Am 20. November 2009 wurde in Washington/USA eine Erklärung vorgestellt, die von einflußreichen Führern der Evangelikalen sowie der katholischen Kirche unterzeichnet wurde. Sie versteht sich als einen „Ruf an das christliche Gewissen“ und wendet sich an die weltliche Gesellschaft wie an die christliche Kirche. Sie will christliche Werte wieder in die Öffentlichkeit bringen und dafür kämpfen, daß vor allem bei drei zentralen Anliegen der christliche Standpunkt in der Politik respektiert wird:

* „die Heiligkeit des Lebens“ (gegen Abtreibungen)

* die Würde der Ehe als Vereinigung eines Mannes und einer Frau (gegen Homo-Ehe)

* religiöse Freiheiten

So wolle man das Beste für die Gemeinschaft suchen und die amerikanische Nation zur Gerechtigkeit hinführen (vgl. die Selbstaussagen der Organisatoren in http://manhattandeclaration.org/the-movement/movement.aspx).

Führend beteiligt an dieser Erklärung, die anfangs von mehr als 150 religiösen Persönlichkeiten unterzeichnet wurde und zur Zeit schon über 450.000 Unterstützer hat, war der moderne Evangelikale Chuck Colson, der schon 1994 mit Richard J. Neuhaus die ökumenische Initiative „Evangelicals and Catholics Together“ vorangetrieben hatte.

Schon in der Präambel wird deutlich, daß diese Erklärung bewußt die katholische Kirche als ein Bollwerk des Christentums hervorhebt. „Christen sind die Erben einer 2000 Jahre alten Tradition der Verkündigung von Gottes Wort, der Suche nach Gerechtigkeit in unseren Gesellschaften, des Widerstands gegen Tyrannei und der Fürsorge in Barmherzigkeit für die Armen, Unterdrückten und Leidenden“.

 
Angesichts der blutigen Geschichte der katholischen Kirche durch diese 2000 Jahre ist allein schon dieser Satz eine Absage an das Evangelium und die biblische Wahrheit. Man rühmt sich der „christlichen Klöster“ als Hort der Kultur und verschweigt die schlimmen Irrlehren und Mißstände in diesen Stätten der Irreführung; man verweist auf Edikte der Päpste gegen die Sklaverei und übergeht die Verbrechen der katholischen Kirche an ungezählten Menschen.

Hierin liegt eine grundlegende Verführung, die die Unterschrift vieler Christen, die sich als „evangelikal“ und „bibeltreu“ verstehen, unter diese Erklärung so ernst und schwerwiegend macht. In ihr steht vieles Richtige und Wahre – aber durch sie zieht sich die Irrlehre, die katholische Kirche sei seit 2000 Jahren eine Hüterin des wahren christlichen Glaubens, und man könne ihre Anhänger und Führer pauschal als „Christen“ im biblischen Sinne bezeichnen.

Damit wird eine grundlegende Erkenntnis, die sowohl die Reformatoren als auch die Täufer aus der Bibel gewonnen hatten, hinterrücks widerrufen, nämlich daß die römische Kirche ein falsches Evangelium der Werke und Sakramente vertritt, das niemanden errettet, daß sie einen anderen Christus anbetet und – besonders in der Eucharistie – greulichen Götzendienst betreibt. Die katholische Kirche ist zutiefst anti-christlich, weil sie ihre heidnische Priesterschaft und ihre unbiblischen Sakramente an die Stelle von Christus setzt. Für diese Wahrheit waren viele Gläubige einst bereit, auf dem Scheiterhaufen zu sterben – die von ihrem lauteren Glauben abgedrifteten Nachkömmlinge der Reformatoren und Täufer machen sich nun freiwillig mit den Irrlehren dieser Kirche eins und waschen sie rein.

