Habt nicht lieb die Welt, noch was in der Welt ist! Wenn jemand die Welt lieb hat, so ist die Liebe des Vaters nicht in ihm. Denn alles, was in der Welt ist, die Fleischeslust, die Augenlust und der Hochmut des Lebens, ist nicht von dem Vater, sondern von der Welt. Und die Welt vergeht und ihre Lust; wer aber den Willen Gottes tut, der bleibt in Ewigkeit. (1Joh 2,15-17)

Diese Verse aus dem 1. Johannesbrief erinnern uns daran, daß diese Welt für die Kinder Gottes einen gefährlichen Reiz haben kann. Ja, die Welt ist eine Verführungsmacht, die uns bezaubern will, die uns verleiten will, sie selbst und die Dinge dieser Welt liebzugewinnen und uns dabei von unserem Gott und Vater abzuwenden. Darauf wollen wir jetzt näher eingehen, denn dieser Zauber der Welt, dieser Reiz der weltlichen Lüste, ist eine große geistliche Gefahr für uns, besonders in dieser letzten Zeit, die so reich an Verführungen ist.

Die Welt als Verführerin – das erinnert uns an die Warnungen im Buch der Sprüche, wo die Kinder des himmlischen Vaters geistlich gesehen gewarnt werden vor den Reizen der fremden (heidnischen) Frau, der Verführerin:

Mein Sohn, achte auf meine Weisheit und neige dein Ohr meiner Belehrung zu, damit du Besonnenheit übst und deine Lippen Erkenntnis bewahren! Denn von Honig triefen die Lippen der Verführerin (w. der Fremden), und glatter als Öl ist ihr Gaumen, aber zuletzt ist sie bitter wie Wermut, scharf wie ein zweischneidiges Schwert. Ihre Füße steigen hinab zum Tod, ihre Schritte streben dem Totenreich zu. Den Pfad des Lebens erwägt sie nicht einmal; sie geht eine unsichere Bahn, die sie selbst nicht kennt. Und nun hört auf mich, ihr Söhne, und weicht nicht von den Worten meines Mundes! Bleibe fern von dem Weg, der zu ihr führt, und nähere dich nicht der Tür ihres Hauses … (Spr 5,1-8)

Wie kommt es, daß die Welt ein Kind Gottes umgarnen kann? Sollten nicht alle Gläubigen, durch den Heiligen Geist erleuchtet, sich angewidert von der Welt abwenden, wenn sie uns verführen will? Doch die Welt hat einen wichtigen Bündnispartner, der noch in jedem Gläubigen nach der Bekehrung weiter existiert, und das ist unser Fleisch. Dieses von Adam ererbte, in unserer Leiblichkeit verankerte sündige Eigenleben mit seinen Begierden wird ganz „natürlicherweise“ von der Welt und den Dingen der Welt angezogen, denn es kennt und liebt nur die Dinge der Welt, und es ist geprägt von den sündigen Begierden, die auch in der Welt sind.

Wir müssen also geistlich wachsam sein und dürfen unserem Fleisch keinen Raum geben, wenn wir der Verführung der Welt entgehen wollen. Und wir sollten die warnenden Hinweise der Schrift gut beachten, die uns helfen wollen, die Verlockungen der Welt zu durchschauen und zu überwinden. Deshalb wollen wir uns mit diesen Warnungen etwas ausführlicher befassen.

 

 

Die Welt ist eine gefährliche Verführerin, vor der wir uns in acht nehmen müssen

 

Das Bibelwort aus 1. Johannes 2,15-17 warnt alle Kinder Gottes davor, die Welt zu lieben. Dabei wird das Wort agapao gebraucht, das die erwählende, bewußte Liebe ausdrückt und an vielen Stellen für die Liebe Gottes verwendet wird. Wenn die Welt, das widergöttliche System der Lebens- und Denkweise der Menschen, zum Gegenstand unseres Verlangens und unserer Hingabe wird, dann sind wir als Kinder Gottes auf einem gefährlichen Irrweg.

Wir sollten eigentlich Gott, den Vater, und den Herrn Jesus über alles lieben, von ganzem Herzen, von ganzer Seele, mit aller Kraft, mit unserem ganzen Denken:

Und Jesus sprach zu ihm: »Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit deinem ganzen Herzen und mit deiner ganzen Seele und mit deinem ganzen Denken«. Das ist das erste und größte Gebot. (Mt 22,37-38).

