In diesem Beitrag wollen wir uns mit einem Charakterzug wiedergeborener Gläubiger beschäftigen, der im Wort Gottes eine durchaus gewichtige Rolle spielt – nämlich die schöne Tugend des Anstandes, der sittlichen Reinheit und Keuschheit. Diese geistliche Tugend ist heute bei manchen Christen leider nicht mehr so klar im Bewußtsein.

 Der weltliche Zeitgeist hat in unserer Gesellschaft einen Umsturz früherer Wertvorstellungen auf diesem Gebiet bewirkt, und das hat leider auch einige Auswirkungen auf Kinder Gottes gehabt, besonders in der jüngeren Generation, aber durchaus nicht nur dort.

 Von daher ist es gut, wenn wir uns darauf besinnen, was Gottes Wort zu diesem Thema Anstand in unserem Lebenswandel zu sagen hat. Dieser Beitrag ist der erste in einer ganzen Reihe, die wir auf unserer Webseite Das-Wort-der-Wahrheit.de veröffentlichen wollen.

 

 

Biblische Grundsätze: Wir sind zur Heiligung berufen

 

Als gehorsame Kinder paßt euch nicht den Begierden an, denen ihr früher in eurer Unwissenheit dientet, sondern wie der, welcher euch berufen hat, heilig ist, sollt auch ihr heilig sein in eurem ganzen Wandel. Denn es steht geschrieben: »Ihr sollt heilig sein, denn ich bin heilig!«

 Und wenn ihr den als Vater anruft, der ohne Ansehen der Person richtet nach dem Werk jedes einzelnen, so führt euren Wandel in Furcht, solange ihr euch hier als Fremdlinge aufhaltet. Denn ihr wißt ja, daß ihr nicht mit vergänglichen Dingen, mit Silber oder Gold, losgekauft worden seid aus eurem nichtigen, von den Vätern überlieferten Wandel, sondern mit dem kostbaren Blut des Christus, als eines makellosen und unbefleckten Lammes. (1Pt 1,14-19)

Für alle Kinder Gottes gibt es ein „Einst“ und „Jetzt“. Wir alle waren von Natur aus, vor unserer Neugeburt, unreine Sünder; wir lebten unseren Lüsten und Begierden. Wir waren fern von Gott und richteten uns aus nach unseren eigenen, sündigen Maßstäben. Wir waren „als Sklaven unterworfen unter mannigfaltige Begierden und Ausschweifungen“ (Tit 3,3 FN Schl 2000).

Denn auch wir waren einst unverständig, ungehorsam, gingen in die Irre, dienten mannigfachen Lüsten und Vergnügungen, lebten in Bosheit und Neid, verhaßt und einander hassend. Als aber die Freundlichkeit und Menschenliebe Gottes, unseres Retters, erschien, da hat er uns – nicht um der Werke der Gerechtigkeit willen, die wir getan hätten, sondern aufgrund seiner Barmherzigkeit – errettet durch das Bad der Wiedergeburt und durch die Erneuerung des Heiligen Geistes … (Tit 3,3-5)

Denn ihr wart einst Finsternis; jetzt aber seid ihr Licht in dem Herrn. Wandelt als Kinder des Lichts! (Eph 5,8)

Der sündige Mensch lebt egoistisch, ichhaft, auf seine Selbstverwirklichung bedacht (vgl. 2Tim 3,1-5). Er will sich selbst in Szene setzen, bei anderen gut ankommen, seine Anziehungskraft auf andere ausspielen und möglichst erhöhen. Der Wunsch, bei anderen anerkannt zu sein und in der Gruppe einen möglichst hohen Status zu erlangen, auch durch ungute Tricks und Kniffe, steckt tief in dem gefallenen Menschen.

Das wirkt sich auf sein Verhalten vor anderen aus: Prahlen und Sich-Inszenieren, Kokettieren und seine Reize ausspielen, den anderen beeindrucken, mit allen möglichen Mitteln Bewunderung und Sympathie der Umwelt erhaschen – all das gehört zu den elementaren Verhaltensstrategien des sündigen Menschen.

