Der Priesterdienst für den lebendigen Gott, den wir im ersten Abschnitt unseres Buches anhand der Lehre der Bibel betrachtet haben, war schon immer geistlich umkämpft und angefochten. Durch die ganze Menschheitsgeschichte hindurch erkennen wir ein gewaltiges, ernstes Ringen um die Menschen, das zwischen dem allmächtigen, gnädigen Schöpfergott und dem listigen, gefallenen Gegenspieler Gottes, dem Satan, stattfand und immer noch stattfindet.
Der Gott, der Anbeter sucht, und die priesterliche Anbetung der Gläubigen
Gott hatte den Menschen geschaffen, das dürfen wir aus dem Gesamtzeugnis der Bibel schließen, weil es Ihn verlangte, liebende Gemeinschaft mit einem einsichtigen Geschöpf zu haben, das Er deshalb bewußt in Seinem Ebenbild schuf. Gott sucht Anbeter (Joh 4,23-24) – das kann man durchaus als einen roten Faden in Gottes Heilshandeln mit der in Sünde gefallenen Menschheit ansehen. Man kann es so verstehen, daß Gott den Auftrag an den Menschen, Könige und Priester zu sein, schon für Adam und Eva vorgesehen hatte, und daß Er diesen Auftrag immer wieder den Menschen aufs Herz legte, die an Ihn glaubten.
Gott offenbarte sich zu diesem Zweck schon den gottesfürchtigen Menschen vor der Flut, die im Glauben Seinen Namen anriefen (1Mo 4,26); Er offenbarte sich Noah, der Ihm nach seiner Errettung einen Altar baute (1Mo 8,20), und Er offenbarte sich dem Abraham, von dem wir das erste Mal lesen, daß er den HERRN anbetete (1Mo 22,5). Unter den Nachkommen Noahs in der erwählten Linie Sems, unter den Nachkommen Abrahams in der erwählten Linie Isaaks und Jakobs suchte und fand Gott Anbeter, begnadigte Sünder, errettete Geschöpfe, die dem HERRN durch Buße und Glauben anhingen und Ihn ehrten als den allein wahren Gott, den Urheber des Heils, den Allherrscher, den barmherzigen und gnädigen Gott.
In jeder Generation finden wir solche Anbeter, die den wahren Gott fürchteten und liebten, Ihm dienten und Ihn lobten, die ihre Gebete im Glauben an Ihn allein richteten und nur Ihm allein Opfer darbrachten. Das ist der geistliche Same (d.h. die Nachkommenschaft, das Geschlecht) der Gottesfürchtigen im Alten Testament.
Unter diesen Anbetern, die Gott wohlgefällig waren, obgleich sie die höhere Anbetung im Geist und in der Wahrheit noch nicht kannten, die unser Herr Jesus offenbart hat (vgl. Joh 4,22-24), waren viele gottesfürchtige Priester von Pinehas bis zu Jeschua, dem Sohn Jozadaks (Hag 1,14). Es gab darunter manche gottesfürchtige Könige, von David, dem Mann nach Gottes Herzen, bis zu Josia, dem letzten Reformer Israels.
Es waren darunter viele Propheten wie etwa Elia, der auf dem Karmel versuchte, Israel zur wahren Anbetung zurückzuführen, oder wie Jesaja, der zusammen mit anderen dasselbe mit Juda versuchte. Und es waren darunter zahllose gottesfürchtige Israeliten, die dem HERRN, ihrem Gott, und Ihm allein in Treue Opfer und Anbetung darbrachten.
Das Wirken des Widersachers
In der ganzen Bibel können wir aber auch erkennen, daß eine finstere geistliche Macht immer wieder versucht, dem lebendigen Gott die Anbetung zu rauben und die Menschen auf ihre Seite zu ziehen. In Gottes Wort wird dies nur an einzelnen Punkten ganz offen dem Satan zugeschrieben, aber wenn wir die verschiedenen Epochen der Heilsgeschichte im Lichte dessen, was uns insgesamt über diesen listigen gefallenen Engel geoffenbart wird, untersuchen und deuten, dann werden doch gewisse Zusammenhänge erkennbar.