Wenn wir die Welt lieben, dann ist die Liebe des Vaters, und das heißt auch: die Liebe zum Vater, nicht in uns. Wie sehr sollten wir uns als Gläubige vor dieser Versuchung zur Weltliebe hüten!

 

Die Verlockungen dieser Welt (1Joh 2,15-17)

Der Apostel Johannes sagt uns noch einmal deutlich, daß alles, was in der Welt ist, nicht von dem Vater ist. Heute behaupten viele verweltlichte Christen und Irrlehrer, die Einrichtungen und Ergebnisse dieser Welt, wie etwa Rock- und Popmusik, Kinofilme, Theater, Romane usw. seien „neutral“ oder gar „Gaben Gottes“; sie würden Gott durchaus wohlgefallen. Doch das ist Verführung. Gottes Wort zeigt uns, daß ein unversöhnlicher Gegensatz, ein tiefer Abgrund besteht zwischen dem heiligen Gott und den sündigen Dingen, die diese Welt hervorbringt.

Nun kennzeichnet das Wort Gottes näher, was „in der Welt ist“, und gibt uns drei Elemente an:

* die Fleischeslust (od. Begierde des Fleisches): Der nicht wiedergeborene Mensch ist „Fleisch“ – das ist die Bezeichnung der Schrift für das sündige Eigenleben des Menschen, das in seinem Leib, gewissermaßen in seinen Genen, verwurzelt ist. Das Fleisch ist gekennzeichnet durch Begierden; der sündige Mensch ist zutiefst selbstsüchtig und ichzentriert und verlangt beständig nach Befriedigung seiner Bedürfnisse und Lüste, auch wenn diese den Geboten Gottes widersprechen und das Leben des Nächsten schädigen.

Das Fleisch begehrt nach Selbstverwirklichung, Macht, Ehre und Ansehen, Reichtum und Wohlleben, nach Sinnengenüssen, Rausch und Schlemmerei, nach geschlechtlicher Lustbefriedigung. Die Welt bietet all diese Dinge reichlich an; der sündige Mensch gestaltet sein Leben so, daß diese Begierden des Fleisches befriedigt werden können.

Der Satan, der Fürst dieser Welt, bietet sündige Befriedigung der Fleischeslüste an und versklavt die gefallenen Menschen dadurch. „(…) sondern jeder einzelne wird versucht, wenn er von seiner eigenen Begierde gereizt und gelockt wird. Danach, wenn die Begierde empfangen hat, gebiert sie die Sünde; die Sünde aber, wenn sie vollendet ist, gebiert den Tod“ (Jak 1,14-15).

* die Augenlust (od. Begierde der Augen): Der Mensch nimmt seine Lebensumgebung überwiegend über den Gesichtssinn wahr. Bilder haben eine große Macht über den gefallenen Menschen, und die Begierde der Augen ist ein gefährliches Einfallstor für die Sünde. So war es schon bei Eva: „Und die Frau sah, daß von dem Baum gut zu essen wäre, und daß er eine Lust für die Augen und ein begehrenswerter Baum wäre, weil er weise macht; und sie nahm von seiner Frucht und aß (…)“ (1Mo 3,6).

Durch die Augen werden die Begierden des Fleisches angereizt, und diese uralte Augenlust ist in der Endzeit in ganz besonderer Weise raffiniert und umfassend ausgenutzt worden, um Menschen in die Sünde zu locken und in der Sünde zu versklaven. Verführerisch aufgemachte, oftmals erotisch gefärbte Bilder bestimmen heute weitgehend die optischen Eindrücke des modernen Menschen. Sie wecken die Begierde, raffiniert präsentierte Waren wie Autos, Möbel oder Kleider zu besitzen. Die schmutzige Bilderwelt der Pornographie erniedrigt und versklavt immer mehr Menschen; abartige Alptraumbilder in Fantasy-Filmen und okkulten Computerspielen locken viele Anhänger in die Welt der Magie und der Dämonen.

