Nach Auffassung der Gemeindewachstumsbewegung geht es lediglich darum, das unveränderte biblische Evangelium den fernstehenden Menschen von heute mithilfe neuer Methoden und eines neuen Gemeindeverständnisses nahezubringen, weil sie scheinbar durch die „traditionellen“ Gemeinden und Evangelisationsbemühungen nicht mehr erreichbar seien. Die veränderten Zeiten zwingen angeblich dazu, die Botschaft des Evangeliums auf neue Weise zu vermitteln und das Gemeindeleben so umzugestalten, daß Fernstehende sich dort wohlfühlen und so zu Christus finden könnten.

Dabei solle selbstverständlich der biblische Auftrag und die Grundlage der Gemeinde nicht angetastet werden. Aber wenn die evangelikalen Christen eine Zukunft haben wollten und nicht zur Bedeutungslosigkeit herabsinken wollten, müßten sie sich den Herausforderungen der neuen Zeit stellen. Wenn sie bei ihrem bisherigen Verständnis von Evangeliumsverkündigung und Gemeindebau stehen blieben, würden sie als verkrustete Traditionsgemeinden bald aussterben.

So werden die Lehren dieser Strömung als ein kreativer, zeitgemäßer Ansatz empfohlen, der scheinbar ganz im Rahmen des überlieferten biblischen Glaubens bleibt. Aber entsprechen sie wirklich der Lehre der Bibel? Wir wollen im folgenden die wichtigsten Grundsätze der Gemeindewachstumsbewegung skizzieren und bewerten. Das ist in diesem Rahmen nur verkürzt und verallgemeinert möglich, aber im Wesentlichen können wir folgende Grundzüge erkennen, die diese Bewegung prägen:

 

1. Die Bibel ist nicht mehr die verbindliche Richtschnur

 

Im Kern jeder Verführungsströmung finden wir ein Abweichen von der Heiligen Schrift als der geoffenbarten Wahrheit Gottes, die unser ganzes Denken und Handeln leiten soll. Die Lehrer der Gemeindewachstumsbewegung haben – wie allgemein die meisten modernen Evangelikalen – es vermieden, offen bibelkritische Aussagen zu machen. Aber in ihrer Lehre ist die Bibel nicht mehr das allein verbindliche Fundament. Es gilt der bibelkritische Grundsatz, die Bibel müsse mit dem modernen Denken verbunden und daran angepaßt werden – die Bibel und die weltliche Wissenschaft; die Bibel und die moderne Kultur seien maßgebend.

Indirekt und teilweise auch direkt wird die Lehre der Apostel als etwas Zeitbedingtes, kulturell Relatives gedeutet. Das sieht man deutlich in der Frauenfrage, wo das biblische Verbot des Lehrens und Leitens (1Tim 2,11-13) offen verworfen wird, von den Geboten der Kopfbedeckung (1. Korinther 11) und des Schweigens (1. Korinther 14) gar nicht zu reden. Der „Willow Creek Association“ kann man nach Berichten nur beitreten, wenn man das Lehr- und Leitungsamt für Frauen ausdrücklich anerkennt!

Die moderne Gemeindewachstumsbewegung blendet – ganz im Einklang mit der größeren Strömung des modernen Evangelikalismus, zu der sie gehört – die inspirierte Lehre der Apostelbriefe in wesentlichen Bereichen aus, wo sie im Widerspruch zu ihrer Anpassung an die Grundsätze und Lebensweise der Welt stehen.

Das betrifft grundlegend das Evangelium, das verkündigt wird, und aus dem wesentliche Aussagen des Römerbriefs über den Zorn und das Gericht Gottes, die völlige Verdorbenheit des Sünders, die Notwendigkeit einer klaren Buße und Unterwerfung unter Christus u. a. verfälscht und verwässert werden. Es betrifft die Lehre über das Leben des Christen, wo man z. B. nichts Klares über das Mitgekreuzigtsein mit Christus, die persönliche Heiligung und Absonderung von der Welt vermittelt; und schließlich die Lehre von der Gemeinde, wo solche wichtigen Themen wie die Heiligkeit der Gemeinde als der Braut des Christus und als des heiligen Tempels Gottes; die Absonderung der wahren Gemeinde von der Welt, der baldigen Entrückung der Gemeinde usw. kaum oder nur verzerrt dargestellt werden.

Die Gemeindewachstumsbewegung ist daher trotz gewisser Lippenbekenntnisse zur Bibel und zum evangelikalen Glauben im Grunde bibelkritisch. Sie hat sich dem Pragmatismus verschrieben, wie es Wilfried Plock in seinem Buch Gott ist nicht pragmatisch treffend beschreibt; d. h. sie richtet ihr Handeln nicht mehr konsequent an der Offenbarung der Bibel aus, sondern nach dem, was menschlich gesehen „wirkt“ und Erfolg verspricht. Sie hat die Grundlagen des biblischen Glaubens verlassen und driftet daher im Sog des endzeitlichen Glaubensabfalls immer weiter von biblischen Positionen weg.