Der Appell selbst bezieht sich immer wieder auf unbiblische, humanistische Gedanken, wie sie den Irrlehren der katholischen Kirche entsprechen. So berufen sie sich gleichermaßen auf das „Licht der Wahrheit, das in der Heiligen Schrift gegründet ist“, auf die „natürliche menschliche Vernunft“, und auf „die menschliche Natur selbst“. Sie richten ihre Deklaration an „alle Menschen guten Willens, sowohl Gläubige als auch Nichtgläubige“. Sie reden von der „Heiligkeit des menschlichen Lebens“ – einen Begriff, den ein wahrer Gläubiger angesichts des Sündenfalls nicht verwenden kann.

In ihren Ausführungen zum Lebensschutz zitiert die Deklaration zustimmend Papst Johannes Paul II. und wendet sich dann kritisch gegen die Politik des US-Präsidenten Obama, der im Endeffekt Abtreibungen fördert. Die Ablehnung von Abtreibungen wird jeder wahre Gläubige natürlich teilen, doch die Bibel gibt der neutestamentlichen Gemeinde keinen Auftrag, in die Angelegenheiten des weltlichen Staatswesens einzugreifen und politische Kampagnen zu führen. Wir sollen für die Obrigkeit beten, und nicht durch Kampagnen Druck auf sie ausüben.

Beim Punkt „Ehe“ finden wir wieder Bezüge zur katholischen Kirche, humanistisches Gedankengut vermischt mit biblischen Argumenten. es wird der Versuch gemacht, den weltlichen Staat zurückzubringen zur Anerkennung christlich-biblischer Ordnungen. Wiederum wird jeder gläubige Christ von der Sache her bejahen, daß der lebenslange Treubund zwischen einem Mann und einer Frau Gottes Ordnung der Ehe darstellt und ein Fundament jeder gesunden Gesellschaft ist. Doch die Verfasser der Manhattan-Deklaration jagen dem falschen Ideal eines „christlichen Amerika“ nach und versuchen, die Privilegien der christlich verstandenen Ehe in einer Gesellschaft zu retten, die eindeutig antichristlich und gesetzlos geworden ist.

Beim Punkt „religiöse Freiheiten“ werden die staatlichen Versuche kritisiert, die religiöse und Gewissensfreiheit unter dem Deckmantel von „Antidiskriminierungsgesetzen“ und der formalen Durchsetzung der „Rechte“ für Homosexuelle zu beschneiden und im Endeffekt womöglich aufzuheben. Doch dann wird das verbunden mit einer politischen Kampagne, die auch zivilen Ungehorsam einschließt und sich dabei auf Martin Luther King beruft.

Für manche Gläubigen scheint eine solche Initiative vielleicht eine Berechtigung zu haben, weil die darin vertretenen Anliegen und „Werte“ solche sind, die sie teilen. Viele Gläubige folgen hier gedankenlos der jesuitischen Parole „Der Zweck heiligt die Mittel“. In den USA haben prinzipienlose Koalitionen von Christen mit Ungläubigen und Irrströmungen (z.B. Katholiken und Mormonen) für „moralische“ Anliegen eine längere Tradition. Im Licht von Gottes heiligem Wort sind solche Koalitionen jedoch verwerflich.

Zieht nicht in einem fremden Joch mit Ungläubigen! Denn was haben Gerechtigkeit und Gesetzlosigkeit miteinander zu schaffen? Und was hat das Licht für Gemeinschaft mit der Finsternis? Wie stimmt Christus mit Belial überein? Oder was hat der Gläubige gemeinsam mit dem Ungläubigen? (2Kor 6,14-15)

Im Hintergrund solcher Aktionen steht letztlich auch ein unbiblisches Verständnis vom Auftrag der herausgerufenen, heiligen Gemeinde Gottes in dieser Welt. Gerade im Amerika war und ist die auf Augustinus und Calvin zurückgehende Vorstellung unter Christen sehr verbreitet, die Gemeinde habe Israel ersetzt und sei berufen, das tausendjährige messianische Reich anstelle von Christus zu verwirklichen und die Welt immer christlicher zu machen.