* der Hochmut des Lebens (od. die Prahlerei, die Hochstapelei des natürlichen Lebens = bios): Die sündigen Menschen führen ein rein diesseitiges Leben ohne Gottesbeziehung und Ewigkeitsbezug; das sind die Leute dieser Welt, „deren Teil in diesem Leben ist“ (Ps 17,14). In diesem Leben sind sie schrecklich stolz und von leerem Prahlen bestimmt (vgl. u.a. Ps 10,1-6; Ps 49,7-14; Ps 73,3-9; Spr 16,5; Spr 21,24; Jak 4,13-16).

Der Mensch bildet sich viel ein auf seine Fähigkeiten und Errungenschaften, die doch alle bestenfalls Gaben Gottes sind, die er mißbraucht hat. Der Sünder prunkt mit seiner Kultur und Wissenschaft, mit seiner Technik und seinen sozialen Errungenschaften; er meint, er sei auf einem Weg ständiger Höherentwicklung und könne sein (bzw. werden) wie Gott. Die leere Anmaßung der Sünder, ihre selbstgefällige Eigenwerbung und lügenhafte Selbstdarstellung unterhält ganze Wirtschaftszweige und beschäftigt Künstler und Schauspieler, Fotografen und PR-Berater, Werbeagenten und Fernsehregisseure, Philosophen und Schriftsteller.

Der Stolz des natürlichen Menschen, der sein Eigenleben gegen Gott aufrichtet und sich Gott zum Trotz selbst verwirklichen und entfalten will, ist eine wesentliche Triebkraft dieser Welt – und wird einmal eine wesentliche Ursache ihres Gerichts und ewigen Verderbens sein. Diese Welt bietet diesem Hochmut des Lebens viele Entfaltungsmöglichkeiten – Ruhm, Ansehen und Medienrummel, Karrierepositionen und Machtstellungen, Elitezirkel und Fan-Gemeinden. Doch die Heilige Schrift sagt klar: „Gott widersteht den Hochmütigen; den Demütigen aber gibt er Gnade“ (1Pt 5,5).

Das Wort des Apostels Johannes warnt uns nun davor, daß wir uns von diesen weltlichen Fallstricken, die durch das Fleisch auch uns zur Gefahr werden können, nicht dazu verleiten lassen sollen, diese Welt zu lieben. Wir stehen in Gefahr, all die verlockenden Köder dieser Welt, die die Fleischeslust, die Augenlust und den Hochmut des Lebens ansprechen, zu begehren und unser Herz an sie zu hängen.

Wir stehen in Gefahr, zu hurerischen Liebhabern der Welt zu werden, die doch aufgrund des Zorngerichtes Gottes zum Untergang bestimmt ist, und dafür unseren himmlischen Bräutigam und Herrn aus den Augen zu verlieren, ja, Ihm die Treue zu brechen. Wir können unsere Liebe nur einem geben – entweder Christus, unserem Herrn, oder der Welt mit ihren Lüsten und Lockangeboten.

 

Weltliebe als Treuebruch gegenüber Christus (Jakobus 4)

Die Warnung vor den Verführungen der Welt wird verstärkt und ergänzt durch das Zeugnis des Jakobus, der einige sehr weltförmig und fleischlich lebende Gläubige jüdischer Herkunft ernst ermahnen muß:

Woher kommen die Kämpfe und die Streitigkeiten unter euch? Kommen sie nicht von den Lüsten, die in euren Gliedern streiten? Ihr seid begehrlich und habt es nicht, ihr mordet und neidet und könnt es doch nicht erlangen; ihr streitet und kämpft, doch ihr habt es nicht, weil ihr nicht bittet. Ihr bittet und bekommt es nicht, weil ihr in böser Absicht bittet, um es in euren Lüsten zu vergeuden.

Ihr Ehebrecher und Ehebrecherinnen, wißt ihr nicht, daß die Freundschaft mit der Welt Feindschaft gegen Gott ist? Wer also ein Freund der Welt sein will, der macht sich zum Feind Gottes! Oder meint ihr, die Schrift rede umsonst? Ein eifersüchtiges Verlangen hat der Geist, der in uns wohnt; um so reicher aber ist die Gnade, die er gibt. Darum spricht er: »Gott widersteht den Hochmütigen; den Demütigen aber gibt er Gnade«.