All diese Dinge sollten bei einem wahren Kind Gottes der Vergangenheit angehören. Der große, heilige Gott, der aus lauter Gnade errettet und geheiligt hat, möchte ausdrücklich, daß wir in allen Bereichen unseres Lebens heilig leben, das heißt für Ihn abgesondert, nach Seinen Geboten und Maßstäben – so, wie es Seinem heiligen Wesen entspricht. Das schließt den klaren Bruch mit allen sündigen Verhaltensweisen ein, denen wir in unserem alten Leben angehangen haben.

Werdet nun Gottes Nachahmer als geliebte Kinder und wandelt in der Liebe, gleichwie auch Christus uns geliebt und sich selbst für uns gegeben hat als Darbringung und Schlachtopfer, zu einem lieblichen Geruch für Gott. Unzucht aber und alle Unreinheit oder Habsucht soll nicht einmal bei euch erwähnt werden, wie es Heiligen geziemt; auch nicht Schändlichkeit und albernes Geschwätz oder Witzeleien, die sich nicht gehören, sondern vielmehr Danksagung.

 Denn das sollt ihr wissen, daß kein Unzüchtiger oder Unreiner oder Habsüchtiger (der ein Götzendiener ist), ein Erbteil hat im Reich des Christus und Gottes. Laßt euch von niemand mit leeren Worten verführen! Denn um dieser Dinge willen kommt der Zorn Gottes über die Söhne des Ungehorsams. So werdet nun nicht ihre Mitteilhaber! (Eph 5,1-7)

 Da nun Christus für uns im Fleisch gelitten hat, so wappnet auch ihr euch mit derselben Gesinnung; denn wer im Fleisch gelitten hat, der hat mit der Sünde abgeschlossen, um die noch verbleibende Zeit im Fleisch nicht mehr den Lüsten der Menschen zu leben, sondern dem Willen Gottes. Denn es ist für uns genug, daß wir die vergangene Zeit des Lebens nach dem Willen der Heiden zugebracht haben, indem wir uns gehen ließen in Ausschweifungen, Begierden, Trunksucht, Belustigungen, Trinkgelagen und frevelhaftem Götzendienst. Das befremdet sie, daß ihr nicht mitlauft in denselben heillosen Schlamm, und darum lästern sie; sie werden aber dem Rechenschaft geben müssen, der bereit ist, die Lebendigen und die Toten zu richten. (1Pt 4,1-5)

Gottes Wille ist, daß wir in unserem ganzen Leben die Reinheit, Liebe und Güte, die Heiligkeit und Gerechtigkeit unseres Retter-Gottes immer mehr widerspiegeln und dadurch ein lebendiges Zeugnis für das Evangelium sind: „… damit ihr unsträflich und lauter seid, untadelige Kinder Gottes inmitten eines verdrehten und verkehrten Geschlechts, unter welchem ihr leuchtet als Lichter in der Welt, indem ihr das Wort des Lebens darbietet …“ (Phil 2,15).

Wenn wir aber als Kinder Gottes nach der unreinen und sündigen Weise der Welt leben, dann entheiligen und entehren wir Gott, wie uns mehrfach warnend gesagt wird:

… damit sie die jungen Frauen dazu anleiten, ihre Männer und ihre Kinder zu lieben, besonnen zu sein, keusch, häuslich, gütig, und sich ihren Männern unterzuordnen, damit das Wort Gottes nicht verlästert wird. (Tit 2,4-5)

Die Knechte [ermahne], daß sie sich ihren eigenen Herren unterordnen, in allem gern gefällig sind, nicht widersprechen, nichts entwenden, sondern alle gute Treue beweisen, damit sie der Lehre Gottes, unseres Retters, in jeder Hinsicht Ehre machen. (Tit 2,9-10)

Diejenigen, die unter dem Joch der Sklaverei sind, sollen ihre eigenen Herren aller Ehre wert halten, damit nicht der Name Gottes und die Lehre verlästert werden. (1Tim 6,1)

Wie ernst ist der Gedanke, daß wir als bluterkaufte Kinder Gottes durch unser unheiliges Verhalten Anlaß geben sollten, daß unser großer Gott, dessen Liebe und Gnade wir alles verdanken, unter den Ungläubigen gelästert wird!

