Bis in die frühen 2020er Jahre ist der Einfluß der Bethel Church in Redding (Kalifornien) stetig gewachsen; sie ist heute ein Vorbild für viele neocharismatische Gemeinden und Pastoren.[1] Bethel ist eine Megagemeinde mit etwa 11.000 Besuchern und unterhält ein populäres Musiklabel, Bethel Music, und ist verbunden mit einem zweiten, Jesus Culture. Es betreibt eine extremcharismatische Zeichen- und Wunderschule für „Erweckungsprediger“ (Bethel School of Supernatural Ministry – BSSM). Die Leiter, Bill Johnson und seine inzwischen an Krebs verstorbene Frau Beni, sind weltweit bekannt und einflußreich, ebenso ihre Mitleiter Kris und Kathy Vallotton.

 

 

Zur Vorgeschichte von Bethel

 

Der Pfingstpastor Bill Johnson (der ursprünglich von Assemblies of God angehörte) hatte 1995 die „Toronto-Erweckung“ besucht und wollte diese Art von „Erweckung“ weiterführen, als er eingeladen wurde, die Bethel Church zu leiten. 2005 führte er die Gemeinde aus den Assemblies of God heraus. Bill Johnson, den sein „Prophet“ Kris Vallotton als „fantastischen Apostel mit einem Auftrag, die Kirche zu reformieren“ bezeichnet,[2] steht der „Neuen Apostolischen Reformation“ nahe, auch wenn er behauptet, nicht dazuzugehören. Seine Lehren weisen viele Übereinstimmungen mit den NAR-Lehren auf; er empfiehlt ständig die Bücher von „Aposteln“ und Propheten“ der NAR und wird von ihnen empfohlen, und auch seine Beteiligung an der „apostolischen Einsetzung“ Todd Bentleys ist ein Anzeichen für seine Nähe zur NAR.

In den Versammlungen der Bethel Church ereignen sich dieselben spiritistischen Erscheinungen wie auch in Toronto – plus einige neue „Besonderheiten“ wie das Erscheinen von Engeln und einer „Herrlichkeitswolke“ oder Goldstaub, der auf die Besucher herabfällt. Die Kirche veranstaltet Heilungsgottesdienste und betreibt „Heilungsräume“ (Healing Rooms); sie rühmt sich zahlreicher „Wunderheilungen“, die jedoch zumeist nicht unabhängig beglaubigt wurden. Bethel fördert zahlreiche schwärmerische Praktiken, wie z.B. die „Schatzsuche“, in der Menschen nach vorhergehenden „prophetischen Offenbarungen“ herausgesucht werden, damit man mit ihnen um Heilung betet oder ihnen weissagt. Berüchtigt ist auch das „Grave Soaking“, bei dem Schüler der School of Supernatural Ministry sich auf Gräber verstorbener „Erweckungsprediger“ legten, um dort deren „Salbung“ aufzunehmen.

Eine weitverbreitete Initiative der Bethel Church ist der „Seelsorgedienst“ SOZO, „ein prophetischer Dienst für ganzheitliche Heilung und Freisetzung von Gebundenheiten“, in dem extremcharismatische Praktiken der „Inneren Heilung“ und des „Befreiungsdienstes“ angewandt werden.[3] Zur Zeit der Abfassung dieses Textes (Ende 2024) gehört die Bethel Church mit ihren besonderen Praktiken zu den im deutschsprachigen Raum am weitesten verbreiteten „Trendsettern“ der Szene – aber das kann sich durchaus ändern, wenn eine neue „Erweckungs“welle aufkommt.

 

 

„Bringing Heaven to Earth“: Dominionismus und New-Age-Lehren

 

Das erste populäre Buch von Bill Johnson war When Heaven Invades Earth (2003 – deutsch: Und der Himmel bricht herein).[4] Der Untertitel verspricht einen „praktischen Führer zu einem Leben in Wundern“. Johnson ist nach seinem Bekunden ein Pfingstpastor in der fünften Generation (23), aber Randy Clark attestiert ihm: „Obwohl er ein Pastor der Assemblies of God ist [das war er bis 2005 – RE] (…) trägt in sich die DNA von John Wimber mehr als irgend jemand anders, den ich kenne“ (20). Das äußert sich darin, daß er radikal das falsche „Königreichs-Evangelium“ Wimbers verkündet. Demnach habe die Gemeinde die Schlüssel zum Königreich; „alles, was der Vater hat, gehört uns durch Christus“ (33). Das bezieht er nicht, wie die biblische Lehre, auf die Zukunft im messianischen Reich, sondern behauptet, es sei schon jetzt der gegenwärtige Besitz der Gläubigen.

So fordert er eine Abkehr von der alten, bibelgeprägten Sicht der Gläubigen: „Es ist Zeit für eine Revolution in unserer Vision“ (33). Das bedeutet, die Unterscheidung der Heilszeiten, die teilweise auch noch Bestandteil der Lehre der Assemblies of God war, beiseitezusetzen und stattdessen uns schon jetzt zu herrschenden Königen zu machen (vgl. 1Kor 4,8-13).

Johnsons einzige Belegstelle für diese verkehrte Lehre ist die Zeile aus dem „Vaterunser“: „Dein Reich komme. Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auch auf Erden“ (Mt 6,10). Er bezieht das nicht auf das kommende messianische Reich, sondern auf die Jetztzeit, und schlußfolgert: „Sein Reich wird verwirklicht, wenn das, was hier geschieht, so ist wie im Himmel“ (39). Durch den Glauben kann der Christ nach seiner Meinung die himmlischen Zustände auf die Erde bringen und unbegrenztes übernatürliches Eingreifen Gottes hervorrufen. Doch diese Lehren beinhalten magische Irrtümer und entspringen dem New Age anstatt dem biblischen Glauben.

