Es gibt eine wichtige Wahrheit der Heiligen Schrift, die uns anspornt, unsere Verantwortung als Kinder Gottes und Nachfolger unseres Herrn Jesus Christus ernst zu nehmen und nach einem geheiligten Leben zu streben. Diese Wahrheit wird aber nur allzu oft von uns verdrängt und manchmal sogar mißachtet. Wir finden sie sehr klar in den Briefen der Apostel geoffenbart: Wir alle werden einmal über unser Leben als Gläubige hier auf dieser Erde unserem Herrn Jesus bis ins Einzelne Rechenschaft ablegen müssen.

Denn dazu ist Christus auch gestorben und auferstanden und wieder lebendig geworden, daß er sowohl über Tote als auch über Lebende Herr sei. Du aber, was richtest du deinen Bruder? Oder du, was verachtest du deinen Bruder? Wir werden ja alle vor dem Richterstuhl des Christus erscheinen; denn es steht geschrieben: »So wahr ich lebe, spricht der Herr: Mir soll sich jedes Knie beugen, und jede Zunge wird Gott bekennen«. So wird also jeder von uns für sich selbst Gott Rechenschaft geben. (Röm 14,9-12)

Die vielen leichtfertigen und gesetzlosen Scheinchristen der letzten Tage wiegen sich in der Illusion, sie müßten vor Gott einmal keine Rechenschaft über ihre Taten ablegen. Sie verkünden eine billige Gnade, nach der Gott alle ihre Übertretungen gar nicht beachten und tolerant tragen würde. Sie meinen, sie hätten einen Freifahrtschein in den Himmel, der sie auf dem breiten Weg durch die weite Pforte direkt in die Herrlichkeit Gottes bringen würde. Doch das ist eine grausame Selbsttäuschung.

Geht ein durch die enge Pforte! Denn die Pforte ist weit und der Weg ist breit, der ins Verderben führt; und viele sind es, die da hineingehen. Denn die Pforte ist eng und der Weg ist schmal, der zum Leben führt; und wenige sind es, die ihn finden. (Mt 7,13-14)

Wißt ihr denn nicht, daß Ungerechte das Reich Gottes nicht erben werden? Irrt euch nicht: Weder Unzüchtige noch Götzendiener, weder Ehebrecher noch Weichlinge, noch Knabenschänder, weder Diebe noch Habsüchtige, noch Trunkenbolde, noch Lästerer, noch Räuber werden das Reich Gottes erben. (1Kor 6,9-10)

Errettet werden nur die, die auf dem schmalen Weg ins Reich der Himmel einzugehen trachten, diejenigen, die durch die enge Pforte wahrhafter Herzensumkehr gegangen sind und ihr Leben in echtem Glauben dem Herrn und Retter Jesus Christus ausgeliefert haben.

Dazu gehört ein bewußter Bruch mit dem alten Sündenleben und der Welt, ein aufrichtiges Bekennen der Sünden, eine bewußte Anerkennung der Herrschaft des Herrn über unser Leben und ein vertrauensvolles Annehmen Seiner Gnade und Erlösung durch das Blut des Lammes. Das sind Kennzeichen einer echten Bekehrung, das ist rettender Glaube (vgl. dazu meine Schrift Der Weg zur Errettung).

Gewiß, auch ein wahres Kind Gottes kann noch sündigen und hinfallen; „Wir alle verfehlen uns vielfach“, bekennt der Jakobusbrief (Jak 3,2). Die wahren Gläubigen sind noch nicht sündlos vollkommen; das werden sie erst in der Vollendung sein, wenn sie von ihrem Fleischesleib los sind. Aber sie bereuen die Sünde, bekennen und lassen sie, anstatt in ihr dahinzuleben. Sie reinigen sich so rasch wie möglich, wenn sie sich befleckt haben; sie sind sich bewußt, daß sie vor einem heiligen Herrn wandeln, dem sie Rechenschaft geben werden.