Die Ungläubigen um uns herum haben durchaus ein feines Gespür dafür, was sich für ein Kind Gottes gehört und was nicht zu ihm paßt. Sie beobachten uns genauer, als wir meinen. Wenn wir etwas Unschickliches oder Unanständiges tun, dann spotten sie darüber, daß wir in demselben Schlamm mitschwimmen wie sie (vgl. 1Pt 4,4), und Gott wird dadurch entehrt.

Jedes wahre Gotteskind sollte alles tun, um solch eine traurige Verfehlung zu vermeiden. Wir sollen in allem zur Ehre unseres Gottes leben, und das bedeutet auch, daß wir uns gründlich abwenden von dem sündigen Lebensstil der Welt und einen grundlegend anderen, gottgemäßen Lebensstil annehmen.

Dann wird in unseren Worten, in unserem Verhalten und auch in unserer Kleidung nichts mehr von der Ichsucht und Prahlerei, aber auch nichts mehr von der Unzucht und Unreinheit dieser verdorbenen Welt zu sehen sein, sondern wir werden fröhlich und aufrichtig so leben, daß die Heiligkeit, Reinheit und Liebe unseres Herrn Jesus Christus an uns gesehen wird.

 

 

Reinheit und Anständigkeit im Leben eines Gotteskindes

 

Weil wir Kinder des ewigen, heiligen, ehrfurchtgebietenden Gottes sind, finden wir viele Ermahnungen und Unterweisungen in den Apostelbriefen, die uns ans Herz legen, einen „in Furcht keuschen (reinen) Wandel“ (1Pt 3,2) zu führen. Reinheit und Sittsamkeit, Anstand und Zucht in unserem alltäglichen Leben sind unserem Gott sehr wichtig.

 

Unsere Berufung als heilige Priester für Gott

Wir sind ja ein heiliges Priestertum für Gott (1Pt 2,4); wir sind dazu berufen, die Tugenden dessen zu verkünden, der uns aus der Finsternis berufen hat zu Seinem wunderbaren Licht (1Pt 2,9) – dazu paßt kein ichhafter, leichtfertiger, sittlich zweifelhafter Lebenswandel. So etwas würde unser ganzes Zeugnis von der Heiligkeit, dem Gericht und der Gnade Gottes zunichte machen. Wenn wir ein Zeugnis für Christus sein wollen, dann müssen wir sorgfältig darauf achten, daß wir gerade in unserem Alltagsleben zur Ehre Gottes und nach Seinen Geboten leben.

Das gilt ausdrücklich für alle Bereiche unseres Lebens; es gibt keinen Bereich, in dem ein Gotteskind machen könnte, was es möchte, keinen „privaten“ Sektor, in dem Gottes Maßstäbe nicht gelten würden – auch wenn manche Christen leider so handeln.

Sittsamkeit und Anstand sollen unser Familienleben prägen, unser Berufsleben, unseren Umgang mit den Nachbarn, unser Auftreten in der Öffentlichkeit ebenso wie in unserem eigenen Haus oder in der Gemeinde Gottes. Zum Anstand gehört es, sich selbst und seine Wünsche und Gefühle zurückzunehmen und zum Wohl des Anderen zu handeln, dem Nächsten ehrerbietig zu begegnen und das Sittlichkeitsempfinden der Gemeinschaft zu achten.

Dabei können und sollen wir uns nicht an dem oft niedrigen Durchschnitt der Masse ausrichten, sondern am Sittlichkeitsempfinden der Älteren und Höhergestellten in einer Gemeinschaft. Dazu kommt für uns Christen die Achtung vor dem Sittsamkeitsempfinden der Gemeinde, die wir ja auch anderswo repräsentieren, und hier wieder der Ältesten und Reiferen der Gemeinde.

Anstand und Ehrbarkeit bedeutet, daß wir auf egoistische Selbstverwirklichung verzichten, rücksichtsvoll und nach den Rechtsnormen Gottes und der Menschen handeln. Wenn wir etwa lügen und betrügen, um uns einen Vorteil zu verschaffen, wenn wir rücksichtslos andere schädigen oder uns vordrängen (und sei es nur beim Anstehen vor einem Schalter), wenn wir mit teurer Kleidung protzen oder mit einem Angeberauto, aber auch wenn wir schlampig, unsauber und vernachlässigt auftreten – dann verletzen wir den Anstand und machen unser Zeugnis vor der Welt unglaubwürdig.

