Diesen Auszug aus meiner persönlichen Kolumne In eigener Sache vom Mai 2021 möchte ich noch einmal für alle Leser veröffentlichen, weil er meines Erachtens wichtig ist und auch auf einiges Interesse gestoßen ist.

 

Als der Apostel Paulus kurz vor seinem Heimgang seinem Mitarbeiter Timotheus einen letzten Brief schreibt, äußert er auch die Bitte: „Den Reisemantel, den ich in Troas bei Karpus ließ, bringe mit, wenn du kommst; auch die Bücher, besonders die Pergamente“ (2Tim 4,13). Daß der Apostel in seinem ungeheizten Gefängnis einen Mantel verlangte, wird jeder verstehen; aber weshalb wollte er so kurz vor dem Ende unbedingt noch Bücher haben? Nun, die einfachste Antwort heißt: Er war ein Mann der Heiligen Schrift und wollte in dem Wort Gottes forschen, solange er lebte. Und wir?

Ich habe immer mehr den Eindruck, daß die Bereitschaft vieler Gläubiger deutlich abgenommen hat, sich ausführlich dem Lesen geistlicher Bücher mit anspruchsvollem erbaulichem oder aufklärendem Inhalt zu widmen. Solche Bücher werden vielfach gar nicht mehr gekauft; stattdessen begnügen sich allzuviele Christen mit „christlicher“ Unterhaltungslektüre, mit Romanen und Erzählungen usw., oder mit psychologischen Ratgebern für ein erfolgreiches Leben – wenn sie denn noch Bücher lesen. Selbst das Lesen der Bibel selbst, das doch Vorrang vor allem haben sollte, wird, so fürchte ich, von dieser Entwicklung beeinträchtigt. Der Computerbildschirm mit Videos und vor allem das Smartphone sind für viele Gläubige zu heimlichen Zeiträubern geworden, die viele ziemlich wirksam vom Lesen von Büchern abhalten. Immer mehr Videos beanspruchen ihre Aufmerksamkeit; gelesen wird immer weniger, und wenn noch, dann immer kürzere Texte.

Inzwischen gibt es auch eine zunehmende Zahl von konservativen Christen, die Videos auf Youtube nutzen und dabei oft durchaus richtige und hilfreiche Dinge in Form von aufgezeichneten Interviews (Podcasts) bzw. Dialogen vermitteln. Das kann seine Berechtigung haben, um gerade jüngere Christen anzusprechen und abzuholen. Dennoch sehe ich hier auch eine gewisse Problematik. Ernste und vielschichtige Inhalte können in einem solchen Format nicht ohne weiteres angemessen vermittelt werden.

Wenn wir geistlich in die Tiefe gehen wollen, dann ist meines Erachtens die schriftliche Form, der gedruckte Text einer Broschüre oder eines Buches, weitaus wirksamer. Hier kann der Leser Aussagen mehrfach lesen und in Ruhe darüber nachdenken; er selbst bestimmt das Tempo der Aufnahme von Inhalten, während man einen Video nicht ohne weiteres immer wieder anhält, zurückspult und unterbricht, um nachzudenken. Gerade für biblische Lehre und Aufklärung sollten wir uns daher bewußt Zeit nehmen, um Bücher oder gedruckte Texte zu lesen (möglichst in Papierform und nicht digital, weil das bessere Aufnahme des Inhalts ermöglicht, wie ich in meinem Buch Als Christ in der Welt des Internets gezeigt habe, vgl. dort S. 36-46; 99-105; 198-201).

Diese Zeit zum Lesen müssen sich die allermeisten von uns bewußt aussondern, indem wir auf andere Dinge verzichten – auf leichte Unterhaltung etwa oder auf Informationsaufnahme übers Internet. Wir müssen diese Zeit, wie es Gottes Wort sagt, „auskaufen“, und das heißt: wir müssen einen Preis dafür bezahlen (vgl. Eph 5,16; Kol 4,5). Das erfordert Disziplin und bewußte Zeitplanung. Aber ich finde, in unseren endzeitlichen Tagen ist es lebenswichtig, inmitten all der Flut von oberflächlichen und kurzlebigen Impulsen (wie z.B. WhatsApp-Nachrichten) bewußt Zeit fürs Studium und Nachsinnen einzuplanen, damit wir den nötige geistlichen Durchblick gewinnen und auch behalten und in diesen gefährlichen Zeiten nicht ganz allmählich vom rechten Weg abgleiten.

