Die frühe Geschichte der Pfingstbewegung
und die Hintergründe einer wichtigen Stellungnahme treuer Christen

 

Rainer Wagner, Auf der Suche nach Erweckung. Geistliche Entwicklungen verstehen – 100 Jahre Berliner Erklärung. Edition Bibelbund. Dillenburg (Christliche Verlagsgesellschaft) 2009. Tb., 164 S.

Mit diesem Band hat der vom Pietismus geprägte Gemeinschaftsprediger Rainer Wagner eine sehr informative und wertvolle geschichtliche Darstellung der Hintergründe für die Berliner Erklärung vorgelegt, die 1909 als Reaktion auf das Auftreten der Pfingstbewegung in Deutschland veröffentlicht worden war. Wagner geht zunächst auf die Vorgeschichte dieser Entwicklungen ein und schildert die Entstehung des Pietismus, besonders aber die geistlichen Tendenzen in der Gemeinschaftsbewegung und der Erweckungsbewegung Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts. Er zeigt, daß vor dem Auftreten der Pfingstströmung bereits ungesunde Entwicklungen in der damaligen Gemeinschafts- und Heiligungskreisen offenbar wurden, besonders in Form eines unbiblischen Verlangens nach den „höheren christlichen Leben“ und fortgeschrittenen Heiligungsstufen.

Wagner schildert dann den Einbruch des verführerischen „Pfingstgeistes“ in die deutsche Gemeinschaftsbewegung, der vor allem durch die Versammlungen in Kassel im Jahr 1907 erfolgte. Durch Zitate von Augenzeugen wird der Leser in diese Anfangszeit der deutschen Pfingstbewegung versetzt und stellt fest, daß der Irrgeist damals dieselben Erscheinungen provozierte wie 100 Jahre später im „Toronto-Segen“ oder in Lakeland. Aufschlußreich ist auch die ausführliche Darstellung der Reaktionen seitens der Führer der deutschen Gemeinschafts- und Erweckungsbewegung, die anfangs den Vorgängen in Kassel noch wohlwollend und hoffnungsvoll gegenüberstanden, dann aber durch die eindeutig dämonischen Wirkungen des Geistes immer deutlicher erkannten, was sie in der Berliner Erklärung festhielten: daß der dese Bewegung hervorrufende Geist ein Geist von unten, ein dämonischer Geist des Irrtums war und nicht der Geist Gottes.

Die unmittelbare Vorgeschichte der Berliner Erklärung und die an ihr maßgeblich beteiligten Brüder werden anschaulich vorgestellt, auch die Motive für dieses klärende, aber auch abgrenzende Wort, das zur rechten Zeit kam, um eine völlige Überschwemmung der bibeltreuen Kreise durch den Verführungsgeist aufzuhalten.

Damals schon gab es Brüder, die versuchten, die Einheit mit den vom „Pfingstgeist“ verführten Gläubigen aufrechtzuerhalten und einen Kompromiß mit ihnen zu schließen – einen Versuch, den sie wenige Jahre später aufgeben mußten. Das Buch endet mit einer Darstellung des weiteren Verhältnisses von Pfingstbewegung und Allianz bzw. Gnadauer Gemeinschaftsverband zwischen 1909 und heute; es stellt die Schritte zur Wiederannäherung zwischen Allianz und Gnadauer Verband einerseits und Pfingstbewegung andererseits kritisch dar, besonders die „Kasseler Erklärung“ von 1996 und die Erklärung von Gnadau und Mülheim 2009.

Dieses Buch ist eine heute dringend nötige Klarstellung angesichts der vielen Versuche, die Berechtigung der Berliner Erklärung in Frage zu stellen und die tatsächlichen Ereignisse zu beschönigen. Es zeigt, daß bibeltreue Christen auch heute allen Grund haben, sich von der Pfingst- und Charismatischen Bewegung abzusondern. Es ist schade, daß der Verfasser die zuvor verfochtene und begründete klare Abgrenzung im Schlußabschnitt durch einige inkonsequente und wohl „politisch“ bedingte Abschwächungen wieder aufweicht. Aber insgesamt ist dieses Buch eine wichtige und notwendige Lektüre gerade auch für jüngere Gläubige, die die geschichtlichen Fakten oft nicht kennen, zumal wichtige Quellenliteratur wie das Büchlein Flugfeuer fremden Geistes längst nicht mehr aufgelegt wird.

 

Rudolf Ebertshäuser   November 2009   das-wort-der-wahrheit.de