Hans Peter Royer ist ein beliebter Buchautor, Sprecher bei Konferenzen und Reiseprediger unter den heutigen Evangelikalen. Er ist immerhin stellvertretender Leiter der einstmals geistlich recht fruchtbaren internationalen Fackelträger-Bewegung (Major Ian Thomas) und leitet das österreichische Fackelträger-Freizeithaus „Tauernhof“. Er wird gerne geholt, um feurige Predigten vor Jugendlichen zu halten (auch bei den Dillenburger Jugendtagen der „freien Brüdergemeinden“ war er schon eingeladen).
Nun hat ein österreichischer Webseitenbetreiber ihm in einem Interview einige Fragen gestellt. Royers Antworten darauf sind recht aufschlußreich. Sie zeigen, daß Royer weit von wirklich bibeltreuen Überzeugungen entfernt ist (sich weit davon entfernt hat?), und heute die unbiblische Denkweise sehr vieler (post)moderner Evangelikaler teilt. Ich erlaube mir, den Text auszugsweise wiederzugeben und hinter Royers kursiv gesetzter Antwort jeweils einen persönlichen Kommentar einzufügen (der Text bleibt einschließlich Schreibfehlern unverändert).
1. Was denkst du ist die größte Not der heutigen Kirche? (Antwort bitte in dem Bereich wo du Einsicht hast)
Die mangelnde Erkenntnis dass es um eine lebendige Beziehung zum Herrn Jesus geht und ein Mangel an Liebe unter Glaubensgeschwister unterschiedlicher Konfessionen. Wir reden zwar viel über Liebe, praktizieren und demonstrieren sie jedoch kaum im alltäglichen Miteinander. Damit meine ich auch mich selbst.
Die Antwort auf diese Frage zeigt, wie jemand die heutige endzeitliche Situation einschätzt. Die Not besteht für Royer nicht darin, daß die großen namenschristlichen Kirchen vom lebendigen Glauben abgefallen sind und sich der Bibelkritik, Ökumene und falschprophetischer Verführung geöffnet haben. Royers Antwort zeigt, daß er die Verleugnung der biblischen Wahrheit und damit auch des wahren Herrn Jesus Christus durch die römische Kirche und die protestantischen Großkirchen nicht durchschaut hat. Die tödliche Verdrehung der Wahrheit durch zahlreiche Irrlehren ist für ihn nicht das Problem, sondern unsere angebliche „Lieblosigkeit“. Wie Jürgen Werth stellt er die biblische Wahrheit stillschweigend zurück und erweckt den Eindruck, die Anhänger der verschiedenen christlichen Konfessionen hätten schon alle eine „lebendige Beziehung zu dem Herrn Jesus“. „Liebe statt Wahrheit, Einheit statt Klarheit“ ist das Motto der meisten heutigen Evangelikalen, die selbst nicht mehr auf dem Boden des biblischen Glaubens und der biblischen Lehre stehen. Royer sieht das Problem nicht in der ökumenischen Verführung, sondern wünscht sich offensichtlich, daß wir aus „Liebe“ zu unseren katholischen, orthodoxen, liberalprotestantischen, charismatischen „Glaubensgeschwistern“ alles Trennende zurückstellen und noch mehr in den ökumenischen Einheitssumpf hineinrudern.
2. Was ist die Lösung dafür?
Wenn ich das wüsste dann wäre ich Jesus. Zum einen müssen wir unser persönliches Leben immer wieder überprüfen ob wir in dieser Abhängigkeit von Jesus sind und “in ihm bleiben” und zum anderen müssen wir mehr Mut aufbringen uns freudig und stolz als Christen zu bekennen in einer Gesellschaft wo Jesus nicht mehr “cool” ist. Menschen gerne haben, egal wo sie denken und was sie glauben, und Freude an Jesus haben.
Hier bringt Royer fromme Allgemeinplätze und bleibt eine echte Antwort schuldig. Die Lösung für die Nöte der Gemeinde („Kirche“) kann doch nicht darin bestehen, daß wir „uns freudig und stolz als Christen bekennen“. Royer umgeht alles, was auf den Kampf für die biblische Wahrheit, die gesunde Lehre und den überlieferten Glauben hinweisen könnte. Er will ja offenkundig nicht, was die Bibel als Lösung zeigt, nämlich die Absonderung der treuen Gläubigen von den glaubensleeren Großkirchen. „Menschen gerne haben, egal wo sie denken und was sie glauben“ ist eine verführerische, verkehrte Parole, die an die heutige Emerging Church-Bewegung erinnert. Die Liebe zu den Verlorenen muß bei uns gepaart sein mit einem kompromißlosen Zeugnis für die biblische Wahrheit und mit Absonderung von Irrlehre und bloßem Namenschristentum. Doch genau davor schreckt der heutige Evangelikalismus zurück.