Der Satan, dieser aufrührerische Engel, hat das brennende Verlangen, Gott Seine Anbeter und die Ihm schuldige Anbetung zu rauben und Menschen dazu zu verführen, ihn selbst unter den zahlreichen Masken verschiedener Götzen anzubeten. Das wird durch sein verführerisches Angebot an den Herrn Jesus aufgedeckt:
Wiederum nimmt ihn der Teufel mit auf einen sehr hohen Berg und zeigt ihm alle Reiche der Welt und ihre Herrlichkeit und spricht zu ihm: Dieses alles will ich dir geben, wenn du niederfällst und mich anbetest! Da spricht Jesus zu ihm: Weiche, Satan! Denn es steht geschrieben: »Du sollst den Herrn, deinen Gott, anbeten und ihm allein dienen!« (Mt 4,8-10)
Diese Absicht Satans wird schon im Sündenfall deutlich, als der Widersacher sich den ersten Menschen näherte, diesen auserwählten Geschöpfen Gottes, die von ihrem Schöpfer mit Geist und Verstand, Willen und Bewußtsein, mit Sprache und musikalischen Fähigkeiten begabt waren, damit sie Ihm priesterlich dienten und Ihn anbeteten.
Durch List und Irreführung erreichte der Widersacher, daß die Menschen sich von Gott abwandten und der Schlange vertrauten. Lüge, List und falsche Glücks- und Machtversprechungen kennzeichnen auch heute noch das Vorgehen des Widersachers gegen die Menschen. Am Ende der Zeiten wird er scheinbar am Ziel seiner Wünsche angelangt sein, wie wir im Buch der Offenbarung lesen:
Und ich sah aus dem Meer ein Tier aufsteigen, das sieben Köpfe und zehn Hörner hatte und auf seinen Hörnern zehn Kronen, und auf seinen Köpfen einen Namen der Lästerung. Und das Tier, das ich sah, glich einem Panther, und seine Füße waren wie die eines Bären und sein Rachen wie ein Löwenrachen; und der Drache gab ihm seine Kraft und seinen Thron und große Vollmacht. Und ich sah einen seiner Köpfe wie zu Tode verwundet, und seine Todeswunde wurde geheilt. Und die ganze Erde sah verwundert dem Tier nach. Und sie beteten den Drachen an, der dem Tier Vollmacht gegeben hatte, und sie beteten das Tier an und sprachen: Wer ist dem Tier gleich? Wer vermag mit ihm zu kämpfen? (Offb 13,1-4)
Doch dieser scheinbare Triumph währt nicht lange. Bald darauf, so lesen wir es in Offenbarung 20, wird Gott den Drachen, die alte Schlange, gebunden in den Abgrund werfen, und am Ende wird er das verdiente Gericht des ewigen Feuers verspüren, statt sich in der fehlgeleiteten Anbetung sündiger Menschen zu sonnen.
In diesem Abschnitt unseres Buches wollen wir zunächst kurz auf die Methoden eingehen, mit denen der Feind versuchte, die Anbetung und den Priesterdienst des alttestamentlichen Gottesvolkes zu untergraben; danach wollen wir untersuchen, was er unternahm, um den Priesterdienst und die Anbetung der neutestamentlichen Gemeinde zu verfälschen.
Wie der Feind Menschen zum Götzendienst und Abfall von Gott verführt hat
Schon bald nach dem Sündenfall sehen wir zum ersten Mal einen Ausschnitt aus dem gewaltigen Kampf um die Anbetung des Menschen. Abel, der gottesfürchtige jüngere Sohn von Adam und Eva, betete Gott an unter Darbringung eines blutigen Tieropfers, so wie dies angesichts des Sündenfalls vor Gott wohlgefällig war. Jede Anbetung, die Gott wohlgefällig ist, muß angesichts der Sündenschuld des gefallenen Menschen auf einem stellvertretenden Sühnopfer beruhen, das die Schuld des Anbetenden sühnt; sonst kann die Anbetung für Gott nicht akzeptabel sein.