So unterwerft euch nun Gott! Widersteht dem Teufel, so flieht er von euch; naht euch zu Gott, so naht er sich zu euch! Reinigt die Hände, ihr Sünder, und heiligt eure Herzen, die ihr geteilten Herzens seid! (Jak 4,1-8)

Diese Gläubigen (es waren wohl zumindest echte Gläubige darunter, denn Jakobus redet sie als „Brüder“ an – wenn auch die in dem Brief angesprochenen Judenchristen in der Diaspora mehrheitlich einen sehr niedrigen geistlichen Stand hatten) waren schlimm in weltliche und fleischliche Begierden verstrickt und waren wohl wegen weltlicher (vielleicht geschäftlicher) Angelegenheiten untereinander verstritten, in „Angelegenheiten dieses Lebens“ (vgl. 1Kor 6,1-8).

Nun muß der Knecht Gottes sie warnen und ermahnen, weil sie die Welt liebgewonnen hatten; er warnt sie vor der „Freundschaft mit der Welt“ [gr. philia tou kosmou]. Das Wort für „Freundschaft“ kann auch „Liebe, Liebschaft, Ergebenheit, Zuneigung“ bedeuten. Sie hatten diese gottfeindliche Welt liebgewonnen und waren eine Liebesaffäre mit ihr eingegangen. Deshalb nennt Jakobus sie „Ehebrecher und Ehebrecherinnen“.

Das ist in diesem Zusammenhang zweifellos geistlich gemeint. Der Geist Gottes sieht die an Christus Gläubigen als rechtskräftig mit dem Herrn verlobt bzw. verheiratet an und zeigt, daß eine Liebschaft mit der Welt geistlich gesehen Ehebruch gegenüber Christus ist.

Zudem erinnert der Geist Gottes die Gläubigen daran, daß die Liebschaft mit der Welt bedeutet, sich in Feindschaft gegen Gott zu begeben. Diese Welt steht im Aufruhr, in Haß und Feindseligkeit gegen Gott und Seinen Sohn: „Warum toben die Heiden und ersinnen die Völker Nichtiges? Die Könige der Erde lehnen sich auf, und die Fürsten verabreden sich gegen den HERRN und gegen seinen Gesalbten: »Laßt uns ihre Bande zerreißen und ihre Fesseln von uns werfen!«“ (Ps 2,1-2); „Die Welt kann euch nicht hassen, mich aber haßt sie; denn ich bezeuge von ihr, daß ihre Werke böse sind“ (Joh 7,7).

Wenn wir uns mit der Welt verbinden, dann stellen wir uns auf die Seite der Feinde Gottes und stehen selbst als Feinde Gottes da. Wie können wir uns mit diesem entarteten, bösen, sündigen Weltsystem in Liebe verbinden? Wir verraten damit unsere Berufung als Kinder Gottes und als Brautgemeinde Jesu Christi! Der Geist Gottes verwendet hier die stärkstmöglichen Worte, um den abgeglittenen Christen das Böse und Verwerfliche ihres Weges vor Augen zu stellen.

Er warnt sie damit auch, daß dieser verräterische Abweg sie notwendigerweise unter die empfindliche Züchtigung Gottes bringen muß. Gottes Wort entlarvt nicht umsonst die Bosheit und Rebellion dieser Welt. Die Schrift zeigt uns klar unsere Berufung, heilig und von der Welt abgesondert zu leben. Der Geist Gottes ist eifersüchtig darum bemüht, die Gläubigen in der ersten Liebe und der ganzen Hingabe zu ihrem Herrn und Erlöser zu bewahren und sie dorthin zurückzubringen, wenn sie abweichen.

Wenn Gläubige durch Weltliebe gegen Gott sündigen, muß dies züchtigende Gerichte über sie bringen. Wenn sie sich aber demütigen und von ihren Sünden ablassen, dann wwird Gott ihnen Gnade und Vergebung erweisen.

Wie sehr müssen diese Verse zu vielen weltförmig gewordenen Christen unserer heutigen letzten Tage sprechen! Wieviele Gläubige haben heute ein geteiltes Herz – halb für Christus, und halb für die Dinge dieser Welt! Wie wichtig ist heute dieser Aufruf des Geistes Gottes: „heiligt eure Herzen, die ihr geteilten Herzens seid!“

 

Die Warnung vor der List der Schlange (2. Korinther 11,1-3)

Die Warnungen in Jakobus 4 finden eine sehr wichtige und tiefgründige Ergänzung in den Mahnungen des Apostels Paulus an die Korinther in 2. Korinther 11,1-3. In diesem Schriftabschnitt warnt der Apostel die Gemeinde Gottes grundsätzlich vor Verführung, vor den Listen der Schlange. Seine Ausführungen beleuchten die Warnung an die „Ehebrecher und Ehebrecherinnen“ in Jak 4,4 näher und zeigen uns, wer letztlich hinter den Verlockungen der Welt steht: der Fürst dieser Welt, die Schlange, der alte Drache, der auch als Engel des Lichts auftritt.