 

2. Der Mensch und nicht Gott steht im Mittelpunkt des Gemeindelebens

 

Die Grundausrichtung der Gemeindewachstumsbewegung ist auf den modernen, ungläubigen Menschen gerichtet, dem es möglichst leicht gemacht werden soll, in die christliche Gemeinde zu kommen und dort „eine Beziehung zu Jesus Christus“ zu entwickeln. Entsprechend dem von McGavran formulierten Grundsatz soll es in der Gemeinde möglichst keine „kulturellen“ Hindernisse geben, die einen Ungläubigen abschrecken könnten.

Das bedeutet die Aufgabe der herkömmlichen Sonntagsgottesdienste zugunsten von „besucherfreundlichen“ (engl. seeker-friendly) Veranstaltungen, die in vielem einer Fernsehshow ähneln: Laute Rock- und Popmusik von „Lobpreisbands“, z. T. Anspiele und Theaterstücke als „Einführung“ ins Predigtthema, Tanz, Bildshows und Bildmeditationen, Interviews und dann eine 20-Minuten-„Predigt“, durchsetzt mit Witzen, Anekdoten und Geschichten, die keineswegs das Bibelwort auslegen soll, sondern lebensnahe praktische Themen behandeln muß wie etwa „Wie kann ich den Berufsstreß verringern?“ oder „Vier Rezepte für eine gute Ehe“.

Außerdem soll sich die ganze Atmosphäre des Gemeindelebens auf die Unbekehrten ausrichten, damit sie sich „wohlfühlen“. Das bedeutet legere, weltlich-zuchtlose Kleidung, lockere Umgangsformen mit Witzen und betont formlosem Verhalten, Gestaltung der Gottesdiensträume nach dem Muster weltlicher Kongreßzentren, Hotels oder Kinos (tatsächlich treffen sich viele moderne Gemeinden in Kinos, Theatern und sogar Nachtclubs [Mosaic-Gemeinde] für ihre „Besuchergottesdienste“).

Es darf nur kein Eindruck von Ehrfurcht, würdigem Ernst oder Heiligkeit entstehen, um die Leute nicht abzuschrecken. Lehre und Ermahnung müssen sorgfältig vermieden werden, ebenso lange Gebete. Alles soll zeitgemäß, locker und optimistisch wirken, um dem fernstehenden Besucher einen angenehmen Eindruck zu vermitteln, so daß er wiederkommen will.

Als Beweggrund für diese einschneidende Umprogrammierung biblisch geprägten Gemeindelebens geben die Gemeindewachstums-Experten an, man müsse die „Fernstehenden“ auf jede Weise erreichen und in die Gemeinden hineinlocken, damit sie dann dort das „Evangelium“ hören könnten. Das wird oft mit einem völlig falschen Bezug auf Paulus (1Kor 9) begründet; dabei wird jedoch verschwiegen, daß der biblische Auftrag zur Evangelisation lautet: „Geht hin“, nämlich dorthin, wo die Ungläubigen zu erreichen sind, und nicht „Holt sie herein“ in die Gemeinde!

Das heißt natürlich nicht, daß es nicht auch Fälle geben könnte, wo Ungläubige in Gemeindeversammlungen kommen und dort angesprochen werden (vgl. 1Kor 14,24-25). Aber die Bibel lehrt ganz klar, daß die Versammlungen der Gemeinde der Anbetung Gottes und der Erbauung der Heiligen, der Kinder Gottes durch Lehre, Wortverkündigung und Ermahnung dienen und nicht in erster Linie der Verkündigung des Evangeliums an Ungläubige (vgl. u. a. 1Kor 14,1-5.12.22.26; Kol 3,16; 1Tim 4,6-16; 2Tim 4,1-4; Tit 1,9; 2,1.6-8.15).