In der heutigen evangelikalen Christenheit wird jedoch vielfach die aufrichtige Buße und Herzensumkehr zu Gott, der Bruch mit der Welt und dem alten Sündenleben kaum noch verkündigt; die Menschen werden zu vorschnellen, oberflächlichen, unechten „Entscheidungen für Jesus“ gedrängt, die keine Wiedergeburt zur Folge haben. Diese nur scheinbar bekehrten Menschen meinen, sie könnten ihr altes Leben mit ein paar „christlichen“ Beigaben fortsetzen.

Viele leichtfertige, vergnügungssüchtige, „gesetzesfreie“ Christen werden einmal mit Schrecken feststellen, daß alle Worte des Herrn Jesus und Seiner Apostel, die sie bewußt übersehen und mißachtet hatten, ganz und gar wahr sind, und daß sie ihre Rettung verfehlt haben, weil sie einem falschen Jesus und einem falschen Evangelium vertrauten (vgl. 2Kor 11,3-4; Gal 1,6-10).

Diese Menschen werden das Gericht am großen weißen Thron erleben (Offb 20,11-15), wo der Herr ihnen sagen muß: „Ich habe euch nie gekannt; weicht von mir, ihr Gesetzlosen!“ (Mt 7,23). Der Richterstuhl des Christus dagegen ist für die begnadigten und erretteten Kinder Gottes gedacht, die diesem schrecklichen Strafgericht durch den Glauben an den Erlöser Jesus Christus entronnen sind. Der Richterstuhl des Christus ist kein Ort des Schreckens, sondern ein Ort der Gnade, wenn auch der reinigenden Gnade.

 

 

Der Richterstuhl des Herrn Jesus Christus

 

In dem oben angeführten Wort aus Römer 14 ist die Rede von dem „Richterstuhl“ (griechisch bèma) des Christus; das Wort bezeichnet eine erhöhte Tribüne, auf der u.a. die Herrscher Platz nahmen, um öffentlich Gericht zu halten und Recht zu sprechen (vgl. dasselbe Wort u.a. in Mt 27,19; Apg 18,12; 25,10).

Die Schrift bezeugt sehr ernst und klar, daß jeder Gläubige nach der Entrückung vor unserem Herrn und Erlöser als dem gerechten Richter erscheinen wird und vor Seinem Richterstuhl Rechenschaft ablegen wird für alle seine Gedanken, Worte und Taten. Der Herr wird uns fragen, was wir mit unserer Zeit, mit unseren Gaben, mit unserer Kraft getan haben, die Er uns für den Dienst gab (vgl. Lk 16,2). Wir werden dann vom Herrn ein Urteil empfangen, das Lob und Lohn für alles Gute und Tadel und Verlust für alles Schlechte beinhaltet.

Das Wort Gottes betrachtet jeden Gläubigen als einen Haushalter (oder Verwalter); das war in biblischer Zeit ein Sklave, dem sein Herr die Verwaltung seines ganzen Betriebs und Haushalts anvertraute und der seine Aufträge treu und gewissenhaft nach den Vorgaben des Herrn auszuführen hatte. Schon der Herr Jesus selbst gebrauchte dieses Bild von dem Haushalter, der seinem Herrn Rechenschaft schuldig ist, mehrfach, um Seine Jünger zur Treue anzuspornen (vgl. Mt 24,45-51; 25,14-30; Lk 12,42-48; 16,1-8). Der Apostel Paulus bezieht es besonders auf die Diener des Herrn (vgl. auch Tit 1,7); der Apostel Petrus verwendet es aber auch für alle Gläubigen (vgl. 1Pt 4,10).

So soll man uns betrachten: als Diener des Christus und Haushalter der Geheimnisse Gottes. Im übrigen wird von einem Haushalter nur verlangt, daß er treu erfunden wird. Mir aber ist es das Geringste, daß ich von euch oder von einem menschlichen Gerichtstag beurteilt werde; auch beurteile ich mich nicht selbst. Denn ich bin mir nichts bewußt; aber damit bin ich nicht gerechtfertigt, sondern der Herr ist es, der mich beurteilt. Darum richtet nichts vor der Zeit, bis der Herr kommt, der auch das im Finstern Verborgene ans Licht bringen und die Absichten der Herzen offenbar machen wird; und dann wird jedem das Lob von Gott zuteil werden. (1Kor 4,1-5)

