1. Neue Gemeindebewegungen und Missionskonzepte unter den Evangelikalen

 
In den letzten Jahren sind eine ganze Reihe beunruhigender, schwer durchschaubarer Entwicklungen unter den Evangelikalen aufgekommen:

 
* Die biblische Evangeliumsverkündigung wird durch den angeblichen Auftrag zum „sozialpolitischen Engagement“ und zur „Gesellschaftstransformation“ verdrängt; die Gemeinde muß „die Welt verändern“, sonst hat sie keine Daseinsberechtigung mehr;
 
* Neue Gemeindebewegungen gründen „organische Gemeinden“, „kulturrelevante City Churches“, und charismatische „Jugendkirchen“, die der Emerging Church-Bewegung sehr ähnlich sind;
 
* Auf den Missionsfeldern wird zunehmend die „Kontextualisierung“ (Anpassung) des Evangeliums und der Gemeinden an heidnische Religionen praktiziert; es entstehen „Insiderbewegungen“ von „Jesus-Jüngern“, die bewußt Muslime bleiben; neue verfälschte Bibelübertragungen vermeiden Begriffe wie „Vater“ für Gott und „Sohn Gottes“.

 
Diese neuartigen Ansätze werden meist damit begründet, daß die alte Art der Evangeliumsverkündigung und des Gemeindebaus, wie sie unter bibeltreuen Gläubigen früher praktiziert worden war, nicht mehr zu den gewünschten Ergebnissen führe. Es sei ein „neues Denken“ (neudeutsch: „ein neues Paradigma“) nötig, damit die heutigen (oft als „postmodern“ bezeichneten) Menschen für den Glauben gewonnen werden könnten.
 
Christliche Gemeinden müßten sich heute an die weltliche Kultur und Denkweise anpassen; man müsse sich gesellschaftlich engagieren und an der Veränderung der Welt mitwirken, damit man noch als „relevant“ (bedeutsam) wahrgenommen und akzeptiert werde. Die Evangeliumsbotschaft müsse heute anders formuliert werden, damit Menschen sie noch beachteten, und auch die Arbeitsweise und der Aufbau der Gemeinden müßten sich grundlegend ändern, wenn man die heutigen Menschen noch erreichen wolle.

 
 
Verschiedene Spielarten von „neuen Gemeinden“

 
Wie sehen solche „neuen Gemeinden“ aus? Was kennzeichnet sie? Vielleicht geben wir zunächst drei Beispiele, die etwas konstruiert, aber doch nahe an der Wirklichkeit sind.
 
* „gesellschaftsrelevante Gemeinden“: Viele neue Gemeinden profilieren sich als Bereicherung für die Stadt oder den Stadtteil, in dem sie wirken. Sie beteiligen sich zusammen mit Ungläubigen an Stadtteilprojekten, weltlicher Sozialarbeit oder kulturellen Initiativen, nennen sich teilweise auch „Gemeinde für xy-Stadt“, betonen, daß sie für die Menschen in ihrer Umgebung da seien und ihnen nutzen und dienen wollten. Sie stellen heraus, daß sie ihre Stadt verschönern und bereichern wollen, engagieren sich für sozial Benachteiligte, AIDS-Hilfe in der Dritten Welt und fair gehandelten Kaffee; sie bezeichnen es als ihr Ziel, „die Welt zu verbessern“.
 
* postmoderne Trendgemeinden für die Jugend: Viele neue Gemeinden gehen bewußt stark auf den Lebensstil, die Denkweise und die kulturellen Vorbelieben der postmodernen jungen Generation ein. Ihre Gottesdienste beginnen erst am späten Nachmittag oder Abend, damit die Besucher nach der Disco-Nacht in Ruhe ausschlafen können. Sie servieren ihrem Publikum trendigen Hiphop-„Lobpreis“ der neusten charismatischen Prägung, bei dem im Discostil getanzt werden kann. Statt „Predigten“ hört man dort kurze, prägnante „Inputs“, verbunden mit optischer Animation oder der Ausstellung von Kunstwerken. Alles muß „cool“ und „relevant“ sein; positiv, lebensbejahend – nur keine Frömmelei, keine Bußpredigten.
 
* organische Zellgemeinden: Hier gibt es teilweise gar keine regelmäßigen „Gemeindeversammlungen“ mehr. Man trifft sich mit wenigen Gleichgesinnten, die meist aus derselben „Subkultur“ stammen, in Bars und Szenetreffs, am Arbeitsplatz, in der Uni. Es gibt keinen festen Ablauf; mal ißt und redet man nur locker miteinander, mal gibt es eine „Lehre“ bzw. ein Gespräch über die Bibel, mal nur Lobpreislieder, die vielleicht jemand spontan gemacht hat. Es geht meist intensiv charismatisch zu; man wird von „Aposteln“ besucht, aber hat oft gar keine feste Leiterschaft. Diese Gemeindestruktur wird oft damit begründet, daß sie den Bedürfnissen der heutigen Menschen besser entspreche als eine fest strukturierte Gemeinde.
 

 

 2. Die neuen „missionalen“ Lehren auf dem biblischen Prüfstand

 

 
Diese und ähnliche Entwicklungen sind u.a. die Frucht von verführerischen falschen Missions- und Gemeindelehren, die aus der Theologie des Ökumenischen Rates der Kirchen stammen und von führenden Evangelikalen übernommen wurden:

 
* die falsche Jüngerschaftslehre, nach der die Gemeinde die ganze Welt, ganze Völker zu Jüngern machen müsse;
 
* die falsche Reichslehre, nach die Gemeinde hier und heute das Reich Gottes in der Welt aufbauen und verwirklichen soll;
 
* das verführerische „Soziale Evangelium“, nach dem es der Auftrag der Kirche sei, bessere, gerechtere soziale Verhältnisse zu schaffen und das Leben im Diesseits zu verbessern anstatt auf die ewige Errettung der Menschen hinzuweisen;
 
* die falsche „missionale“ Lehre, nach die Gemeinde sich im Rahmen der „Missio Dei“ („Mission Gottes“) in der Welt sozialpolitisch engagieren und sie „inkarnatorisch“ und „transformatorisch“ verändern müsse.

 

 

1. Die falsche Jüngerschaftslehre – „Ganze Völker zu Jüngern machen“

 

Die Gründerväter der ökumenischen Weltbewegung und nach ihnen führende Evangelikale stellten die Behauptung auf, die Gemeinde müsse heute, in dieser Heilszeit, ganze Völker zu Jüngern machen. Im Kern gehen die Vorstellungen dieser Evangelikalen zurück auf die falschen Lehren des römischen „Kirchenvaters“ Augustinus. Er lehrte, daß die Kirche stellvertretend für Christus das Reich Gottes verwirklichen müsse. Nach seinen Lehren, die nicht nur im Katholizismus, sondern auch im Protestantismus (insbesondere im Calvinismus) recht einflußreich waren, befand sich die Kirche schon im (symbolisch-allegorisch verstandenen) Tausendjährigen Reich und sollte dafür sorgen, daß die Welt immer mehr christlich würde und sich der Herrschaft des Christus unterordnete.
 
Daraus ergab sich der von der Bibel für die Heilszeit der Gemeinde nirgends gelehrte Auftrag zur „Christianisierung“ ganzer Völker: die Kirche sollte dafür sorgen, daß ganze Völker das Christentum annahmen, daß die Masse der Heiden sich durch die Taufe zu Christus als ihrem Herrn bekannte und nach „christlichen“ Grundsätzen lebte. Diese Kampagnen zur „Bekehrung ganzer Völker“ zielten nicht darauf, daß der Einzelne wirklich zum rettenden Glauben kam. Sie benutzten alle Mittel dieser Welt – politischen Druck, Versprechungen, soziale Anreize und auch militärische Gewalt, um das Ziel zu erreichen.
 