 
Es wird verleugnet, daß die Welt in der Endzeit dem Abfall, der Gesetzlosigkeit und dem Antichristen entgegentaumelt und der Auftrag der Gemeinde einzig und allein in einem treuen Zeugnis von Christus besteht, um noch etliche zu retten. Stattdessen will man durch politisches und soziales Engagement diese dem Untergang geweihte Welt (vgl. 2. Petrus 3!) noch „verbessern“ und „zur Gerechtigkeit zurückführen“. Das führt jedoch nur dazu, daß die wahre Gemeinde ihre Absonderung und ihr klares Zeugnis von Gottes Wahrheit preisgibt und sich mit der Weltkirche vermischt.

Die Manhattan-Deklaration dient dazu, vielen evangelikalen Christen Sand in die Augen zu streuen über die wahre, antichristliche Natur der katholischen Kirche, und sie immer weiter in den Sog der falschen ökumenischen Einheit hineinzuziehen. Das ist sicherlich auch der Grund, weshalb höchste kirchliche Würdenträger dieser Kirche in den USA die Erklärung mit unterzeichnet haben – 33 Bischöfe und 17 Erzbischöfe, dazu hohe anglikanische und orthodoxe Würdenträger. Sie nutzen solche Aktionen geschickt aus, um die immer benebelter werdenden Evangelikalen einzufangen und vor ihren ökumenischen Karren zu spannen.

Und die Liste der evangelikalen „Würdenträger“, die sich dazu hergaben, ist lang. Unter ihnen sind erschreckend viele Theologieprofessoren renommierter evangelikaler Universitäten und Colleges, die ihre Studenten ja auch im ökumenischen Sinn beeinflussen. Unter anderem sind vertreten die Präsidenten des Dallas Theological Seminary (!), des Southeastern Bapist Theological Seminary, Biola University, Gordon-Conwell Theological Seminary, Wheaton College, der ehemalige Präsident des Moody Bible Institute, Albert Mohler, Präsident des Southern Baptist Theological Seminary, sowie Richard Mouw, Präsident des berüchtigten Fuller Theological Seminary.

Auch prominente Leiter evangelikaler Werke und Organisationen fehlen nicht. Leith Anderson, Präsident der einflußreichen National Association of Evangelicals, Chuck Colson, James Dobson (Focus on the Family), Jonathan Falwell von der einst fundamentalistischen Thomas Road Baptist Church, der Leiter der Heilsarmee in den USA, ein Leiter von Campus Crusade for Christ, der Präsident der Inter-Varsity Christian Fellowship, der Aufsichtsratsvorsitzende und der Chefredakteur der einflußreichen Zeitschrift Christianity Today, Ron Sider (Evangelicals for Social Action), Frank Wright, Präsident der National Religious Broadcasters.

Manche der Unterzeichner kennt auch der deutsche Leser von übersetzten Büchern, so etwa Erwin Lutzer (Pastor der Moody Church), Josh McDowell, Professor J. I. Packer, Chuck Swindoll, Buchautor und Kanzler des Dallas Theological Seminary, Joni Eareckson Tada, Ravi Zacharias, Randy Alcorn, Wayne Grudem. Hier müssen wir auch wachsam sein, welches Gedankengut über solche Bücher, in denen noch manches Gute stehen mag, hereinsickert. Es bleibt anzumerken, daß es auch einen deutschen Unterzeichner gibt – den früher eher konservativen Theologen Thomas Schirrmacher von der weltweiten Evangelischen Allianz.

 

Rudolf Ebertshäuser    das-wort-der-wahrheit.de    26. 5. 2010

 

Zu diesem Bericht können Sie auf unserer Webseite lesen:

Die Ökumenebestrebungen in der Endzeitchristenheit

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