Im Grunde sind Johnsons Lehren nichts anderes als eine mit „christlichem“ Firnis überzogene Version des uralten magisch-okkulten Grundsatzes „Wie oben, so auch unten“ (As above, so below). Helena Blavatsky, die Begründerin der okkulten Theosophie, hat in ihrem Werk Isis unveiled diesen Grundsatz so dargestellt: „Seine [Swedenborgs] Lehre der Entsprechung, oder des Hermetischen Symbolismus, ist die des Pythagoras und der Kabbalisten – ‚Wie oben, so unten‘. Es ist auch die der buddhistischen Philosophen …“ „Wie oben, so ist es unten. Das, was war, wird wiederkehren. Wie im Himmel, so auf Erden“.[5] Die „himmlischen“ Kräfte, die durch Bethels „übernatürlichen Dienst“ aktiviert und „freigesetzt“ werden, sind dämonische Verführungsmächte und nicht der wahre Geist Gottes.

Der Glaube, so lehrt Johnson, „bringt Sein Königreich in das Blickfeld. Alle dem Vater zur Verfügung stehenden Mittel, alle Seine Vergünstigungen sind zugänglich durch den Glauben“ (44). Deshalb wirkt der „übernatürliche Glauben“ Johnsons auch ständig Wunder auf Erden. „Es gibt im Himmel keine Tumore, und der Glaube bringt jene Realität in diese hier“ (46). „Das ist der vorrangige Fokus für alles Gebet – wenn es im Himmel existiert, dann muß es auf der Erde freigesetzt werden. Der betende Christ ist es, der den Ausdruck des Himmels hier freisetzt“ (59). Das geschieht durch glaubensvolle Proklamationen (declarations).

 

 

„Wunder tun wie Jesus“

 

So fordert Johnson die Christen auf, sie müßten Jesus in Seinem irdischen Dienst nachahmen und laufend Zeichen und Wunder tun, um damit den Himmel auf die Erde zu bringen. „Etwas ist in mir passiert, das es nicht zuläßt, ein Evangelium anzunehmen, das nicht durch Zeichen und Wunder untermauert ist“ (143). Das ist das falsche extremcharismatische „Reichs-Evangelium“, das John Wimber einführte und das mit gemeint ist, wenn der Apostel Paulus warnt, daß jedes andere Evangelium verflucht ist, das abweicht von dem durch Ihn geoffenbarten Evangelium der Gnade (Gal 1,6-9), dem „Wort vom Kreuz“. Johnson lehrt wie Wimber, daß moderne Menschen nur durch ein „Power Encounter“, eine Begegnung mit übernatürlicher Macht, zum Glauben kommen könnten, doch die Bibel lehrt uns, daß der echte Glaube durch das kraftvolle Wort Gottes kommt (vgl. Röm 10,17; 1Pt 1,23).

Dabei vertritt Johnson eine unter manchen Charismatikern verbreitete Irrlehre, nach der Jesus Christus als Mensch auf der Erde alle Gottheit komplett abgelegt habe und unfähig gewesen wäre, selbst ein Wunder zu tun. „Jesus konnte die Kranken nicht heilen. Er konnte auch die Gequälten nicht von Dämonen befreien oder die Toten auferwecken (…) Er hatte KEINE irgendwie gearteten übernatürlichen Fähigkeiten!“ (29).

Diese dämonisch inspirierte „Christologie“ offenbart, daß Johnson, wie alle falschen Apostel (2Kor 11,4) einen anderen Jesus verkündet! Seine Lehre beinhaltet, daß jeder Charismatiker diesen „Jesus“ komplett nachahmen und genauso wirken könne wie er. „Wenn Er Wunder getan hätte, weil Er Gott ist, dann wären sie unerreichbar für uns. Aber wenn Er sie als Mensch vollbrachte, bin ich dafür verantwortlich, Seinen Lebensstil nachzuahmen. Die Wiederherstellung dieser einfachen Wahrheit verändert alles … und ermöglicht eine volle Wiederherstellung des Dienstes von Jesus in Seiner Gemeinde“ (29).

Diese lästerlichen Irrlehren setzen sich bei Johnson fort. In seinem Buch Hosting the Presence schreibt er über den allwissenden Sohn Gottes: „Eine der ziemlich ermutigenden Möglichkeiten, die Jesus offenbar machte, ist die Tatsache, daß er nicht immer im voraus zu wissen schien, was Er tun sollte [!], sondern seine Führung dadurch erhielt, daß er in einem anderen Glauben sah.“[6]

Dazu brauche es einen aggressiven Glauben: „Der Glaube greift nach der Wirklichkeit des Königreiches und bringt sie machtvoll und gewalttätig in einen Zusammenstoß mit dieser natürlichen Realität“ (51). Das ist Magie, anmaßendes Herrschen des Menschen über die Umstände, so wie Johnson auch „heilt“, indem er der Krankheit befiehlt, aus dem Menschen herauszugehen. Johnson versteigt sich zu der anmaßenden Behauptung: „Für jemanden, der Glauben hat, ist nichts unmöglich. Es gibt keine Unmöglichkeiten für jemanden, der Glauben hat … und es gibt keine Ausnahmen“ (52).

Daß dieser „Glaube“ in Wahrheit widergöttlich und antichristlich ist, sehen wir an dem lästerlichen Ausspruch Johnsons gegenüber einer Frau, die ihm sagte, sie glaube, daß Gott ihre Krankheit zu einem bestimmten Zweck zugelassen habe. Johnson antwortet ihr frech: „Ich sagte ihr, wenn ich meine Kinder auf diese Weise behandeln würde, würde ich wegen Kindesmißbrauch verhaftet“.[7] Wenn Johnson immer wieder ausspricht „Gott ist nur gut“, dann verkündet er damit ein unbiblisches, heidnisches Gottesbild, nachdem Gott keine Leiden und Prüfungen im Leben Seiner Kinder verordnen darf, ohne von diesem Lästerer auf die Anklagebank gezerrt zu werden.