Unter dem Einfluß der falschen Endzeitlehren des Calvinismus wurden im 19. Jahrhundert viele Evangelikale und Liberale von einem Drang ergriffen, nunmehr den völligen Triumph der Christenheit in der Welt einzuleiten und im wörtlichen Sinn „alle Völker zu Jüngern zu machen“. Das steckte hinter der Parole der liberalen Missionsbewegung: „Die Evangelisierung der Welt in dieser Generation“; diese Leute verstanden diese Parole so, daß wirklich ganze Völker und alle Völker zum „Christentum“ bekehrt werden sollten.
 
Es ist völlig klar, daß eine Verwirklichung dieser verkehrten Ziele nur möglich war, wenn das bisher in der evangelikalen Missionsarbeit vorherrschende Verständnis von Evangelisation, Bekehrung und Neugeburt des Einzelnen verlassen wurde. Die von bibeltreuen Missionaren bisher aufgerichteten „hohen Hürden“ der Buße, der wahren Erkenntnis des Evangeliums und des Bruches mit der alten Heidenreligion mußten fallen, wenn Massenbekehrungen bewirkt werden sollten. Die Botschaft mußte an das religiöse Denken und die Sitten der Götzendiener angepaßt („kontextualisiert“) werden, und die Bekehrten durften nicht mehr von ihrem religiösen Umfeld abgesondert werden. Es mußten auch alle sozialen, politischen und persönlichen Anreize für einen Übertritt zum „Christentum“ voll zur Geltung gebracht werden.
 
So entwickelte sich aus dem grundfalschen Ansatz, ganze Völker zu Christen zu machen, eine verführerische neue Missionsstrategie, die darauf aus war, nicht wiedergeborene Heiden in möglichst großen Zahlen zu einem verfälschten Christentum zu bringen. Schon damals, in den frühen Jahren der ökumenisch-liberalen Missionsbewegung, redete man vom „Evangelium des Reiches“ und vom Einbringen aller Heidenvölker in das „Reich Gottes“. Man strebte nach Massen- und Gruppenbekehrungen anstatt nach persönlicher Bekehrung und Neugeburt aus dem Geist. „Bekehrung“ bedeutete nur mehr eine Anerkenntnis der sozialen Gruppe, daß „Jesus Christus der Herr“ ist; dagegen konnten magische Praktiken und unbiblische Sitten wie die Vielehe weiterbestehen. Ein solches „Missionskonzept“ ist dem der römischen Kirche aufs engste verwandt.
 
Dieser unbiblische Ansatz ist ausgesprochen oder unausgesprochen auch das Fundament der Gemeindewachstumsbewegung, die aus der liberalen Missionsbewegung entsprang, und ganz besonders der missionalen Bewegungen. Er treibt ihre Theoretiker an, überall nach Mitteln und Wegen zu suchen, wie man Massen nicht wirklich bekehrter und auch nicht bekehrbarer Heiden in eine äußerliche „Christenheit“ bringen könnte. Dazu muß die Evangeliumsbotschaft so verfälscht werden, daß echte Buße und echter Glauben nicht mehr die Voraussetzung für den „Eingang ins Reich“ bilden; und die biblischen Gemeindegrundsätze aus der Apostellehre müssen umgestoßen werden, so daß heidnische Mutationen entstehen, unbiblische Gebilde, die für die Masse der Heiden attraktiv sein können.

 

 
 
2. Die falsche Reichslehre – das „Reich Gottes hier und jetzt“

 

In der Geschichte der Christenheit waren lange Zeit verkehrte Reichgotteslehren vorherrschend. Die Sicht der katholischen Kirche wie auch vieler vom Calvinismus geprägter protestantischen Kirchen in bezug auf das Reich Gottes und die letzte Zeit („Eschatologie“) war über viele Jahrhunderte lang von „Kirchenvätern“ und Theologen wie Augustinus bestimmt.  Nach diesen verdrehten und irreführenden Lehren waren all die prophetischen Aussagen und Verheißungen des Alten Testaments über das kommende messianische Reich ungültig und nur bildhaft („allegorisch“) zu verstehen – sie würden angeblich alle der Kirche gelten, während Israel endgültig verworfen sei. Die Kirche solle also hier und jetzt das Reich Gottes auf Erden ausbreiten und anstelle von Christus regieren.
 
Der Abfall und die Gesetzlosigkeit des Endes, der große Gerichtstag des HERRN, die Wiederkunft des Herrn Jesus Christus und ein wörtliches Tausendjähriges Reich – all diese biblisch vielfach bezeugten Tatsachen wurden von solchen Lehren ebenso ihrer wörtlichen Erfüllung beraubt wie die Wiederherstellung Israels. Die Kirche war angeblich berufen, die Welt umzugestalten (zu „transformieren“ heißt das heute) und durch ihren Einfluß immer besser und „christlicher“ zu machen. Sie verwirklichte das Reich anstelle von Christus –das ist letztlich Antichristentum. Jahrhundertelang bestimmten die verkehrten katholisch-augustinischen Lehren über das „gegenwärtige Reich Gottes“ nicht nur den Kurs der römischen Kirche, sondern auch der meisten Kirchen des Protestantismus, und hauptsächlich Außenseiter hatten eine andere, der biblischen Lehre stärker entsprechende Sichtweise.
 
An der Frage des Reiches Gottes setzen heute wesentliche Verführungslehren an, die in der Gemeinde kursieren. Und das ist kein Wunder, denn wir leben in der vorantichristlichen Zeit. Die wahre Gemeinde bereitet sich auf das Kommen des Herrn und ihre baldige Entrückung vor und erwartet ansonsten das triumphale Kommen des Herrn Jesus Christus auf die Erde als Richter und König, der in Seiner Tausendjährigen Königsherrschaft Frieden und Gerechtigkeit, Heilung und Versöhnung, Gemeinschaft, Güte und Barmherzigkeit auf Erden verwirklichen wird. Dieses Gottesreich kommt jedoch nicht ohne das vorherige umfassende Zorngericht über alle Gottlosen, und es kommt nur durch die direkte, persönlich ausgeübte Königsherrschaft des Herrn, dem allein auch alle Ehre dafür gebührt.
 
Die unechte, nur äußerliche Christenheit jedoch wird immer mehr durch falsche Lehrer und Propheten und letztlich den Geist des Antichristen (1Joh 4,1-4) verführt, sich an die Errichtung eines falschen „Gottesreichs“ zu machen, das der Mensch evolutionär verwirklichen will, das Frieden und Gerechtigkeit und „Humanität“ ohne das richterliche und königliche Eingreifen Jesu Christi erreichen soll (vgl. 2Thess 2 und 3). Hier ist nicht die Rede von Sünde, Gesetzlosigkeit und Gericht – das alles wird in einem unwirklichen Nebel falscher „Barmherzigkeit“ ausblendet. Alle sind im Reich – auch die Hurer und die Lügner und die Zauberer.
 
Dieses trügerische „Reich Gottes hier und jetzt“ wird nach unserer Überzeugung unmerklich und allmählich verschmelzen mit der raffinierten Demagogie der antichristlichen Mächte, die sich in der Namenschristenheit längst schon formiert haben, aber auch in der New-Age-Bewegung, in den Vereinten Nationen und anderen Bewegungen. Und wenn die wahre Gemeinde entrückt ist, werden diese „Reichgottesarbeiter“ wie auch ihre falsche babylonisch-ökumenische Welteinheitskirche hineingezogen werden in das grandiose Verführungsprojekt, das das Reich des Antichristen als die evolutionäre Selbsterlösung des Menschen verkündet.
 