Folgerichtig vertrauen die modernen Gemeindewachstumsanhänger auf menschliche Methoden und Lockmittel, um die Ungläubigen anzulocken, anstatt auf das Wirken des Heiligen Geistes und das Ziehen Gottes. Sie versuchen, den Besuchern eine „christlich“ dekorierte weltliche Unterhaltung zu bieten. Dabei setzen sie vor allem auf die verführerische, schwarmgeistig wirksame charismatische „Lobpreis“musik und weltliche Popmusik, die die Menschen wie eine Droge benebelt und manipulierbar macht. Auch andere weltliche Lockmittel werden eingesetzt: Videoclips, Konzerte mit „Stars“, Theaterstücke, Discotanz usw. Damit handeln sie im direkten Gegensatz zu den Worten des Apostels Paulus, der schreibt:

Denn wir sind nicht wie so viele, die das Wort Gottes verfälschen [od. zu einer billigen Handelsware machen, um Gewinnes willen verkaufen], sondern aus Lauterkeit, von Gott aus reden wir vor dem Angesicht Gottes in Christus. (2Kor 2,17)

… wir gehen nicht mit Hinterlist [od. mit schlauen Künsten] um und fälschen auch nicht das Wort Gottes [od. gebrauchen es als Lockmittel]; sondern indem wir die Wahrheit offenbar machen, empfehlen wir uns jedem menschlichen Gewissen vor dem Angesicht Gottes. (2Kor 4,2)

Denn unsere Verkündigung entspringt nicht dem Irrtum, noch unlauteren Absichten, noch geschieht sie in listigem Betrug [od. mithilfe von Ködern/Lockmitteln]; sondern so wie wir von Gott für tauglich befunden wurden, mit dem Evangelium betraut zu werden, so reden wir auch – nicht als solche, die den Menschen gefallen wollen, sondern Gott, der unsere Herzen prüft. (1Thess 2,3-4)

Eine auf Menschen ausgerichtete Vermittlung der Botschaft mit menschlichen Mitteln und Tricks führt nach der Lehre der Apostel dazu, daß das Kreuz des Christus entkräftet bzw. seiner Wirksamkeit beraubt wird (1Kor 1,17). Sie leugnet, daß Gott selbst das vorbereitende Werk zu einer Bekehrung tun muß und daß dem klar und lauter verkündigten Wort Gottes eine wunderbare Kraft innewohnt, Menschen zur Buße und Bekehrung zu führen und sie so zu erretten. Sie handeln den Worten des Paulus direkt zuwider, der bekennt:

Denn ich schäme mich des Evangeliums von Christus nicht; denn es ist Gottes Kraft zur Errettung für jeden, der glaubt, zuerst für den Juden, dann auch für den Griechen (Röm 1,16)

Denn das Wort vom Kreuz ist eine Torheit denen, die verlorengehen; uns aber, die wir gerettet werden, ist es eine Gotteskraft; denn es steht geschrieben: »Ich will zunichte machen die Weisheit der Weisen, und den Verstand der Verständigen will ich verwerfen«. Wo ist der Weise, wo der Schriftgelehrte, wo der Wortgewaltige dieser Weltzeit? Hat nicht Gott die Weisheit dieser Welt zur Torheit gemacht? Denn weil die Welt durch [ihre] Weisheit Gott in seiner Weisheit nicht erkannte, gefiel es Gott, durch die Torheit der Verkündigung diejenigen zu retten, die glauben. Während nämlich die Juden ein Zeichen fordern und die Griechen Weisheit verlangen, verkündigen wir Christus den Gekreuzigten, den Juden ein Ärgernis, den Griechen eine Torheit; denen aber, die berufen sind, sowohl Juden als auch Griechen, [verkündigen wir] Christus, Gottes Kraft und Gottes Weisheit. (1Kor 1,18-24)

Paulus zeigt hier, daß die wahre, biblische Evangeliumsverkündigung niemals dem bedürfnisorientierten Marketingansatz der modernen Prediger folgen kann. Paulus verkündigte eine Botschaft, von der er wußte, daß sie bei seinen beiden wichtigen „Zielgruppen“ eigentlich nicht „ankommen“ konnte. Er weigerte sich, das Ärgernis dieser Botschaft durch irgendwelche „Menschenweisheit“, also menschliche Tricks und Methoden, zu umgehen oder zu beseitigen. Er vertraute bei seiner Verkündigung allein auf die wirksame Kraft Gottes. Er wollte nicht große Erfolge sehen und massenhafte Bekehrungen durch menschliche Beeinflussung hervorbringen, sondern er verkündigte kompromißlos das göttliche Evangelium, damit die von Gott berufenen und vorbereiteten Menschen sich bekehren konnten.

So kann die Ausrichtung des Gemeindelebens auf die neuesten Trends der weltlichen Kultur und auf die Bedürfnisse des unbekehrten Sünders keine wirklichen geistgewirkten Bekehrungen hervorbringen, sondern im Regelfall bloße Scheinbekehrungen. Das echte Geisteswirken wird auf diesem Weg erstickt, und falsche Geister führen Gläubige wie Ungläubige in die Irre. Gleichzeitig wird auch das Gemeindeleben selbst pervertiert und auf eine menschliche, widergöttliche Ebene herabgezogen. Die Gemeinde wird entheiligt; sie ist nicht mehr der heilige Tempel des HERRN, sondern ein Kaufhaus (Joh 2,16). Sie ist nicht mehr eine dem Herrn geweihte Priesterschaft, sondern ein Team weltlicher Sozialarbeiter und Therapeuten, die die Sünder von ihren Problemen kurieren wollen.

