Die diesjährige Fußball-Weltmeisterschaft hat einmal mehr erwiesen, daß dieser Sport eine gewaltige Macht über die Herzen von Millionen, ja, Milliarden Menschen hat. Weltweit waren es Hunderte Millonen Menschen, die den Fernsehübertragungen der Spiele folgten. In Deutschland übertrafen die Fernseh-Einschaltquoten der letzten Spiele der WM alle Rekorde: mehr als 35 Millionen Menschen schalteten beim Endspiel den Fernseher ein, dabei sind die vielen Zuschauer bei öffentlichen Wiedergaben gar nicht gerechnet.

Fußball weckt intensive Emotionen. Die oft mit „ihren“ Nationalfarben bemalten und verkleideten Fans fieberten und seufzten, sie verfolgten mit weit aufgerissenen Augen jede Bewegung des Balles im fernen brasilianischen Stadion; sie stöhnten bei Fehlschüssen und Gegenoffensiven und jubelten ausgelassen über jedes Tor der „eigenen“ Mannschaft. Spieler und Fans der unterlegenen Mannschaften heulten zum Teil erbärmlich vor Enttäuschung oder Wut; Schiedsrichterentscheidungen und Torkonstellationen wurden leidenschaftlich in Familien und am Arbeitsplatz diskutiert. Und nun sind „wir“ Weltmeister…

Und wir? Und die gläubigen Christen? Mein Eindruck ist, daß sehr viele freudig mitgefiebert haben und diese Weltmeisterschaft als ein faszinierendes Spektakel genossen haben. Manche können ganz unbefangen davon reden, daß „wir“ gesiegt haben, und identifizieren sich ganz mit „ihrer“ Mannschaft und Nation. Die meisten würden sich wahrscheinlich gar nicht die Frage stellen, ob es für Kinder Gottes richtig und angemessen ist, mitzuschauen und mitzufiebern; sie tun es einfach und genießen mit all den anderen den Kitzel und die Spannung, die kollektive Euphorie des Sieges, den Stolz auf „unsere“ Leistung. Viele scheinen genauso „Fans“ der deutschen Mannschaft zu sein wie ihre ungläubigen Nachbarn und Kollegen.

Aber ist das unserem Herrn Jesus Christus, dem wir angehören und dienen, auch wohlgefällig? Entspricht ein solches Auftreten als „christlicher Fußballfan“ dem Willen Gottes und unserer geistlichen Stellung zu dieser Welt und ihrem Treiben? Auch auf die Gefahr hin, von vielen als „eng“ und „hinter dem Mond“ abgestempelt zu werden, möchte ich hier ein paar geistliche Gesichtspunkte äußern, die dafür sprechen, daß wir Gläubige uns von diesem Fußballspektakel bewußt fernhalten sollten. Das habe ich selbst auch getan, seit ich mich im Alter von 30 Jahren zu dem Herrn Jesus bekehrt habe; vorher habe ich natürlich auch alle möglichen Spiele geschaut und mitgefiebert, ohne daß ich je ein totaler „Fan“ gewesen wäre.

* Das Fußballspiel an sich ist geistlich gesehen durchaus problematisch, auch wenn man davon ausgehen darf, daß das NT die leibliche Übung für Christen nicht völlig ablehnt, sondern ihr einen begrenzten Wert zumißt (vgl. 1Tim 4,8). Das liegt daran, daß Fußball als körperbetontes Wettkampfspiel einige ziemlich aggressive Züge hat und die Gefahr in sich trägt, andere Spieler beträchtlich zu verletzen. Von der Spieldynamik her sind im heute üblichen Spiel Fouls, also absichtliche Angriffe auf Mitspieler anstatt Spiel auf den Ball, kaum zu vermeiden und werden in der Spiellogik zumindest in Kauf genommen. Christen können u.U. Fußball selbst spielen, wenn sie sehr bewußt darauf achten, andere nicht zu verletzen oder zu übervorteilen, wenn sie sich auch über ein Tor des Gegners wirklich freuen können und sündhafte Aggressionen von sich fernhalten. Das gelingt aber selbst im Spiel unter Christen nicht immer.

* Fußballspiel als öffentlicher Schausport ist in mehrfacher Hinsicht fragwürdig. Zum einen spielt er in der Strategie des Fürsten dieser Welt eine ganz wichtige Rolle. Der Satan und die von ihm inspirierten Mächte dieser Welt benutzen den Schausport bewußt als Droge und Ablenkung, damit die Menschen nicht über ihr Leben nachdenken und Gott suchen. Das war schon die zynische Parole der römischen Herrscher, die mit „Brot und Spielen“ die Volksmassen ablenkten und steuerten.

