Dieses anonyme Traktat habe ich beim Aufräumen wieder gefunden. Es drückt kostbare Einsichten kurz und verständlich aus, die mir seit langem eine große Hilfe für mein geistliches Leben sind. Deshalb möchte ich diesen Impuls zum Nachdenken gerne meinen Lesern zugänglich machen. – RE
Bleibt in Mir und Ich in euch!
Gott selbst versetzte mich in Christus (durch Jesu Kreuz und Auferstehen). An mir ist es, in Ihm zu bleiben. Es ist von entscheidender praktischer Wichtigkeit, daß ich im Glauben erfasse, daß das, was für Christus gilt, auch für mich gilt, weil ich in Ihm bin. Denn Satan bemüht sich ständig, mich aus diesem Verhältnis herauszuholen und mich zu überzeugen, daß ich „draußen“ bin. Er benutzt Anfechtung, Niederlagen, Leiden und Prüfungen, um mich deutlich spüren zu lassen, daß ich nicht in Christus bin.
Es fängt an mit dem Gedanken, daß ich gar nicht in solch schlimme Verfassung gekommen sein könnte, wenn ich wirklich in Ihm wäre, und schon bete ich: „Herr, versetze mich in Christus!“, obwohl ich doch längst in Ihm bin. Gottes ausdrückliches Gebot ist es, daß ich in Christus bleiben soll. Das ist der Weg zur Befreiung. Er ermöglicht es Gott, in mein Leben hineinzugreifen. Nur so wird Raum für die Kraft der Auferstehung (Röm 6,4.9.10), damit alles, was für Christus gilt, mehr und mehr auch in meiner täglichen Erfahrung Wahrheit werden kann.
Wo vorher „die Sünde geherrscht hat zum Tode“ (Röm 5,21), erlebe ich nun zu meiner Freude, daß ich „hinfort der Sünde nicht mehr diene“ (Röm 6,6). Kehre ich aber auf den Boden meines eigenen Wesens zurück, so sehe ich, daß alles, was an der alten Natur war, auch weiterhin für mich zutrifft.
In Christus habe ich alles, in mir selbst habe ich nichts. So oft suche ich den Tod meines Ichs am falschen Ort. Er ist in Christus. Sehe ich auf mich selbst, so stelle ich sofort fest, wie lebendig ich für die Sünde bin. Aber wenn ich auf den Herrn schaue, so sorgt Gott dafür, daß einerseits der Tod, andererseits aber auch das „neue Leben“ (Röm 6,4) in mir zur Auswirkung kommt: „Ihr lebt Gott in Christus Jesus“ (Röm 6,4); „Bleibt in mir und ich in euch!“ Dieser Satz enthält einen Befehl und zugleich ein Versprechen. „Ich in euch“ ist die Folge unseres Bleibens in Ihm. Wenn ich dem Befehl nachkomme, so wird es sich Gott angelegen sein lassen, Sein Versprechen zu erfüllen. Er hat es ja bereits getan.
Es ist wie mit dem elektrischen Licht. Wenn ich ein dunkles Zimmer hell machten möchte, werde ich nicht auf die Lampe starren, ob wohl das Licht kommt, auch nicht die Birne abstauben, sondern – den Lichtstrom einschalten. Das ist das, was wir zu erfüllen haben, wenn es hell werden soll. So muß ich bei meinem Wandel mit Gott Christus in mein Leben einschalten, damit Er in mir Gestalt annimmt. „Bleibt in mir und ich in euch“, ist die göttliche Ordnung. Paulus sagt in 2. Korinther 3,18: „Wir alle aber, die wir … die Herrlichkeit des Herrn widerspiegeln, werden dadurch in das gleiche Bild umgestaltet.“
Das gleiche gilt auch für unser Fruchtbringen. „Wer in mir bleibt und ich in ihm, der bringt viel Frucht“ (Joh 15,5). Meine Sorge gilt nicht dem Fruchtbringen oder der Frucht, sondern ich habe mit Jesus zu rechnen. Dann wird Gott wirken, daß Sein Wort an mir zur Erfüllung kommt. Wie bleibe ich in Ihm? „Durch Gott aber seid ihr in Christus Jesus“ (1Kor 1,30). Gott hat mich in Christus hineinversetzt. Nun gilt es für mich, darin zu bleiben.
Laß dich nicht auf deinen eigenen Boden zurückversetzen. Ich will mich selbst nie außerhalb von Christus sehen. Ich will vielmehr Ihn anschauen und mich in Ihm erkennen! So bleibe ich in Ihm! In der Tatsache, daß mich Gott in Seinen Sohn versetzt hat, darf ich völlig geborgen sein und in der Erwartung leben, daß Er Sein Werk in mir vollenden wird. Er ist es, der die herrliche Verheißung zur Erfüllung bringt: „Denn die Sünde wird nicht herrschen können über euch“ (Röm 6,14).
Wenn ich mein Leben im Glauben an den auferstandenen lebendigen Christus führe, und das ist „im Geist leben“, so steht mein Ich zurück, während der Heilige Geist Sieg über Sieg über das Fleisch erringt:
„Ich bin mit Christus gekreuzigt,
und nicht mehr lebe ich,
sondern Christus lebt in mir“
Weil Jesus am Kreuz starb, erhielt ich Vergebung.
Weil Er von den Toten auferstand, wurde ich von neuem geboren!
Weil Er zur Rechten des Vaters erhöht wurde,
empfing ich den Heiligen Geist.
Christus, mein Leben!
ist das Geheimnis meines Wachstums.
Text eines anonymen Traktats