Das gilt auch für den Bereich der Geschlechtlichkeit und des Eros. Das Anstandsempfinden der Gemeinschaft gebietet hier Zurückhaltung und Verzicht auf Provokation und schamlose Selbstdarstellung. Auch wenn sich immer weniger Weltmenschen daran halten, wissen sie dennoch ganz gut um die Anforderungen des Anstands auch auf diesem Gebiet. So betrifft das Gebot der Bibel, daß wir anständig, sittsam und moralisch rein in unserem Lebenswandel sein sollen, einen wichtigen Bereich unseres Glaubenslebens und unserer Heiligung.

 

 

Wie die Bibel unseren sittsamen und geheiligten Lebenswandel beschreibt

 

Was meint Gottes Wort, wenn es von Anständigkeit und Reinheit spricht? In den allgemeinen Unterweisungen des Neuen Testaments zu diesem Thema begegnen uns einige Schlüsselbegriffe, die wir näher betrachten wollen; es empfiehlt sich, die angegebenen Bibelstellen nach Möglichkeit alle nachzuschlagen, damit wir uns den Sinn und die Bedeutung dieser Begriffe gut einprägen können.

 

Reinheit und Keuschheit

Der erste Schlüsselbegriff ist Reinheit bzw. Keuschheit (gr. hagnos = heilig, rein, unbefleckt, keusch, lauter, züchtig, jungfräulich, ehrbar); er kommt in 2Kor 7,11; 11,2; Phil 4,8; 1Tim 5,22; Jak 3,17; 1Pt 3,2; 1Joh 3,3 vor, in 1Tim 4,12 und 5,2 (hagneia, Substantiv) und 2Kor 6,6 (hagnotès Substantiv), sowie in Joh 11,55; Apg 21,24.26; 24,18; Jak 4,8; 1Pt 1,22; 1Joh 3,3 (hagnizò Verb). Reinheit bedeutet in diesem Sinn Freiheit von allem Anzüglichen, Sinnlichen und Leichtfertigen, von bösen Motiven und Begierden, von bösem Reden und unguten Handlungsweisen.

Reinheit bzw. Keuschheit meint eine heilige, Gott geweihte Grundhaltung, die sich „von der Welt unbefleckt“ bewahrt (Jak 1,27). Das Wort hat auch die besondere Bedeutung der Reinheit, die notwendig ist, um in die Gegenwart Gottes treten zu können; es bezeichnet die Reinigung für den Tempel in Apg 21,24.26. Diese Grundhaltung ist für uns überaus wichtig in unserem Leben in dieser Welt; sie betrifft ganz direkt unsere innerste Beziehung zu Christus, unserem Herrn, wie uns 2Kor 11,2-3 zeigt:

Denn ich eifere um euch mit göttlichem Eifer; denn ich habe euch einem Mann verlobt, um euch als eine keusche (reine = hagnos) Jungfrau Christus zuzuführen. Ich fürchte aber, es könnte womöglich, so wie die Schlange Eva verführte mit ihrer List, auch eure Gesinnung verdorben [und abgewandt] werden von der Einfalt gegenüber Christus.

Seht, welch eine Liebe hat uns der Vater erwiesen, daß wir Kinder Gottes heißen sollen! Darum erkennt uns die Welt nicht, weil sie Ihn nicht erkannt hat. Geliebte, wir sind jetzt Kinder Gottes, und noch ist nicht offenbar geworden, was wir sein werden; wir wissen aber, daß wir ihm gleichgestaltet sein werden, wenn er offenbar werden wird; denn wir werden ihn sehen, wie er ist. Und jeder, der diese Hoffnung auf ihn hat, reinigt sich (hagnizò), gleichwie auch Er rein (hagnos) ist. (1Joh 3,1-3)