Die Bibel lehrt dagegen klar, daß in der Gemeinde alles auf Gott und den Herrn Jesus Christus ausgerichtet sein muß, daß sie ein heiliges Priestertum ist, das berufen ist, Gott geistliche Opfer darzubringen (1Pt 2,5). In der Praxis bedeutet das, daß auch alles im Gemeindeleben an den heiligen Anweisungen in Gottes Wort, d. h. in erster Linie in der neutestamentlichen Apostellehre ausgerichtet sein muß. Gott steht im Mittelpunkt einer wahren biblischen Gemeinde und nicht der Mensch, schon gar nicht der unbekehrte Sünder. Die Gemeinde ist eine heilige Versammlung, ein heiliger Tempel Gottes, in dem Gottesfurcht und Zucht (1Tim 2,9; 2Tim 1,7; Tit 2,12), würdiger Ernst (Tit 2,7; Eph 5,3-4) und Weihung für den Herrn (Röm 12,1) das Zusammenkommen prägen sollen.

 

3. Es wird ein verfälschtes „positives Evangelium“ verkündet

 

Nicht nur das Gemeindeleben wird an den modernen Menschen angepaßt, sondern auch die Botschaft des Evangeliums. Allen Beteuerungen zum Trotz, man wolle den Inhalt des Evangeliums bewahren und nur die „Verpackung“ der heutigen Zeit anpassen, liegt der ganzen Strategie der Gemeindewachstumsbewegung ein verfälschtes, an den modernen Menschen angepaßtes Evangelium zugrunde, das nicht mehr das biblische Evangelium ist. Wohl klingt es in den Ohren oberflächlicher Zuhörer noch recht ähnlich wie die biblische Heilsbotschaft, aber es ist Entscheidendes weggelassen und Wesentliches verdreht worden. Doch weil diese Anpassung und Verwässerung schon seit Jahrzehnten von den meisten modernen Evangelikalen praktiziert wird (man denke nur an die „Vier geistlichen Gesetze“), fällt das heute nur wenigen Christen wirklich auf.

Das falsche menschenorientierte und „positive“ Evangelium verschweigt den unbekehrten Zuhörern all die „harten“ Wahrheiten, die ihnen unakzeptabel erscheinen und die sie veranlassen würden, der Gemeinde den Rücken zu kehren. Dafür bietet es ihnen schöne Legenden von einem nur gütigen, barmherzigen Gott, der sie angeblich voll bejaht und akzeptiert, wie sie sind, der sich über sie freut und einen wunderbaren Plan für ihr Leben hat, der will, daß es ihnen gut geht und sie erfolgreich sind.

Man redet nicht (oder nicht klar genug) von der unendlichen Majestät und Heiligkeit Gottes, von Seiner unbestechlichen Gerechtigkeit, die jede Sünde strafen muß, von Seinem glühenden Zorn über alle Sünde und über alle Sünder, von der drohenden ewigen Verdammnis und dem ewigen Gericht der Hölle, des Feuersees. Es ist nicht die Rede davon, daß die Ungläubigen nicht nur Sünden getan haben, sondern in den Augen Gottes bis ins Innerste verdorbene, durch und durch unreine Sünder sind, an denen nichts Gutes ist, Rebellen, die Tod und Gericht verdient haben.

Man redet nur in sehr verwaschenen, unbiblischen Aussagen von dem Herrn Jesus Christus und Seinem Erlösungswerk am Kreuz. Es wird meist nicht klar gesagt, daß Er dort stellvertretend unsere ganze Schuld und Sünde trug, daß Ihn dort der gerechte Zorn Gottes traf, der uns sonst hätte treffen müssen, daß Er, der Heilige und Unschuldige, dort unermeßlich leiden mußte um unsretwillen. Oft wird das sühnende Blut des Christus nicht mehr klar als das einzige Lösegeld bezeugt, das uns vor der Verdammnis retten kann.

Auch die unermeßliche Herrlichkeit und Heiligkeit Jesu Christi, Seine ewige Gottheit und Sein wahres Menschsein, Seine Jungfrauengeburt, Sein vollkommenes Sühnopfer, Seine leibliche Auferstehung und Himmelfahrt, Sein hohepriesterlicher Dienst vor Gott – all das wird oft nur noch in verschwommenen Formulierungen behandelt, die keine Abgrenzung zu den modernen, liberaltheologischen oder römisch-katholischen Verfälschungen des Evangeliums beinhalten und unterschiedlich gedeutet werden können.