Deshalb sind wir hier zu äußerster Wachsamkeit aufgerufen. Es ist nicht gleichgültig, welche Lehrüberzeugung einer, der sich Christ nennt, vom Reich Gottes hat. Hinter den schärfer werdenden Auseinandersetzungen zwischen dem biblisch-wörtlichen Gottesreich, das der Messias selbst bei Seinem Kommen einläutet, und dem falschen Gottesreich, das der Mensch hier und jetzt verwirklicht, steht unsichtbar der gewaltige Kampf zwischen Christus und Antichristus, zwischen Brautgemeinde und Hure Babylon, zwischen ewigem Heil und ewigem Verderben. Wir tun gut daran, hier klare Entscheidungen zu treffen.

 

 
 
3. Das falsche „Evangelium“ von der sozialen Besserstellung des Menschen

 

Im „Sozialen Evangelium“ (engl. Social Gospel) wurde behauptet, das Königreich Gottes sei weiter und größer als die Gemeinde; die Kirche solle dieses Königreich auf Erden aufrichten. Ein evangelikaler Historiker beschreibt diese Theorien: „Das Königreich ist weiter als die Kirche. Der Mensch muß deshalb mit Gott zusammenarbeiten – als Werkzeug Gottes, um Seine Königsherrschaft in der Gesellschaftsordnung aufzurichten.“
 
Damit verbunden war eine verwässerte, kollektive Sicht von Errettung. „Rechtfertigung und Versöhnung wurden nicht als Angelegenheit des Einzelnen betrachtet, sondern eher als eine Angelegenheit der Gemeinschaft.“ „Es mußte eine ‚Weltanschauung’ angenommen werden, die Evangelisation nicht mehr einfach als ‚Rettung von Seelen’ sah, sondern als Rettung des gesamten Lebens des Menschen“.
 
Der Mensch wurde als wesenhaft gut und sogar göttlich angesehen; er war zur evolutionären Höherentwicklung fähig. Gott war bereits sein Vater – ohne Bekehrung und Neugeburt; eine ewige Verdammnis gab es nicht. Es ging darum, hier auf der Erde soziale Gerechtigkeit und christliche Lebensgrundsätze zu verwirklichen – eben das „Reich Gottes“ hier und jetzt. Das Evangelium war keine absolute Wahrheit – es konnte und mußte weiterentwickelt werden. In dem Maß, wie man die ewige Errettung des Einzelnen abwertete, wurde das Engagement in Politik und Gesellschaft immer wichtiger. „Es gab immer solche, und auch jetzt noch gibt es einige, die nur an die Errettung des Einzelnen denken (…) Ihr in der Studentenbewegung steht ein für die Herrschaft Gottes. Ihr steht ein für die Christianisierung der Welt und der Gesellschaft – für das Königreich.“
 
Einer der prominentesten Verfechter des „sozialen Evangeliums“, der amerikanische Theologe Walter Rauschenbusch, sprach 1913 vor einer CVJM-Konferenz über das Reich Gottes:

 
Das Königreich Gottes, lieber Freund, ist eine gesellschaftliche Idee. Es ist eine Idee für dieses unser Leben hier, weil Jesus sagt: ‚Dein Reich komme, dein Wille geschehe’ hier. Es ist etwas, das hier auf dieser Erde existiert, das in aller Stille die ganze Menschheit durchdringt, das immer auf das vollkommene Leben Gottes hinwirkt. (…) Wir müssen es zusammen verwirklichen. Es ist eine Angelegenheit des gemeinschaftlichen Lebens. Die vollkommene Gemeinschaft der Menschen – das wäre das Königreich Gottes! (145-146)

 
Rauschenbuschs Ausführungen sind keineswegs veraltet; ganz ähnliche Ideen werden heute von Vertretern der Emerging Church vorgetragen!
 
Damit verbunden waren Vorstellungen, daß das Reich Gottes unabhängig von der Kirche in allen Bereichen der Welt – kulturellen, sozialen, politischen, wissenschaftlichen, aber auch in anderen Religionen bereits am Wirken und Sich-Entfalten sei. So konnten Kampagnen gegen den Rassismus, Streiks für höhere Löhne, die Bekämpfung von Armut und Seuchen ebenso als „Fortschritte des Reiches Gottes“ gewertet werden wie gewisse Entwicklungen in heidnischen Religionen und Weltanschauungen.
 
 
Die modernen Evangelikalen übernehmen das soziale Evangelium
 
Seit dem Lausanner Kongreß für Weltevangelisation 1974 jedoch haben führende Evangelikale im Grunde die Irrtümer des „sozialen Evangeliums“ und des „gegenwärtigen Reiches“ übernommen; allerdings nicht in der inzwischen anstößig gewordenen lupenreinen Urfassung der Liberaltheologen aus dem späten 19. und frühen 20. Jahrhundert. Im Anschluß an Karl Barths falsche Auffassungen vertraten sie ein ebenso verwirrendes wie verführerisches „Sowohl – als auch“. Von da an verkündeten sie, die Gemeinde habe zwei Aufträge – den Auftrag zur Evangelisation (aber mehr und mehr kontextualisiert und als Dialog) und den Auftrag, sich sozialpolitisch im Sinne von Gerechtigkeit und Armutsbekämpfung, Frieden und gesellschaftlichem Fortschritt, Antirassismus und Anti-AIDS zu engagieren.
 
Diese Theorie von den „zwei Mandaten“ (dem sozialpolitischen Kulturmandat und dem Evangelisationsmandat) ist inzwischen vielfach der noch weitergehenden Verführungslehre von der „Missio Dei“ und der „holistischen Mission/Evangelisation“ gewichen, die beide Aufträge zu einem vollends unbiblischen Einheitsbrei vermischt und im Endeffekt besagt, daß die Gemeinde gar nicht mehr von Christus reden dürfe, wenn sie nicht auch Armut und soziale Mißstände bekämpfe. Das Evangelium selbst ist zum „Evangelium des Reiches“ verfälscht worden, und die ewige Rettungsbotschaft geht im sozialpolitischen Diesseits unter.
 
Damit haben die heutigen modernen und postmodernen Evangelikalen endgültig das geistliche Erbe ihrer Vorväter aus dem 19. und frühen 20. Jahrhundert verraten. Sie sitzen nun in einem Boot mit dem abgefallenen Ökumenischen Weltrat der Kirchen, dessen Lehren sie fast vollständig übernommen haben, und mit der babylonischen römischen Kirche, die ähnliche Lehren schon seit vielen Jahrhunderten vertritt.
 
Die Irrlehre vom nötigen sozialpolitischen Engagement und die damit verbundenen Irrtümer vom gegenwärtigen Reich Gottes sind ein raffinierter Schachzug des Widersachers, der die christliche Weltevangelisation zerstören und geistlich auf die Mühlen des Antichristen umleiten möchte.  Sie sind ein geschickter Schlag gegen alle Bemühungen, das wahre, unverfälschte Evangelium in aller Welt zu verkündigen. Sie werden dieses Ziel nicht erreichen – aber der Schaden, den sie angerichtet haben und noch anrichten, ist groß.

 

 
 
4. Missionale Irrlehren von der „Mission Gottes“

 

„Mission“ bedeutet die Aussendung von besonders dazu berufenen Evangelisten und ihren Helfern im „Werk des Herrn“ (vgl. 1Kor 16,10); zur Ausbreitung des Evangeliums unter allen Völkern. In diesem Sinn bezeichnet dieser Begriff seit über 100 Jahren das gesamte Werk der Evangeliumsverkündigung, einschließlich der daraus folgenden Gründung biblischer Gemeinden. Je nach Situation der Menschen, unter denen das Evangelium verkündigt wird, kann dieses Werk der Evangelisation auch Liebeswerke zur Linderung gewisser Nöte der fernstehenden Menschen oder flankierende Dienste wie Schulen (Förderung der Lesefähigkeit) oder medizinische Versorgung mit einschließen. Die Verkündigung des Evangeliums von der ewigen Errettung war jedoch immer der eindeutige Hauptschwerpunkt biblischer Missionsarbeit; alle anderen Aspekte waren klar diesem Ziel untergeordnet.