In der Corona-Zeit und bei vielen anderen Gelegenheiten ist diese Glaubens-Anmaßung auch in Redding kläglich gescheitert. 2019 erregte die Kirche einiges Aufsehen in der weltlichen Presse, weil die Führer eine durch öffentliche Aufrufe verbreitete und spektakulär gescheiterte Gebetskampagne für die Auferweckung von Olive, der zweijährigen Tochter einer Worship-Leiterin in Bethel, Kalley Heiligenthal, organisierten. Erst mehrere Tage nach dem Tod des Kindes wurde eine Beerdigung ins Auge gefaßt. In der Corona-Zeit wurde zwar der Sieg über diese Seuche proklamiert, aber die Schule für übernatürlichen Dienst erlebte so viele Corona-Erkrankungen, daß sie Quarantäne für die Studenten anordnen mußte.[8] 2023 starb Bill Johnsons Frau Beni an Brustkrebs, obwohl Johnson und viele andere für ihre Heilung „geglaubt“ und „proklamiert“ hatten.

Johnson vertritt nicht nur das falsche Heilungsevangelium, sondern auch das falsche Wohlstandsevangelium: „Weil es im Himmel vollkommene und vollständige Vorsorge gibt, muß es hier dasselbe geben. Der Himmel setzt den Maßstab für die materielle Welt eines Christen“ (60). Johnson wirbt für einen „Lebensstil der Macht (power)“; „Diese Macht wurde uns gegeben, damit wir die Festungen der Hölle enteignen und in Besitz nehmen für die Ehre Gottes“ (72). Man brauche „Hunger nach Gott“ und müsse ihn mit „rücksichtsloser Selbstaufgabe“ suchen (102). „Ich fordere euch heraus, Gott leidenschaftlich zu suchen. Und besteht in eurer Suche darauf, einen übernatürlichen Lebensstil zu pflegen – einen, der die Heerscharen des Himmels beschäftigt hält und so den König und Sein Königreich herbeiführt!“ (139).

Johnson redet von einem „Evangelium der Macht“ (gospel of power – 163); „Ich bin hier als ein militärischer Vertreter des Himmels. Die Kirche ist im Angriff“ (155). Christen bräuchten ein „verzweifeltes Herz für Gott“ (159); man muß offen sein für Neues, Ungewohntes, auch wenn es einem seltsam vorkommt; „Gott ist ein Gott der neuen Dinge“ (158).

 

 

Demagogische Angriffe auf Nüchternheit und die gesunde biblische Lehre

 

Johnsons Buch ist durchzogen von Angriffen auf die gesunde biblische Lehre der heilsgeschichtlichen Schriftauslegung, welche die Aufgabe der Gemeinde nüchtern und klar sieht: Wir haben keinen Auftrag, hier und heute das „Reich Gottes“ einzuführen, sondern das tut der Messias selbst, wenn Er in Macht wiederkommt. Die Gemeinde soll Gott dienen in der Anbetung, in der Zurüstung der Gläubigen und in der Verkündigung des Evangeliums der Gnade, des Wortes vom Kreuz. Die Endzeit ist in der Tat eine Zeit des geistlichen Niedergangs und der Verführung, der Gesetzlosigkeit und des Abfalls. Nach der Entrückung der Gemeinde beginnt der Gerichtstag des Herrn, die Gerichte von Offenbarung 6-18 entfalten sich, bevor Christus mit Seiner dann verherrlichten Gemeinde wiederkommt.

Diese gesunde Lehre, die teilweise auch noch in den pfingstlerischen Assemblies of God vertreten wird, ist Johnson ein Dorn im Auge; er greift sie immer wieder polemisch und verführerisch an. Er versteigt sich sogar zu der Aussage: „Das sind Lehren der Dämonen!“[9] Nicht umsonst lobt der falsche „Erweckungs“prediger Randy Clark Johnsons Buch: „Es ist ein Todesstoß für den ‚Cessationismus‘ und eine Herausforderung für den ‚Dispensationalismus‘, und es ist ein Ruf an diejenigen, die in der pfingstlichen Tradition stehen, zu ihren Wurzeln zurückzukehren“ (21). Solche Angriffe sollen die falsche Lehre, die Gemeinde solle den Teufel entmachten und die Gesellschaft transformieren, rechtfertigen, obwohl sie nirgends in der Lehre der Apostel (den Briefen des NT) zu finden ist.

Viele, wenn nicht die meisten Theologen machen den Fehler, alle guten Dinge, die in den Propheten enthalten sind, zu nehmen und unter den geheimnisvollen Teppich zu kehren, der das tausendjährige Reich genannt wird. (…) Ein Eckstein in dieser Theologie ist, daß der Zustand der Gemeinde immer schlechter wird; deshalb ist das Unglück der Gemeinde ein weiteres Zeichen dafür, daß dies eben die letzten Zeiten sind. (…) Wir sind so im Unglauben gefangen, daß man meint, alles, was gegen diese Weltsicht steht, sei vom Teufel. Das gilt auch für den Gedanken, daß die Kirche einen herrschenden Einfluß haben wird, bevor Jesus wiederkommt. (34)

Angeblich äußere sich die „Salbung“ vor allem in Wunderzeichen und übernatürlichen Offenbarungen. Wer dies ablehne, dem unterstellt Johnson, er sei vom „Geist des Antichristen“ beeinflußt: „Der Geist des Antichristen ist heute am Wirken, er versucht Gläubige dahingehend zu beeinflussen, daß sie alles ablehnen, was mit der Salbung des Heiligen Geistes zu tun hat. Diese Ablehnung nimmt viele Gestalten an, aber im Grunde läuft es auf das eine hinaus: wir lehnen das ab, was wir nicht kontrollieren können“ (81). Doch Gottes Wort sagt, daß der echte Heilige Geist Nüchternheit, Zucht und Selbstbeherrschung wirkt (2Tim 1,7; Gal 5,22); „die Geister der Propheten sind den Propheten untertan“ (1Kor 14,32). In Wahrheit ist Johnson und Bethel vom Geist des Antichristen und seinen falschen Propheten erfüllt (vgl. 1Joh 4,1-5)!