Jesus Christus wird oft nicht mehr klar als Herr über alle und als kommender Richter verkündigt, sondern nur noch als sanfter Diener der Sünder. Auch die in der Bibel klar bezeugte Tatsache, daß Jesus Christus der einzige Weg und der einzige Retter für jeden Menschen auf der ganzen Welt ist, und daß alle heidnischen Religionen Götzendienst sind und ins Verderben führen, wird zumeist vorsichtig umgangen, wenn nicht sogar ganz verschwiegen.

Schließlich wird auch keine biblische Buße mehr verkündigt als die Voraussetzung für wirkliche Errettung. Es wird den Menschen verschwiegen, daß sie sich, um gerettet zu werden, klar und entschieden von ihren Sünden abkehren und der Herrschaft des Christus unterwerfen müssen. Anstatt die Sünde beim Namen zu nennen und ihre Abscheulichkeit in den Augen Gottes aufzudecken, die gerechten Gebote und Forderungen Gottes an den Menschen klar zu verkündigen und auf Überführung von Sünde hinzuwirken, wird den Sündern erklärt, sie müßten nur einfach „an Jesus glauben“ und Ihn „annehmen“. Zumeist werden sie in ein oberflächliches „Übergabegebet“ geführt, und dann wird ihnen erklärt, daß sie nun „Kinder Gottes“ seien und „eine Beziehung mit Jesus“ hätten.

Auf diese Weise macht man die Pforte so weit und den Weg so breit, daß große Scharen gemütlich darauf flanieren können, in der ehrlichen Überzeugung, sie seien auf dem Weg in den Himmel, während doch das Wort unseres Herrn auf ewig bestehen bleibt, das uns in Mt 7,13-15 bezeugt:

Geht ein durch die enge Pforte! Denn die Pforte ist weit und der Weg ist breit, der ins Verderben führt; und viele sind es, die da hineingehen. Denn die Pforte ist eng und der Weg ist schmal, der zum Leben führt; und wenige sind es, die ihn finden. Hütet euch aber vor den falschen Propheten, die in Schafskleidern zu euch kommen, inwendig aber reißende Wölfe sind!

Viele heutige Gläubige lassen sich dadurch blenden, daß in dem falschen Evangelium der modernen Evangelikalen wie Bill Hybels oder Rick Warren noch Bruchstücke und Begriffe aus dem echten biblischen Evangelium vorkommen. Sie bemerken nicht, daß diese eingebettet sind in völlig unbiblische humanistische Aussagen und deshalb gar nicht mehr überführend und lebenszeugend wirken können. Zudem sind sie oftmals schon in einem liberalen Sinn umgedeutet: Die modernen Evangelikalen verwenden teilweise noch Begriffe wie „Sünde“, „Buße“ oder gar „Hölle“, aber sie verstehen etwas anderes darunter.

So sagte Billy Graham am 10. 4. 1983 dem Orlando Sentinel, er glaube, daß das Feuer der Hölle nicht wörtlich zu nehmen sei, sondern ein Sinnbild sei für den „brennenden Durst nach Gott“ bei den Verlorenen. Laut der Zeitschrift McCall’s vom Januar 1978 sagte Graham in einem Interview: „Ich glaubte früher, die Heiden in fernen Ländern seien verloren, gingen zur Hölle, wenn ihnen nicht das Evangelium von Jesus Christus gepredigt würde. Ich glaube das nicht länger … Ich glaube, daß es andere Wege gibt, die Existenz Gottes zu erkennen, zum Beispiel durch die Natur, und deshalb auch viele andere Möglichkeiten, zu Gott ‚Ja’ zu sagen.“

Das falsche „positive“ Evangelium bringt in Verbindung mit den menschlichen Werbe- und Überredungstechniken eine große Masse von ungläubigen, in der Finsternis befindlichen Sündern in die Gemeinde, die nun meinen, sie seien „wiedergeboren“, und die ihre weltliche Denkart, ihre fleischlichen Begierden (vornehm „Bedürfnisse“ genannt) in die Gemeinden „einbringen“.

