Das als Lebensbericht geschriebene Buch „Den Tiger zähmen“, in Deutschland vom CLV-Verlag herausgegeben, erreichte eine große Anzahl interessierter Leser. Das Verfasser, Tony Anthony, schilderte darin seine abenteuerlichen Erlebnisse, u.a. eine Ausbildung als Kung-Fu-Meister im Kindesalter, Erfahrungen als Kampfsport-Weltmeister und Personenschützer. Das Buch wurde in 25 Sprachen übersetzt und erreichte eine Gesamtauflage von 1,5 Millionen Exemplaren. Anthony war 2010 der Hauptredner beim Internationalen Gebetstag der Britischen Evangelischen Allianz.
Nachdem einige christliche Kritiker immer wieder auf Unstimmigkeiten in Anthonys Lebensschilderung hingewiesen hatten, setzte die Evangelische Allianz in Großbritannien eine unabhängige Untersuchungskommission ein, um die Vorwürfe der Lüge und Fälschung zu klären. Die Kommission war auch auf Initiative der von Anthony gegründeten Missionsgesellschaft Avanti Ministries zustandegekommen, die sich aber die Zustimmung zur Veröffentlichung der detaillierten Ergebnisse vorbehielt.
Das Untersuchungsergebnis ist daher nicht der Öffentlichkeit zugänglich, aber die Schlußfolgerungen Kommission, zu der auch ein sehr angesehener christlicher Jurist gehörte, waren so eindeutig, daß die Avanti Ministries sich entschlossen, Anthonys Bücher nicht weiter zu verbreiten.
Kurz darauf löste sich das Missionswerk auf, leider ohne eine klare Rechenschaft über die aufgedeckten Fälschungen zu geben. Die Evangelische Allianz aber, die Zugang zu den Ergebnissen hatte, distanzierte sich klar von „Den Tiger zähmen“ und stellte fest, daß nach den überzeugenden Beweisen Anthony „nie als Kind in China gelebt hat, nie Kung-Fu-Weltmeister war und nie als Personenschützer gearbeitet hat“.
Damit sind die wichtigsten Elemente der exotischen und sensationslüsternen Lebensstory als Fälschungen aufgedeckt worden – obwohl Anthony selbst sagt, daß er weiterhin von ganzem Herzen zu der Wahrhaftigkeit seiner Lebensgeschichte stehe. Offizielle Dokumente bezeugen jedoch nach den Erkenntnissen der Kritiker, daß Anthony, der in Wirklichkeit anders heißt, in der fraglichen Zeit seiner Kindheit als Schüler eine Londoner Schule besuchte. In der Folge beschloß auch der deutsche Verlag, der die Anthony-Bücher herausbrachte, die Christliche Literaturverbreitung in Bielefeld, deren Vertrieb mit sofortiger Wirkung einzustellen.
Damit wurde nach dem schwärmerisch-charismatisch geprägten Erfolgsbuch „Heavenly Man“ nun offensichtlich ein weiterer Fall aufgedeckt, bei dem Buchautoren die bedauerliche Sensationsgier vieler christlicher Leser ausnutzten, um mit erfundenen Geschichten Eindruck zu machen. Im Falle von „Heavenly Man“ hatten führende Brüder aus den chinesischen Hauskirchen einen Brief an die westlichen Christen geschrieben, in dem sie vor dem Verfasser warnten und ihn als Betrüger bezeichneten, der seine sensationellen Heilungs- und Befreiungsgeschichten erfunden habe.
Diese betrüblichen Fälle erinnern uns an die Warnung von 2. Timotheus 4, daß am Ende der Zeiten viele oberflächliche Christen sich nicht mehr nach der Wahrheit der Bibel und der biblischen Lehre ausstrecken werden, sondern nach erfundenen Geschichten und Legenden:
Denn es wird eine Zeit kommen, da werden sie die gesunde Lehre nicht ertragen, sondern sich selbst nach ihren eigenen Lüsten Lehrer beschaffen, weil sie empfindliche Ohren haben; und sie werden ihre Ohren von der Wahrheit abwenden und sich den Legenden zuwenden. (2Tim 4,3-4)
Diese Betrugsfälle sollten uns anspornen, wieder unser Augenmerk auf die Heilige Schrift und ihre gesundmachenden Lehren zu richten und all die vielen Romane, Erzählungen und Sensationsgeschichten beiseitezulassen, die bloß unser Fleisch nähren und den Geist hungrig und leer lassen.
Und die christlichen Verleger und Buchhändler, die allzu leichtgläubig dieses übertriebene und unseriöse, von charismatischen Einflüssen befleckte Sensationsbuch wärmsten empfohlen haben, sollten Buße tun und nüchterner werden in der Prüfung der Inhalte, die sie dem Leserpublikum weitergeben. (Quelle: „Evangelische Allianz: Frommer britischer Bestsellerautor lügt“, in: IdeaSpektrum 34/2013, S. 13)
Rudolf Ebertshäuser das-wort-der-wahrheit.de 14. 10. 2013