Schausport als Massenereignis und großes professionelles Geschäft dient der Zerstreuung und Ersatzbefriedigung; man kann im Jubel über die Sieger seine Not in Ehe und Familie, sein Versagen im Beruf oder die dunklen Seiten seines Lebens verdrängen und vergessen. Er ist ein Ventil für dunkle und zerstörerische Emotionen, wie die Exzesse mancher Fanclubs („Ultras“) immer wieder zeigen. In den Fanblocks und Zuschauermengen entwickeln sich Elemente der Massenreaktion, die für Christen sehr bedenklich und abzulehnen sind. Das Aufgehen in den Emotionen der Menge führt bei vielen zu gefährlichen Fehlreaktionen, die sie im nüchternen Zustand als Einzelpersonen so nicht begangen hätten. Geistlich gesehen wirken hier auch dämonische Machte bei den Sprechchören und Massenaktionen mit.

* Geistlich gesehen gehören wir gläubigen Kinder Gottes nicht mehr zu den Heidenvölkern; wir sind eine neue, himmlische Kreatur in Christus. Es ist daher fragwürdig, wenn Kinder Gottes jubeln: „WIR haben gewonnen!“ Geistlich gesehen ist diese Identifizierung mit der eigenen Nation falsch und fragwürdig. Wir sollen gewiß für das Wohl unserer Nation beten und auch wirken, aber jeder Nationalismus, jedes deutsch-patriotische „Wir-Gefühl“ ist geistlich falsch und gefährlich. Was ist dann mit den Kindern Gottes in Brasilien oder den Niederlanden? Vor 100 Jahren gab es einmal die schlimme Lage, daß Kinder Gottes in England für den Sieg der englischen Waffen beteten, während sie in Deutschland für den Sieg der deutschen Waffen beteten – um dann im Schützengraben womöglich auf den anderen zu schießen. Das ist nicht nach den Gedanken Gottes und leugnet die hohe Berufung der Gemeinde Gottes in Christus!

* Schließlich hat der Schaufußball als Massenbewegung auch immer deutlicher zutage tretende religiöse Züge. Er entwickelt sich immer mehr zu einer Ersatzreligion für die entchristlichten Massen. Manche sportbegeisterte Evangelikale meinen, man könne das „missionarisch“ nutzen. David Kadel etwa schrieb in Idea Spektrum: „Die ultramodernen Missionare 2014 heißen nicht mehr Billy Graham und Ulrich Parzany, sondern Neymar, David Luiz, Edinson Cavani und unser Goldjunge Mario Götze“ (Idea 29/2014, S. 3). Doch ob die mit fragwürdigem PR-Rummel und spektakulären Gesten abgelegten religiösen Zeugnisse mancher „christlicher“ Fußballer wirklich zur Ehre Gottes sind, muß stark bezweifelt werden.

Wenn dagegen Mario Götze als der „Erlöser Deutschlands“ verehrt wird, wenn er und andere „Superspieler“ immer wieder als „Fußball-Gott“ bezeichnet werden, dann sollte das jeden bewußten Christen alarmieren. Was sich hier abspielt, ist handfester heidnischer Götzendienst. Hier wird dem wahren Gott, dem wahren Erlöser die Ehre genommen, und nichtige Menschen werden aufgrund ihrer anscheinend übernatürlichen Kräfte als „Götter“ verehrt – das kennen wir schon aus dem heidnischen Griechenland, aus Rom oder Ägypten. Wenn die BILD-Zeitung als Titel führt: „Ihr seid Papst – wir sind Götter“ und dabei die Nationalspieler aufführt, dann sollten wir erkennen, daß hier ein verwerflicher Götzendienst getrieben wird. Können wir da mitmachen?

Merken wir nicht, daß wir uns da in ein Spiel eingelassen haben, das nur vordergründig harmlos scheint, das aber letztlich ein raffiniertes Verführungsritual ist, ein antichristliches Spiel? Wenn man als bewußter Bibelleser an das sprechende Bild aus Offenbarung 13 denkt, mit dem der Antichrist einmal die vielen Milliarden Menschen auf der ganzen Erde verführen wird, und dann mitbekommt, daß die Fußball-WM schon Hunderte von Millionen Menschen gleichschaltet und zu gleicher Zeit vor die sprechenden Bildschirme lockt, wo sie wie gebannt dem folgen, was sich dort abspielt – merken wir denn nicht, daß es hier eine bedenkliche Verwandtschaft gibt?