 

4. Die heilige Gemeinde wird zur Weltförmigkeit und Anpassung an den sündigen Zeitgeist verleitet

 

Im Endeffekt ist die Frucht der „neuen Strategie“ der Gemeindewachstumsbewegung nicht etwa, daß die Welt wirklich zu Christus geführt würde und Verlorene zu echter Errettung kämen (obwohl letzteres in Ausnahmefällen tatsächlich geschehen mag), sondern die Gemeinde des Herrn wird durch sie verweltlicht und innerlich zerstört und verdorben. Die wahre Gemeinde ist nach der Heiligen Schrift aus der Welt herausgerufen und herausgerettet, um nun, unbefleckt von der Welt (Jak 1,27), als reine und heilige Braut für ihren himmlischen Bräutigam zu leben:

… gleichwie auch der Christus die Gemeinde geliebt hat und sich selbst für sie hingegeben hat, damit er sie heilige, nachdem er sie gereinigt hat durch das Wasserbad im Wort, damit er sie sich selbst darstelle als eine Gemeinde, die herrlich sei, so daß sie weder Flecken noch Runzeln noch etwas ähnliches habe, sondern daß sie heilig und tadellos sei. (Eph 5,25-27)

In der wahren Gemeinde hat der Geist der Welt nichts zu suchen; sie ist ein heiliger Tempel Gottes, ein Tempel des Heiligen Geistes, zu geistgewirktem, heiligem Gottesdienst berufen, und diesen kann sie nur ausüben, wenn sie sich nicht an die Welt anpaßt:

Da ihr zu ihm gekommen seid, zu dem lebendigen Stein, der von den Menschen zwar verworfen, bei Gott aber auserwählt und kostbar ist, so laßt auch ihr euch nun als lebendige Steine aufbauen, als ein geistliches Haus, als ein heiliges Priestertum, um geistliche Opfer darzubringen, die Gott wohlgefällig sind durch Jesus Christus. (1Pt 2,4-5)

Wißt ihr nicht, daß ihr Gottes Tempel seid, und daß der Geist Gottes in euch wohnt? Wenn jemand den Tempel Gottes verderbt, den wird Gott verderben; denn der Tempel Gottes ist heilig, und der seid ihr. (1Kor 3,16-17)

Ich ermahne euch nun, ihr Brüder, angesichts der Barmherzigkeit Gottes, daß ihr eure Leiber darbringt als ein lebendiges, heiliges, Gott wohlgefälliges Opfer: das sei euer vernünftiger Gottesdienst! Und paßt euch nicht diesem Weltlauf an, sondern laßt euch [in eurem Wesen] verwandeln durch die Erneuerung eures Sinnes, damit ihr prüfen könnt, was der gute und wohlgefällige und vollkommene Wille Gottes ist. (Röm 12,1-2)

Durch die gezielte Anpassung an die Welt, durch die Einführung von dämonischer Pop- und Rockmusik, weltlichem Theater und weltlicher Lebensweise wird der heilige Tempel Gottes entweiht. Der Geist Gottes wird betrübt und zieht sich zurück; andere Geister (2Kor 11,4; 1Tim 4,1) übernehmen die Regie und treiben das Werk der Zerstörung und des Glaubensabfalls immer weiter voran. Die Braut wird zur Hure gemacht, die mit der Welt buhlt und zur Sklavin der Welt wird (Jes 1,21; Jer 2,20; Hes 16; Offb 17). Die Götzenbilder der Welt werden in der Gemeinde Gottes aufgestellt und angebetet. Die heilige Mauer der Absonderung ist niedergerissen.

Ihr Ehebrecher und Ehebrecherinnen, wißt ihr nicht, daß die Freundschaft mit der Welt Feindschaft gegen Gott ist? Wer also ein Freund der Welt sein will, der macht sich zum Feind Gottes! (Jak 4,4)

Habt nicht lieb die Welt, noch was in der Welt ist! Wenn jemand die Welt lieb hat, so ist die Liebe des Vaters nicht in ihm. Denn alles, was in der Welt ist, die Fleischeslust, die Augenlust und der Hochmut des Lebens, ist nicht von dem Vater, sondern von der Welt. Und die Welt vergeht und ihre Lust; wer aber den Willen Gottes tut, der bleibt in Ewigkeit. (1Joh 2,15-17)

Zieht nicht in einem fremden Joch mit Ungläubigen! Denn was haben Gerechtigkeit und Gesetzlosigkeit miteinander zu schaffen? Und was hat das Licht für Gemeinschaft mit der Finsternis? Wie stimmt Christus mit Belial überein? Oder was hat der Gläubige gemeinsam mit dem Ungläubigen? Wie stimmt der Tempel Gottes mit Götzenbildern überein? (2Kor 6,14-15)

Wir müssen also von der Schrift her schlußfolgern: Die verführerische Strategie der Gemeindewachstumsbewegung bringt kein echtes Gemeindewachstum, sondern vielmehr Verwüstung und Entartung über die Gemeinde Gottes. Sie untergräbt die Fundamente echter biblischer Gemeinde und führt zu einem krankhaften Krebswachstum. Diese selbsternannten „Gemeindebauer“ arbeiten nicht wirklich für den Herrn (obwohl sie das sicherlich meinen), sondern sie dienen im Endeffekt dem Verführer und Zerstörer beim Bau an der großen ökumenischen Weltkirche, der Hure Babylon. Diese Bewegung arbeitet jetzt schon weltförmig und ökumenisch, und ihre unbiblischen Grundsätze bereiten den Weg für noch offenere Einbindung in die Ökumene und die sich herausbildende „Kirche des Neuen Zeitalters“.