Die Reinheit gegenüber den Befleckungen der Welt ist deshalb wichtig, weil wir Christus angehören, dem herrlichen und heiligen Bräutigam, der alles dafür gegeben hat, um uns aus unserem Sündenschmutz zu erretten. Diese Reinheit betrifft zuallererst unsere Herzenshaltung Gott gegenüber, unser Innerstes, unser Denken:

Die Weisheit von oben aber ist erstens rein, sodann friedfertig, gütig; sie läßt sich etwas sagen, ist voll Barmherzigkeit und guter Früchte, unparteiisch und frei von Heuchelei. (Jak 3,17)

 Im übrigen, ihr Brüder, alles, was wahrhaftig, was ehrbar, was gerecht, was rein, was liebenswert, was wohllautend, was irgend eine Tugend oder etwas Lobenswertes ist, darauf seid bedacht! (Phil 4,8)

Aber sie betrifft auch unseren praktischen Lebenswandel; sie zeigt sich in den verschiedenen Beziehungen, in denen wir leben:

 Die Hände lege niemand schnell auf, mache dich auch nicht fremder Sünden teilhaftig; bewahre dich selbst rein! (1Tim 5,22)

 Gleicherweise sollen auch die Frauen sich ihren eigenen Männern unterordnen, damit, wenn auch etliche sich weigern, dem Wort zu glauben, sie durch den Wandel der Frauen ohne Wort gewonnen werden, wenn sie euren in Furcht keuschen Wandel ansehen. (1Pt 3,1-2)

 

Zucht und Sittsamkeit

Der zweite Begriff, der unsere Haltung auf diesem Gebiet biblisch kennzeichnet, ist Besonnenheit, Zucht und Sittsamkeit (gr. sòphrosyne). Das Wort bedeutet im griechischen NT auf der einen Seite Bewußtheit, Selbstbeherrschung und Zucht, aber auch Sittsamkeit, Ehrbarkeit, Anstand. Hier liegt die Betonung auf einem bewußten, selbstbeherrschten Leben nach göttlichen Maßstäben, welches das Fleisch und seine bösen Impulse unter Kontrolle hält und in allem Gott Ehre macht – in dem Bewußtsein, daß wir heilige Priester und Boten Gottes sind, die in dieser verkehrten und verderbten Welt ein Zeugnis ablegen sollen.

Wir finden diesen Begriff im NT in Mk 5,15; Lk 8,35; Röm 12,3; 2Kor 5,13; Tit 2,6; 1Pt 4,7 (sòphroneò Verb); in 2Tim 1,7 (sòphronismos Subst.); Tit 2,12 (sòphronos Adv.); Apg 26,25; 1Tim 2,9+15 (sòphrosynè Subst.); 1Tim 3,2; Tit 1,8; 2,2; 2,5 (sòphròn Adj.) sowie Tit 2,4 (sòphronizò Verb).

Du aber rede, was der gesunden Lehre entspricht: daß die alten Männer nüchtern sein sollen, ehrbar, besonnen, gesund im Glauben, in der Liebe, in der Geduld; daß sich die alten Frauen gleicherweise so verhalten sollen, wie es Heiligen geziemt, daß sie nicht verleumderisch sein sollen, nicht vielem Weingenuß ergeben, sondern solche, die das Gute lehren, damit sie die jungen Frauen dazu anleiten, ihre Männer und ihre Kinder zu lieben, besonnen zu sein, keusch, häuslich, gütig, und sich ihren Männern unterzuordnen, damit das Wort Gottes nicht verlästert wird. Gleicherweise ermahne die jungen Männer, daß sie besonnen sein sollen. (Tit 2,1-6)

Denn die Gnade Gottes ist erschienen, die heilbringend ist für alle Menschen; sie nimmt uns in Zucht, damit wir die Gottlosigkeit und die weltlichen Begierden verleugnen und besonnen und gerecht und gottesfürchtig leben in der jetzigen Weltzeit … (Tit 2,11-12)

 

Anstand und gutes Verhalten

Der dritte Schlüsselbegriff ist anständig (gr. eu-schèmos = von guter Haltung, von gehöriger/rechter äußerer Erscheinung; anständig, ehrbar, würdig, schicklich). Hier geht es nicht zuletzt um unser Verhalten in den Augen von anderen: Als Gotteskinder sollen wir uns wo immer möglich (d.h. wenn uns das Wort Gottes nichts noch etwas Höheres, Weitergehendes gebietet) so verhalten, daß diese Haltung auch von Außenstehenden als gut und angemessen, als würdig und ehrbar empfunden wird.