 
 
Eine verfälschte „Mission Gottes“ soll biblische Evangelisation ersetzen
 
Doch heute wird dieses jahrhundertealte Missionsverständnis durch raffinierte theologische Klimmzüge verändert und verfälscht. Wenn heutige Evangelikale und Liberale von der „Mission Gottes in der Welt“ („Missio Dei“) sprechen, dann ist damit etwas anderes als biblische Evangelisation gemeint. Dieser Begriff wurde von ungläubigen Liberaltheologen der ökumenischen Weltbewegung geprägt und spiegelt mehrere Irrtümer wider, die der biblischen Wahrheit völlig entgegenstehen.
 
Anknüpfend an die irreführenden Lehren Karl Barths und anderer bibelkritischer Theologen geht dieses Lehrsystem davon aus, daß die Welt bereits mit Gott versöhnt und gerettet sei und die Kirche nur noch die Aufgabe hätte, das schon hereingebrochene Gottesreich auszuleben und zu verkünden und die Menschen in die Fülle des Heils in der Kirche hineinzubringen. Die ökumenischen Verfechter dieser Lehren behaupteten: „Tatsächlich ist die Welt bereits eine erlöste Welt, so daß, ob die Menschen ihren wahren Zustand nun erkennen oder nicht, und selbst wenn sie ihn verleugnen, sie dennoch die Erben von Gottes Erlösung sind. Das Evangelium zu verkünden bedeutet, sie aufzufordern, daß sie ihr Erbe in Christus in Anspruch nehmen“. 
 
Die verführerischen Lehren, die eine bereits geschehen und wirksame „Versöhnung“ für alle Menschen behaupten („Allversöhnung“) bekommen mit fortschreitender endzeitlicher Entwicklung immer mehr Bedeutung. Die große Welteinheitskirche der Hure Babylon, die den Antichristen am Ende stützt, bevor sie gestürzt wird, muß die Allversöhnung zur Grundlage ihrer falschen Religion machen, um wirklich alle Angehörigen anderer Religionen mit einzubeziehen. Daß angeblich auch alle ungläubigen, unbekehrten Menschen schon errettet seien, bildet die Grundlage der Theologie der ökumenischen Bewegung; es tritt auch immer deutlicher in den Lehren der katholischen Kirche hervor, und die Evangelikalen werden immer stärker von solchen Vorstellungen durchsäuert.
 
Die Bibel lehrt jedoch etwas grundlegend anderes. Zwar ist im NT klar bezeugt, daß Christus für die ganze Welt starb und in einem gewissen Sinn auch die Welt mit Gott versöhnte (vgl. Kol 1,20; 2Kor 5,19; Joh 3,16-18); doch das bezieht sich nicht auf die Errettung von Sünde. Vielmehr bedeutet diese Versöhnung die Grundlage dafür, daß Gott jedem rebellischen Sünder das Angebot zur Umkehr macht, anstatt ihn sofort für seine Sünden zu richten. Wenn jemand von seinen Sünden errettet werden will, dann muß er umkehren und an Jesus Christus glauben; sonst bleibt der Zorn Gottes auf ihm (vgl. Joh 3,16 u. 18; Joh 3,36). Wer das nicht tut, der wird einmal gerade von dem gerichtet und verdammt werden, der am Kreuz starb und auferstand.
 
Diese Welt ist in keiner Weise vom Zorngericht Gottes verschont, „versöhnt“, „erlöst“ oder „geheilt“, sondern Gott wird diese Welt in Seinem glühenden Zorn richten (vgl. u.a. Röm 1,18 – 2,10; 2Thess 1,8-10; 2Pt 3,1-14). Allein die Umkehr und der Glaube an Jesus Christus rettet vor diesem Zorngericht. Das „Evangelium“ der Allversöhnung ist eine falsche, teuflisch verdrehte Botschaft, die niemanden rettet, sondern die Fesseln der Finsternis nur noch fester macht.
 
Ausgehend von dieser verführerischen, grundfalschen Lehre folgert man dann, daß die Gemeinde nur noch an Gottes erlösender Mission teilnehmen braucht: „Der Christ soll beobachten, was Gott in Seiner Mission (missio dei) auf Erden tut. In der ökumenischen Theologie der Evangelisation richtet Gott Seinen Schalom nicht erst auf, wenn Jesus Christus persönlich wiederkommt. Er tut es schon jetzt! ‚Es eröffnet ihm [dem Menschen] die Hoffnung eines besseren Lebens, in dem für alle die Fülle da ist’. Es ist ‚eine Welt, die in Christus neu geschaffen ist’“.
 
Die Missio-Dei-Vorstellung beinhaltet also eine massive Abweichung von zentralen biblischen Lehren. Gott hat angeblich die Welt durch Christus schon vollkommen versöhnt und erlöst, so daß die Welt schon geheiligt und errettet sei. Nun wirkt Gott angeblich heute erlösend in der Welt, der Kultur, der Wirtschaft, in den Nationen und Kulturen, in den Religionen, in der Wissenschaft usw. „Gottes Mission umfaßt die ganze Schöpfung“.  Gottes „Mission“ bedeutet die allmähliche Ausbreitung des Reiches Gottes, das angeblich schon heute in der Welt angebrochen und gegenwärtig ist.
 
Die Kirche/Gemeinde soll dieses Wirken Gottes und des Gottesreiches nur unterstützen; sie darf dabei mitwirken als Zeugnis, Zeichen und durch das Vorleben des Reiches. Aber das Reich Gottes ist nach diesen Lehren größer als die Gemeinde; es umfaßt, wie die Missio Dei, die ganze Welt. Gott verwirklicht sein Reich angeblich auch in anderen Religionen, unter den Ungläubigen. Die Welt ist angeblich nicht mehr Finsternis, nicht mehr Gott feindlich gegenüberstehend, sondern schon erlöst, der Schauplatz der anbrechenden, immer weiter fortschreitenden Herrschaft Gottes. Dorthinein ist die Kirche gesandt, um diese von Gott angestoßenen „Transformationen“ zu fördern und daran teilzuhaben.

 
 
Der angebliche Auftrag der Gemeinde zum sozialpolitischen Engagement und zur „Gesellschaftstransformation“
 
Ganz im Sinne der liberal-ökumenischen Irrlehren des ÖRK gehen auch die missionalen Lehrer davon aus, daß die Welt zwar grundsätzlich erlöst sei, daß in ihr aber bestimmte „Mächte“ sich der Ausbreitung des Gottesreiches auf Erden widersetzten und deshalb von der Gemeinde angeprangert und bekämpft werden müßten. Diese „Mächte“ seien z.B. kapitalistische Geldgier und Ausbeutung, Rassismus und Ausgrenzung sozial Benachteiligter, imperialistische Macht- und Kriegspolitik usw. Gegen sie müsse die Gemeinde ein „prophetisches Zeugnis“ richten, so wie die Propheten des Alten Testaments solche Mißstände in Israel angeprangert hätten.
 
Die Gemeinde müsse sich mit den Armen und Ausgegrenzten solidarisieren, gegen das ungerechte System protestieren und durch zeichenhaftes Handeln Veränderungen einleiten. Immer wieder wird in missionalen Kreisen der liberal-bibelkritische Theologe Dietrich Bonhoeffer mit seinem verkehrten Spruch zitiert: „Die Kirche ist nur Kirche, wenn sie für andere da ist“.
 