Diese Weltkirche hat in der Tat ein gewaltiges Wachstum vor sich; zu ihr strömen die Menschen in Scharen, weil sie dort nicht durch die enge Pforte wahrer Bekehrung müssen, sondern „so angenommen werden, wie sie sind“, nämlich sündig, unrein und rebellisch. Sie hören dort, daß der „Gott“ dieser Weltkirche sie bedingungslos liebt und annimmt und ihre Wege bejaht und segnet, ihnen Erfolg und Lebenserfüllung schenkt. Diese Hurenkirche wird von den Mächtigen der Welt beachtet und gefördert, sie wird in den Dienst der Welt genommen, um sie zu „erneuern“.

 

5. Durch eine falsche Reichgottes-Lehre wird die Gemeinde zu einer „weltverändernden Kraft“ umfunktioniert

 

Es ist bezeichnend, daß innerhalb der Gemeindewachstumsbewegung eine Irrlehre mehr und mehr Einfluß gewinnt, die uralt ist und schon in der Vergangenheit wesentlich zur Entartung biblischer Gemeinden beigetragen hat. Es ist die Lehre des „Dominionismus“, die besagt, die Gemeinde sei berufen, hier und heute das Reich Gottes auf Erden zu verwirklichen, indem sie die ganze Welt mit christlichem Denken, christlicher Kultur und christlicher Politik prägt und sie sich schließlich ganz unterwirft. Diese Irrlehre ist in der Regel verbunden mit der Behauptung, Christus würde nicht selbst ein reales messianisches Friedensreich errichten, wie es doch die prophetischen Schriften des AT und des NT einhellig bezeugen.

Die Gemeinde hat demnach die Aufgabe, Christus eine christianisierte Welt zu übergeben, und damit auch die Vollmacht, über die Völker zu herrschen. Zumindest innerhalb der Charismatischen Bewegung (besonders der „Spätregenbewegung“ [latter rain movement]) ist diese Lehre verknüpft mit der Botschaft falscher Propheten von der „großen Endzeiterweckung“ sowie mit okkulten Irrlehren über die „geistliche Kriegsführung“, nach denen die Gemeinde das Reich und die Herrschaft über die Erde dem Satan und seinen Mächten durch Binden, Gebieten und Austreiben entreißen müsse. Das ist verbunden mit teilweise ziemlich rücksichtslosen Machtbestrebungen im politisch-gesellschaftlichen Bereich sowie mit massiver Machtausübung durch „gesalbte Leiter“ bzw. „Apostel“ innerhalb der Gemeinden (vor allem in der charismatischen Strömung der „Neuen Apostolischen Reformation“, die C. Peter Wagner propagiert).

In der Gemeindewachstumsbewegung und anderen modern-evangelikalen Kreisen äußert sich der Einfluß dieser Irrlehren oft eher verdeckt. Die Gemeinde sei berufen, einen entscheidenden Einfluß in der Welt auszuüben, sie zu „heilen“ und zum Guten zu verändern. Sie solle die Kultur der Welt prägen und als „Werkzeug der Veränderung“ (change agent) bzw. Katalysator dazu beitragen, daß eine neue, gerechtere Weltordnung entsteht. Das wird mit sozialen Aktionsprogrammen verbunden, von denen Rick Warrens P.E.A.C.E.-Plan nur einer ist. Diese Programme werden teilweise schon offen in Zusammenarbeit mit weltlichen Regierungen und Hilfsorganisationen sowie mit den antichristlichen Vereinten Nationen betrieben (vgl. die „Micha-Initiative“ der Weltweiten Evangelischen Allianz).

Hinter diesen neuen Initiativen und Lehren steht die Verleugnung der grundlegenden biblischen Wahrheit, daß die Welt sich so lange im Bösen befindet (1Joh 5,19), unter der Herrschaft des finsteren Fürsten dieser Welt und unheilbar mit Sünde, Not und Armut behaftet, bis der wahre Friedefürst und König selbst kommt, der Herr Jesus Christus, der vom Himmel her Gericht über alle Gottlosen übt und dann Sein Reich des Friedens und der Gerechtigkeit aufrichtet. Hinter dem Dominionismus steckt der antichristliche Gedanke, daß Menschen auch ohne Christus Frieden und Gerechtigkeit schaffen und Armut und Krankheit überwinden könnten. Letztlich sind die modernen Evangelikalen bei dem verderblichen „sozialen Evangelium“ der liberalen, abgefallenen Weltkirchen (z. B. des „Ökumenischen Weltrats der Kirchen“) gelandet; nur die Verpackung sieht etwas anders aus, aber der Inhalt ist derselbe.