Kain, der Erstgeborene, betete Gott auf eine falsche, Ihm nicht wohlgefällige Weise an, indem er die Früchte seiner eigenen Arbeit darbrachte. Seine Anbetung macht sein sündiges, stolzes, selbstgerechtes Herz offenbar; sie setzt eine Gerechtigkeit aus eigenem Wirken und Werken voraus, und Gott konnte das nicht akzeptieren. Der gottlose, vom Teufel geleitete Kain hegte daraufhin Haß gegen seinen gottesfürchtigen Bruder und ermordete ihn.
Damit beginnt die Geschichte des falschen Gottesdienstes, den sündige Menschen unter der Irreführung des Teufels aufrichteten und der die Quelle aller heidnischen Religion ist. Es beginnt auch die Feindschaft zwischen den Gottlosen und den Gottesfürchtigen, und die Geschichte der listigen Attacken des Widersachers, die wir hinter den in der Bibel berichteten Konflikten um die wahre Anbetung erkennen können.
Dabei liegt die Hauptverantwortung für all die Abweichungen weg von Gott und hin zum Götzendienst immer bei den sündigen Menschen, deren gefallene Sündennatur sie in erster Linie zum Götzendienst verleitete. Dennoch können wir dahinter auch die Strategie des Feindes sehen, der diese sündigen Menschen nach seinen Zwecken benutzte und auf böse Wege leitete.
Wenn wir die Spuren dieses geistlichen Kampfes hier aufzeichnen, dann wollen wir eingangs betonen, daß es hier um Rückschlüsse und Beobachtungen geht, die in Übereinstimmung mit den biblischen Offenbarungen über das Wirken des Feindes stehen, die aber in den biblischen Berichten selbst nicht direkt in Verbindung mit dem Teufel gebracht werden. Wohl aber finden wir immer wieder Andeutungen in der Schrift, die uns zu solchen Rückschlüssen ermutigen (vgl. u.a. Hiob 1 u. 2; 1Chr 21,1; Mt 4,8; Mt 13,39; Mt 16,23; Mk 4,15; Lk 22,31; Joh 8,44; Apg 13,10; 2Kor 2,11; 2Kor 11,14; Eph 6,11; 2Thess 2,9; 2Tim 2,26; 1Pt 5,8; 1Joh 3,8-10; Offb 12,9). Jeder Leser möge prüfen, ob diese Rückschlüsse berechtigt sind.
1. Die Anschläge des Feindes von den Tagen Seths bis zum Auszug Israels aus Ägypten
Die Nachkommen des gottesfürchtigen Seth, der Adam und Eva anstelle von Abel geboren wurde, waren Anbeter des wahren Gottes; anläßlich der Geburt seines Sohnes Enosch wird in Gottes Buch vermerkt: „Damals fing man an, den Namen des HERRN anzurufen“ (1Mo 4,26). Doch der Feind verführte die gottlosen Kainiter mithilfe ungehorsamer Engel und abartiger okkulter Praktiken (vgl. 2Pt 2,4-5; Jud 1,6), sodaß Frevel und okkulter Götzendienst überhandnahm. Allmählich verdarb der Teufel auch die Nachkommen der gottesfürchtige Linie Seths, sodaß am Ende nur Noah und seine Söhne übrigblieben. Wie traurig ist die Bilanz, die Gott vor der Sintflut ziehen muß:
Aber die Erde war verderbt vor Gott und erfüllt mit Frevel. Und Gott sah die Erde an, und siehe, sie war verderbt; denn alles Fleisch hatte seinen Weg verderbt auf der Erde. Da sprach Gott zu Noah: Das Ende alles Fleisches ist bei mir beschlossen; denn die Erde ist durch sie mit Frevel erfüllt, und siehe, ich will sie samt der Erde vertilgen! (1Mo 6,11-13)
Nach dem Gericht der Sintflut berief Gott unter den Söhnen des gottesfürchtigen Noah den Sem (hebr. Schem = „Name“, ein Hinweis auf den Namen des HERRN, der angerufen werden sollte) und seine Nachkommen. Der allmächtige Gott des Himmels und der Erde bekannte sich zu Sem in dem inspirierten Segen Noahs: „Gepriesen sei der HERR, der Gott Sems!“ (1Mo 9,26).
