Viele von uns wissen sicherlich, daß eine Übersetzung aus einer Sprache in eine andere nicht immer ganz einfach ist, weil die Sprachen z.T. recht unterschiedlich aufgebaut sind. Manche haben in der Schule diese Erfahrung bei Übersetzungen aus dem Englischen ins Deutsche und umgekehrt gemacht; das gilt aber noch mehr für Sprachen, die weiter auseinander liegen. Es gibt Übersetzungen, die Inhalt und Sinn des Originals sehr treffend und genau wiedergeben; andere dagegen entfernen sich weit vom Original oder geben das Original sogar falsch wieder.
Aus diesem Grund ist es für die gläubige Gemeinde nicht gleichgültig, welche Bibelübersetzungen in der Verkündigung und im privaten Bibellesen benutzt werden. Vielmehr gehört es zu dem Auftrag des Herrn, Sein Wort zu bewahren, daß die Gemeinde, vor allem die Hirten und Lehrer in der Gemeinde, die Bibelausgaben, die den Gläubigen angeboten werden, auf ihre Qualität hin prüfen. Eine geistlich mangelhafte Bibelübersetzung wirkt sich schädigend auf unser ganzes geistliches Leben aus, so wie ein falsches, ungenaues Metermaß, das wir beim Hausbau verwenden, dazu führt, daß alle Maße des Hauses durcheinanderkommen und Schäden entstehen.
Deshalb wollen wir uns jetzt mit der Frage beschäftigen: Welche Eigenschaften sollte eine zuverlässige, für die gläubige Gemeinde brauchbare Bibelübersetzung aufweisen? Dabei wollen wir uns an den Aussagen der Bibel selbst orientieren und nicht an menschlichen Gedanken. Die Bibel ist solch ein Wunderwerk, daß sie uns auch grundlegende Maßstäbe zur Prüfung einer Bibelübersetzung an die Hand gibt.
1. Eine zuverlässige Übersetzung muß auf dem von Gott bewahrten und bestätigten Grundtext des AT und NT beruhen
Die erste und grundlegende Anforderung an eine zuverlässige Bibelübersetzung wird heute nur von wenigen Gläubigen beachtet. Jede Übersetzung fußt ja auf einer Textvorlage, und die Übersetzung kann nur so gut und zuverlässig sein wie der ihr zugrundeliegende Originaltext (auch Grundtext genannt). Der Grundtext der Bibel ist der hebräische Text des Alten Testaments (AT) und der griechische Text des Neuen Testaments (NT).
Es ist sehr wichtig, daß einer zuverlässigen Bibel auch der durch Gottes Vorsehung bewahrte und zuverlässig überlieferte Text des AT und NT zugrundeliegt (vgl. Ps 12,8), und nicht irgendwelche Texte, die unter dem Einfluß ungläubiger Textforscher und Theologen eigenmächtig abgeändert und verstümmelt wurden (5Mo 13,1!).
Seit der Reformation wurde in allen bibeltreuen Bibeln der von den jüdischen Priestern und Gelehrten zuverlässig überlieferte Masoretische Text (MT) des AT zur Grundlage gemacht (vgl. Röm 3,2). Unter dem Einfluß von Aufklärung und Bibelkritik begannen jedoch Theologen und Gelehrte im 19. und 20. Jh., diesen Text in Frage zu stellen und an vielen Stellen durch den Wortlaut alter Übersetzungen (Septuaginta, Vulgata) bzw. anderer Quellen zu ersetzen (Samaritanischer Pentateuch, Targume, Qumran-Handschriften). Ja, sie schreckten nicht davor zurück, an einigen Stellen völlig willkürlich den Text nach eigenen Vermutungen abzuändern, ohne Rückhalt in der Textüberlieferung.
Heute geben viele moderne Bibelübersetzungen an zahlreichen Stellen nicht den bewährten Masoretischen Text wieder, sondern unzuverlässige alte Übersetzungen oder sogar eigene Textvermutungen. Dazu gehören GN und HFA, aber auch die „Ökumenische Einheitsübersetzung“, die „Zürcher Bibel“ von 1931, die „revidierte Elberfelder“ u.a. In der „revidierten Elberfelder Übersetzung“ wurden die meisten solchen Eingriffe durch Fußnoten dokumentiert; dort hat der Verfasser 885 eigenmächtige Abweichungen vom Masoretischen Text im ganzen AT gezählt.
Im NT ist seit der Reformation die überlieferte und von Gott bestätigte Textgrundlage der Textus Receptus gewesen, der im wesentlichen auf dem Zeugnis der großen Mehrheit aller griechischen Handschriften (dem „byzantinischen Mehrheitstext“) beruht. Der Textus Receptus liegt allen großen und gesegneten Bibelübersetzungen seit dem 16. Jahrhundert zugrunde, z.B. der Luther- und der Zürcher Bibel, der King-James-Bibel, der italienischen Diodati, der französischen Bibel von Ostervald und vielen anderen.