Wir sehen hier, daß das gerechte Urteil unseres Herrn nicht nur unsere Taten bewerten wird, und zwar auch alle diejenigen, die den Augen der Menschen verborgen waren, sondern auch unsere Motive, unsere innersten Gedanken, das Verborgenste des Herzens sowie auch alle unsere Worte (Vgl. Mt 12,36). Vor dem unbestechlichen Urteil unseres Herrn werden wir ganz und gar „offenbar werden“ (2Kor 5,10); wir werden nichts vor Ihm verbergen können:

Denn das Wort Gottes ist lebendig und wirksam und schärfer als jedes zweischneidige Schwert, und es dringt durch, bis es scheidet sowohl Seele als auch Geist, sowohl Mark als auch Bein, und es ist ein Richter der Gedanken und Gesinnungen des Herzens. Und kein Geschöpf ist vor ihm verborgen, sondern alles ist enthüllt und aufgedeckt vor den Augen dessen, dem wir Rechenschaft zu geben haben. (Hebr 4,12-13)

Je nach unserer Lebensführung werden wir nicht nur über uns selbst, sondern auch über den Weg der uns anvertrauten Seelen Rechenschaft ablegen müssen, soweit er in unserer Verantwortung als Eltern oder Gemeindehirten stand (vgl. Hebr 13,17). Manche Hinweise in den Aussagen der Bibel legen nahe, daß diese Rechenschaftslegung zumindest teilweise öffentlich ist, das heißt vor allen mit betroffenen Kindern Gottes erfolgt und diese mit einbezieht.

Bei diesem Gericht am „Tag des Christus“ (vgl. dazu 1Kor 1,8; Phil 1,6.10; Phil 2,16) geht es nicht um ewige Verdammnis oder Errettung. Wie froh und dankbar können wir dafür sein! Für jedes wahre Kind Gottes hat der Herr Jesus das Gericht und die Strafe bereits getragen; er kommt nicht mehr ins Gericht, sondern ist vom Tod zum Leben hindurchgedrungen (Joh 5,24). Aber die Gerechtigkeit Gottes verlangt dennoch, daß die unterschiedliche Herzenshaltung und die unterschiedlichen Taten der Kinder Gottes beurteilt und unterschiedlich behandelt werden.

Der Tag des Christus im Sinne der Rechenschaft der Gläubigen vor dem Preisrichterstuhl des Herrn wird nach der Entrückung der Gemeinde in den Himmel stattfinden. Auch wenn wir nichts Genaues über die Einzelheiten mitgeteilt bekommen, gehe ich davon aus, daß dieser Tag vor der Hochzeit des Lammes und dem Kommen des Messias in Macht und Herrlichkeit auf die Erde stattfinden wird; denn das Gericht beginnt am Haus Gottes, und wenn die Heiligen die Welt richten sollen, müssen sie selbst zuerst gerichtet werden (vgl. meine Schrift Den Herrn erwarten).

 

 

Der Herr wird tadeln und verbrennen, was vor Ihm
nicht bestehen kann

 

Daß unser Herr Jesus Christus die ewigen Konsequenzen auch all derjenigen Sünden getragen und von uns weggenommen hat, die wir nach unserer Errettung begehen, bedeutet nicht, daß diese Sünden für uns gar keine Konsequenzen hätten. Die Gerechtigkeit Gottes verlangt, daß das Versagen und die Übertretungen der Kinder Gottes ein klares Urteil, eine göttliche Bewertung empfangen und auch Konsequenzen nach sich ziehen. Ein gottesfürchtiger, geheiligter Gläubiger, der Gott treu diente, wird anders behandelt als ein fleischlicher, selbstsüchtiger Gläubiger, der viel gesündigt und wenig Frucht gebracht hat.