Das ist im Grunde die irrige Linie der ökumenischen Weltbewegung; lediglich vor der Billigung politischer Gewalt durch Unterdrückte und Benachteiligte, wie sie die marxistische „Befreiungstheologie“ und gewisse Resolutionen des ÖRK fordern, schrecken die ökumenischen Evangelikalen (noch) zurück. Heilsgeschichtlich wird hier ausgeblendet, daß die inspirierte Kritik der alttestamentlichen Propheten an der Behandlung der Armen, an Bereicherung und Korruption in Israel damit zusammenhing, daß Israel ein theokratisches Königreich war, das eigentlich als Nation unter dem Gesetz des HERRN stand.
 
Aus den ökumenischen Kreisen kam die Neuauflage der alten katholischen Irrlehre, daß die Gemeinde hier und jetzt schon das Reich Gottes verwirklichen müsse, und zwar durch die allmähliche Durchdringung der Kultur und Gesellschaft mit „christlichen Werten“, durch sozialpolitisches Engagement und politischen Protest gegen die bestehende Ordnung – mit heutigen Worten: durch „Gesellschaftstransformation“. Dabei wurden in verführerischer Weise die Aussagen der alttestamentlichen Propheten über Israel hinzugezogen, die ja in eine völlig andere Situation sprachen.
 
Israel war ein besonderes Königreich, in dem Gott Seine Herrschaft auf Erden verwirklichen wollte – deshalb hatten die Propheten auch eine klare „sozialpolitische“ Botschaft. Gott legte im mosaischen Gesetz Seine Grundsätze für das menschliche Zusammenleben nieder, die von Gottesfurcht und Nächstenliebe bestimmt waren. Sie waren aber ausschließlich für das heilige Volk des Bundes bestimmt, die das Königreich Gottes auf Erden verwirklichen sollten. Als die Israeliten hierin versagten, ermahnte Gott sie durch Seine Propheten, den Armen im Bundesvolk Israel nicht zu bedrücken und auszunutzen; daher die vielen Aufrufe der Propheten zu sozialer Gerechtigkeit.
 
Die Gemeinde befindet sich als ein recht- und heimatloser Fremdling in dieser Welt. Diese Welt ist nicht Israel, ist nicht der Ort, wo die Königsherrschaft Gottes heute regieren soll. Sie steht vielmehr unter der Macht des Bösen; hier herrscht der gottlose Mensch unter der Leitung Satans, und Gott läßt das ausdrücklich zu. Gott selbst läßt die Bosheit und Gesetzlosigkeit dieser Welt zur Ausreifung kommen bis hin zum Antichristen – erst dann greift Er von oben durch blutiges Gericht ein und wird darauf dann Sein Reich auf Erden aufrichten – durch den Messias, nicht durch die Gemeinde!
 
Gottes Reich auf Erden ist nach der Botschaft des AT wie des NT eindeutig zukünftig und an das zweite Kommen Jesu Christi gebunden. Die Gemeinde ist nicht berufen, hier und jetzt das Reich Gottes auf Erden zu verwirklichen; sie hat den Auftrag, durch das Zeugnis des Evangeliums Seelen aus dem ewigen Verderben zu erretten, damit sie der auserwählten Minderheit der Brautgemeinde hinzugefügt werden. Diese Welt kann die göttlichen Ordnungen und prophetischen Aufforderungen des Alten Bundes nicht verwirklichen, weil die sündigen Menschen dazu unfähig und unwillig sind. Das wird erst im Friedensreich des Messias verwirklicht.
 
Wenn die Gemeinde sich in die politischen Streitereien und Interessenkämpfe dieser Welt einläßt, wenn sie für Umweltschutz und soziale Besserstellung kämpft, gegen Großkonzerne, Mächtige und die Obrigkeit, dann verläßt sie ihre gottgewollte Stellung und macht sich schmutzig im Interessen- und Parteienstreit dieser Welt. Sie verliert ihre Vollmacht, auf die Ewigkeit hinzuweisen, auf die Rettung in Christus, auf das kommende Reich des Messias als einzigen Weg zu Frieden und Gerechtigkeit.
 
Sie nimmt vielmehr am politischen Programm der antichristlichen Mächte teil, deren großes Ziel es ist, Frieden und Gerechtigkeit hier und jetzt, in dieser Welt und mit den Mitteln dieser Welt, zu schaffen. Das zeigt sich heute ganz konkret an Projekten wie dem PEACE-Plan und der „Micha-Initiative“, mit denen führende Evangelikale dem verfehlten Kurs des Weltkirchenrates nachlaufen und mit antichristlichen Projekten der UNO zusammenarbeiten. Hier wird das verfälschte „soziale Evangelium“ der liberalen Theologie Anfang des 20. Jh. in etwas abgeänderter Form weitergeführt.

 

Die biblische Haltung der Gemeinde zu dieser Welt und ihren Mißständen

Die durch Christus erlöste, aus der Welt errettete und geheiligte Gemeinde kann und darf sich mit niemandem in der Welt eins machen oder „solidarisieren“ (ein Begriff, der übrigens aus der antichristlichen marxistischen Ideologie stammt). Sie solidarisiert sich weder mit den Reichen und Mächtigen noch mit den Armen und Unterdrückten dieser Welt – in dem Bewußtsein, daß beide Gruppen gleichermaßen verloren in Sünden, verirrt und vor Gott geistlich tot sind. Sie verkündet beiden dieselbe ewige Rettungsbotschaft – wobei sich die Gläubigen im Rahmen ihrer Möglichkeiten durch gute Werke der Armen in ihrer Reichweite annehmen und Nöte lindern werden, wenn dies möglich ist.
 
Die „Armen“ dieser Welt stehen Gott nicht näher als die „Reichen“; sie sind nicht weniger sündig und gottfeindlich. Gottes Liebe und Erbarmen gilt nicht zuallererst den „Armen und Unterdrückten“ dieser Welt, wie dies die falschen Lehrer durch eine unzulässige Übertragung von Israel auf die Welt aus den alttestamentlichen Äußerungen über die Armen Israels belegen wollen. Gottes Erbarmen und Liebe gilt allen Sündern gleichermaßen; geistlich gesehen sind sie alle gleich arm und verloren, wenn auch die Reichen und Mächtigen eine größere Verantwortung vor Gott tragen.
 
Umgekehrt trifft auch Gottes Zorngericht die „armen und unterdrückten“ Sünder genauso wie die Reichen, wenn sie nicht Buße tun – und das erst recht, wenn sie sich auflehnen und zur Waffe greifen, um sich selbst zu helfen. Solcher Aufruhr richtet sich gegen Gott selbst (Röm 13,2) und ist die Quelle immer neuer Unterdrückung, Ausbeutung und Verelendung, wie die Zustände in den ehemals kommunistischen Ländern Europas und Asiens ebenso eindrucksvoll beweisen wie etwa die Zustände in „befreiten“ Ländern Afrikas. Die ideologische oder gar handfeste Unterstützung marxistischer und nationalistischer „Befreiungsbewegungen“ durch die katholische „Befreiungstheologie“  und ihre ökumenisch-protestantischen Nachfolger ist direkter Verrat am Evangelium und an Jesus Christus.
 
Die Gemeinde ist in der heutigen Welt ein Fremdling, ohne Bürgerrecht auf der Erde (1Pt 1,1; 2,11-12; Phil 3,20), geistlich abgesondert von den Heidenvölkern und ihren politischen Geschäften (1Pt 2,9-10; Eph 5,1-14; 25-27; Kol 2,20). Als Fremdlinge sollen die Gläubigen ausdrücklich sich der weltlichen Obrigkeit unter-ordnen (Röm 13,1-7; 1Pt 2,13-14; vgl. als Vorbild die Stellung der jüdischen Verschleppten zu Babylon mit seiner Willkürherrschaft und seinen Greueln; Jer 29,7; Dan 1). Die Gemeinde macht damit zeichenhaft deutlich, daß wir das ersehnte und durchaus nötige Königreich des Friedens und der Gerechtigkeit nicht von Menschen erwarten, sondern wissen, daß der Herr es aus den Himmeln auf die Erde bringen wird.
 