Die Nachkommen Hams jedoch wurden vom Satan dazu gebracht, andere Götter anzubeten als den lebendigen Schöpfergott. Hier wird uns besonders Nimrod genannt, der auch der Begründer der bösen Städte Babel und Ninive war (vgl. 1Mo 10,8-12). Die Nachkommen Hams trieben Astrologie und andere magische Praktiken und verehrten die Dämonen unter der Hülle von Sonne, Mond und Sternen, von Naturkräften, Tier- und Menschen-„Göttern“, wie es später in bezug auf Israel beschrieben wird:
Sie opferten den Dämonen, die nicht Gott sind, Göttern, die sie nicht kannten, neuen Göttern, die erst vor kurzem aufgekommen waren, die eure Väter nicht verehrten. (5Mo 32,17)
Im Neuen Testament wird das Wesen des heidnischen Götzendienstes scharf bloßgestellt, sowohl die Schuld der Menschen, die sehr wohl um den wahren Gott wußten, als auch der Dämonendienst, der sich hinter dem Götzendienst verbarg:
Denn obgleich sie Gott erkannten, haben sie ihn doch nicht als Gott geehrt und ihm nicht gedankt, sondern sind in ihren Gedanken in nichtigen Wahn verfallen, und ihr unverständiges Herz wurde verfinstert. Da sie sich für weise hielten, sind sie zu Narren geworden und haben die Herrlichkeit des unvergänglichen Gottes vertauscht mit einem Bild, das dem vergänglichen Menschen, den Vögeln und vierfüßigen und kriechenden Tieren gleicht. Darum hat sie Gott auch dahingegeben in die Begierden ihrer Herzen, zur Unreinheit, so daß sie ihre eigenen Leiber untereinander entehren, sie, welche die Wahrheit Gottes mit der Lüge vertauschten und dem Geschöpf Ehre und Gottesdienst erwiesen anstatt dem Schöpfer, der gelobt ist in Ewigkeit. Amen! (Röm 1,21-25)
Nein, sondern daß die Heiden das, was sie opfern, den Dämonen opfern und nicht Gott! (1Kor 10,20)
Leider wurden auch die Nachkommen Sems allmählich in den satanisch inspirierten Götzendienst der anderen Völker hineingezogen, sodaß Josua viel später dem Volk Israel im Auftrag des HERRN sagen muß:
So spricht der HERR, der Gott Israels: »Eure Väter wohnten vor Zeiten jenseits des [Euphrat-]Stromes, und sie dienten anderen Göttern, [auch] Terach, der Vater Abrahams und Nahors. (Jos 24,2)
Aus diesem Grund rief der HERR den Abram aus der Mitte seiner götzendienerischen Verwandtschaft heraus und sonderte ihn ab, indem Er ihn als Fremdling nach Kanaan sandte, wo einige Nachkommen Hams und Kanaans schlimmsten Götzendienst trieben, wie an den sprichwörtlichen Stadtstaaten Sodom und Gomorra sichtbar wurde. Mitten unter den Götzendienern baute der Fremdling Abram seinem Gott Altäre, opferte und betete den HERRN an (vgl. 1Mo 12,8; 13,4.18; 21,33; 22,5).
Abrahams Nachkommen Isaak und Jakob (Israel) waren ebenfalls Anbeter des lebendigen Gottes. Aus den Nachkommen Abrahams, so hatte es der HERR feierlich verheißen, sollte einst der Same kommen, der Same der Frau (1Mo 3,15), der künftige Messias. In Israel und seinen zwölf Söhnen sollte diese Verheißung verwirklicht werden; auch diese zwölf Söhne waren, bei all ihren Verfehlungen, Anbeter des wahren Gottes. Im ägyptischen Exil wurden ihre Nachkommen durch Leiden auf ihren großen Auftrag vorbereitet: die Einnahme Kanaans und die Errichtung eines Heiligtums, in dem der lebendige Gott dauerhaft wohnen und Anbetung empfangen wollte.
2. Die Listen des Widersachers gegen Israel während der Wüstenwanderung
Der Satan, der listige Widersacher Gottes, ließ auch nach der Erlösung Israels aus Ägypten nichts unversucht, um dem wahren Gott die Anbetung zu rauben. Das geschah zum einen schon immer durch Verfolgung und Bedrückung.