Johnson polemisiert gegen „furchtorientierte Theologen“ (82) und gegen „viele selbsternannte Wachhunde, die die Kirche mit ihren eigenen Ängsten vergiften“. Demagogisch fragt er: „Wem vertraue ich mehr, meiner Fähigkeit, verführt zu werden oder Seiner Fähigkeit, mich zu bewahren?“ (83). Doch der Herr Jesus selbst warnt uns: „Habt acht, daß euch niemand verführt!“ (Mt 24,4). Der Apostel Petrus ermahnt uns: „Ihr aber, Geliebte, da ihr dies im Voraus wißt, so hütet euch, daß ihr nicht durch die Verführung der Frevler mit fortgerissen werdet und euren eigenen festen Stand verliert!“ (2Pt 3,17). Ebenso der Apostel Paulus, der prophetisch vor Verführern wie Bill Johnson warnt:

Denn es wird eine Zeit kommen, da werden sie die gesunde Lehre nicht ertragen, sondern sich selbst nach ihren eigenen Lüsten Lehrer beschaffen, weil sie empfindliche Ohren haben; und sie werden ihre Ohren von der Wahrheit abwenden und sich den Legenden zuwenden. Du aber bleibe nüchtern in allen Dingen … (2Tim 4,3-4)

Wegen des Unbehagens sogar vieler Charismatiker angesichts der widergöttlichen Erscheinungen in den „Erweckungen“ von Toronto bis Bethel versucht Johnson solche berechtigten Bedenken mit frommen Sprüchen zu zerstreuen, die alle subtil die Bibel als Maßstab für echtes Geisteswirken abwerten. „Gott ist größer als sein Buch!“ verkündet er. Ja, das stimmt – aber Er hat in Seinem Buch klare Maßstäbe geoffenbart, wie Er wirkt, und daran hält Er sich auch! In einem anderen Buch sagt Johnson offen, daß er die Offenbarungen des falschen Geistes höherstellt als die Bibel:

Es ist schwierig für uns, dieselbe Frucht zu haben wie die frühe Kirche, wenn wir ein Buch, das sie nicht hatten, höher schätzen als den Heiligen Geist, den sie hatten. Ich sage das nicht, um die Bibel abzuwerten. Sie ist das inspirierte Wort Gottes. Es geht nur darum, daß wir die richtige Wertschätzung für den Heiligen Geist wiederherstellen, der allein sie auslegen kann und uns zum Lesen und Ausleben der Schriften befähigt. Zwischen diesen beiden Wirklichkeiten gibt es eine Spannung, die der Apostel Paulus anspricht, wenn er sagt „Der Buchstabe tötet, aber der Geist macht lebendig“. (2Kor 3,6).[10]

Johnson sagt: „Die Fehler einiger Leute haben viele dazu verleitet, die Suche nach Erlebnissen zu fürchten. Aber es ist unrecht, der Angst zu erlauben, uns von der Suche nach einem tieferen Erlebnis mit Gott abzuhalten!“ (92). Um die berechtigte Sorge vor unserer eigenen Verführbarkeit aufzuweichen, greift er zu dem alten Irrtum des Perfektionismus und der angeblichen Ausrottung der Sündennatur beim Gläubigen: „Sünde und Sündennatur sind mit den Wurzeln ausgerottet worden“ (110).

Dagegen wirbt er für die Umdeutung und Neubewertung biblischer Aussagen auf der Grundlage neuer Erfahrungen. Er betont immer wieder, daß Gott heute Neues, bisher Unvorstellbares tun würde und daß viele sich dem verschließen würden, weil es für sie außerhalb ihres Verständnisses liege. So entwertet er die Beurteilung aller Dinge auf der Grundlage der Bibel. Stattdessen deutet er an, daß sich durch eine vom charismatischen Irrgeist geleitete Neudeutung manche „neue Erkenntnisse“ gewinnen lassen, wenn die Leute sich nur darauf einlassen.

Biblische Urteile über gegenwärtige Entwicklungen würden uns „blind machen für die Offenbarungen, die in der Schrift enthalten sind“; „In dieser Stunde wird uns die Erfahrung [von Zeichen und Wundern] helfen, diejenigen Teile der Schrift zu eröffnen, die für uns verschlossen waren“.[11] Hier wird die charismatische Methode gerechtfertigt, biblische Aussagen anhand von mystischen Erfahrungen umzudeuten und durch „vom Geist bewirkte Erleuchtungen“ falsche Bedeutungen in Schriftworte hineinzulegen, etwas, das Johnson beständig tut.

 

 

Mystik statt biblischer Glaube: das „Erlebnis der Gegenwart Gottes“

 

Johnson spricht von der irrgeistigen „Salbung“, die die Gegenwart (the Presence) des Geistes sei; seine Aufgabe sei es, diese „spürbare“ Gegenwart „freizusetzen“ (74-75). Dabei müsse man dem Geist auch dort folgen, wo er ungewohnte Dinge tue, die dem eigenen Bibelverständnis widersprächen – Hauptsache, man meint, „die Gegenwart“ (des Irrgeistes) zu erkennen.

The Presence ist ein mystischer New-Age-Begriff, den die Bibel nirgends für Gott gebraucht; es bestärkt die Anhänger Bethels in dem Wahn, der Truggeist, den sie in ihren Versammlungen spüren und fühlen können, sei die „Gegenwart Gottes“. Johnson versucht die abartigen Manifestationen der Toronto-Erweckung zu rechtfertigen: „Je betonter seine Gegenwart ist, desto einzigartiger werden die Manifestationen unserer Begegnungen mit Gott“ (82). Und auf solche „Begegnungen mit Gott“ wird überaus großer Wert gelegt; sie ersetzen die Bibel bei der geistlichen Orientierung der Bethel-Anhänger.