3. Welche 5 Bücher haben dich am meisten im Glauben weitergebracht oder beeinflusst und warum? (neben der Bibel)
Es fällt mir schwer nur 5 auszuwählen – es wären 50.
1. Ravi Zacharias – Cries of the heart – Bringing God near when He feels so far
2. Bruder Lorenz und Frank Laubach – Leben in Gottes Gegenwart
3. Eugene Peterson – Christ plays in Ten Thousand places
4. Henri J.M. Nouwen – The Return of the Prodical Son
5. Brennan Manning – Ruthless Trust
Diese Antwort ist nun sehr aufschlußreich und sollte uns zu denken geben. Wenn wir die Bücher kennen, die jemanden am meisten beeinflußt haben, können wir schon manches über seine Denkweise wissen. Ravi Zacharias ist ein bekannter amerikanischer Evangelikaler, ein brillanter Buchautor – aber auch engagiert in ökumenischen Kompromissen, wie seine Unterschrift unter die Manhattan-Deklaration zeigt (vgl. dazu Aktuelle Notizen Mai/Juni 2010). Noch befremdender ist sein Einsatz als Sprecher bei einer Konferenz der Mormonen im Jahr 2004 und die Tatsache, daß er für den freundlichen Dialog mit dieser Sekte plädierte und ihre Irrlehren herunterspielte. Eugene Peterson ist vor allem durch die radikal verfälschende Bibelübertragung „The Message“ bekannt. Er gehört zu den redegewandten Verfechtern der „neuen Spiritualität“, d.h. einer ökumenisch-liberal-mystischen Verfälschung des biblischen Glaubens. „Bruder Lorenz“ ist ein katholischer Mystiker des 17. Jh., der mit seinen Lehren vom „immerwährenden Gebet“ und der „Verwirklichung der Gegenwart Gottes“ zu den Lieblingsautoren der „neuen Spiritualität“ gehört. Henri Nouwen ist ein katholischer Mystiker des 20. Jh., der auch fernöstliche Meditation bejahte und überzeugt war, daß Menschen auch ohne Glauben an Jesus Christus gerettet würden. Auch Manning ist als ehemaliger katholischer Priester einer der führenden Autoren der mystisch-ökumenischen Strömung. Sie alle vertreten eine völlig unbiblische, an katholischen Vorbildern orientierte verwaschene „Spiritualität“, die heute zahllose Evangelikale irreführt. Diese Liste der wichtigsten Bücher neben der Bibel zeigt, daß Royer offenkundig auf dem Irrweg der meditativ-mystischen falschen „Spiritualität“ schon weit fortgeschritten ist. Das sollten solche Leser und Hörer beachten, die sich noch zu bibeltreuen Kreisen zählen und die von seiner Rhetorik offenkundig oft beeindruckt sind.
4. Wo sind für dich Grenzen der Einheit unter “bekennenden” Christen (Wo fängt Irrlehre an und was sind Auslegungsspielräume)?
Jeder Mensch der glaubt, dass der historische Jesus Christus für unsere Sünden gestorben ist, am Ostersonntag auferstanden ist aus den Toten, heute lebt und durch den Heiligen Geist in uns Wohnung nimmt, ist ein Bruder und eine Schwester in Christus. Alles andere ist Peripherie.
Diese Antwort Royers ist mit ihrer verwaschenen Formulierung der Glaubensfundamente charakteristisch für die Beliebigkeit vieler heutiger Evangelikaler in Glaubensdingen. Man will die Irrlehren nicht mehr beim Namen nennen und sucht nach der größtmöglichen Einheit auf dem kleinsten gemeinsamen Nenner. Zunächst klingt die Antwort für manche vielleicht zufriedenstellend. (Wir wollen uns nicht lange mit der seltsamen „kirchentreuen“ Formulierung aufhalten, Christus sei am „Ostersonntag“ auferstanden.) Aber wenn man bedenkt, was hier nicht berücksichtigt ist, wird man hoffentlich nachdenklich. Royer formuliert eine „Basis“, die jeder Katholik unterschreiben könnte. Ist er deshalb ein „Bruder in Christus“? Ist das Fürwahrhalten dieser Wahrheiten schon gleichbedeutend mit Wiedergeburt? Was ist mit denen, die die Inspiration der Bibel leugnen und Bibelkritik betreiben? Mit denen, die die Gottheit Christi und die Jungfrauengeburt leugnen? Wo bleibt die Abgrenzung gegen die Irrlehren der Pfingstler? Oder gegen die Allversöhnung? Hat die römische Kirche ein falsches Evangelium, wenn sie die Rettung von Werken und Sakramenten abhängig macht? Ist das alles „Peripherie“? Für Royer offensichtlich schon. Er vertritt eine radikal ökumenische Gesinnung, die nahezu jeder satanischen Verfälschung des Christentums Zutritt gewährt.