Unter der Zulassung Gottes reizte der Teufel seine Anhänger, die götzendienerischen Nachfolger Hams und Kanaans, und brachte sie immer wieder dazu, die Gottesfürchtigen anzugreifen, zu verfolgen und zu bedrängen. Wiederholt lesen wir es in 4. Mose, Josua, im Buch Richter wie auch den anderen Geschichtsbüchern, daß gerade dann Völker wie Amalek, die Philister oder die Moabiter und Ammoniter das Volk Gottes angriffen, wenn es vor einem wichtigen Schritt vorwärts im Dienst Gottes stand oder gerade einen geistlichen Sieg errungen hatte. Doch alle Verfolgung konnte den Gottesfürchtigen letztlich nicht schaden, weil der Herr ihnen beistand.
Satans erfolgreichste Taktik: Verführung und Vermischung
Wesentlich erfolgreicher war deshalb seit jeher schon die andere Taktik des Teufels, die Verführung; er versuchte immer wieder, die Menschen zur Anbetung falscher Götter zu verführen, die letztlich ihm zugutekam. Die allmähliche Vermischung des geheiligten, für Gott ausgesonderten Priestervolkes Gottes mit Götzendienern war ein bewährter Schachzug des Feindes; das war ihm ja schon mit den Nachkommen des gottesfürchtigen Sem in Ur in Chaldäa gelungen, wie wir oben sahen (vgl. Jos 24,2).
Das hatte der Feind auch bei den Nachkommen der zwölf Söhne Israels erreicht, die aus Ägypten zogen; offenkundig hatten zahlreiche Israeliten in der Zeit unter den götzenverehrenden Ägyptern vieles von deren Götzendienst sowie von dem benachbarter Heidenvölker übernommen. Anders läßt es sich nicht erklären, was der HERR Seinem Volk durch den Propheten Amos vorhält:
Habt ihr etwa mir während der 40 Jahre in der Wüste Schlachtopfer und Speisopfer dargebracht, ihr vom Haus Israel? Ihr habt die Hütten eures Moloch und den Kaiwan, eure Götzenbilder, getragen, das Sternbild eurer Götter, die ihr euch gemacht habt! (Amos 5,25-26)
Die tiefsitzende Prägung durch den ägyptischen Götzendienst ist auch ein wesentlicher Faktor bei dem ersten schlimmen Sündenfall des gerade erretteten Volkes, das kurz nach dem feierlichen Bundesschluß mit dem HERRN gleich das erste und zweite Gebot übertrat und sich ein goldenes Kalb machte:
Als aber das Volk sah, daß Mose lange nicht von dem Berg herabkam, da sammelte sich das Volk um Aaron und sprach zu ihm: Auf, mache uns Götter, die uns vorangehen sollen! Denn wir wissen nicht, was mit diesem Mann Mose geschehen ist, der uns aus dem Land Ägypten heraufgeführt hat. Da sprach Aaron zu ihnen: Reißt die goldenen Ohrringe ab, die an den Ohren eurer Frauen, eurer Söhne und eurer Töchter sind, und bringt sie zu mir! Da riß sich das ganze Volk die goldenen Ohrringe ab, die an ihren Ohren waren, und sie brachten sie zu Aaron. Und er nahm es aus ihrer Hand entgegen und bildete es mit dem Meißel und machte ein gegossenes Kalb. Da sprachen sie: Das sind eure Götter, Israel, die dich aus dem Land Ägypten heraufgeführt haben! Als Aaron das sah, baute er einen Altar vor ihm und ließ ausrufen und sprach: Morgen ist ein Fest für den HERRN! (2Mo 32,1-5)
Die Israeliten wandten sich rasch von dem HERRN, ihrem Gott, ab, obwohl sie doch am Berg Sinai solche eindrucksvollen Erweise Seiner Gegenwart und Herrlichkeit erlebt hatten (vgl. 2Mo 19,16 – 20,23). Sie wollten als ihren Gott einen sichtbaren Götzen, das Bildnis eines Stieres, wie es ihnen zweifellos aus dem ägyptischen Apis-Kult vertraut war. Sie wollten ihrem Gott nach der Weise der Heidenvölker dienen, durch ein zügelloses heidnisches Fest mit Tanz und Gelage (die Ähnlichkeiten mit den ekstatischen charismatischen „Festen für den Herrn“ sind keineswegs zufällig).