Deshalb gibt die neutestamentliche Apostellehre für die Gemeinde keinerlei Anweisungen, die heidnische Gesellschaft und Politik „prophetisch zu kritisieren“, geschweige denn, sich für soziale Veränderungen und eine „christliche“ Umgestaltung der Gesellschaft einzusetzen. Als Gläubige brauchen wir unsere Augen nicht vor den Ungerechtigkeiten und Übelständen der jeweiligen Gesellschaftsordnungen verschließen; die Bibel zeigt uns Gottes Maßstäbe, so daß wir sie erkennen können. Wir sind nicht berufen, uns mit dem Kapitalismus, der Umweltzerstörung oder der Benachteiligung der „Dritten Welt“ zu identifizieren und solche Dinge zu verteidigen oder als „christlich“ zu rechtfertigen. 
 
Andererseits sind die Gläubigen aber sehr wohl berufen, das Trügerische an jeder Art von Diesseitserlösung aus Menschenkraft zu durchschauen und sich von solchen betrügerischen „Transformationsstrategien“ ebenfalls fernzuhalten, seien sie nun marxistischer, ökologischer (Grüne), esoterischer (New Age) oder pseudochristlicher Natur (Befreiungstheologie, ÖKR). Solange die Sünde und der sündige Mensch in dieser Welt herrschen, sind Ungerechtigkeit und Unterdrückung, Ausbeutung und Armut, Leid und Elend unvermeidlich; sie können von keinem noch so radikalen Versuch zur „Gesellschaftstransformation“ überwunden werden, wie die sozialistischen und kommunistischen Experimente weltweit eindrucksvoll bewiesen haben. Solche Bemühungen würden die Gemeinde nur von ihrem Kernauftrag des Evangeliumszeugnisses ablenken.
 
Was Gläubige tun können und sollen, das zeigt uns die Bibel auch: wir sollen Menschen in Not aus unserer Umgebung, soweit wir können, helfen – das ist das Zeugnis der „guten Werke“, auf das die Bibel durchaus Wert legt. Das hat nichts damit zu tun, daß wir, wie heute oft behauptet wird, einen „sozialdiakonischen“ Auftrag in der Welt hätten. Der Begriff „Diakonie“ wird von missionalen Theologen gern für ihre gesellschaftstransformierende Sozialpolitik gebracht. Doch das ist eine völlig verkehrte Sicht von christlicher Diakonie.
 
Im neutestamentlichen Sinn ist diakonischer Dienst ausschließlich Dienst innerhalb der Gemeinde, an anderen Gläubigen, um deren Bedürfnissen zu dienen; das wird an allen Stellen deutlich, die von diakonia im Sinne des Dienstes an anderen sprechen (vgl. Apg 6,1;Röm 12,7; 1Kor 16,15; 2Kor 8,4; 9,1+12+13; sowie auch Apg 6,2; 1Tim 3,10+13). Wenn es um Hilfe für Außenstehende geht, wird nur der Begriff „gute Werke“ bzw. „Gutes tun“ gebraucht (vgl. Mt 5,16; 2Pt 2,12), und dabei liegt die Priorität ebenfalls eindeutig bei den „Hausgenossen des Glaubens“ (vgl. Gal 6,10; 1Tim 5,10; 6,18; 2Thess 3,13).
 
Wir sind auch nicht berufen, uns für die Durchsetzung von „Gerechtigkeit“ in der Welt einzusetzen. Diese Welt kann und wird Gottes Gebote niemals halten, weil das nicht wiedergeborenen Sündern fremd und unmöglich ist. Es ist eine fromme Illusion, ein selbstgerechter Betrug, wenn missionale Theologen davon reden, wir müßten der Welt „prophetisch“ ihre „systemischen Sünden“ vorhalten und für „gerechte Strukturen und Verhältnisse“ kämpfen – oft noch im Bündnis mit Unbekehrten. Das ist nicht der Auftrag der Gemeinde; auf diesem verkehrten Weg kann sie nur entarten und gründlich scheitern, wie das „politische Engagement“ der liberalen Kirchen uns deutlich zeigt. Wenn die Gemeinde sich auf diesen Irrweg einläßt, verliert sie ihren Fremdlingscharakter, vermischt sich mit der Welt und verliert ihre Vollmacht, auf das ewige Heil hinzuweisen.
 
Wir sollen allerdings sehr wohl in unserem persönlichen Wandel Gerechtigkeit üben, d.h. dem Herrn nachfolgen und Seine Gebote befolgen. Wir sollen uns persönlich hüten vor Lüge und Korruption, vor Hurerei oder willkürlicher Machtaus-übung. Wir dürfen ein Zeugnis sein, indem wir persönlich die „Werte“ der Bibel ausleben und die Lehre unseres Herrn praktisch verwirklichen – aber wir sind nicht gerufen, die Gesellschaft nach diesen Maßstäben zu reformieren. Letzteres ist im Endeffekt „Antichristentum“: der Mensch maßt sich an, „anstelle von Christus“ (das bedeutet nämlich Anti-Christus auch) das zwischenmenschliche Leben von den Folgen der Sünde zu befreien, wo die Bibel bezeugt, daß dies nur der Messias selbst zustandebringt, wenn Er Sein Reich aufrichtet!

 

4. Das Verführungsnetzwerk der „missionalen Gemeinde“ breitet sich aus

 
Der Begriff „missional“ ist in bewußter Abgrenzung zum klassisch-bibeltreuen Missionsbegriff entstanden und baut auf der ökumenischen Missio-Dei-Theologie auf. Er signalisiert, daß derjenige, der ihn verwendet, ein ganz anderes Missionsverständnis hat als das unter gläubigen Christen übliche. Die „missionale Theologie“ betreibt eine grundlegende Umdeutung des biblischen Evangeliums der
 
Es ist sehr interessant zu beobachten, daß die „neuen“ Missionslehren der heutigen Evangelikalen direkt von den Theologen der liberal-ökumenischen Bewegung übernommen wurden, die ja die Inspiration und Irrtumslosigkeit der Bibel ebenso ablehnen wie das stellvertretende Sühnopfer unseres Herrn, Seine Auferstehung, Sein Wiederkommen, das Tausendjährige Reich und das ewige Verderben der Gottlosen.
 
Sämtliche Grundbegriffe und Ideen der als „neue Einsichten“ und „Antwort auf die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts“ vermittelten missionalen Lehren (Missio Dei, Reichgottesevangelium, Kontextualisierung, Inkarnation, Transformation) wurden direkt aus den viele Jahre vorher ablaufenden Diskussionen der ökumenischen Weltbewegung übernommen. Ihr Wesen ist bibelkritisch, erlösungsfeindlich, antichristlich und verführerisch.
 
Wir möchten hier nur erwähnen, daß diese missionalen Falschlehren nicht nur aus der Theologie der liberal-protestantischen ökumenischen Bewegung kommen, sondern auch enge Bezüge zur römisch-katholischen Missionsauffassung seit dem II. Vatikanischen Konzil haben. Die ökumenischen Theologen haben ihre Gedanken immer wieder auch durch Bezüge zur neueren Lehre der katholischen Kirche untermauert und die weitgehende Übereinstimmung mit ihr festgestellt.