Diese mystischen Irrtümer werden noch deutlicher in einem 2012 erschienenen Buch Bill Johnsons, Hosting the Presence. Hier macht er Werbung für ein Leben unter der ständigen Führung und Gegenwart des charismatischen Verführungsgeistes, den er für den Heiligen Geist ausgibt, den er aber fast durchgängig mit dem esoterischen Titel „The Presence“ benennt („die Gegenwart“, „die Anwesenheit“). „Die größte Herausforderung des christlichen Lebens ist es, zu erlernen, wie wir die Gegenwart Gottes beherbergen (host the Presence of God)“ (26). „Unsere wahre Natur und Persönlichkeit wird nie zur Fülle kommen ohne Seine spürbare Gegenwart. Das Zentrum unseres Auftrags besteht darin, zu lernen, wie wir Ihn beherbergen“ (28).

Johnson beschreibt diese „Gegenwart“ in typischer New-Age-Weise als erfahrbar und mit den Sinnen erlebbar. Dabei knüpft er bewußt an die Verführungslehren des katholischen Mystikers „Bruder Lorenz“ an.[12] Er spricht in mystischer Weise von einer „Intimität“ und „Romanze“ mit „the Presence“ (36) und bekennt, daß er vor dem Schlafengehen sich in seine Liebesgefühle für den Irrgeist versenkt, bis dieser kommt und ihn in wohlige Gefühle badet. „Immer wenn ich meine Zuneigung Ihm zuwende, fängt Er an, sich an mir zu manifestieren. (…) Ich liebe Ihn einfach, bis mein Herz von Seiner Gegenwart erwärmt wird“ (159).

Diese dämonische „Präsenz“ ständig zu beherbergen und in Form von Heilungen, Befreiungen, Prophetien und Visionen an andere weiterzugeben ist für ihn der Höhepunkt des christlichen Lebens. Das ist für Johnson der Weg, das „Reich Gottes“ zu verwirklichen: „Welche Generation wird Ihn beherbergen, bis das Königreich dieser Welt zum Königreich unseres Herrn und Christus wird?“ (29).

Er fordert sein Leser heraus, Gott mit „rücksichtsloser Selbstaufgabe“ (reckless abandonment) zu suchen und nach Manifestationen seiner Macht zu streben. „Der extreme Eine ruft extreme Leute, Ihm nachzufolgen. Mit dieser Gruppe wird Er die Welt verändern“ (56). Das ist eine New-Age-Botschaft! Nach Johnson gibt „die Gegenwart“ ständige Neuoffenbarungen und ermöglicht es einer Elite der Charismatiker, durch Zeichen und Wunder das Reich Gottes auf Erden zu errichten, „den Himmel auf die Erde zu bringen“ (88), wie er gerne sagt.

Jeder biblisch nüchterne Beobachter wird erkennen, daß der Geist, den Johnson Gott zuschreibt, eine dämonische Fälschung ist. Dieser Geist überwältigt und manipuliert Meschen auf extreme Weise, und Johnson ist blind dafür. Er führt das Beispiel eines Mitarbeiters an, der, obwohl er skeptisch war, nach „Toronto“ von dem Irrgeist überwältigt wurde: „Ich sah, wie Gott Cal anfiel und ihn in Besitz nahm. Ich wünschte, ich könnte das anders ausdrücken, aber es wäre nicht ehrlich. Er wurde besessen (posessed) von Gott, ausgewählt für etwas, an dem er nicht einmal interessiert war (…) Cal stand immer noch da, zitternd, und Wellen der Herrlichkeit und Kraft pulsierten durch seinen ganzen Körper. Es war wundervoll. Es war herrlich“ (68).

Johnson erzählt auch ein eigenes mystisches Erlebnis, das die dämonische Natur dieser „Präsenz“ unterstreicht:

Einmal, mitten in der Nacht, kam Gott als Antwort auf meine Gebete, mehr von Ihm haben zu wollen, aber nicht auf eine Weise, wie ich es erwartet hatte. (…) Unerklärliche Kraft begann durch meinen Körper zu pulsieren, scheinbar kurz vor einem tödlichen Stromschlag. Es war als wäre ich in eine Steckdose eingesteckt worden, sodaß tausend Volt Strom durch meinen Körper floß. Meine Arme und Beine schossen heraus in stillen Explosionen, als ob etwas durch meine Hände und Füße freigesetzt werden würde. Je mehr ich versuchte, das zu beenden, desto schlimmer wurde es. Ich merkte bald, daß dies kein Ringkampf war, den ich gewinnen könnte. Ich hörte keine Stimme und hatte auch keine Visionen. Das war einfach das überwältigendste Erlebnis meines Lebens. Es war rohe Kraft … es war Gott. Er kam als Antwort auf ein Gebet, das ich monatelang gebetet hatte: Gott, ich muß um jeden Preis mehr von dir haben! (186)

 

 

Im Schoß des „Vaters“ – Anleitung für falsche Himmelsvisionen

 

Bill Johnsons Frau und Co-Pastorin Beni Johnson hat mit der Bethel-Mitarbeiterin Judy Franklin ein Buch geschrieben, das Franklins haarsträubende Visionen im Himmel erzählt und andere dazu ermuntert, ähnliche „übernatürliche Begegnungen“ zu suchen.[13] Immer wieder berichtet Franklin, wie sie angeblich durch die direkte Begegnung mit „Vater, Sohn und Heiliger Geist“ (in Wahrheit betrügerische Geistwesen, die sich verstellten) im Himmel innere Heilung fand und Glaubensfragen beantwortet bekam. Sie erzählt von einer verschwommenen Vision, wo sie den „Vater“ auf dem Thron sah, aber nur verschwommen.