Wenn wir uns wirklich dessen bewußt sind, daß unser teurer Herr und Erlöser und mit Seinem Blut aus dieser Welt errettet und erkauft hat – sollten wir da nicht bewußt auch unserer heiligen und hohen Berufung gemäß leben? Verträgt es sich mit der Stellung der Gläubigen als Fremdlinge in dieser Welt, wenn sie begeistert bei einer ihrer Hauptvergnügungen mitjubeln? Können wir, wenn wir womöglich auf einer Fanmeile mitfiebern und mitbrüllen, guten Gewissens bekennen:
 

Zieht nicht in einem fremden Joch mit Ungläubigen! Denn was haben Gerechtigkeit und Gesetzlosigkeit miteinander zu schaffen? Und was hat das Licht für Gemeinschaft mit der Finsternis? Wie stimmt Christus mit Belial überein? Oder was hat der Gläubige gemeinsam mit dem Ungläubigen? Wie stimmt der Tempel Gottes mit Götzenbildern überein? Denn ihr seid ein Tempel des lebendigen Gottes, wie Gott gesagt hat: »Ich will in ihnen wohnen und unter ihnen wandeln und will ihr Gott sein, und sie sollen mein Volk sein«. Darum geht hinaus von ihnen und sondert euch ab, spricht der Herr, und rührt nichts Unreines an! (2Kor 6,14-17)
 

Wenn der Apostel Paulus freudig bezeugt: „Von mir aber sei es ferne, mich zu rühmen, als nur des Kreuzes unseres Herrn Jesus Christus, durch das mir die Welt gekreuzigt ist und ich der Welt“ (Gal 6,14) – können wir das ebenso bezeugen, und zugleich eintauchen in das Massenbad der Fußballbegeisterung? Können wir wie die Ungläubigen gebannt vor der Leinwand oder dem Bildschirm sitzen und mitjauchzen oder heulen, wenn uns Gottes Wort sagt: „Paßt euch nicht diesem Weltlauf an“ (Röm 12,2)? Oder mahnen uns solche Worte nicht vielmehr, diesen weltlichen Fußballbetrieb zu meiden? Wie können wir für den Sieg „unserer“ Mannschaft fiebern und zugleich bekennen:
 

Wenn ihr nun mit Christus auferweckt worden seid, so sucht das, was droben ist, wo der Christus ist, sitzend zur Rechten Gottes. Trachtet nach dem, was droben ist, nicht nach dem, was auf Erden ist; denn ihr seid gestorben, und euer Leben ist verborgen mit dem Christus in Gott. Wenn der Christus, unser Leben, offenbar werden wird, dann werdet auch ihr mit ihm offenbar werden in Herrlichkeit. (Kol 3,1-4)
 

Schließlich noch eine unangenehme Frage, die wir uns lieber hier stellen sollten, bevor sie uns vielleicht von unserem Herrn gestellt wird: Wie können wir die grandiose Zeitverschwendung rechtfertigen, die wir mit dem fieberhaften Mitverfolgen von zahlreichen Fußballspielen betreiben? Bedeutet das nicht schon an sich Götzendienst? Wer von uns hat sich annähernd dieselbe Zeit, viele Stunden und halbe Nächte herausgenommen, um im Gebet vor Gott zu stehen? Beweisen wir nur annähernd denselben Eifer, dem Herrn zu dienen und Zeugnis für Ihn zu geben, z.B. bei einem öffentlichen Büchertisch, den wir zeigen, wenn wir Fußball ansehen und für „unsere Mannschaft“ jubeln?

Ich fürchte, daß die Fußballbegeisterung, die auch viele ernsthafte Gläubige bei dieser WM wieder an den Tag gelegt haben, eher zu unserer und ihrer Beschämung dienen wird, wenn wir einmal Rechenschaft vor unserem Herrn ablegen werden. Deshalb habe ich selbst es auch vorgezogen, auf das Schauen der WM-Spiele zu verzichten. Ich will hier über niemand zu Gericht sitzen und niemandes Freiheit in Christus antasten. Aber es liegt mir auf dem Herzen, daß wir unseren Wandel immer wieder einmal nüchtern vor dem Herrn prüfen, damit wir später einmal nicht in Reue und Beschämung vor Ihm stehen müssen.

 

Rudolf Ebertshäuser    das-wort-der-wahrheit.de    27. 9. 2014