Auch im griechischen NT wurde unter dem Einfluß von Aufklärung und Bibelkritik der überlieferte Wortlaut in Frage gestellt und an zahlreichen Stellen verkürzt und verändert. Das Endergebnis ist der heutige „Nestle-Aland“-Text des NT, der von einem ökumenischen Gremium bibelkritischer Wissenschaftler (unter ihnen ein Vertreter des Vatikan) per Mehrheitsbeschluß festgelegt wird.
Zu den bekanntesten abgeänderten Stellen gehören 1Tim 3,16, 2Kor 5,17, Röm 1,16, Joh 6,69, Joh 7,8, Joh 9,35 und 1Kor 7,3. Die Streichung von überlieferten Gottesworten ergäbe eine sehr lange Liste; es seien nur kurz einige wichtige Stellen genannt: Eph 3,9; Phil 4,13, Gal 4,7; Mt 6,13; Mt 18,11; Mk 2,17; Mk 10,21; Mk 15,28; Lk 4,18; Lk 9,56; Joh 6,47; Apg 8,37; 1Kor 5,7; Kol 1,14; 1Tim 6,5; 1Joh 4,19. All das läßt sich nachprüfen, wenn man eine nach dem Textus Receptus übersetzte Bibel wie etwa Schlachter 2000 oder Luther 1912/1545 mit einer auf textkritischer Grundlage beruhenden Bibel wie etwa der Luther 1984 oder der Revidierten Elberfelder vergleicht.
Die „ältesten“ und angeblich zuverlässigsten Textzeugen, auf die sich die moderne Textkritik bei diesen Änderungen beruft, sind einige wenige Handschriften aus Ägypten, die von der dort herrschenden Irrlehre der Gnosis beeinflußt wurden und deshalb besonders solche Stellen veränderten, wo es um die Gottheit, die Sohnschaft und Herrlichkeit Jesus Christi ging.
Alle diese Zusammenhänge können in dieser Broschüre nur kurz gestreift werden; zur weiteren Orientierung werden die Schriften Dreihundert wichtige Veränderungen im Text des NT. Ein Vergleich zwischen Textus-Receptus-Bibeln und textkritischen Bibeln sowie Der zuverlässige Text des Neuen Testaments. Der Textus Receptus und die Veränderungen in den modernen Bibeln vom selben Verfasser empfohlen.
2. Eine zuverlässige Übersetzung muß die von Gott inspirierten Grundtextworte getreu wiedergeben
Das ist die allerwichtigste Eigenschaft, die wir brauchen: Eine Bibelübersetzung für die gläubige Gemeinde muß grundsätzlich wortgetreu sein. Sie muß die von Gott gegebenen Worte des Hebräischen und Griechischen genau und zuverlässig wiedergeben. Sie darf vom Originaltext nichts wegnehmen und nichts hinzufügen.
Das ergibt sich aus der Lehre der Verbalinspiration (= wörtlichen Eingebung der Schrift durch Gott), wie sie uns die Bibel selbst offenbart: Gott hat einzelne Worte gegeben, Worte von unendlicher Bedeutung, von unschätzbarem Gewicht. Gottes Botschaft beruht auf konkreten, bestimmten, überlieferten Worten in Hebräisch und Griechisch. Gott hat nicht nur Gedanken hinterlassen, die beliebig umformuliert werden könnten, sondern klare, konkrete, einzeln bedachte und gewichtete Worte, „Worte des ewigen Lebens“ (Joh 6,68).
Ein Bibelstudium zu dem Begriff „Wort / Worte“ zeigt, daß es Gott in der Schrift auf den genauen Wortlaut Seiner Botschaft ankam, den die Propheten exakt weitergeben sollten und von denen sie weder etwas wegtun durften, noch etwas hinzufügen (vgl. u.a. 2Mo 34,27; 5Mo 4,2; Jos 8,35; Ps 12,7-8; Jer 26,2; Jer 36,1-19; Mt 4,4). Diese Grundhaltung der Ehrfurcht vor dem gegebenen Wort des lebendigen Gottes muß auch alles geistlich verantwortliche Bibelübersetzen bestimmen.
Die geistliche Forderung an eine gute Übersetzung muß also sein, daß die Worte des Originals so genau und getreu wie möglich wiedergegeben werden, daß jedes inspirierte Grundtextwort angemessen wiedergegeben wird, ohne Sinnverfälschung und eigenmächtige Hinzufügungen oder Weglassungen. Ein sinngemäßes Übersetzen darf nur dort gewählt werden, wo die wörtliche Übersetzung das Verständnis wirklich stark erschweren oder unmöglich machen würde, und auch das sinngemäße Übersetzen muß so nahe wie möglich am Urtext und den vorgegebenen Worten bleiben. Nötigenfalls sollten zusätzliche Informationen über den Originaltext in Anmerkungen bereitgestellt werden.