Eines Tages fühlte ich mich ein wenig entmutigt, und ich bat den Vater, ob Er mich in den Arm nehmen könnte (…) ich rannte und steig die Stufen hinauf und setzte mich in Seinen Schoß (…) dann legte Er Seine Arme um mich. Ich fühlte wirklich Seine Arme – nicht nur das Gefühl, berührt zu werden, sondern die Substanz und das Gewicht Seiner Arme um mich. Nie zuvor hatte ich solchen Frieden und solche Liebe empfunden. Sie waren spürbar. Während der folgenden Visionen mit Ihm fand ich mich in Seinem Schoß sitzend – ich liebte Ihn und Er liebte mich. (77)

Später berichtet sie von einer weiteren Vision, in der sie „in das Königreich des Lichtes rannte“ (84). Darin sehen wir noch einmal die erschreckende Verfälschung und Lästerung Gottes, welche die falschen Geister mit irregeführten Charismatikern inszenieren:

Ich rannte, bis ich zum Thron des Vaters kam, und dort fand ich den Vater, Jesus und den Heiligen Geist alle tanzend. Der Heilige Geist wirbelte herum wie ein kleiner Tornado, sich drehende Freude. Der Vater und Jesus tanzten eine primitive Art von Tanz, der voll Leidenschaft und Jubel war. Was für ein Bild! Der Tanz des Vaters war ziemlich unwürdig (undignified) – ganz gewiß in keiner Weise ein Walzer. (…) nach seinem Tanz setzte sich der Vater auf Seinen Thron und rief mich herauf, auf seinem Schoß zu sitzen. (…) Ich sagte, ich dachte, Sein Tanz sei vielleicht etwas unwürdig – schließlich war Er doch Gott. Oh, wie Er da lachte und Seine Arme nach auswärts warf, indem er überschwenglich erklärte: „Ich liebe es zu tanzen. Ich erschuf den Tanz“. (85)

Franklin scheut sich nicht, ihre gefälschten Erlebnisse zu nutzen, um absolut gotteslästerliche Äußerungen zu verkünden, die man kaum abdrucken kann. Aber zur Warnung sei noch eine „Vision“ auszugsweise wiedergeben, in der Franklin sich nach langen, ermüdenden Gebetskämpfen in einer „Anbetungszeit“ eines Gemeindegottesdienstes befand, immer noch innerlich im Kampf.

Am Ende der Anbetungszeit kamen Gott, mein Vater, Jesus, meine Liebe, und der Heilige Geist alle zu mir und umringten mich und sagten einstimmig: „Ich liebe dich!“ Als die ganze Gemeinde zum gemeinschaftlichen Gebet zusammenkam, wurde ich von Lachen ergriffen. Mir ist bewußt, daß Leute das Lachen kritisiert haben, aber das ist nur der Fall, weil sie es nie wirklich erlebt haben. (…) Als ich mit dem Lachen fertig war, war der Kampf vorbei. Ich weiß nicht, wie das funktioniert. Wie kann Lachen Kriegsführung sein? Ich weiß es nicht, aber eines weiß ich, daß ich gesiegt hatte! (…) Ich begann durch diese Visionen und Erfahrungen zu verstehen, daß der Heilige Geist Spaß ist (that the Holy Spirit is fun). Er ist wie ein Kind, das Freude daran hat, uns zu helfen und uns körperlich und emotional zu heilen. (…) Er ist der positivste Einfluß auf uns. Der Heilige Geist feuert uns an! Er ist eine Freude. Er ist ein Gekicher (He is a giggle) – Er ist mein Gekicher! (96-97)

Diese gotteslästerlichen Szenen machen noch einmal den schreienden Kontrast zu den in der Bibel berichteten echten Himmelsvisionen deutlich. Hier treibt ein falscher Geist ein übles Spiel mit einem irregeleiteten Medium, einer von ihren Gefühlen und Schauungen gründlich verführten Frau, die der Feind nun benutzt, Hunderte anderer Menschen zu verführen, denn Franklin erzählt ihre abenteuerlich langen „Visionen“ mit dem Ziel, viele andere suchende Christen ebenfalls zu solchen „Gottesbegegnungen im Himmel“ zu führen.

Diese „Begegnungen“ haben den Anschein von Intimität und Unmittelbarkeit. Sie vermitteln falsche „Offenbarungen“, die nicht aus dem Wort kommen, sondern aus trügerischen Visionen. Sie verleiten zum Schauen und Spüren statt Glauben. Lockend bekennt Franklin von „Gott“: „Er ist wirklich Liebe. Ich weiß es. Ich spürte es, ich sah es und atmete es ein“ (39). Das soll bis ins Körperliche gehen. „Hast du die Berührung von Gottes realer Gegenwart erfahren, wo dein Körper wirklich auf Ihn reagiert? Wenn nicht, bitte den Herrn, daß Er sich Dir auf diese Weise offenbart“ (36).

Am Schluß des Buches findet sich eine Schritt-für-Schritt-Anleitung zum Eintauchen in eine „himmlische Vision von Jesus“. Das fängt an mit „Schließe deine Augen und halte sie geschlossen“. Dann folgen weitere Anweisungen zur gelenkten Bildvorstellung wie bei einem buddhistischen Meditationsübung:

„Sieh Jesus. Jetzt möchte ich, daß du dir vorstellst wie Jesus vor dir ist.“ – „Nähere dich Jesus. Als Nächstes ermutige ich dich, zu Jesus hinzugehen und zu warten.“ – „Halte deine Augen geschlossen und richte deine Aufmerksamkeit auf das, was Jesus in diesem Moment tut.“ (Hier fügt Franklin an: „Ich habe so viele wundervolle Zeugnisse gehört, wie Jesus nahekam und verschiedene Leute berührte: ‚Er umarmte mich‘, ‚Er küßte mich‘, ‚Er tanzt mit mir‘“) – „Höre auf das, was Jesus gerade sagt. (…) Höre auf Seine Bestätigungen, Seine Worte der Liebe und Zuneigung, Seine Erklärungen deines Schicksals, der Hoffnung, des Lebens und der Heilung“ – „Bitte Jesus, dich in deinen Garten zu bringen“ (Hier erklärt Franklin: „Der Vater sagte mir, daß Er einen besonderen Garten für jeden geschaffen hat. Bitte Jesus gerade jetzt, dich zu diesem besonderen Ort zu führen. Einen einzigarten Ort der Begegnung, der für dich und Ihn reserviert ist. Warte und sieh, was Jesus in diesen kostbaren Momenten der Intimität und Nähe tun will“ (213-215).