6. Was muss ein Mensch glauben um errettet zu werden? (Natürlich an Christus was muss der Inhalt sein)
Er muss sich nur an Jesus wenden! Umdenken! Von einem Leben ohne Gott umkehren zu einem Leben mit Gott. Nachdem Gott sich uns in Christus zugewandt hat, dürfen wir uns mit Zuversicht an Gott wenden und leben.
Auch hier finden wir die modern-evangelikale Verwässerung der Evangeliumsbotschaft erschreckend deutlich ausgeprägt wieder. Und diese Formulierung kommt von jemandem, der sich als „Evangelist“ für Jugendliche betätigt! Ein bloßes verwaschenes „Umdenken“ (in welcher Beziehung? wohin?), „sich an Jesus wenden“ (an welchen Jesus? den der römischen Kirche, den der Charismatiker?) – das führt keineswegs zu einer echten Errettung; das sind die verschwommenen Formeln, die heute auch bei „Pro Christ“ und anderen modernen Evangelisationskampagnen angewandt werden, um Menschen zu einer religiösen Scheinbekehrung zu führen, die niemals bereit wären, auf biblischer Grundlage sich zum Herrn zu bekehren. Die Erkenntnis der eigenen Sündhaftigkeit und Schuld vor Gott, die Herzensumkehr zu Gott, der Glaube an den Herrn Jesus Christus als den menschgewordenen Gottessohn, der unsere Schuld durch Sein Blut am Kreuz sühnte und auferstand und nun im Himmel thront, die Unterwerfung unter die Herrschaft Christi – alle diese Elemente eines biblischen rettenden Glaubens werden ausgeblendet. Was bedeutet ein „Leben mit Gott“? Viele nicht wiedergeborene Protestanten und Katholiken meinen, sie führten ein „Leben mit Gott“ und gehen doch verloren. Nach Royers Antwort zu schließen muß der rettende Glaube fast nichts beinhalten außer einer wie immer gearteten Zuwendung zu „Jesus“.
Damit wird die Krankheit des postmodernen Evangelikalismus auch in diesen Äußerungen eines geachteten Sprechers dieser Bewegung erschreckend offenbar. Da nutzt es auch nichts, daß Royer in seinen Büchern sicherlich auch vieles Richtige, Zutreffende schreibt. Die Richtung, in der er seine Hörer und Leser führt, ist verkehrt und irreführend. Es mag sein, daß man ihm als Bergführer vertrauen kann, daß er seine Kunden sicher zum Gipfel führt – wo er als geistlicher Leiter und Verkündiger des Wortes Gottes auftritt, sollte man sich davor hüten, dem verkehrten Kurs Royers und seiner evangelikalen Kameraden zu folgen.
Mich wundert, daß ihr euch so schnell abwenden laßt von dem, der euch durch die Gnade des Christus berufen hat, zu einem anderen Evangelium, während es doch kein anderes gibt; nur sind etliche da, die euch verwirren und das Evangelium von Christus verdrehen wollen. Aber selbst wenn wir oder ein Engel vom Himmel euch etwas anderes als Evangelium verkündigen würden als das, was wir euch verkündigt haben, der sei verflucht! Wie wir es zuvor gesagt haben, so sage ich auch jetzt wiederum: Wenn jemand euch etwas anderes als Evangelium verkündigt als das, welches ihr empfangen habt, der sei verflucht! Rede ich denn jetzt Menschen oder Gott zuliebe? Oder suche ich Menschen zu gefallen? Wenn ich allerdings den Menschen noch gefällig wäre, so wäre ich nicht ein Knecht des Christus. (Gal 1,6-10)
Geliebte, da es mir ein großes Anliegen ist, euch von dem gemeinsamen Heil zu schreiben, hielt ich es für notwendig, euch mit der Ermahnung zu schreiben, daß ihr für den Glauben kämpft, der den Heiligen ein für allemal überliefert worden ist. Es haben sich nämlich etliche Menschen unbemerkt eingeschlichen, die schon längst zu diesem Gericht aufgeschrieben worden sind, Gottlose, welche die Gnade unseres Gottes in Zügellosigkeit verkehren und Gott, den einzigen Herrscher, und unseren Herrn Jesus Christus verleugnen. (Jud 3-4)
Quellen: http://truth.gyger.at/2010/12/interview-1.html
http://de.wikipedia.org/wiki/Hans_Peter_Royer
http://en.wikipedia.org/wiki/Ravi_Zacharias
http://en.wikipedia.org/wiki/Eugene_H._Peterson
Rudolf Ebertshäuser www.das-wort-der-wahrheit.de 6. 1. 2011
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Jahr der Stille 2010: Mystik und Meditation statt Beten und Bibellesen