Möchtet ihr mich doch ein wenig in [meiner] Torheit ertragen! Doch ihr ertragt mich ja schon. Denn ich eifere um euch mit göttlichem Eifer; denn ich habe euch einem Mann verlobt, um euch als eine keusche Jungfrau Christus zuzuführen. Ich fürchte aber, es könnte womöglich, so wie die Schlange Eva verführte mit ihrer List, auch eure Gesinnung verdorben [und abgewandt] werden von der Einfalt gegenüber Christus.

Der Apostel Paulus zeigt den fleischlichen, unreifen Korinthern die Gefahr, daß sie durch die List des Satans aus ihrer ersten Liebe zu Christus herausgelockt werden könnten. Das war tatsächlich geschehen, und zwar durch das Auftreten falscher Apostel, die sie mit scheinfrommen Falschlehren betrogen hatten (vgl. 2Kor 11,4-5.13-15).

Darüber hinaus lehrt uns der Apostel hier in den Versen 2 und 3 etwas Grundsätzliches. Zunächst zeigt er uns, daß wir, wenn wir uns durch Gottes Gnade zu Christus bekehrt haben, geistlich gesehen eine verlobte Braut des Christus darstellen. Paulus war als der Verkündiger des Evangeliums das menschliche Werkzeug zur Bekehrung der Korinther; er vergleicht sich hier mit einem Brautwerber des alten Orients. Er hatte die Korinther als eine keusche, reine, heilige Braut ihrem einen und einzigen Bräutigam zugeführt, dem Herrn Jesus Christus, ihrem wunderbaren Schöpfer und Erlöser.

Dazu muß man wissen, daß die Verlobung damals schon den rechtsgültigen Schluß des Ehebundes bedeutete, vergleichbar unserer standesamtlichen Hochzeit. Nach den Sitten wurde jedoch die Braut erst später dem Bräutigam zugeführt, und die Hochzeit und eheliche Vereinigung fand dann im Haus des Bräutigams statt, zu dem die Braut hingeführt wurde.

Was hier bildhaft verdeutlicht wird, finden wir im alttestamentlichen Vorbild bei der Werbung der Braut für Isaak in 1. Mose 24. Abraham sendet seinen Knecht als Brautwerber für seinen Sohn Isaak aus. Dieser Knecht kommt zu Laban und findet dort Rebekka, die Gott ihm als die auserwählte Braut zeigt. Er verkündet Rebekka und ihren Verwandten nun die Herrlichkeit Isaaks, des einzigen Erben Abrahams, und als die Verwandten erkennen, daß diese Verbindung vom Herrn ist, wird Rebekka dem Isaak zur Frau gegeben. Der Knecht gibt den Verwandten den Brautpreis, und so wird die Ehe rechtsgültig geschlossen.

Rebekka hatte ihren Bräutigam noch nicht gesehen, als sie in den Ehebund einwilligte. Nun machte sie sich als verlobte Braut unter der Führung des Knechtes auf die lange, beschwerliche und gefahrvolle Reise von vielen Wochen, bis sie bei Isaak, ihrem Bräutigam, ankam. Dann erst sah sie ihn von Angesicht, und dann erst konnte die Vereinigung von Braut und Bräutigam stattfinden.  

 

Die Keuschheit der Braut des Christus

Nach 2. Korinther 11 ist das ein Gleichnis für unseren eigenen geistlichen Weg. In dem Moment, wo wir uns durch die Wirkung des himmlischen Brautwerbers, des Heiligen Geistes, zu dem Herrn Jesus bekehrten und an Ihn gläubig wurden, wurden wir rechtskräftig mit Ihm verlobt als eine keusche, jungfräuliche Braut.