Auch wenn die Menschen der Welt von diesen Maßstäben immer weiter abweichen, so behalten sie dennoch in einem Winkel ihres Gewissens ein Gespür dafür, und bei dem ewigen Gott sind diese Eigenschaften unverändert wichtig, auch wenn sie bei vielen Menschen kaum mehr etwas zählen oder sogar schon Gegenstand des Spottes sind.

Die Nacht ist vorgerückt, der Tag aber ist nahe. So laßt uns nun ablegen die Werke der Finsternis und anlegen die Waffen des Lichts! Laßt uns anständig (eu-schèmonòs) wandeln wie am Tag, nicht in Schlemmereien und Trinkgelagen, nicht in Unzucht und Ausschweifungen, nicht in Streit und Neid; sondern zieht den Herrn Jesus Christus an und pflegt das Fleisch nicht bis zur Erregung von Begierden! (Röm 13,12-14)

 Die Liebe ist langmütig und gütig, die Liebe beneidet nicht, die Liebe prahlt nicht, sie bläht sich nicht auf; sie ist nicht unanständig (a-schèmoneò), sie sucht nicht das Ihre, sie läßt sich nicht erbittern, sie rechnet das Böse nicht zu; sie freut sich nicht an der Ungerechtigkeit, sie freut sich aber an der Wahrheit; sie erträgt alles, sie glaubt alles, sie hofft alles, sie erduldet alles. (1Kor 13,4-7)

 Das sage ich aber zu eurem eigenen Nutzen, nicht um euch eine Schlinge um den Hals zu werfen, sondern um des Anstandes (to eu-schèmon) willen, und damit ihr ohne Ablenkung beständig beim Herrn bleiben könnt. (1Kor 7,35)

 … damit ihr anständig (eu-schèmonòs) wandelt gegenüber denen außerhalb [der Gemeinde] und niemand nötig habt. (1Th 4,12)

 Diese Haltung soll auch das Zusammenkommen der Kinder Gottes in der Gemeinde bestimmen. So lesen wir es als Ermahnung an die Korinther, die in dieser Hinsicht viele Sünden begangen hatten: Laßt alles anständig (eu-schèmonòs) und ordentlich [w. nach der Ordnung] zugehen!“ (1Kor 14,40).

 

Schamhaftigkeit und Scheu

Ein neutestamentlicher Begriff, der uns heutigen Christen aufgrund der Zeitgeistprägung immer ferner rückt, ist der der Schamhaftigkeit, Scheu und Zurückhaltung (gr. aidòs = sittliche Scheu, Schamgefühl, Ehrgefühl, Sittsamkeit, Schüchternheit, Gottesfurcht, Ehrerbietung). Er erscheint in 1Tim 2,9 in bezug auf die Frau:

Ebenso [will ich] auch, daß sich die Frauen in ehrbarem (kosmios) Anstand (od. in schicklicher, sittsamer Kleidung; gr. kata-stolè) mit Schamhaftigkeit (aidòs) und Zucht (sòphrosynè) schmücken, nicht mit Haarflechten oder Gold oder Perlen oder aufwendiger Kleidung …

Im Hebräerbrief finden wir denselben Begriff als grundsätzliche Haltung, in der alle Kinder Gottes dem heiligen Gott dienen sollten (nach TR/Schlachter):

Darum, weil wir ein unerschütterliches Reich empfangen, laßt uns die Gnade festhalten, durch die wir Gott auf wohlgefällige Weise dienen können mit Scheu und Ehrfurcht! Denn unser Gott ist ein verzehrendes Feuer. (Hebr 12,28-29)

Diese ehrfürchtige Scheu, dieses Bewußtsein von der Heiligkeit Gottes hat in der westlichen Endzeitgemeinde immer mehr abgenommen. Heute bewegt sich der Mensch in der Regel sehr selbstbewußt und manchmal gedankenlos-ichbezogen vor dem heiligen Gott; er meint, er könne vor dem Herrn aller Herren erscheinen, gerade wie es ihm beliebt, nach dem sehr verkürzten und einseitigen Motto: „Gott nimmt mich an, so wie ich bin“.