Der listige Ratschlag Bileams: Verführung zur geistlichen Hurerei
Eine andere Taktik war die Verlockung zu geistlicher Hurerei mithilfe von leiblicher Hurerei und Verbindung mit götzendienerischen Menschen, wie wir sie in dem bösen Ratschlag Bileams finden:
Aber ich habe ein weniges gegen dich, daß du dort solche hast, die an der Lehre Bileams festhalten, der den Balak lehrte, einen Anstoß [zur Sünde] vor die Kinder Israels zu legen, so daß sie Götzenopfer aßen und Unzucht trieben. (Offb 2,14)
Und Israel ließ sich in Sittim nieder; und das Volk fing an, Unzucht zu treiben mit den Töchtern der Moabiter, und diese luden das Volk zu den Opfern ihrer Götter ein. Und das Volk aß [mit ihnen] und betete ihre Götter an. Und Israel begab sich unter das Joch des Baal-Peor. Da entbrannte der Zorn des HERRN über Israel. (4Mo 25,1-3)
Diese tödliche Gefahr, durch Vermischung mit den Heidenvölkern in den Götzendienst verstrickt zu werden, stellt Gott Seinem Volk immer wieder warnend vor Augen, so z.B. durch Josua:
So haltet nun fest daran, alles zu befolgen und zu tun, was im Buch des Gesetzes Moses geschrieben steht, daß ihr nicht davon abweicht, weder zur Rechten noch zur Linken, damit ihr euch nicht mit diesen Völkern vermischt, die noch bei euch übriggeblieben sind, und nicht die Namen ihrer Götter anruft, noch bei ihnen schwört, noch ihnen dient, noch sie anbetet; sondern dem HERRN, eurem Gott, sollt ihr anhängen, wie ihr es getan habt bis zu diesem Tag. (…)
Darum habt gut acht auf eure Seelen, daß ihr den HERRN, euren Gott, liebhabt! Wenn ihr euch aber abwendet und dem Überrest dieser Völker anhängt, die unter euch übriggeblieben sind, und euch mit ihnen verheiratet, so daß ihr euch untereinander vermischt, so sollt ihr gewiß wissen, daß dann der HERR, euer Gott, nicht länger diese Völker vor euch vertreiben wird; sondern sie werden euch zur Schlinge werden und zum Fallstrick und zur Geißel an eurer Seite und zu Dornen in euren Augen, bis ihr vertilgt seid aus diesem guten Land, das der HERR, euer Gott, euch gegeben hat! (Jos 23,6-8.11-13)
Durch die Untreue Israels und das listige Wirken des Satans kam es immer wieder zu genau dieser verderblichen Entwicklung. Das war in der Zeit der Richter der Fall; später finden wir die List des Teufels hinter dem Fall Salomos, den seine vielen heidnischen Frauen verleitet hatten, aber auch hinter der Abtrünnigkeit Jerobeams und der zehn Stämme, die sich zuerst gegen Gottes Gebot Kälber machten und eine eigenwillige Priesterschaft und eine gefälschte „Anbetung“ erfanden, die gegen Gottes Wort und Willen war.
Diese Sünde Jerobeams war in sich schon ein Schritt des Abfalls und des Götzendienstes, auch wenn die Verehrung der Form nach zunächst dem HERRN galt. Später öffnete sich das Zehnstämmereich dann der offenen Götzenverehrung bis hin zum Kult des Baal unter Ahab und Isebel.
3. Die listigen Anschläge gegen das von Gott eingesetzte Priestertum und das Heiligtum in Jerusalem
Ein besonderes Ziel des Teufels war das Reich von Juda, aus dessen Geschlecht der Messias kommen sollte, und das Heiligtum des HERRN, der Tempel, der in Jerusalem stand. Wir sehen in der Geschichte Judas, wie der Feind unklare, untreue Könige dazu brachte, den heidnischen Götzendienst in das heilige Volk Gottes einzuführen. Umgekehrt war der HERR bestrebt, durch gottesfürchtige Könige die reine Anbetung des HERRN und den biblischen Priesterdienst wiederherzustellen.