Nur so kann eine Bibelübersetzung wirklich zur Belehrung, Erbauung und Anleitung der Gläubigen dienen. Nur so kann sich die göttliche Kraft und der Segen des inspirierten Wortes der Heiligen Schrift wirklich entfalten. Ohne Wortgebundenheit und Worttreue bringt uns eine Bibelübersetzung keinen geistlichen Nutzen und richtet im Gegenteil Schaden an.
3. Eine gute wortgetreue Übersetzung sollte möglichst klar verständlich und in einem angemessenen Deutsch geschrieben sein
Das Wort Gottes kann nur dann seine belebende, erbauende Kraft entfalten, wenn es das Verständnis des Lesers auch erreicht und ihm nicht völlig unverständlich bleibt. Es ist daher auch von Bedeutung, daß der geistliche Gehalt und die göttlichen Wahrheiten der Heiligen Schrift dem deutschen Leser in einer Sprache weitergegeben werden, die er verstehen kann und die keine unnötigen Mißverständnisse und Verständnisschwierigkeiten bietet.
Dazu ist es keinesfalls nötig, daß die Übersetzung in der sogenannten „Gegenwartssprache“ abgefaßt wird. Im Gegenteil sehen wir schon am griechischen Sprachgebrauch des Neuen Testaments, daß es zwar im „Koine“-Griechisch, der damals üblichen Umgangssprache der griechischsprechenden Welt abgefaßt ist, aber es ist durchsetzt mit geistlich bedeutungsvollen Sonderwörtern (z.T. in Anlehnung ans Hebräische), die überhaupt nicht dem populären Sprachgebrauch folgen und auch dem Durchschnittsgriechen der damaligen Zeit nicht ohne weiteres verständlich waren.
Es ist auch wichtig, daß eine geistliche, bibeltreue Übersetzung bewußt an den von der Reformationszeit her vorgegebenen geistlichen Wortschatz der traditionellen Bibelübersetzungen anknüpft und sich nicht anmaßt, eine völlig neue Bibelsprache zu entwerfen.
Bestimmte Grundbegriffe wie „Glaube“, „Rechtfertigung“, „Heiligung“ gehören zum geistlichen Verständnis der gläubigen Christenheit deutscher Sprache dazu, und sie sollten bewußt respektiert werden. Sie sind Grundelemente der bibelgegründeten Lehre, die die gläubige Gemeinde gerade heute dringend braucht. Auch manche Begriffe, die erklärungsbedürftig sind, wie das Wort „Buße“, sollte man lieber in der Fußnote erklären und im Text beibehalten.
Anders sieht es z.B. mit bestimmten althergebrachten Begriffen aus, die irreführend sind und geistlichen Mißverständnissen Vorschub leisten. Das kann man z.B. dort sagen, wo in der alten Luther-Bibel an bestimmten Stellen für „gerettet werden“ „selig werden“ und für „Rettung“ „Seligkeit“ steht. Diese Übersetzung verdunkelt, worum es wirklich geht. Ähnliches gilt für den Begriff „Gottseligkeit“, der eine vage Vorstellung von glückseligen Gefühlen in der Gemeinschaft mit Gott vermittelt, während das griechische eu-sebeia die Bedeutung „rechte Gottesverehrung / Gottesfurcht“ hat.
Das Trachten nach Verständlichkeit einer Bibelübersetzung muß immer den Grundsatz der Wortgetreue beachten und sich ihm unterordnen. Es muß auch klar sein, daß das wahre Verstehen des Wortes Gottes ein geistlicher Vorgang ist und durch den Geist Gottes bewirkt wird, der das getreu übersetzte Wort dem Lesenden aufschließt und ihn erleuchtet. Die Beschäftigung mit der Bibel erfordert immer das Wirken des Geistes Gottes. Dieses Geisteswirken darf nicht, wie es heute geschieht, durch die ausdeutenden und vereinfachenden Vermittlungsbemühungen menschlicher Übersetzer ersetzt werden.
4. Eine zuverlässige Übersetzung sollte allen geistlichen Bedürfnissen des Gläubigen genügen und nicht nur bestimmten Spezialbedürfnissen
** Sie sollte für die Lehre (2Tim 1,13; 2,15; 1Tim 4,13-16) und das systematische Studium der Schrift (Apg 17,11 – Beröa!) geeignet sein. Das bedeutet: Wortgetreue Übersetzung; ausreichende Einheitlichkeit [Konkordanz] und Genauigkeit in der Wiedergabe der Schlüsselbegriffe und Formulierungen.