Darum suchen wir auch unsere Ehre darin, daß wir ihm wohlgefallen, sei es daheim oder nicht daheim. Denn wir alle müssen vor dem Richterstuhl des Christus offenbar werden, damit jeder das empfängt, was er durch den Leib gewirkt hat, es sei gut oder böse. In dem Bewußtsein, daß der Herr zu fürchten ist, suchen wir daher die Menschen zu überzeugen, Gott aber sind wir offenbar; ich hoffe aber auch in eurem Gewissen offenbar zu sein. (2Kor 5,9-11)

Hier wird schon deutlich, daß nicht nur jede gute Tat das Lob und die Anerkennung unseres Herrn empfangen wird und dementsprechend auch einen Lohn mit sich bringt, sondern jede böse Tat, jede unterlassene gute Tat, auch unsere verkehrten und bösen Herzenshaltungen, Gedanken und Worte werden vom Herrn ans Licht gebracht, getadelt und mit entsprechenden Konsequenzen beantwortet werden. Wir werden auch das Böse empfangen, das wir durch den Leib gewirkt haben! Das ist ein Grundsatz der kommenden Beurteilung, der verschiedentlich angesprochen wird:

Wer aber Unrecht tut, der wird empfangen, was er Unrechtes getan hat; und es gilt kein Ansehen der Person. (Kol 3,25)

Wenn Gläubige Verkehrtes und Schädliches getan haben, dann wird es dafür Tadel vom Herrn und auch negative Konsequenzen geben. Das ist für manche schwer zu verstehen, die sich darauf berufen, daß unsere Schuld ja aus Gnade durch das Erlösungsblut Jesu Christi getilgt ist. Das ist gewiß wahr, und doch scheint es so, daß in den gerechten, heiligen Regierungswegen Gottes noch eine richterliche Beurteilung und auch ein reuiges Selbstgericht nötig sind, damit wir nicht nur richterlich freigesprochen sind, sondern auch moralisch und charakterlich gerecht und heilig sind und so tauglich als Könige und Priester im Reich des Messias.

Man kann es vielleicht so verstehen: Die göttliche Gerechtigkeit macht es nötig, daß alle die Sünden und Verfehlungen, die wir als Christen begangen haben und die uns ja um des Blutes des Lammes willen erlassen wurden, unter Gottes heiligen Maßstäben beurteilt und gerichtet werden, bevor sie endgültig gelöscht werden. Wir selbst müssen dazu gebracht werden, sie in moralischer Hinsicht zu verurteilen; sie müssen aus unserer Lebensbilanz durch Selbstgericht getilgt werden, damit wir dann wirklich die vollkommene moralische Tadellosigkeit haben, die uns als Braut des Lammes auszeichnen wird, und die uns auch befähigt, einmal andere zu richten und zu regieren.

Wie das aussehen mag, wissen wir nicht, aber wir sehen eine Form dieses göttlichen Gerichts über unsere Taten in 1. Korinther 3 erwähnt:

Denn wir sind Gottes Mitarbeiter; ihr aber seid Gottes Ackerfeld und Gottes Bau. Gemäß der Gnade Gottes, die mir gegeben ist, habe ich als ein weiser Baumeister den Grund gelegt; ein anderer aber baut darauf. Jeder aber gebe acht, wie er darauf aufbaut. Denn einen anderen Grund kann niemand legen außer dem, der gelegt ist, welcher ist Jesus Christus. Wenn aber jemand auf diesen Grund Gold, Silber, kostbare Steine, Holz, Heu, Stroh baut, so wird das Werk eines jeden offenbar werden; der Tag wird es zeigen, weil es durchs Feuer geoffenbart wird. Und welcher Art das Werk eines jeden ist, wird das Feuer erproben. Wenn jemandes Werk, das er darauf gebaut hat, bleibt, so wird er Lohn empfangen; wird aber jemandes Werk verbrennen, so wird er Schaden erleiden; er selbst aber wird gerettet werden, doch so wie durchs Feuer hindurch. (1Kor 3,9-15)

Diese Schriftstelle zeigt, daß es auch negative Folgen für die erlösten Gotteskinder geben wird, wenn sie fleischlich und gegen Gottes Wort gelebt haben. Ihr Werk wird im heiligen Feuer Gottes verbrennen, und sie werden Schaden oder Verlust erleiden (das Wort kann auch bedeuten: Strafe erleiden, gezüchtigt werden). Ein solcher Gläubiger wird errettet werden, denn sein ewiges Gericht hat der Herr getragen, aber er wird keinen Lohn aus dem Gerichtstag des Christus mitnehmen können, sondern nur das bloße Leben („wie durchs Feuer hindurch“). Das werden für manche Gläubige schmerzliche Stunden der Reue, der Tränen, der Läuterung sein.