Gleich schon der erste König nach David, der überaus gesegnete und privilegierte König Salomo, hatte gegen Ende seiner Herrschaft, verführt durch heidnische Frauen, den Götzendienst in Juda etabliert. Es scheint, als sei dieser danach nie wieder völlig ausgerottet worden, auch wenn gottesfürchtige Könige wie Hiskia und Josia große Anstrengungen in diese Richtung unternahmen.
Die Botschaften der Propheten zeigen, daß selbst in den Zeiten religiöser Erweckung und treuer Könige eine nicht geringe Zahl von Fürsten und Mächtigen in Juda sowie viele aus dem Volk sich mit einem verhärteten Herzen in abgründigen heidnischen Praktiken des Götzendienstes und der Falschreligion und Zauberei ergingen (vgl. dazu u.a. Jes 1,1-13; 3,10-11; 48,1-8; Jer 2,1-28; Zeph 1,4-9).
Dieser sündige Götzendienst war verbunden mit schlimmsten moralischen Vergehungen wie Hurerei, Ehebruch und Mord, ja sogar mit Kinderopfern an den Moloch. Diese Leute waren eifrig im Götzendienst und „hingegeben“ an ihre falschen Götter; sie begingen damit schlimmste geistliche Hurerei und Greuel vor dem heiligen Gott, der sie doch in dem wahren Priesterdienst und der echten Anbetung unterwiesen hatte (vgl. z.B. Hesekiel 16 und 23).
Immer wieder waren es die widergöttlichen Vermischungen, die der Feind gebrauchen konnte, um Juda zu verführen. So war der untreue König Rehabeam, der das einheitliche Reich verspielte, der Sohn einer im Götzendienst aufgewachsenen ammonitischen Frau (vgl. 2Chr 12,13-14), die sein Vater gar nicht hätte heiraten dürfen – und damit ist er nicht der einzige.
Der eigentlich gottesfürchtige König Josaphat brachte Verderben und beinahe die Ausrottung des davidischen Königtums über Juda, indem er seinem Sohn die böse Athalja, die Tochter Ahabs und Isebels, zur Frau gab. Die Herrschaft seines Sohnes Joram war einer der Tiefpunkte in der Geschichte Judas. Er war der erste König, der das Volk aktiv zum Götzendienst verführte (2Chr 21,11); zudem brachte er alle seine Brüder aus dem Geschlecht Davids um (2Chr 21,4).
Diese von Satan inspirierte Linie des Mordes am Samen der Verheißung setzte dann die böse Athalja als Königinmutter fort (2Chr 22,10). Wir können hier die Absicht des Teufels erkennen, die Verheißung Gottes über den Samen Davids, den Messias, durch Blutvergießen und Ausrottung zu durchkreuzen.
Der untreue König Ussija versuchte, sich unrechtmäßig das Priesteramt anzumaßen, indem er selbst im Heiligtum räucherte. Später ließ sich der gottlose König Ahas hinreißen, im Tempel des HERRN die Nachbildung eines Götzenaltars aus Damaskus aufzustellen und dafür den von Gott selbst angeordneten Brandopferaltar von seiner Stelle wegzuschaffen (2Kön 16,10-16). Er opferte dann den Götzen von Damaskus und verschloß schließlich die Türen am Haus des HERRN, d.h. er brachte den von Gott angeordneten Opferdienst der echten Priester zu Ende (2Chr 28,23-24).