Wir können es uns in dieser Endzeit nicht leisten, uns ständig mit mehr oder weniger oberflächlichen Botschaften und Informationen abzugeben und abzulenken. Das ist sehr gefährlich, weil dadurch die dringend notwendige geistliche Orientierung über komplexe endzeitliche Entwicklungen unterbleibt und die Gläubigen vielfach nur noch Milch und Zuckerbonbons statt Schwarzbrot und fester Speise in Form von biblischer Lehre zu sich nehmen. Das läßt uns zu Unmündigen werden, ein Zustand, vor dem die Bibel ernstlich warnt:

Über ihn haben wir viel zu sagen, und zwar Dinge, die schwer zu erklären sind, weil ihr träge geworden seid im Hören. Denn obgleich ihr der Zeit nach Lehrer sein solltet, habt ihr es wieder nötig, daß man euch lehrt, was die Anfangsgründe der Aussprüche Gottes sind; und ihr seid solche geworden, die Milch nötig haben und nicht feste Speise. Wer nämlich noch Milch genießt, der ist unerfahren im Wort der Gerechtigkeit; denn er ist ein Unmündiger. Die feste Speise aber ist für die Gereiften, deren Sinne durch Übung geschult sind zur Unterscheidung des Guten und des Bösen. (Hebr 5,11-14)

Und ich, meine Brüder, konnte nicht zu euch reden als zu geistlichen, sondern als zu fleischlichen [Menschen], als zu Unmündigen in Christus. Milch habe ich euch zu trinken gegeben und nicht feste Speise; denn ihr konntet sie nicht vertragen, ja ihr könnt sie auch jetzt noch nicht vertragen, denn ihr seid noch fleischlich. (1Kor 3,1-2)

… damit wir nicht mehr Unmündige seien, hin- und hergeworfen und umhergetrieben von jedem Wind der Lehre durch das betrügerische Spiel der Menschen, durch die Schlauheit, mit der sie zum Irrtum verführen … (Eph 4,14)

Ein „Unmündiger“ ist nach der Bibel geistlich gesehen wie ein kleines Kind, das noch kein eigenes Urteil und keine bewußte Handlungsfähigkeit in geistlichen Dingen hat. Wenn wir in geistlichen Dingen Unmündige sind, sind wir leicht verführbar, wie uns Epheser 4,14 zeigt. Konkret auf unsere Situation bezogen zeigt uns das:

* Wenn wir als Kinder Gottes nicht in Gottes Wort gegründet sind und im Verständnis der gesunden Lehre der Bibel zur einer gewissen Reife gekommen sind, laufen wir unter den heutigen endzeitlichen Bedingen große Gefahr, verführt zu werden. Vertieftes Bibellesen und auch Bibelstudium sind deshalb überlebensnotwendig für uns heute! Ich empfehle dafür die Schlachterbibel 2000 in ihrer Standardausführung, die mit ihren erklärenden Fußnoten, dem ausführlichen Studienanhang und den Parallelstellen ein sehr gutes Werkzeug für vertieftes Bibelstudium bietet.

* Für das Bibelstudium und die Anwendung des Wortes auf unsere Verhältnisse brauchen wir neben der Bibel selbst auch Zeit, biblische Auslegungs- und Aufklärungsbücher zu lesen. Die deutlichsten biblisch fundierten Warnungen vor endzeitlichen Entwicklungen und insbesondere Verführungen nutzen nichts, wenn sie gar nicht mehr zur Kenntnis genommen werden! Wir brauchen bibeltreue Orientierung über die verschiedenen Aspekte der Endzeit, in der wir leben, sonst können wir den Verführungsströmungen nicht entschieden widerstehen und auch andere Gläubige nicht so warnen, wie es eigentlich unsere Pflicht wäre.

* Viele Gläubige neigen dazu, eher „auferbauende“ Bücher und Auslegungen zu lesen und das Lesen von ausgesprochen aufklärenden Büchern, die sich mit Endzeitverführungen wie der Charismatik oder der Gemeindewachstumsbewegung beschäftigen, als zu „negativ“ und „unerbaulich“ abzulehnen. Doch das ist ein trauriger Irrtum! Wir sollten das eine tun und das andere nicht lassen. Wenn wir nicht ein gewisses Maß an Orientierung und Information über heutige Irrtümer und gefährliche Trends haben, laufen wir Gefahr, durch die Verführung der Frevler fortgerissen zu werden und unseren eigenen festen Stand zu verlieren (vgl. 2Pt 3,17)!

* Die für das Forschen nötige Zeit können wir nur „auskaufen“ (vgl. Eph 5,16; Kol 4,5), wenn wir unsere Konsumgewohnheiten, besonders auf dem Gebiet der digitalen Medien, bewußt einschränken und selbstbeherrscht kontrollieren – sonst kontrollieren sie uns und stehlen uns die nötige Zeit zur Vertiefung, und wir werden immer oberflächlicher und seichter.