Wer aber dieser Irrlehre folgt, der baut nicht wahre Gemeinde Jesu Christi, sondern die Hure, die mit der gottlosen Welt Freundschaft geschlossen hat und selbst Teil der Welt geworden ist. So wirkte sich diese Irrlehre im 4. Jahrhundert aus, wo sie von Verführern wie Augustinus verbreitet wurde und zur Herausbildung der babylonischen Weltkirche beitrug, die sich mit den Mächtigen verbündete und danach trachtete, anstatt Christus über die ganze Welt zu herrschen und die Völker unter ihre Gewalt zu bringen. In der Endzeit aber wird diese Irrlehre eine ganz besondere Brisanz und Gefährlichkeit erlangen, denn die heutige Zeit ist die Zeit, in der immer deutlicher die Herrschaft des Antichristen über die ganze Welt vorbereitet wird.

Die Losung der antichristlichen Kräfte ist es, daß eine Lösung der globalen Probleme nur durch ein „neues Denken“, eine „neue Spiritualität“, eine weltweite religiöse Einheit und eine einheitliche Weltregierung zustandekommen könne. Dieser Ruf nach einer „neuen Weltordnung“ wird von verschiedenen einflußreichen Bewegungen vorgebracht, darunter sind die Freimaurer und das New Age, die katholische Kirche und die Vereinten Nationen.

Wenn sich Christen in diese Bestrebungen nach einer „neuen Weltordnung“, nach „Frieden und Sicherheit“ sowie „sozialer Gerechtigkeit“ einspannen lassen – und das geschieht durch die Irrlehre des Dominionismus – dann werden sie ganz fein und unmerklich in das „Netzwerk“ des Antichristen eingesponnen, der die christlichen Kirchen schon seit Jahrhunderten mit dem Sauerteig seiner Lehren und okkulten Praktiken unterwandert und beeinflußt (vgl. 1Joh 4,1-6). Sie meinen, sie seien „für Christus“; sie sind voller Aktivismus, die Welt „für Christus“ zu verbessern und zu „verchristlichen“ – und in Wahrheit dienen sie dem Antichristen als Deckmäntelchen für die Errichtung seiner betrügerischen Macht.

Die wahre Gemeinde dagegen ist sich dessen bewußt, daß sie diese böse gottlose Welt niemals verbessern oder christlich machen kann. Sie weiß sich von dem wahren Herrn Jesus Christus herausgerufen und herausgerettet aus dieser hoffnungslos verderbten Welt (Joh 15,18-19). Sie weiß, daß das Ende dieser Welt nicht „Reform“ und „Heilung“, sondern das unerbittliche Zorngericht Gottes ist (2Pt 3,1-18). Sie sondert sich ab von der Welt und bezeugt ihr durch ihr heiliges Leben und durch vollmächtige Evangeliumsverkündigung, daß nur in dem Herrn Jesus Christus Rettung und Verschonung vor dem kommenden Gericht ist. Das schließt nicht aus, daß sie in Verbindung mit der Evangeliumsverkündigung auch ungläubigen Menschen in Not hilft – aber sie macht das nicht zu einer Strategie der Weltverbesserung und geht dabei auch keine unzulässigen Bündnisse mit der Welt ein (vgl. 2Kor 6,14-18).

 

Dieser Beitrag ist ein gekürzter Auszug aus der ausführlicheren Schrift von Rudolf Ebertshäuser „Leben mit Vision“ und „Willow Creek“-Welle: Gemeindewachstum oder Gemeindeverführung?

 

 

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Weiterführende Literatur:

 

Rudolf Ebertshäuser: Zerstörerisches Wachstum. Wie falsche Missionslehren und verweltlichte Gemeindebewegungen die Evangelikalen unterwandern. Steffisburg (Edition Nehemia) 3. Aufl. 2015; gebunden, 544 S.

Rudolf Ebertshäuser: Aufbruch in ein neues Christsein? Emerging Church – Der Irrweg der postmodernen Evangelikalen. Steffisburg (Edition Nehemia) 2008, Taschenbuch, 256 S.

Rudolf Ebertshäuser: Soll die Gemeinde die Welt verändern? Das „Soziale Evangelium“ erobert die Evangelikalen. Steffisburg (Edition Nehemia) 2014, Taschenbuch, 276 S.

Rudolf Ebertshäuser: Kulturrelevante / Missionale Gemeinden. überblick + durchblick 3. Steffisburg (Edition Nehemia) 2014

Rudolf Ebertshäuser: Emerging Church / Emergente Bewegung. überblick + durchblick 1. Steffisburg (Edition Nehemia) 2013

 

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