** Sie sollte aber auch für die Wortverkündigung (1Tim 4,13; 2Tim 4,1-2), das tägliche Bibellesen und die persönliche Andacht einsetzbar sein; dazu ist eine verständliche, klare, einprägsame Sprache nötig, die auch zum Herzen redet.
** Schließlich sollte sie auch für die Evangelisation unter Ungläubigen einsetzbar sein. Hierbei ist es von Vorteil (wenn auch nicht unbedingt nötig), daß die Übersetzung frei von heute un- oder mißverständlichen Redewendungen ist und bestimmte Begriffe in Fußnoten erklärt werden.
Es ist geistlich falsch und gefährlich, wenn man die verschiedenen Einsatzbereiche einer Bibel im Gemeindeleben auseinanderreißt und meint, man müsse für die Evangelisation, die Kinder- und Jugendarbeit und womöglich die persönliche Andacht moderne Übertragungen einsetzen, für die Verkündigung und Lehre aber (noch?) eine wortgetreue Übersetzung. Eine gute Übersetzung sollte, wie dies besonders bei der Lutherbibel auch der Fall war, für alle Bereiche einsetzbar sein.
5. Eine zuverlässige Übersetzung sollte nur von wiedergeborenen, in der Lehre gesunden Gläubigen verfaßt sein
Dieser Gesichtspunkt ist leider von den Gläubigen viel zu wenig beachtet worden. Die Mitwirkung ungläubiger, liberal-theologischer „Fachleute“ (Theologen, Übersetzungsexperten) bringt einen geistlich verderblichen Einfluß mit sich, wie 1Kor 2,14 klar zeigt (vgl. auch 2Kor 6,14-15).
Die meisten heutigen Revisionen (Überarbeitungen) von einstmals geistlich wertvollen Bibelübersetzungen sind leider unter der Leitung bzw. dem Einfluß ungläubiger moderner Theologen gemacht worden: Dies gilt besonders für die Lutherbibel (Revisionen 1956 und 1984) und die Zürcher Bibel (Revision 1931), aber auch in gewissem Ausmaß für die Revidierte Elberfelder Bibel (1985), wo die liberaltheologischen Tendenzen des Brockhaus-Verlages Spuren hinterlassen haben. Ein einfacher Prüfstein für solche liberaltheologischen Verfälschungen der Schrift ist Jesaja 7,14, wo die liberalen Übersetzungen in der Regel „junge Frau“ statt „Jungfrau“ haben (Zürcher, Gute Nachricht im Text, Ökumenische Einheitsübersetzung und Revidierte Elberfelder in der Fußnote).
Eine bibeltreue Übersetzung muß auch auf der Grundlage der gesunden Lehre der Schrift erarbeitet werden. Bibelübersetzungen, die von Irrlehrern verfaßt wurden bzw. von Irrlehren geprägt sind, müssen wir ablehnen und sollten sie nicht benutzen. Beispiele sind etwa die „Ökumenische Einheitsübersetzung“ und die „Jerusalemer Bibel“ (katholisch); „Gute Nachricht“ (liberaltheologisch-ökumenisch); „Dabhar“/Baader und „Konkordante“ (Allversöhnung); „Mülheimer NT“ (Pfingstbewegung); Albrecht (katholisch-apostolisch); „Neue Welt“ (Zeugen Jehovas).
Dieser Beitrag ist ein gekürzter Auszug aus der ausführlicheren Schrift von Rudolf Ebertshäuser Moderne Bibelübersetzungen unter der Lupe. Von der „Guten Nachricht“ bis zur „Volxbibel“.
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Ausführlichere Informationen zum Thema „Moderne Bibelübersetzungen“ enthält das Buch des Verfassers: Gottes Wort oder Menschenwort? Moderne Bibelübersetzungen unter der Lupe, Steffisburg (Edition Nehemia) 3. Aufl. 2016.
Dieses Buch können Sie bei Ihrem christlichen Buchhändler bestellen. Sie erhalten es u.a. für die Schweiz bei der Edition Nehemia, für Deutschland und Österreich bei der Versandbuchhandlung Samenkorn.
Wer andere, vor allem jüngere Christen auf die Verfälschungen in den modernen Übertragungen aufmerksam machen will, kann dazu die Broschüre Moderne Bibelübersetzungen unter der Lupe. Von der „Guten Nachricht“ zur „Volxbibel“ weitergeben, in der sich zahlreiche Beispiele aus Übertragungen und Argumente für wortgetreue Bibeln finden. Sie kann kostenlos angefordert werden beim ESRA-Schriftendienst, Postfach 1910, 71209 Leonberg.