerischen Rolle eines Johannes Hartl teilen, auch wenn sie das nicht alle öffentlich bezeugen.

* * *

Wir leben in der allerletzten Zeit. Der Herr Jesus Christus ist nahe; wir sollten Sein Kommen mehr denn je erwarten und uns für Ihn absondern und reinigen. Die Verführungsmächte, welche auch gläubige Christen mit in die ökumenische Vermischung der Hure Babylon ziehen wollen, wirken immer offensiver und dreister. Sie nutzen jedes Mittel, darunter auch den charismatischen Verführungsgeist, um die Evangelikalen und auch bibeltreue Gotteskinder in die Irre zu führen. Doch unser Herr möchte, daß wir uns von solchen Verführern absondern und uns nicht mit der endzeitlichen Welteinheitskirche vermischen. Hier ist unsere Wachsamkeit gefordert!

Habt acht, daß euch niemand verführt! (Mt 24,4)

Laßt euch von niemand in irgendeiner Weise verführen! (2Thess 2,3)

Ich ermahne euch aber, ihr Brüder: Gebt acht auf die, welche Trennungen und Ärgernisse bewirken im Widerspruch zu der Lehre, die ihr gelernt habt, und meidet sie! Denn solche dienen nicht unserem Herrn Jesus Christus, sondern ihrem eigenen Bauch, und durch wohlklingende Reden und schöne Worte verführen sie die Herzen der Arglosen. Denn euer Gehorsam ist überall bekannt geworden. Darum freue ich mich euretwegen, möchte aber, daß ihr weise seid zum Guten und unvermischt bleibt mit dem Bösen. (Röm 16,17-19)

 

 

© Rudolf Ebertshäuser    Veröffentlicht auf Das-Wort-der-Wahrheit.de   26. 6. 2018

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