Die aufrichtig gemeinten Reformen des Hiskia waren nur von kurzer Dauer; nach ihm stürzte der gottlose König Manasse Juda in die schlimmsten Exzesse des heidnischen Götzendienstes (was zeigt, daß die Führungsschicht und das Volk Hiskia nur halbherzig und äußerlich gefolgt waren). Der Götzendienst Manasses und des Volkes von Juda war so schlimm, daß er die Greuel der Heidenvölker noch übertraf und zur Verwerfung und Vertreibung Judas führte:
Und er [Manasse] tat, was böse war in den Augen des HERRN, nach den Greueln der Heidenvölker, die der HERR vor den Kindern Israels vertrieben hatte. Er baute die Höhen wieder auf, die sein Vater Hiskia zerstört hatte, und errichtete dem Baal Altäre und machte ein Aschera-Standbild, wie es Ahab, der König von Israel, getan hatte, und er betete das ganze Heer des Himmels an und diente ihnen. Er baute auch Altäre im Haus des HERRN, von dem der HERR gesagt hatte: In Jerusalem will ich meinen Namen wohnen lassen. Und er baute dem ganzen Heer des Himmels Altäre in beiden Vorhöfen am Haus des HERRN. Er ließ auch seinen Sohn durchs Feuer gehen und trieb Zeichendeuterei und Zauberei und hielt Geisterbefrager und Wahrsager; er tat vieles, was böse ist in den Augen des HERRN, um ihn herauszufordern. Er setzte auch das Standbild der Aschera, das er gemacht hatte, in das Haus, von dem der HERR zu David und zu seinem Sohn Salomo gesagt hatte: »In diesem Haus und in Jerusalem, das ich aus allen Stämmen Israels erwählt habe, will ich meinen Namen wohnen lassen ewiglich (…)
Da redete der HERR durch seine Knechte, die Propheten, und sprach: Weil Manasse, der König von Juda, diese Greuel verübt hat, die schlimmer sind als alle Greuel, welche die Amoriter getan haben, die vor ihm gewesen sind, und weil er auch Juda mit seinen Götzen zur Sünde verführt hat, darum spricht der HERR, der Gott Israels: Siehe, ich will Unheil über Jerusalem und über Juda bringen, daß jedem, der es hört, beide Ohren gellen sollen. (2Kön 21,2-7.10-12)
Die Frucht dieser schrecklichen Sünden war schließlich, daß die Anbetung des HERRN im Tempel für mehr als 70 Jahre unterbrochen wurde und das durch Götzendienst entweihte Heiligtum durch Gottes Gericht völlig zerstört wurde; die Masse des Volkes Gottes, das doch ein heiliges Volk von Priestern hätte sein sollen, wurde zu den Götzendienern nach Babylon verschleppt.
Sie konnten nun den HERRN nicht mehr auf der Grundlage eines Opfers anbeten; es war dem Feind gelungen, durch Verführung und innere Verderbnis das Priestertum Israels und seine Anbetung zumindest für eine gewisse Zeit unwirksam zu machen. Doch Gottes Ratschlüsse blieben bestehen, und ein kleiner Überrest treuer Israeliten konnte den HERRN zumindest im Gebet noch ehren, wenn auch die Opfer ohne Tempel unterbleiben mußten.
Alle diese Begebenheiten aus der Geschichte Israels enthalten eine Warnung für uns Gläubige der Gemeinde Gottes:
Diese Dinge aber sind zum Vorbild für uns geschehen, damit wir nicht nach dem Bösen begierig werden, so wie jene begierig waren. Werdet auch nicht Götzendiener, so wie etliche von ihnen, wie geschrieben steht: »Das Volk setzte sich nieder, um zu essen und zu trinken, und stand auf, um sich zu vergnügen«. Laßt uns auch nicht Unzucht treiben, so wie etliche von ihnen Unzucht trieben, und es fielen an einem Tag 23000. Laßt uns auch nicht Christus versuchen, so wie auch etliche von ihnen ihn versuchten und von den Schlangen umgebracht wurden. Murrt auch nicht, so wie auch etliche von ihnen murrten und durch den Verderber umgebracht wurden. Alle diese Dinge aber, die jenen widerfuhren, sind Vorbilder, und sie wurden zur Warnung für uns aufgeschrieben, auf die das Ende der Weltzeiten gekommen ist. Darum, wer meint, er stehe, der sehe zu, daß er nicht falle! (1Kor 10,6-12)
In diesem Zusammenhang müssen wir schließen: wenn es dem Widersacher gelang, das Volk Gottes damals durch List und Verführung, durch Vermischung und geistliche Unzucht vom Dienst für den Herrn abzubringen, so müssen wir wachsam sein, weil der Feind dasselbe auch mit der neutestamentlichen Gemeinde versuchen wird. Deshalb können wir aus den inspirierten Berichten vom Versagen des Volkes Israel vieles für unseren Weg als Gemeinde lernen.
Auszug aus dem Buch von Rudolf Ebertshäuser: Der priesterliche Auftrag der Gemeinde und ihre endzeitliche Gefährdung