Wer diesen betrügerischen Anweisungen folgt, gerät in einen Irrgarten von Sonderoffenbarungen, die vom Teufel raffiniert gestrickt sind. Der Widersacher ist ein Meister darin, die Seele zu streicheln und das Ego zu umgarnen. Der von ihm vorgegaukelte falsche „Gott“ ist unheilig und schmeichelt den Menschen, um sie zu betören, damit sie die widergöttlichen Wesenszüge nicht durchschauen. Ja, der Satan verkleidet sich als Engel des Lichts!

Franklin erzählt, daß sie anfangs Angst hatte, einer Täuschung zu erliegen – eine sehr berechtigte Angst! Bill Johnson lullte sie ein mit der flapsigen Bemerkung: „Dann ist dein Gott zu klein und dein Teufel zu groß“ (61) – eine üble Irreführung, wenn man bedenkt, wie oft Gottes Wort vor der Verführung warnt und zur Wachsamkeit mahnt (vgl. u.a. Mt 24,4¸2Pt 3,17). Franklin tauchte deshalb blind und vertrauensselig in die betrügerischen „Gotteserlebnisse“ ein, die sie suchte und fand. „Also habe ich keine Angst mehr, getäuscht zu werden. Angst kommt vom Feind, und er möchte nicht, daß wir Gott erleben“ (61). Ganz im Gegenteil! Diese vermessenen Leute sind tief verstrickt in die Fallstricke des Teufels, und sie merken es nicht. Möge Gott sich erbarmen!

 

 

Die New-Age Lehren von Bethel

 

In ihrer „verzweifelten“ Suche nach übernatürlichen Kraftwirkungen sind die Mitarbeiter und Verbündeten der Bethel-Bewegung noch einen gewichtigen Schritt weitergegangen als andere Anhänger der „neuen Apostelbewegung“; sie haben sich ganz offen und ohne Entschuldigung den Irrlehren und esoterischen Praktiken des New Age zugewandt und wollen diese nun für ihre Art von Christentum „zurückerobern“. Das wird sehr deutlich in dem Buch The Physics of Heaven, das u.a. Beiträge von Bill und Beni Johnson enthält (plus u.a. Bob Jones, Jonathan Welton, Ray Hughes und Kris Vallotton, der das Vorwort schrieb). Judy Franklin, neben Ellyn Davis die Hauptautorin, ist persönliche Assistentin für Bill Johnson.[14]

Auf die dreisten New-Age-Lehren und -Praktiken, die in diesem Buch beworben werden, gehen wir später noch genauer ein. Die Grundaussage ist, daß Christen von Gott angeblich aufgefordert würden, auf der Grundlage der Quantenphysik darüber nachzudenken, daß alles Existierende letztlich aus Energiewellen bestehe. Gott wollen für ein kommenden gewaltiges „zweites Pfingsten“ einen besonderen Schall vom Himmel aussenden, der zusammen mit Licht, Energie und Vibration eine besondere Rolle in seinem endzeitlichen Wirken spielen werde und große Wunder möglich machen werde, u.a. daß Christen, die durch den göttlichen Schall transformiert wurden, Tsunamis, Hurrikanes, Tornados und Feuersbrünste aufhalten würden. „Der Herr ist bereit, Schall, Licht und Energie auf Weisen zu nutzen, von denen wir niemals träumten“. All das helfe uns, „Gottes Königreich zu dieser Erde zu bringen“.[15]

Man müsse, so Jonathan Welton, gestohlene Schätze, die der Widersacher im New Age nutze, wieder in die Kirche zurückbringen:

Ich habe in der ganzen Schrift mindestens 75 Beispiele von Dingen gefunden, die das New Age nachgeahmt hat, so zum Beispiel einen Geistführer zu haben, Trancezustände, Meditation, Auras, Gegenstände der Kraft, Hellsehen, übernatürliches Hören und mehr. Diese Dinge gehören eigentlich der Kirche, aber sie wurden gestohlen und schlau neu verpackt.[16]

So entlarvt sich die Bethel Church, für viele ein strahlendes Beispiel einer Avantgarde der neuen Apostelbewegung, als eine schlimme Brutstätte offen okkulter und satanischer Verführungslehren. Der Trunkenheitsgeist hat diese Leute gegenüber den einfachsten biblischen Wahrheiten blind gemacht. Sie taumeln von einem Ekstase-Erlebnis zum nächsten und meinen, sie seien Gottes ganz besonders erleuchtete Elitetruppe. Der Charismatiker Andrew Strom kommentiert:

Wenn wir aus erster Hand immer wieder hören, daß junge Leute in Bethel durch „Feuertunnel“ gehen, nach „Licht-Kugeln“ jagen (in der Wicca-Religion nennt man sie „Sprites“), himmlische „Portale“ öffnen, um seltsame Geister einzuladen, daß sie sich stundenlang schütteln und lachen, daß sie Gemeinschaft mit bizarren „Engeln“ haben, „Geistreisen“ unternehmen usw. – klingt das nicht wie eine mystische New-Age-Sekte? Nichts davon ist in irgendeiner Weise christliches Verhalten. Es waren immer die östlichen Mysterienreligionen, die solches Zeug betrieben haben – nicht das Christentum.[17]

Der falsche „Apostel“ Bill Johnson hat wie viele seiner Kollegen ein weltweit tätiges „apostolisches Netzwerk“ aufgebaut (Bethel Leaders Network; Global Legacy), durch das der Einfluß von Bethel und seinen Lehren weithin ausgebreitet wird. Das zeigt sich bis hin nach Deutschland, wo die Bewegung Awakening Europe unter Scott Fitzgerald mit Bethel verbunden ist. 2024 wurde er als einer der Hauptreferenten bei der charismatischen UNUM24-Konferenz in München eingeladen. Bethel und Bill Johnson gehören immer noch zu den einflußreichsten Impulsgebern der weltweiten neocharismatischen Szene. Nicht zuletzt wird dieser Einfluß durch die Musik ausgebreitet.