Für solche Gläubige, die untreu waren und viele Sünden begingen, wird eine weitere schmerzliche Konsequenz womöglich die sein, daß sie nicht mit Christus regieren können, wenn Er Sein messianisches Friedensreich aufrichtet. Das ist, wenn wir die Schrift hier recht verstehen, denen vorbehalten, die erdulden und überwinden (vgl. 2Tim 2,12; Offb 2,26-27). Zumindest legt die Schrift nahe, daß sie keine Kronen oder Siegeskränze empfangen können, die nur den treuen Knechten vorbehalten sind (vgl. 1Kor 9,25; 2Tim 2,5; 2Tim 4,8; Jak 1,12; 1Pt 5,4; Offb 2,10; Offb 3,11). Die Bibel warnt davor, daß erlöste Knechte Gottes ihren Kampfpreis und Lohn auch verlieren können (vgl. Kol 2,18; 2Joh 8; Offb 3,11).

Aber auch Gläubige, die im großen und ganzen treu in der Nachfolge des Herrn lebten, werden gewiß manches zu bereuen und zu bekennen haben an jenem Tag der Rechenschaft. Die allermeisten Gläubigen werden dort gewiß sowohl Lob als auch Tadel hören; sie werden manches finden, was als Holz, Heu und Stroh bewertet wird und brennen muß, aber auch einiges oder vieles, was der Herr loben und belohnen kann. Und sicherlich werden wir uns verwundern, welche verborgenen und unbeachteten Dinge unser Herr in unserem Leben und Dienst als wertvoll lobt.

In dem heiligen Gericht Gottes werden auch alle Mißstände, Sünden, Verleumdungen, alles Unrecht zwischen den Gläubigen, in den Gemeinden geordnet werden. Bevor die Gemeinde verherrlicht an der Seite des Messias vor der Welt erscheint, muß sie zuerst gereinigt und geläutert werden von den vielen Befleckungen, die durch Unvergebenheit und Bitterkeit, durch Verleumdungen und Parteiintrigen in ihrer Erdenzeit entstanden sind. Auch die Befleckungen durch Irrlehre und menschlichen Traditionalismus, alle Abweichungen vom Wort Gottes müssen gerichtet und zurechtgebracht werden, bevor die Gemeinde in ihrer Herrlichkeit und Tadellosigkeit an der Seite des Bräutigams Platz nehmen kann.

 

 

Wir sollten keine Angst vor dem Richterstuhl haben,
sondern anerkennen, daß er heilsam ist

 

Daß wir einmal unserem Herrn und Retter an Seinem Richterstuhl begegnen werden, ist für manche Gläubige eine unbehagliche, vielleicht sogar furchteinflößende Vorstellung. Ganz gewiß werden wir im Licht des vollkommen heiligen Sohnes Gottes unsere eigenen Sünden klar erkennen und vieles erstmals recht beurteilen und verurteilen lernen, was uns früher gut und recht schien oder was wir gleichgültig übersahen.

Wir werden schmerzlich mit der alles durchdringenden Heiligkeit und Wahrhaftigkeit Gottes konfrontiert werden und lernen, alles im Licht Gottes zu richten und zu bereuen, was wir Böses und Verkehrtes begangen haben. Doch ich bin überzeugt, daß in allem heiligen Ernst und allem schmerzlichen Selbstgericht die Gnade, Liebe und Barmherzigkeit unseres Herrn auch in diesen Stunden erfahrbar sein wird und uns durch diese Zeit der Läuterung durchtragen wird.

Wir sollten immer daran denken, daß wir in dieser Stunde der Rechenschaft in der Gegenwart unseres liebenden, gnädigen Herrn sein werden, der ja alle unsere Schuld schon getragen und gesühnt hat. Wenn ich es recht verstehe, wird diese Zeit der Reinigung einfach nötig sein, damit wir trotz unseres vielfältigen Versagens und unserer Untreue mit reinem Gewissen und lauterem Herzen uns des Herrn erfreuen können.