Nur noch wenige können, so fürchte ich, wirklich nachempfinden, was Tersteegen einst in den bekannten Liedvers faßte:

Gott ist gegenwärtig;

lasset uns anbeten

und in Ehrfurcht vor ihn treten.

Gott ist in der Mitten!

Alles in uns schweige

und sich innigst vor ihm beuge.

Wer ihn kennt,

wer ihn nennt

schlag‘ die Augen nieder;

kommt, ergebt euch wieder!

Wie die Scheu vor der erhabenen Heiligkeit und Majestät Gottes schwindet auch die Schamhaftigkeit und keusche Zurückhaltung im Umgang untereinander unter den heutigen Gläubigen. Manch ein Besucher oder eine Besucherin der Gemeindeversammlungen plaudert und scherzt kurz vor Beginn, man stellt sich noch ein wenig zur Schau, wirft Blicke und kokettiert ein wenig.

Es fehlt oftmals die ganze Ausrichtung auf den Herrn, das ernste Verlangen, Sein Wort zu hören; stattdessen wird oberflächliche Geselligkeit gepflegt. Die scheue Zurückhaltung und Schamhaftigkeit bleiben in einem solchen Klima immer mehr auf der Strecke; der Mensch verhält sich und kleidet sich so, wie es ihm gerade zumute ist, ohne die Heiligkeit der Gemeindeversammlung noch zu respektieren.

 

Ehrbarkeit und Würde

Auch das Wort ehrbar finden wir immer wieder im Zusammenhang mit unserem Verhalten als Kinder Gottes (semnos Adj. und semnotès Subst.= ehrwürdig, ehrfurchtgebietend, heilig, rein, würdevoll, edel, ehrenhaft in Phil 4,8; 1Tim 3,8+11; Tit 2,2; 1Tim 2,2; 3,4; Tit 2,7). Auch dieser Begriff erscheint uns heutigen Kindern und Enkeln der „68er“-Kulturrevolution vielfach wie ein verstaubtes Wort aus dem vorletzten Jahrhundert.

 … für Könige und alle, die in hoher Stellung sind, damit wir ein ruhiges und stilles Leben führen können in aller Gottesfurcht und Ehrbarkeit … (1Tim 2,2; vgl. 1Tim 3,4)

 Gleicherweise sollen auch die Diakone ehrbar sein, nicht doppelzüngig, nicht vielem Weingenuß ergeben, nicht nach schändlichem Gewinn strebend … (1Tim 3,8; vgl. 3,11)

daß die alten Männer nüchtern sein sollen, ehrbar, besonnen, gesund im Glauben, in der Liebe, in der Geduld … (Tit 2,2)

 In allem mache dich selbst zu einem Vorbild guter Werke. In der Lehre erweise Unverfälschtheit, würdigen Ernst, Unverderbtheit … (Tit 2,7)

Daß das Wort Gottes auf diese Eigenschaft so großen Wert legt, hängt damit zusammen, daß wir allesamt ein heiliges Priestertum vor Gott bilden (1Pt 2,5). Wenn wir wissen wollen, wie Gott diese Eigenschaft meint, sollten wir das Vorbild Moses, Aarons und der alttestamentlichen Priester studieren.

Ihr Dienst in der Gegenwart des allerhöchsten Gottes verlieh ihnen eine Würde und einen Adel, aber auch einen heiligen Ernst, den sie auch in ihrem „Privatleben“ nicht verloren. Sie waren in ihrem ganzen Leben beiseitegesetzt, geheiligt für Gott, ausgerichtet auf Ihn, und das prägte ihren Charakter, wenn sie gottesfürchtig waren, und verlieh ihnen eine heilige und ehrfurchtgebietende Würde. Das verscherzen wir uns (im wahrsten Sinne des Wortes!) heute vielfach durch Lockerheit, Leichtfertigkeit, Kumpelhaftigkeit und Anbiederung an weltliche Sitten und Umgangsformen.