Viele der Lieder, die in amerikanischen Gemeinden gesungen werden, sind von Bethel Music produziert worden, Lieder wie „Reckless Love“, „Raise a Hallelujah“ und „We Will Not Be Shaken“. Auch zuhause und in ihren Autos singen und summen viele Christen Bethel-Melodien. Nach dem jährlichen Bericht der Bethel Church 2019-2020 wurden in jenem Jahr Bethel-Lieder mehr als 249 Millionen Mal auf Spotify gestreamt. Diese Lieder stehen oft an der Spitze der christlichen Musik-Charts.[18]

Das ist Teil einer bewußten Strategie, wie zwei Zitate von Bill Johnson zeigen: „Musik umgeht alle intellektuellen Barrieren, und wenn Gottes Salbung auf einem Lied ist, werden die Leute anfangen, Sachen zu glauben, die sie nicht durch Lehre glauben würden.“[19]

„Wir sind Exporteure, das will ich niemals ändern. (…) Laßt uns ein Modell kriegen, das überall in der Welt vervielfältigt werden kann (…) Und laßt es uns irgendwohin bringen. Und laßt es uns einpflanzen. Laßt es uns durch Jesus Culture einpflanzen, laßt es uns einpflanzen durch die Musik, die wir schreiben.“[20] In der Tat ist Bethel beim Export seiner verführerischen Konzepte erschreckend erfolgreich.

 

 

 

[1] Aus amerikanischer Sicht gibt das 2023 erschienene kritische Buch von Holly Pivec und Douglas R. Geivett einen sehr guten Einblick in die gefährlichen Lehren und Praktiken der Bethel Church; es wäre eine deutsche Übersetzung wert: Reckless Christianity: The Destructive New Teachings an Practices of Bill Johnson, Bethel Church, and the Global Movement of Apostles and Prophets (Eugene, OR: Cascade Books 2023). Ergänzend mit anschaulichen Berichten über die Praxis von Bethel und anderen NAR-Gemeinden ist das andere Buch der beiden Verfasser hilfreich: Counterfeit Kingdom. The Dangers of New Revelation, New Prophets, and New Age Practices in the Church (Brentwood, TN: B&H Publishing 2022). Letzterer Titel ist inzwischen auf deutsch erschienen: Das gefälschte Gottesreich. Die Gefahren neuer Offenbarungen, neuer Propheten und Apostel und esoterischer Praktiken für die Gemeinde (Dillenburg: Christliche Verlagsgesellschaft 2025). In diesen beiden Büchern finden sich zahlreiche gut dokumentierte Belege für meine in diesem Abschnitt gemachten Angaben. Einen hilfreichen und kritischen Überblick über die Lehren und Einflüsse der Bethel Church in deutscher Sprache gibt der Artikel des evangelikalen US-Missionars in Deutschland Richard P. Moore: „Gesunde Lehre? Wie die Bethel Church das Gesicht evangelikalen Christseins verändert“, in: Bibel und Gemeinde 3/2024, S. 44-55.

[2] K. Vallotton, Heavy Rain, S. 77.

[3] Informationen nach: https://bethelsozo.ch/was-ist-sozo/.

[4] Bill Johnson, When Heaven Invades Earth. A Practical Guide to a Life of Miracles. Das Buch wird von Toronto/NAR-Größen wie John Arnott, Wes Campbell und Ché Ahn sowie Randy Clark empfohlen.

[5] Zitiert nach: https://en.wikipedia.org/wiki/As_above,_so_below. Vgl. auch E. Gruber / S. Fassberg: New Age-Wörterbuch, Stw. „Smaragdene Tafel“ (S. 129); „Magie“ (S. 79).

[6] Johnson, Hosting the Presence, S. 142.

[7] Johnson, When Heaven, S. 45.

[8] Informationen nach: https://en.wikipedia.org/wiki/Bethel_Church_(Redding,_California).

[9]

[10] Ché Ahn (Hg.): The Reformer’s Pledge, S. 91.

[11] Johnson, When Heaven, S. 187; S. 130.

[12] Bill Johnson, Hosting the Presence. Unveiling Heaven’s Agenda. Seitenangaben in Klammern beziehen sich im folgenden auf dieses Buch. Johnson führt auf S. 156 das bekannte Werk von „Bruder Lorenz“ an, The Practice of the Presence of God (dt.: All meine Gedanken sind bei dir. In Gottes Gegenwart leben). Viele seiner Äußerungen spiegeln die katholische Mystik dieses irregeführten Mönches wider.

[13] Judy Franklin / Beni Johnson, Experiencing the Heavenly Realm. Keys to Accessing Supernatural Encounters. Seitenangaben in Klammern beziehen sich im folgenden auf dieses Buch.

[14] Vgl. zu diesem Thema den Aufsatz von Frank Liesen: „Bethel Church: New-Age-Synkretismus und die Suche nach einer evangelikalen Antwort“, in: Glauben und Denken heute. Zeitschrift für Theologie und Gesellschaft, 1/2022, Nr. 29, S. 18-36.

[15] Vgl. ebd., S. viii-ix.

[16] ebd., S. 49.

[17] Strom, aaO, S. 118. Strom führt auch Äußerungen der Bethel-Lobpreisleiterin Jenn Johnson an, die den als „Heiligen Geist“ auftretenden Irrgeist mit absolut lästerlichen Eigenschaften beschreibt; er sei „wie der Flaschengeist von Aladdin“, „blau gefärbt“, „albern“, „lustig“, „hintertrieben“ und „mache Spaß“ – ebd., S. 117.

[18] Pivec/Geivett, Counterfeit Kingdom, S. 140-141. Dieses gut dokumentierte Buch gibt zahlreiche aufschlußreiche Beispiele und Bewertungen solcher Lieder, auf die wir hier nicht eingehen können.

[19] Ebd., S. 139.

[20] Ebd., S. 148.

 

 

Diese Untersuchung ist ein Vorabdruck des voraussichtlich 2025 erscheinenden Buches über die Pfingst- und Charismatische Bewegung mit dem Titel: Falsche Propheten der Endzeit: Die Pfingst- und Charismatische Bewegung im Licht der Bibel.

Hier können Sie diesen Beitrag als PDF herunterladen und an andere weitergeben.