Dazu ist es nötig, daß all unser Versagen aus göttlicher Sicht beleuchtet, bewertet und im Feuer gerichtet wird, damit alle Erinnerung daran für immer ausgetilgt ist und kein Schatten mehr auf unserer ewigen Gemeinschaft mit unserem Herrn und Bräutigam bleibt. Es wird auch eine Stunde des Selbstgerichts sein, wo wir selbst in Reue all das verurteilen werden, was Gott verurteilen muß.

Ich persönlich denke, daß alle Sünden, alles Versagen, das wir schon in diesem Leben bereut und im Sündenbekenntnis vor Gott gerichtet haben, dort nicht mehr oder jedenfalls nicht mehr belastend zur Sprache kommen wird, sondern in erster Linie die Sünden, welche wir hier nicht richtig erkannt und bereinigt haben (vgl. 1Kor 11,31).

Wir sollten als Gläubige anerkennen, wie gerecht und wichtig, ja, wie kostbar und befreiend dieses reinigende Gericht für die Gläubigen ist. Wir könnten uns nicht mit unseren ungerichteten, ungeklärten Sünden froh und befreit unserer Liebesgemeinschaft mit dem verherrlichten Herrn erfreuen, der doch durch und durch lauter und heilig ist. Es ist wichtig, daß unser Leben geläutert und geklärt, gereinigt und ganz durchheiligt ist, wenn wir an der Seite des dreimal heiligen Herrn wandeln. Wir werden froh und erleichtert, beglückt und gereinigt aus dieser Stunde der Rechenschaft herausgehen, bereit, die Liebe unseres Bräutigams ungetrübt zu genießen. Auf die Momente der Reue und des Schmerzes folgen Ewigkeiten der Glückseligkeit!

 

 

Die Frucht unseres Dienstes: Lohn und Lob von unserem Herrn

 

So wie es in Gottes gerechter Ordnung zu einem Tadel und Verlust für diejenigen kommen muß, die untreu waren, so wird Gott denjenigen Gläubigen, die in Treue, Gehorsam und Heiligung lebten, einen gerechten Lohn geben. Alle guten, Gott wohlgefälligen Herzensmotive, Gedanken, Worte und Taten werden ebenso offenbar werden wie die schlechten. Auch solche Knechte und Mägde Gottes, die in den Augen anderer vielleicht gering oder verächtlich waren, werden die gerechte Vergeltung für alles Geistliche und Gute empfangen, das sie auch im verborgenen gewirkt haben. Viele im Verborgenen getane Dienste werden öffentlich belohnt werden (vgl. Mt 6,3-4 u. 17-18).

Zuerst einmal wird das Gericht des Christus eine öffentliche Anerkennung für allen treuen und geistgewirkten Dienst beinhalten. Der Herr wird ihn bewerten und Sein Lob aussprechen: „Da sagte sein Herr zu ihm: Recht so, du guter und treuer Knecht! Du bist über wenigem treu gewesen, ich will dich über vieles setzen; geh ein zur Freude deines Herrn!“ (Mt 25,21). In der Tat, „dann wird jedem das Lob von Gott zuteil werden“ (1Kor 4,5).

Der öffentlichen Anerkennung folgt dann auch ein Lohn – das ist eine wunderbare Herablassung Gottes, denn eigentlich hätten wir für das, was Gott in Seiner Gnade durch uns gewirkt hat, keinerlei Lohn zu beanspruchen; wir alle müssen bekennen: „Wir sind unnütze Knechte; wir haben getan, was wir zu tun schuldig waren!“ (Lk 17,10), und mit David sagen: „Denn was bin ich, und was ist mein Volk, daß wir Kraft haben sollten, in solcher Weise freiwillig zu geben? Denn von dir kommt alles, und aus deiner eigenen Hand haben wir dir gegeben“ (1Chr 29,14).