 
 
Die irreführenden Lehren der missionalen Gemeindebewegungen
 
Zusammenfassend wollen wir noch einmal die Grundlagen der „missionalen“ Strömungen und Lehren bzw. Irrlehren aufzeigen:
 
* die falsche Lehre, daß in der heutigen Zeit ganze Völker zu Jüngern gemacht werden sollen, anstatt Einzelne aus der Welt herauszurufen;
 
* die falsche Lehre, daß das Reich Gottes heute schon außerhalb der Gemeinde in der Welt gegenwärtig sei und die Gemeinde berufen sei, an der Ausbreitung des Reiches Gottes in der Welt auf andere Weise als durch Evangelisation mitzuwirken (z.B. durch sozialpolitisches Engagement, durch „zeichenhafte“ Lebensweise und Aktionen, durch Zusammenarbeit mit weltlichen Institutionen; „gesellschaftsrelevanter Gemeindebau“; „Gesellschaftstransformation“);
 
* die falsche Lehre, daß es eine „Mission Gottes“ (missio dei) in der Welt gebe, die über Evangelisation hinausgeht, daß Gott bereits in der Welt, in den Kulturen und Religionen der Welt „erlösend“ handele und die Gemeinde den Auftrag habe, an der Mission Gottes in der Welt durch Transformation der Gesellschaft und Kultur und durch „Weltveränderung“ teilzuhaben;
 
* die falsche Lehre der Kontextualisierung, nach der die Botschaft des Evangeliums und die Struktur und das Leben der Gemeinde an die jeweils vorherrschende heidnisch-weltliche „Kultur“ angepaßt und „inkarniert“ werden müßte, daß die Gemeinde „kulturrelevant“ sein müsse;
 
* die falsche Lehre, daß die Gemeinde ausschließlich für die Mission und für die Welt da sei (anstatt für Gott als heilige Priesterschaft zur Verfügung zu stehen), daß die Gemeinde sich für die Welt, insbesondere für die „Armen und Entrechteten“, für ganze Städte aufopfern solle und sich dazu an sozialen und politischen Aktionen gegen Armut und für Gerechtigkeit zu beteiligen habe (UNO-Milleniumsziele, PEACE-Plan, Micha-Initiative; „holistische“, „ganzheitliche“ Mission).

 
 
Das Konzept sich vervielfältigender Gemeindegründungsbewegungen
 
Ein grundlegendes Element der neuen missionalen Gemeindebewegungen ist die Strategie rasch sich vervielfältigender Zellen, die nach den Erwartungen der Gemeindewachstumslehrer zu einem lawinenartigen, exponentiellen Wachstum einfacher Gemeinden führen soll. Wie bei einem Geschwür sollen sich diese Zellen in der Zielkultur sozusagen nach dem Schneeballprinzip ausbreiten, um sie schließlich ganz zu erobern. Theologen wie Ralph Winter, Pioniere wie Jim Montgomery von DAWN und Praktiker wie Alan Hirsch, Wolfgang Simson, Neil Cole und David Watson gehören zu den Vordenkern dieser Richtung, die zunehmend in Gemeindewachstumskreisen Gehör findet.
 
Das Grundkonzept besteht darin, daß von außen kommende Katalysatoren (apostolische Gemeindegründer) mithilfe eines verkürzten, kontextualisierten „Evangeliums“ kleine Gruppen von kulturellen Insidern (einheimischen „Bekehrten“) bilden, denen sie bestimmte Prägungen und Gewohnheiten einflößen, die meist „DNA“ genannt werden. Nach kurzer, einfacher Unterweisung werden die „Bekehrten“ angehalten, ihrerseits andere zu gewinnen und selbständig, ohne Kontrolle des apostolischen Strategiekoordinators, neue Kleingruppen zu bilden, die wiederum weitere Kleingruppen gründen.
 
Die Kleingruppen sollen in ihrer Struktur „organisch“ sein; meist bilden sie sich um eine Familie oder entlang familiärer Linien (Oikos-Prinzip) in Sippen oder homogenen sozialen Gruppen. Die Leiter sind im sozialen Netzwerk angesehene Personen (auch Frauen), die Gemeinschaftsformen sind der jeweiligen Kultur angemessen. Der ganze Gruppenprozeß ist sorgfältig darauf ausgerichtet, daß er durch Einheimische/Insider leicht reproduziert werden kann. Durch offene „induktive“ Bibelstudien werden die Insider dazu angeleitet, ihre Botschaft selbst ihrer eigenen Kultur anzupassen und so weiterzugeben, wie es für die Zielgruppe akzeptabel und nachvollziehbar ist. Die Zellgruppen werden bewußt angeleitet, im Rahmen ihrer Kultur und Religion zu verbleiben, sodaß für die rasche Weiterverbreitung kein Hindernis aufgebaut wird.
 
Unabdingbare, wenn auch oft nicht klar ausgesprochene Grundlage dieser Strategien ist also in jedem Fall die religionsvermischende Theologie der Kontextualisierung bzw. der „inkarnatorischen“ Mission. Ohne eine verfälschte, mit der heidnischen Zielkultur vermischte und an sie angepaßte Botschaft, ohne ein anderes Evangelium also ist kein Massenwachstum möglich – das haben wir schon gesehen. Das falsche Evangelium dieser Bewegungen ist das „Reichsevangelium“ – Ausbreitung und Aufbau des Königreiches Gottes durch Christianisierung ganzer Nationen.

 
 
Das missionale Gemeindenetzwerk
 
Die missionale Verführungsströmung umfaßt heute ein undurchsichtiges, ständig wachsendes Netzwerk, in dem verschiedene Kräfte nach New-Age-Grundsätzen (Netzwerk, Synergieprinzip, Einheit in der Vielfalt) zusammenarbeiten:
 
* eine wachsende Zahl von Theologen, Missiologen und Lehrern an theologischen Ausbildungsstätten, wobei gerade die theologischen Ausbildungsstätten besonders anfällig sind, weil sie unter dem Druck stehen, stets „auf dem neuesten Stand der Missiologie“ zu sein;
 
* eine wachsende Zahl von evangelikalen Missionswerken und Missionaren, die früher vielleicht noch biblische Wege gingen und sich heute unter dem Einfluß der evangelikalen Missiologen neu orientieren – in Richtung Kontextualisierung und sozialpolitisches Engagement;
 
* eine wachsende Zahl von evangelikalen Führern in der Lausanner Bewegung, der Evangelischen Allianz und den einzelnen Gemeinde- und Gemeinschaftsverbänden sowie zahlreiche evangelikale Verlage und Publizisten;
 
* eine wachsende Zahl von evangelikalen Jugendwerken, vollzeitlichen Jugendmitarbeitern, Jugendgemeinden, Jugendgottesdiensten und Jugend-initiativen (z.B. „Initiative Hoffnung“);
 
* eine wachsende Zahl von Gemeindegründungsinitiativen, Gemeindegründungsbewegungen und neu gegründeten Trendgemeinden (z.B. City Churches);
 
* eine wachsende Zahl von Gemeindeleitern, Gemeindemitarbeitern und örtlichen evangelikalen Gemeinden, darunter auch solche, die früher vielleicht eher bibeltreu orientiert waren;
 
* eine wachsende Zahl von einzelnen Christen – überwiegend, aber nicht nur, aus der jüngeren Generation -, die durch Zeitschriften, Bücher, Konferenzen oder das Internet mit dem missionalen Gedankengut angesteckt wurden.

Auf der Grundlage dieser Lehren hat sich aus der Gemeindewachstumsbewegung („Willow Creek“ u.ä.) ein Netzwerk verschiedener neuer Gemeindebewegungen entwickelt, die den Anspruch haben, die heutigen „postmodernen“ Menschen mit einer neuen, kulturangepaßten Strategie besser zu erreichen. Der radikalere Flügel dieser missionalen Strömung wurde unter der Bezeichnung „Emerging Church“ bereits früher bekannt und hat auch einiges Aufsehen erregt; weniger bekannt ist, daß es von der Lehre und von der Struktur her sehr eng verwandte Gemeindebewegungen gibt, die sich nicht als emergent bezeichnen und doch ganz ähnliche Irrlehren verbreiten und ziemlichen Schaden anrichten.
 