Der Herr Jesus als unser himmlischer Bräutigam ging einen heiligen, unverbrüchlichen Ehebund mit uns ein, und wir mit Ihm. Aber noch ist die Zeit der glücklichen Vereinigung mit dem Bräutigam nicht gekommen; noch wandern wir durch diese gottfeindliche, gefährliche Welt und sind unterwegs zu unserem Eheherrn, geleitet von unserem Brautführer, dem Heiligen Geist.

Der Apostel Paulus, inspiriert vom Geist Gottes, ist eifrig darum besorgt, daß die erlösten Gläubigen auch wirklich treu und keusch für ihren Herrn und Erlöser leben, der für uns nicht einen Brautpreis von Silber oder Gold bezahlt hat, sondern mit Seinem eigenen kostbaren Blut (1Pt 1,18-19).

Gottes Geist, so haben wir in Jakobus 4 gesehen, ist eifersüchtig und verlangt danach, daß die Gläubigen sich von der Welt absondern und sich treu zu Christus halten. Diese Art von „Eifersucht“ ist rein und heilig und aufs höchste berechtigt. Wie schrecklich, wenn wir unseren liebenden Herrn und Retter verleugnen und uns mit denen verbrüdern, die Seine Feinde und Hasser sind!

Hier setzt nun die liebevolle Warnung des Apostels ein. Auf dem Weg zu unserem Herrn in die himmlische Herrlichkeit wird die Braut mit allerlei Gefahren und Versuchungen konfrontiert. Da gibt es jemanden, der es nicht ertragen kann, daß erlöste Menschen ihren Herrn einfältig und von ganzem Herzen lieben und Ihm nachfolgen. Das ist die Schlange, der listige, böse Widersacher Gottes. Sie führte einst Eva gründlich in die Irre und verleitete sie zur Sünde, und so versucht sie es auch mit uns Gläubigen.

Der Geist Gottes enthüllt uns, daß die Schlange bestrebt ist, die Gläubigen in ihrer Herzensgesinnung (oder in ihren Gedanken) zu verderben (gr. phtheiro = zugrunderichten, verwüsten, schänden, entstellen) und von der Einfalt Christus gegenüber abzulenken.

Die Zielscheibe der Verführungen der Schlange ist die Gesinnung, das Denken der Gläubigen. Diese Gesinnung sollte von Keuschheit gekennzeichnet sein, d.h. von unberührter, heiliger Reinheit und Lauterkeit in der Liebe zu dem Bräutigam, und von Einfalt, d.h. ungeteilter Hingabe an Christus ohne Neben- und Hintergedanken.

Gerade diese von Gott so hochgeschätzten Charaktereigenschaften, die die Braut in ihrer ersten Liebe kennzeichnen, will der Satan uns rauben, indem er etwas anderes als Christus vor unsere Herzen stellt, in der Hoffnung, daß wir unser Herz an dieses Andere hängen, sodaß es nicht mehr ganz an Christus hängt.

 

Wir wollen unsere Einfalt Christus gegenüber bewahren!

Einfalt bedeutet im geistlichen Sinne, daß unser Herz ganz auf unseren Herrn Jesus ausgerichtet ist und nichts begehrt als Ihn allein, unseren wunderbaren himmlischen Bräutigam, der uns geliebt und sich selbst für uns hingegeben hat.

Das wird so schön in Luthers Übersetzung von Psalm 73,25 ausgedrückt: „Wenn ich nur dich habe, so frage ich nichts nach Himmel und Erde“. Heute ist „Einfalt“ in den Augen der Weltmenschen etwas Verächtliches, Törichtes. Aber in den Augen Gottes ist die geistgewirkte Einfalt sehr kostbar. Gott möchte, daß unser Herz ungeteilt auf Ihn gerichtet ist (vgl. auch 1Kö 8,61; 1Kö 15,14):

Denn die Augen des HERRN durchstreifen die ganze Erde, um sich mächtig zu erweisen an denen, deren Herz ungeteilt auf ihn gerichtet ist. (2Chr 16,9)

Wenn ein Mensch sich klar und entschieden zu Christus bekehrt, dann wird ihm der Herr Jesus sehr groß und kostbar. Er erkennt, daß er nunmehr den ganzen Schund und Schrott der Dinge dieser Welt gar nicht mehr nötig hat; sie werden ihm völlig unwichtig und verächtlich. Er sieht mit erleuchteten geistlichen Augen, daß er in Christus nun alles hat, was er braucht: Der Herr ist mein Licht und mein Heil, meine Stärke und meine Gerechtigkeit, mein Versorger und mein Schild, meine Weisheit und meine Erkenntnis, meine Heiligung und mein Leben. In IHM habe ich die Fülle, überströmendes Leben, überströmende Gnade, volle Genüge – was brauche ich mehr als Christus allein?