Aber Gott möchte uns dennoch Lohn geben, weil Er ein überreich gebender Gott ist. Gott selbst ist unser Lohn (vgl. 1Mo 15,1); Er hat beschlossen, Seinen Getreuen für all ihren Dienst reichen Lohn zu geben (vgl. Rt 2,12; Ps 19,12; Spr 11,18; Mt 5,12; Mt 6,1; Mt 10,42; Lk 6,35; Joh 4,36; 1Kor 3,8.14; 1Kor 9,17; Kol 3,24; Hebr 11,6.26; 2Joh 1,8; Offb 11,18), und zwar nach dem Maß der Treue, der Selbstverleugnung und des Leidens für Christus in unserem Leben.

Der Apostel Paulus war sich in seinem aufopferungsvollen Dienst sehr wohl der Tatsache einer kommenden Belohnung bewußt. Er wußte um einen Siegespreis für den Knecht, der im Wettlauf des Dienstes gut läuft:

Wißt ihr nicht, daß die, welche in der Rennbahn laufen, zwar alle laufen, aber nur einer den Preis erlangt? Lauft so, daß ihr ihn erlangt! Jeder aber, der sich am Wettkampf beteiligt, ist enthaltsam in allem – jene, um einen vergänglichen Siegeskranz zu empfangen, wir aber einen unvergänglichen. (1Kor 9,24-25; vgl. 2Tim 2,5)

Der Apostel Paulus bezeugt immer wieder, daß er dem Herrn auch deshalb treu und eifrig dient, weil er den kommenden Tag der Rechenschaft, den Tag des Christus, im Sinn hat und sich ausstreckt nach dem Ziel, dem „Kampfpreis der himmlischen Berufung Gottes in Christus Jesus“ (Phil 3,14). Dieser Kampfpreis wird mehrfach in der Schrift als „Siegeskranz“ oder „Krone“ (gr. stephanas) beschrieben; der Begriff „Siegeskranz“ bezeichnet auch die Lorbeerkränze, mit denen die Sieger der Olympischen Spiele geehrt wurden:

Jeder aber, der sich am Wettkampf beteiligt, ist enthaltsam in allem — jene, um einen vergänglichen Siegeskranz zu empfangen, wir aber einen unvergänglichen. (1Kor 9,25)

Und wenn sich auch jemand an Wettkämpfen beteiligt, so empfängt er doch nicht den Siegeskranz, wenn er nicht nach den Regeln kämpft. (2Tim 2,5)

Glückselig ist der Mann, der die Anfechtung erduldet; denn nachdem er sich bewährt hat, wird er die Krone (od. den Siegeskranz) des Lebens empfangen, welche der Herr denen verheißen hat, die ihn lieben. (Jak 1,12)

Am Ende seines Lebens konnte der Apostel Paulus bezeugen:

Ich habe den guten Kampf gekämpft, den Lauf vollendet, den Glauben bewahrt. Von nun an liegt für mich die Krone (der Siegeskranz) der Gerechtigkeit bereit, die mir der Herr, der gerechte Richter, an jenem Tag zuerkennen wird, nicht aber mir allein, sondern auch allen, die seine Erscheinung liebgewonnen haben. (2Tim 4,7-8)

Wohl uns, wenn wir uns den Apostel zum Vorbild nehmen und wie er alle unsere Kraft dareinsetzen, unserem geliebten, wunderbaren Herrn in Heiligung und ganzer Hingabe zu dienen, damit wir auch diese Krone empfangen!

 

 

Die kommende Rechenschaft als Ansporn
zu einem geheiligten Leben

 

Die wichtige und vielfach im Neuen Testament angesprochene Lehre von der kommenden Stunde der Rechenschaft ist uns gegeben worden, damit wir, solange wir noch hier auf Erden in unserem Leib leben, und vor Sünde und fleischlichem Leben hüten und der Heiligung nachjagen. Der Gedanke an die kommende Rechenschaft sollte uns anspornen, schon jetzt alles Böse, Verdorbene um jeden Preis zu meiden und alles daranzusetzen, unserem Herrn zu gefallen, damit wir einmal Sein Lob und seinen Lohn empfangen.