Über diese Gemeinde-Verführungsströmungen berichtet ausführlich mein neues Buch Zerstörerisches Wachstum, das die Geschichte, die Lehren, die wichtigsten Vertreter und die Konzepte dieser Gemeindegründungsbewegungen untersucht und biblisch widerlegt. Auf der Grundlage dieses Buches sollen hier einige Fakten über dieses Netzwerk genannt werden:
 
Ein wichtiges Gremium für die Arbeit dieses Netzwerkes aus verschiedenen Freikirchen, Missionswerken und Gemeindegründungsinitiativen ist die Konsultation für Gemeindegründung. Hier sind zahlreiche evangelikale Gruppen vereinigt, die es sich zum Ziel gesetzt haben, auf der Grundlage der missionalen Falschlehren neue Gemeinden zu gründen; darunter größere Allianzmitglieder wie der Bund Freier Evangelischer Gemeinden und der Baptistenbund (BEFG), aber auch kleinere Initiativen, die teilweise der Emerging Church angehören.
 
Eine bedeutende missionale Initiative, die weithin mit anderen vernetzt ist, trägt den Namen City Mentoring Programm (CMP). Dieses Netzwerk von Mentoren, Gemeinden und Gemeindegründern wurde wesentlich von Dr. Stephen Beck, Dozent an der FTH Gießen, in Zusammenarbeit mit Absolventen der FTH aufgebaut und betreibt Gemeindegründung in mehreren großen Städten. Vom CMP werden u.a. die Gemeindegründungen Berlinprojekt, Soulfire Köln (mit Verbindungen zu Calvary Chapels), Neustadtprojekt (Tochtergemeinde in Neustadt/W. von Chr. Gemeinde Landau), Mosaik Gemeinde Frankfurt (FEGs) und Frankfurt CityChurch betreut.
 
Über verschiedenste Kanäle ist die emergente Bewegung (Emerging Church) in Deutschland mit dem missionalen Gemeindenetzwerk verbunden und darin eigentlich voll integriert. Profilierte Sprecher der Emergenten wie Prof. Reimer und Dr. Tobias Faix, Dr. Peter Aschoff und David Schäfer wirken bei missionalen Initiativen und Veranstaltungen mit. Emergentes Gedankengut wird nicht zuletzt durch den Studiengang „Gesellschaftstransformation“ (MBS Marburg) weitergegeben, dessen Dozentenliste sich wie ein Who’s who der deutschsprachigen emergenten Bewegung liest.
 
Ein wichtiges Ziel der missionalen und emergenten Initiativen ist die Auslösung von kontextualisierten (kulturangepaßten) Gemeindegründungsbewegungen im deutschsprachigen Raum; hier hat der US-Missionar David Watson über die DIM (Deutsche Inland-Mission) und den „Arbeitskreis Wachstum“ der Brüdergemeinden einige irreführende Einflüsse verbreitet. Dabei haben diese Initiativen Rückendeckung von führenden Leuten aus der Evangelischen Allianz und der Lausanner Bewegung. Es ist wichtig, daß wache, bewußte Gläubige über diese Entwicklungen bescheid wissen, die bereits bis in verschiedene bibeltreu geprägte Kreise wie etwa die „Brüderbewegung“ vorgedrungen sind.
 
Es würde zu weit führen, die weitere Entwicklung der verschiedenen Gemeindewachstums-Ansätze im deutschsprachigen Raum genauer zu verfolgen. Wir konzentrieren uns im folgenden auf die aus diesen Anfängen erwachsene missionale Verführungsströmung, die inzwischen der vorherrschende Trend auch in der deutschsprachigen Gemeindewachstumsbewegung ist und auch bei uns als „kulturrelevante“, „gesellschaftsrelevante“ und für jüngere Menschen besonders attraktive Strategie fast überall im Evangelikalismus akzeptiert wird. Diese missionale Bewegung ist eine Herausforderung auch für bibeltreue Gemeinden, in die sie vor allem über die Jugendarbeit und über Gemeindegründungsinitiativen eindringt.
 
Die an der weltweiten Emerging Church-Richtung orientierte emergente Bewegung, die wir zunächst behandeln, ist nur eine besonders aktive und hörbare Unterströmung der missionalen Gemeindeströmung, ihr radikalerer Flügel sozusagen. Die ganze missionale Richtung bringt gefährliche Irreführung und Zerstörung biblischer Gemeinde mit sich. Auch die Strömungen, die sich nicht offen zum emergenten Gedankengut bekennen und sich „evangelikal“ geben, nähren sich von denselben Irrlehren und hören auf dieselben verführerischen Lehrer.
 
Sie alle vertreten die Irrlehren vom gegenwärtigen Reich Gottes, von der trügerischen „Mission Gottes in der Welt“, von der Kontextualisierung und der Auslösung von heidnischen „Insiderbewegungen“. Sie alle sind gegründet in den bibelkritischen Irrlehren der Weltökumene und sind offen für die Verleugnung des Sühnopfers Jesu Christi und Seiner heiligen Person. Sie vertreten ein falsches Evangelium und einen anderen Jesus, auch dort, wo sie sich in ihren Glaubensbekenntnissen noch auf traditionelle evangelikale Formeln berufen und behaupten, sie stünden auf dem Boden der „Evangelischen Allianz“ – dieser „Boden“ ist inzwischen so breit geworden, daß fast jede Irrlehre und Irrströmung darauf „stehen“ kann.
 
Sie alle verkünden das „neue Paradigma“ von der weltzugewandten, weltumarmenden „missionalen Gemeinde“, die ganze Nationen zu Jüngern machen und das Reich Gottes hier in der Welt durch sozialpolitisches Engagement bauen soll. Ihre Parolen lauten heute „sozialdiakonisches Handeln“, „kulturrelevante Gemeinden“ und „Gesellschaftstransformation“. Diese Lehren sind der neueste Trend, das Geheimrezept für „Relevanz“ und „Gemeindewachstum“ im 21. Jahrhundert. Sie werden deshalb von „Neuerern“ und „Katalysten“, die sich innerlich von der biblischen Lehre längst verabschiedet haben, auch in ursprünglich bibeltreue Gemeinden hineingetragen; man will „Gemeinde neu denken“ und „Neues wagen“ – aber das Ergebnis ist Zerstörung und Irreführung.
 
 

 

Weiterführende Literatur:

 

Rudolf Ebertshäuser: Zerstörerisches Wachstum. Wie falsche Missionslehren und verweltlichte Gemeindebewegungen die Evangelikalen unterwandern. Steffisburg (Edition Nehemia) 3. Aufl. 2015; gebunden, 544 S.

Rudolf Ebertshäuser: Aufbruch in ein neues Christsein? Emerging Church – Der Irrweg der postmodernen Evangelikalen. Steffisburg (Edition Nehemia) 2008, Taschenbuch, 256 S.

Rudolf Ebertshäuser: Soll die Gemeinde die Welt verändern? Das „Soziale Evangelium“ erobert die Evangelikalen. Steffisburg (Edition Nehemia) 2014, Taschenbuch, 276 S.

 

Diese Bücher können Sie bei Ihrem christlichen Buchhändler bestellen. Sie erhalten es u.a. für die Schweiz bei der Edition Nehemia, für Deutschland und Österreich bei der Versandbuchhandlung Samenkorn.

 

Veröffentlicht im Dezember 2012 auf www.das-wort-der-wahrheit.de       © 2012  Rudolf Ebertshäuser