*  *  *

Neben diesen Hauptbegriffen gibt es noch andere Wörter, die hier eine Rolle spielen, so etwa kosmios, das mit ordentlich, anständig übersetzt wird (1Tim 2,9; 3,2) und timè = Wert, Wertschätzung, Ehre, Würde, Ehrbarkeit in 1Thess 4,4. Wir haben diese Begriffe so ausführlich behandelt, weil wir an ihnen etwas darüber lernen können, wie Gott sich den sittsamen und würdigen Lebenswandel eines Gläubigen wünscht.

Dazu müssen wir die betrachteten Stellen in der Tiefe und in Ruhe auf uns wirken lassen und über sie nachsinnen, statt hastig über sie hinwegzugehen. Wir sollten innehalten und den Herrn bitten, daß Er uns unser Leben im Licht dieser heiligen, inspirierten Aussagen zeigt und uns aufdeckt, wo wir an dieser Berufung vorbeigelebt oder sie nur unvollkommen ausgefüllt haben (was ich selbst klar von mir bekennen muß!).

Wenn wir die recht zahlreichen Aussagen des NT zu diesem Gebiet zusammenfassen, so können wir sagen: Sittsamkeit und Anständigkeit bedeutet für uns Kinder Gottes, daß wir uns von allem Egoismus, von Rücksichtslosigkeit, Suchen nach eigenem Vorteil, Selbstdarstellung und Spielen mit dem Eros fernhalten und in Heiligung und Gottesfurcht den Menschen vorleben, wie Gott sich den Lebenswandel wünscht. Es bedeutet, die Normen der Gemeinschaft zu achten, soweit sie mit Gottes Geboten vereinbar sind, Rücksicht und Hilfsbereitschaft anderen gegenüber zu erweisen, das Gute und Vorzügliche zu erstreben und zu tun. Es bedeutet aber vor allem, im Bewußtsein der Gegenwart des heiligen Gottes zu leben, vor dessen Augen wir wandeln.

Biblische Sittsamkeit und Anständigkeit betrifft den Umgang mit Geld und Besitz (niemanden übervorteilen, bescheiden, freigebig sein), den Umgang mit Macht und Prestige (kein Machtmißbrauch, keine Schikanen, kein Protzen und Streben nach hoher Stellung) und auch den Umgang mit der Geschlechtlichkeit (kein Locken und Werben, keine schamlose Freizügigkeit). Es umfaßt Taktgefühl und Einfühlung in den anderen, Rücksichtnahme und Empfinden für Schicklichkeit, Bescheidenheit und Zurückhaltung, Güte und Freundlichkeit.

 

 

Literaturhinweise:

 

Alle Wortbedeutungen griechischer Grundtextwörter nach: Menge, Hermann: Langenscheidts Großwörterbuch Griechisch-Deutsch. Unter Berücksichtigung der Etymologie. Berlin u.a. (Langenscheidt) 27. Aufl. 1991

David Cloud: „Privatsache Kleidung“ – Gibt es biblische Richtlinien? Steffisburg (Edition Nehemia) 2011 [Originalausgabe: Dressing for the Lord. Port Huron, MI (Way of Life Literature) 2007]

Rudolf Ebertshäuser: Als Frau zur Ehre Gottes leben. Eine Ermutigung zu biblischem Frausein. Steffisburg (Edition Nehemia) 3. überarb. Aufl. 2014

Elizabeth Rice Handford: Die Sprache deiner Kleider. Bielefeld (Christlicher Missionsverlag) 2006

Heinrich Töws: Der Christ und sein Äußeres. Eine biblische Analyse. Bielefeld (Christlicher Missionsverlag) 2012

 

 

Bearbeiteter Auszug aus der Schrift von Rudolf Ebertshäuser: Anstand und Sittsamkeit in Wandel und Kleidung. Biblische Maßstäbe für unser Zeugnis als Christen, die auch als gedruckte Broschüre im ESRA-Schriftendienst erschienen ist.

 

 

 

 

 

Print Friendly, PDF & Email