Eine weitere bedeutungsvolle Lektion aus dem Wissen um die kommende Rechenschaftslegung ist die Wichtigkeit des regelmäßigen Selbstgerichts, das ein wesentlicher Bestandteil unseres geistlichen Lebens sein sollte. Rückhaltlose Beugung, offenes Bekenntnis ist der einzige Weg, auf dem wir, wenn wir versagt haben, Beschämung und schmerzlichen Verlust vermeiden oder abmildern können, denn es steht geschrieben: „Denn wenn wir uns selbst richteten, würden wir nicht gerichtet werden“ (1Kor 11,31).

Die Sünden, die wir aufrichtig vor Gott bekannt haben, die sind vergeben und hinweggetan (vgl. 1Joh 1,5-10). Was wir hier schon vor Gott und mit anderen Menschen in Ordnung gebracht haben, muß dort nicht mehr in Ordnung gebracht werden.

Wenn es um unsere Gedanken und verborgenen Herzenshaltungen geht, dann darf uns das Wissen, daß all dies einmal vor Christus und womöglich auch vor unseren Mitgläubigen offenbar werden wird, dazu leiten, schon jetzt alles vor Gott zu bekennen und zu bereinigen, was in unserem Herzen ist und keinen Bestand vor dem Herrn haben kann.

Wir dürfen uns reinigen von jeder „Befleckung des Geistes“ und unsere Heiligkeit vollenden in der Furcht Gottes (2Kor 7,1). Wir dürfen der Aufforderung des Jakobus folgen: „Heiligt eure Herzen, die ihr geteilten Herzens seid!“ (Jak 4,8). Wir wollen bewußt Zucht über unsere Gedanken üben und jeden Gedanken gefangennehmen zum Gehorsam gegen Christus (2Kor 10,5).

Was unsere Worte betrifft, so wollen wir auch hier uns schon heute prüfen, was wir alles an Worten geredet haben und reden, und alles, was davon mit Bosheit, Verdorbenheit, Lüge und Verleumdung verunreinigt ist, bekennen, ablegen und mit den Menschen bereinigen (vgl. u.a. Mt 12,36; Eph 4,25-32; Kol 3,8-9; Jak 3,1-12).

Wir wollen danach streben, nur solche Worte zu reden, die geistlich und rein sind, erbaulich und hilfreich. das bedeutet keineswegs, vor Ermahnungen und klarer Rede zurückzuschrecken und immer nur Liebliches von sich zu geben – wir werden einmal auch Rechenschaft geben müssen von jedem Wort der Ermahnung und Warnung, das wir versäumt haben! Aber verletzende, verleumderische, herunterziehende, boshafte Worte sollten wir schon hier bewußt meiden, damit wir sie nicht an jenem Tag bereuen müssen.

Auch unsere Taten, unseren Dienst, unser Leben in der Nachfolge sollten wir bewußt so ausrichten, daß sie an jenem Tag der Rechenschaft bestehen und das Lob unseres Herrn hervorrufen können. Der überragende Maßstab unserer Beurteilung als Knechte und Mägde Gottes wird einmal die Treue unserer Haushalterschaft sein (vgl. 1Kor 4,1-2).

Auf der einen Seite haben wir guten Grund, alles fleischliche, selbstsüchtige, sündige Verhalten in der Furcht Gottes zu meiden; auf der anderen Seite werden wir zu Opfern, zu Selbstverleugnung und treuem, beständigem Dienst ermutigt durch die Gewißheit, daß, auch wenn Menschen darüber gleichgültig hinwegsehen, unser treuer Herr all dies einmal belohnen wird.

 

Wir haben eine herrliche Hoffnung – wir wollen unserem liebenden Herrn treu und eifrig dienen, bis Er kommt, um diese Hoffnung zu erfüllen!

 

 

Bearbeiteter Auszug aus dem Buch von Rudolf Ebertshäuser: Christus – unsere Heiligung. Eine biblische Ermutigung zu einem geheiligten Leben für Gott, S. 50-59.  (Steffisburg: Edition Nehemia 2011)

 

 

 

Das-Wort-der-Wahrheit.de   © Rudolf Ebertshäuser   Veröffentlicht im Dezember 2018

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