Wenn wir in diesem gesegneten Herzenszustand sind, dann haben die Verlockungen der Sünde und der Welt keine Macht über uns. Wir hängen mit ganzem Herzen an unserem Herrn und sind ganz abhängig von Ihm – da kann der Feind uns nicht verführen und nicht besiegen, sondern der Herr bringt ihm Niederlagen bei.

Also lauert der Feind auf den Moment, wo wir – meist in einer Prüfungs- und Wüstenzeit – ins Fleisch abgleiten, wo selbstsüchtige Gedanken und Wünsche in uns aufkommen, wo wir uns etwas von dem Herrn und der innigen Gemeinschaft mit Ihm entfernt haben. Dann kommt er mit seinen Verführungen, lockt uns mit charismatischen gefälschten Wundergaben und dem Gift von Ekstase und Mystik, mit fleischlichen „Liebesaffären“, mit Geld und Erlebnisgenuß, mit den Ködern dieser Welt. Manch einer geht in der „Stunde der Versuchung“ auf diese Lockangebote ein und verläßt die erste Liebe zum Herrn (vgl. Offb 2,4).

Wenn wir als Christen die Welt liebgewinnen, dann haben wir ein geteiltes Herz (vgl. 1Kön 11,4; 15,3; Jak 1,8; 4,8). Dann verlieren wir die Kraft und Freude des Heiligen Geistes; wir lassen nach in unserem Zeugnis für Christus; wir werden geistlich unbeständig und unzufrieden, umgetrieben von weltlichen Begierden. Die Christusnachfolge erscheint uns dann wie ein schweres, mühsames Joch; wir machen immer mehr und immer bedenklichere Kompromisse mit der Welt und der Sünde. Die Faszination der weltlichen Lockangebote wird immer stärker, und unsere Abwehrkraft wird schwächer.

Wie gefährlich ist ein solcher geistlicher Zustand! Und doch, wie viele Christen befinden sich heute darin! Wie schrecklich ist der Verlust der Herzenseinfalt, der Reinheit; traurigerweise merken viele Christen das gar nicht mehr, so abgestumpft sind sie!

Aber, dem Herrn sei Dank, es gibt einen Ausweg, einen Weg der Umkehr aus diesem schlimmen lauen Zustand. Nachdem der verherrlichte Herr der Gemeinde in Ephesus sagen muß: „Aber ich habe gegen dich, daß du deine erste Liebe verlassen hast“, fährt Er in Seiner Liebe und Langmut fort: „Bedenke nun, wovon du gefallen bist, und tue Buße und tue die ersten Werke!“ (Offb 2,4-5).

So möchte der Herr uns Herzensumkehr schenken. Er gibt uns die Chance, Buße zu tun über unsere Weltliebe und uns Ihm wieder neu zu weihen.

Sucht den HERRN, solange er zu finden ist; ruft ihn an, während er nahe ist! Der Gottlose verlasse seinen Weg und der Übeltäter seine Gedanken; und er kehre um zu dem HERRN, so wird er sich über ihn erbarmen, und zu unserem Gott, denn bei ihm ist viel Vergebung. (Jes 55,6-7)

Welche Gnade und Barmherzigkeit! O mögen wir uns doch vor dem Herrn demütigen und Ihn bitten, uns zu prüfen und uns zu zeigen, wo wir in Weltliebe und Weltförmigkeit abgeglitten sind! Mögen wir Ihn bitten, uns aufrichtige Reue und Erneuerung der ersten Liebe zu schenken, damit wir als eine keusche Jungfrau in aller Herzenseinfalt Christus gegenüber unseren Weg durch diese Welt gehen können und ein kraftvolles Zeugnis für unseren Herrn und Bräutigam ablegen können!

 

Dieser Text ist ein bearbeiteter Auszug aus dem Buch von Rudolf Ebertshäuser: Paßt euch nicht der Welt an! (S. 58-70)

 

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